Protokoll der Sitzung vom 10.11.2006

Wir machen uns die Arbeit, die einzelnen Bundesressorts zu betrachten. Ich bringe als Beispiel das Ressort von Bundesinnenminister Schäuble. Seine Vorstellungen passen überhaupt nicht mit dem zusammen, was Sie bei der Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik vorgeschlagen haben. Herr Schäuble hat auf seiner Agenda die Terrorismusbekämpfung, den Bevölkerungsschutz, die Migrationspolitik, die Verwaltungszusammenarbeit, die Doping-Bekämpfung, Datenschutz und Statistik sowie den interkulturellen Dialog. Vor dem Hintergrund, dass wir sehr wenige Schnittmengen erkennen konnten, stellen wir die Frage, wo die Abstimmung mit der Bundesregierung stattfi ndet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich werde jetzt auf Ihre Forderungen und Spiegelstriche in dem Antrag eingehen. Ich beginne mit der Agrarpolitik. 2003 hatten wir die Agrarreform mit Cross Compliance mit einem aufwändigen Kontroll- und Sanktionswesen. Aus Ihren Reihen gab es dazu einen Dringlichkeitsantrag. Soweit ich mich erinnere, ist er in diesem Hause auch einstimmig beschlossen worden. Man muss aber eines ganz klar sagen: Wenn wir Verwaltungsvereinfachung wollen,

dann brauchen wir mehr Transparenz. Dieses Mehr an Transparenz haben Sie erst in dieser Woche, am vergangenen Dienstag, im Ausschuss abgelehnt. Sie hätten dem Antrag der SPD zustimmen müssen, weil die Transparenz mit der Verwaltungsvereinfachung korrespondiert. Anders geht es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Zu Justiz und Innerem: Zu diesem Punkt können wir Ihre Forderungen in keinem Falle unterstützen. Sie sagen, aus Sicht des Landtags muss die justizielle und operative polizeiliche Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union fortentwickelt werden, der Informationsaustausch muss weiter verbessert werden. Dann geht es um den europäischen Informationsverbund, um nationale Datenbanken, DNA- und Fingerabdrücke, Kfz-Daten, die ausgetauscht werden sollen.

Sie wollen die Bedeutung von Europol steigern. Das sind Dinge, hinter denen wir dezidiert nicht stehen. In Europa gibt es – die Kollegin Christine Stahl wird dies bestätigen – kein gemeinsames Strafrecht, es gibt keine gemeinsame Strafverfolgung, aber Sie wollen durchgehend den grenzüberschreitenden Zugriff. Wir fragen hier ganz klar: Wo sind die angemessenen Sicherungen? Wo fi nden wir den Datenschutz, den Herr Schäuble auf seiner Agenda hat? Solange die gesetzlichen Grundlagen auf europäischer Ebene fehlen, können wir diesen Punkten nicht zustimmen und werden auch nicht zustimmen.

Herr Kollege Dr. Runge, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zeller?

Nein. Wir sind in erheblichem Zeitdruck, weil wir noch den Ladenschluss diskutieren wollen, Herr Zeller, und mir Frau Tolle schon im Nacken sitzt. Sie hätten gerne die Zeit für Zwischenfragen, damit wir nicht mehr zum Ladenschluss kommen.

Zur Finanzpolitik auch nur kursorische Stichworte. „Allgemeiner Korrekturmechanismus für übermäßige Nettozahler“ klingt gut. Nur, wer hat denn die Spendierhosen angehabt? Das war doch Ihr Kanzler Helmut Kohl. Und wer ist in die Tradition von Herrn Kohl zurückgefallen? Das war Ihre Frau Merkel. Die Regierung Schröder/Fischer war hier weitaus besser für die Bundesrepublik.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Allerdings!)

Ich erinnere an den Gipfel im Jahre 1999 in Berlin, bei dem sie über eine Milliarde Euro herausverhandelt haben. Diesbezüglich sollten Sie sich also an die eigene Nase fassen.

Der Klimaschutz wurde bereits vorhin diskutiert. Das Global Warming ist von Ihnen, zumindest aus Ihrer Partei heraus, lange Zeit massiv bestritten worden. Jetzt erkennt man dieses, aber es wird vor allem mit dem Zeigefi nger auf andere gezeigt.

Zur Energiepolitik heißt es so schön in Ihrem Antrag, vorrangige Aufgabe der EU in nächster Zeit müsse die konsequente Durchsetzung eines offenen wettbewerbsorientierten Binnenmarktes sein. Das ist richtig. Aber wenn es dann konkret wird – ich erinnere an unseren Dringlichkeitsantrag, in der letzten Woche behandelt –, dann lehnen Sie auch dies wieder ab. Vieles von dem, was Sie formulieren, ist also schlicht das Papier nicht wert, auf dem es steht.

Auch zum Welthandel wohlfeile Formulierungen, wobei wir wissen, was der Haupthinderungsgrund für eine Einigung bei der Konferenz von Doha ist. Das sind die Agrarsubventionen. Sie wissen wiederum, wer in Deutschland besonders von den Agrarsubventionen profi tiert. Wenn es zum Schwur kommt, sind wir auch hier mit großem Interesse dabei.

