Protokoll der Sitzung vom 10.11.2006

auch im Haushalt des Umweltministeriums, sind für unsere Liegenschaften entsprechende Investitionen vorgesehen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wie viel?)

Ich kann und will jetzt

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

aus Zeitgründen die Haushaltsdaten im Einzelnen jetzt nicht referieren.

(Zuruf von der SPD: Weil im Haushalt nichts drin- steht!)

Es ist aber auch für das Klimaschutzprogramm eine weitere Million vorgesehen. Es ist mein Ziel, auch für die kommunalen Liegenschaften das CO2-Minderungsprogramm fortzuführen, um auf diese Art und Weise insgesamt einen Anreiz zu geben. Das staatliche Klimaschutzprogramm 2000/2003 wird 2007 fortgeschrieben.

(Susann Biedefeld (SPD): Da ist nichts drin!)

Die bayerische Klima-Allianz wird erweitert, und für Januar 2007 ist die Unterzeichnung mit den Kirchen vorgesehen.

Ich kann Sie nur auffordern, wenn wir die Klimadebatte in diesem Hohen Haus demnächst konkret weiterführen, sich den Herausforderungen entsprechend an dieser Thematik so zu beteiligen,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das machen wir schon seit 20 Jahren!)

dass wir unsere führende Rolle weiter ausbauen können. Bayern gehört heute zu der Handvoll der klimafreundlichsten Länder in Deutschland und in ganz Europa.

(Unruhe)

Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, wirtschaftlichen Wohlstand und Klimaverträglichkeit immer besser miteinander zu verbinden. Aber wir müssen die Anstrengungen forcieren, weil die Klimaerwärmung ihrerseits schneller und intensiver voranschreitet, als es noch vor Jahren erwartet worden war.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Viel reden und nichts tun, Herr Minister!)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich Sie alle, der Dimension des Themas entsprechend eine sachliche und ernsthafte Anstrengung zu unternehmen, um den Klimaschutz weiter zu intensivieren, und nicht mit vordergründigen Dringlichkeitsanträgen hier kurzfristige Showeffekte erzielen zu wollen.

(Beifall bei der CSU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/6691, das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – SPDFraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/6760, das ist der Antrag der SPD-Fraktion, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – SPDFraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Markus Sackmann, Prof. Ursula Männle u. a. u. Frakt. (CSU) Chancen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auch für Bayern nutzen (Drs. 15/6692)

Ich eröffne die Aussprache und darf als erstem Redner Herrn Kollegen Zeller das Wort erteilen.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Zum 1. Januar 2007 übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Diese Präsidentschaft fällt ohne Zweifel in eine sehr schwierige Phase. In einer Reihe von Mitgliedstaaten stößt die Europapolitik immer mehr auf eine nicht unerhebliche Skepsis. Auch der Prozess zur Schaffung einer europäischen Verfassung ist nach den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden ins Stocken geraten. Gerade vor dem Hintergrund dieser Akzeptanz- und Vertrauenskrise ist die Ratspräsidentschaft eine ganz besondere Herausforderung, aber auch eine ganz besondere Chance für Deutschland. Nachdem früher vor allem Frankreich und Deutschland der treibende Motor Europas waren, sehe ich eine Chance, dass Deutschland mit seiner Ratspräsidentschaft wieder einiges auf den richtigen Weg bringen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage eingangs aber auch gleich, dass wir nicht Übermäßiges erwarten dürfen. Die Ratspräsidentschaft dauert ein halbes Jahr. Was kann ein Land – auch Deutschland als eines der größten Länder innerhalb der Europäischen Union – in dieser Zeit überhaupt bewerkstelligen? Wir sollten jedenfalls nicht nachlassen, gerade von Bayern aus auf die Bundesregierung einzuwirken, dass sie die Europäische Ratspräsidentschaft dazu nutzt, Europa so nach vorne zu bringen, dass auch wir in Bayern einen Nutzen davon haben.

Was heißt das im Einzelnen, Erstens geht es um das alte Thema, welches unsere Bürgerinnen und Bürger immer wieder belastet, um den Bürokratieabbau und die Subsidiarität. Wir müssen alles daransetzen, dass die europäische Idee befördert wird, aber nicht im Sinne einer

Gleichmacherei. Das bestehende Gemeinschaftsrecht soll zwar zu einer Entlastung der Bürger, der Unternehmen und der Verwaltung führen, die historischen und die kulturellen Eigenschaften der Länder sollen aber beibehalten werden. Die Modernisierung des Gemeinschaftsrechts muss dazu führen, dass die Verfahren vor allem für die kleineren und mittleren Betriebe und Unternehmen erleichtert werden. Ich darf ein Beispiel herausgreifen. Gerade beim Bodenschutz sprechen die großen regionalen Unterschiede in Europa klar gegen eine spezielle Bodenschutzrichtlinie. Bei der Bildung liegt die Verantwortung der Mitgliedstaaten darin, dass die Lehrinhalte und das Bildungssystem so gestaltet werden, dass damit die Vielfalt der Kulturen und der Sprachen gewürdigt werden. Eine Gleichmacherei ist hier strikt abzulehnen. Dort, wo die EU nicht zuständig ist, darf sie sich auch nicht über Umwege einmischen.

Ein zweites Thema ist die Erweiterungspolitik. Wir sind der Meinung, dass es für einen Beitritt nicht ausreicht, dass die Beitrittsstaaten die Kriterien erfüllen. Wir meinen, dass die Europäische Union auch prüfen muss, ob sie in der Lage ist, neue Mitglieder aufzunehmen und zu verkraften, und zwar sowohl in fi nanzieller als auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht. Der EU-Beitritt darf kein Automatismus sein und werden.

Ich sage es hier mit aller Deutlichkeit: Wir lehnen eine Mitgliedschaft der Türkei eindeutig ab.

(Beifall bei der CSU)

Geografi sch betrachtet ist die Türkei in weitesten Teilen nicht Europa. Ich bin ein absoluter Freund der Türkei. Ich war mehrmals dort und habe viele Gespräche geführt. Ich habe in der Türkei auch Freunde gefunden. Andererseits sage ich auch, die Türkei passt nicht zur Europäischen Union. Ich hoffe, dass sich mit der deutschen Ratspräsidentschaft dieser Gedanke in Europa etwas mehr festigt. Die Alternative, die hier schon mehrfach behandelt worden ist, ist eine privilegierte Partnerschaft. Wir brauchen eine gute Nachbarschaft zur Türkei. Die Türkei hat in der Nato riesige Leistungen erbracht. Das heißt aber nicht, dass die Türkei damit automatisch zur Europäischen Union gehört.

Ein drittes Thema ist der Welthandel. Die Europäische Union ist im Rahmen der globalisierten Welt ein so starker Partner geworden, dass sie auch bei der Doha-Runde ein gewichtiges Wort einbringen sollte. Dabei soll auch den Entwicklungsstaaten eine Chance gegeben werden. Das Wort Europas sollte hier noch stärker als in der Vergangenheit zur Geltung kommen. Gerade bei diesen Themen könnte die deutsche Ratspräsidentschaft Anstöße geben. Insbesondere könnte sie auch zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für industrielle Kooperationen und für den Technologietransfer innerhalb Europas beitragen.

Ein viertes Thema – wir haben es heute bei der Debatte über die Umweltpolitik schon kurz angerissen – ist die Energiepolitik. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Rohstoffe, die die Grundlage unserer Energie sind, weitestgehend nicht in Europa sind. Von uns sollte klipp und klar vorgegeben werden, dass eine Debatte

über die Vor- und Nachteile aller Energiequellen, die wir in Europa und auch in Deutschland haben, geführt wird. Die Entscheidung über den nationalen Energieträgermix muss den Mitgliedstaaten vorbehalten bleiben. Auch dazu brauchen wir eine ganz klare Vorgabe.

Ein fünftes Thema ist der Klimaschutz. Dieses Thema hat uns allen in den letzten Wochen und Monaten weltweit die Augen geöffnet. Ein Land wie China hat einen riesigen Nachholbedarf. Ein Volk mit mehr als einer Milliarde Menschen, das heute nur einen Bruchteil dessen an Energie verbraucht, was wir im Westen verbrauchen, wird natürlich nicht müde, nachzuholen und seine Wirtschaftskraft zu stärken. In Amerika beträgt der Energieverbrauch pro Einwohner 12 Tonnen Steinkohleeinheiten, während er in Deutschland sechs Tonnen beträgt. Die Chinesen verbrauchen derzeit noch 0,4 bis 0,5 Tonnen, die Inder etwa genauso viel. Daran sehen wir, welche riesigen Belastungen auf uns zukommen werden. Hier könnten wir sowohl mit der Ratspräsidentschaft als auch mit dem Vorsitz innerhalb der G-8-Länder von Deutschland aus Vorgaben machen, damit der Kyoto-Prozess über das Jahr 2012 hinaus positiv weiterentwickelt werden kann.

Das sechste Thema, die EU-Finanzpolitik brauche ich nicht so sehr zu vertiefen. Gerade Deutschland, das bei der Einführung des Euro und der Schaffung des Stabilitätspakts innerhalb Europas ganz entscheidend mitgewirkt hat, hat über vier Jahre hinweg die Stabilitätskriterien nicht unerheblich verletzt, sodass die Welt und Europa auf uns geschaut und gefragt haben, was mit Deutschland eigentlich los ist, nachdem gerade wir die Stabilität des Euros formuliert haben. Hier sind wir gerade auf einem guten Weg, und wir sollten von Deutschland aus alles daransetzen, dass die Kriterien des europäischen Stabilitätspakts eingehalten werden und dass die europäischen Länder, die noch nicht den Euro haben, die Konvergenzkriterien von Maastricht absolut zu erfüllen haben. Darüber darf es keine Diskussion geben. Wenn die Länder diese Voraussetzungen erfüllen, ist es in Ordnung, wenn sie die Voraussetzungen aber nicht erfüllen, haben sie im Euro-Land nichts zu suchen, um es so deutlich zu formulieren.

Siebtens geht es um die Beschäftigungs- und die Sozialpolitik. Die europäische Sozialpolitik muss die Mitgliedstaaten darin unterstützen, dass die Kräfte des Einzelnen gestärkt und die Menschen zu Individualität, Eigenverantwortung und Eigeninitiative befähigt werden. Das macht eigentlich erst Europa aus.

Beim achten Thema, der Justiz- und Innenpolitik, müssen wir vermehrt darauf schauen, dass wir die grenzüberschreitende Kriminalität in den Griff bekommen. Wir brauchen eine noch bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit, ohne dass dabei zu stark in die nationalen Eigenständigkeiten eingegriffen wird.

Zur Agrarpolitik: Im Zug der 2003 beschlossenen EUAgrarreform wurden die Direktzahlungen ab 2005 an die Einhaltung des landwirtschaftlichen Fachrechts gebunden. Damit wurde die so genannte Cross Compliance eingeführt. – Lieber Sepp Ranner, wir haben schon oft darüber diskutiert, wie unsere Landwirte mit zusätzlichem

Papierkram und einer unwahrscheinlichen Bürokratie belastet werden. Das kann doch nicht Europa sein!

(Beifall bei der CSU)

Das muss man mit aller Deutlichkeit sagen. Damit können wir Europa nicht mehr positiv befördern.

Ich habe 1945 das Licht der Welt erblickt; vier meiner Onkel sind auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges gestorben. Ich habe sie nie erlebt. Für mich ist Europa eine unwahrscheinliche Erfolgsstory. Aber wir dürfen dieses Europa nicht mit so viel Bürokratie überfrachten, dass die Menschen sagen: Europa? – Nein danke. Das kann es nicht sein.

(Beifall bei der CSU)

Deutschland hat die große Chance, in seiner Ratspräsidentschaft einiges auf den Weg zu bringen, auch was die transeuropäischen Verkehrsnetze betrifft. Wir müssen dafür sorgen, dass für die Schienen- und Straßenverkehrswege, besonders für die Schienenverkehrswege, Mittel für Deutschland festgelegt werden. Ich sage das im Hinblick auf die Jahre 2007 bis 2013, weil gerade wir in Deutschland, einem Transitland, ganz besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Deswegen müssen wir auch hier unsere Forderungen erheben dürfen.

Meine Damen und Herren, die europäische Politik, die europäische Integration, die europäische Entwicklung sind in den vergangenen 50 Jahren außerordentlich gut gelaufen. Ausgehend von den Römischen Verträgen von 1957 können wir feststellen: Deutschland hat weitestgehend den Treibstoff für den gut gehenden Motor geliefert. Dieser Motor ist jetzt ins Stocken geraten. Wir müssen in der Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft wieder dafür sorgen, dass der Motor genügend Treibstoff bekommt und dass Europa im Bewusstsein der Bevölkerung wieder ganz oben steht, damit man erkennen kann, welche großen Chancen Europa für uns in Bayern und auch in Deutschland bietet. – Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Zeller. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Förster. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag hat sich die CSU-Fraktion große Mühe gemacht, um die europapolitischen Forderungen aus bayerischer Sicht an die von beiden großen Parteien gemeinsam getragene Bundesregierung zu richten. Diese Mühe ist an sich lobenswert.

(Prof. Ursula Männle (CSU): Aber?)

Aber lassen Sie mich einleitend dazu sagen: Im Sinne Ihrer fundamentalen, teilweise aus meiner Sicht fundamentalistischen Forderungen wäre es viel zielführender und erfolgversprechender gewesen, wenn Ihr Parteivor

sitzender Dr. Edmund Stoiber das Angebot von Bundeskanzler Schröder und Staatspräsident Chirac, Präsident der EU-Kommission zu werden, nicht abgelehnt hätte, sondern wenn er sich getraut hätte. Stellen Sie sich, meine Damen und Herren von der CSU, doch mal vor, wie die EU heute in Ihren CSU-Augen dastehen würde, wenn Edmund Stoiber an ihrer Spitze stünde und unseren Kontinent nach bayerischen Vorstellungen zu ordnen versuchte!