Zur Erweiterungspolitik: Kollege Förster ist hierauf eingegangen. Sie sagen, die Grenzen Europas müssten festgelegt werden. Darüber hinaus müssten Neuaufnahmen fi nanzierbar sein. Einen Beitrittsautomatismus dürfe es nicht geben. Wie haben Sie beispielsweise bei Rumänien und Bulgarien herumgeeiert! Die Europäische Volkspartei: Eine große Ankündigung; wir sind noch nicht so weit; wir stellen einen Antrag. Rumänien und Bulgarien haben sich noch lange nicht qualifi ziert. – Der Antrag ist dann nie gestellt worden. Er wurde im Europäischen Parlament von den GRÜNEN gestellt, und dann gab es dort bezüglich Rumäniens eine interessante Abstimmungsallianz zwischen den GRÜNEN und bayerischen CSU-Abgeordneten.

Im letzten Landtags-Plenum hier wurde der Antrag zu den Schutzklauseln behandelt. Da sagen wir: Lasst uns ehrlicher sein. Statt halber Mitgliedschaften, also anstatt Mitgliedsländer zu haben, die massenweise mit Schutzklauseln überzogen werden, verschieben wir doch lieber den Beitritt. Aber so ehrlich wollen Sie nicht sein.

In Bezug auf die Türkei darf man das Wort „Ehrlichkeit“ überhaupt nicht in den Mund nehmen. Wer hat denn der Türkei immer Versprechungen gemacht? – Das begann mit Adenauer und endete bei Helmut Kohl. Ihre Fraktion, Herr Zeller, war die Fraktion, die im Bundestag während der Alt-Alt-Bundesregierung am massivsten für den Beitritt der Türkei geworben hat. Das war beispielsweise noch 1997, also in den letzten Zügen der schwarz-gelben Koalition der Fall.

Ich habe eine Pressemeldung von Herrn Michael Glos mitgebracht, damals Fraktionsvorsitzender. Die Überschrift lautet: „Die Türkei darf auf dem Weg nach Europa nicht diskriminiert werden“, und der Schlusssatz lautet: „Am Ziel darf es keinerlei Zweifel geben; es ist vor allem im deutschen Interesse, die Türkei in Europa zu sehen.“

(Beifall bei den GRÜNEN – Johanna Werner- Muggendorfer (SPD): Respekt!)

Das war die Presseerklärung Ihres Fraktionsvorsitzenden im Bundestag. Aber alles Schall und Rauch. Wenn es taktisch und strategisch passt, wird die Argumentation eben umgekehrt.

Wir sagen: Pacta sunt servanda. Es gibt die Kopenhagener Kriterien, es gibt Bedingungen. Die Türkei ist meilenweit davon entfernt. Da wird sehr genau hingeschaut werden und muss sehr genau hingeschaut werden. Aber jetzt zu sagen, es dürfe keine Vollmitgliedschaft geben, ist nichts anderes als verlogen, da Sie zuvor immer exakt das Gegenteil gepredigt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Besonders „schön“ wird es bei Ihrem ersten Spiegelstrich „Bürokratieabbau und Subsidiarität“. Da können wir uns vor Lachen kaum halten. Vor wenigen Wochen haben wir die zehnte oder zwölfte Bürokratieabbauinitiative – man muss sagen: Kampagne – erleben dürfen. Wieder haben die Herren Huber, Sinner – Herr Sinner zum ersten Mal – und Stoiber in ihren Fantastereien geschwelgt. Herr Kollege Zeller, man muss sich einmal anschauen, was stets daraus wird. Forderungen werden immer da gestellt, wo niemand Regelungen kennt, wo es Ihnen selber nicht wehtut, wo es Ihrer eigenen Klientel nicht wehtut. Vor allem wird aber wiederum mit dem Zeigefi nger auf andere gezeigt.

Noch einmal: Das wurde Ihnen x-mal ins Stammbuch geschrieben, unlängst von der „Wirtschaftswoche“. Da war Bayern, was die Bürokratie anbelangt, auf dem zweitschlechtesten Platz. Aber auch die von Ihnen selber eingesetzte Henzler-Kommission hat gesagt: Bayern hat mit Abstand die höchste Regelungsdichte.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Bayern vorn!)

Bei der Bürokratie ist Bayern wirklich Weltmeister.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber Sie tun überhaupt nichts, Sie zeigen wirklich immer nur auf die anderen.

Jetzt erinnere ich Sie an etwas. Vor der Sommerpause wurde im Wirtschaftsausschuss der Bericht zur Mittelstandspolitik gegeben. Wie endete unser famoser Wirtschaftsminister? – Er ist nicht da. Er streitet wohl gerade noch zum Ladenschluss. – Er endete damit: Die Abschaffung der Meisterpfl icht in 53 Berufen muss korrigiert werden. Das bedeutet wieder mehr Bürokratie. In den Sommerferien kam dann die Meldung: Der Amtschef des Wirtschaftsministeriums hat ein 80-seitiges Gutachten darüber verfasst, wie wichtig es doch ist, dass diejenigen, die Reifen wechseln, den großen Befähigungsnachweis haben. Für den Reifenwechsel braucht man also den Meisterbrief. – Das ist Bürokratieabbau à la Bayern. Aber immer schwülstig sagen: Wir sind für Bürokratieabbau.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fangen Sie doch endlich einmal bei sich selber an. Aber bei sich selber, in Bayern, schützt man die eigene Klientel, deswegen Fehlanzeige beim Bürokratieabbau.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim besten Willen können wir also diesem Antrag nicht zustimmen. Wir können uns nicht einmal enthalten. Wir werden den Antrag ablehnen. Wir werden die deutsche Ratspräsidentschaft entsprechend begleiten und dabei auch auf die Schwerpunkte eingehen, die Frau Merkel verkündet hat, beispielsweise auf den Verfassungsvertrag, und wir freuen uns schon auf interessante weitere Diskussionen hier im Hause zum Thema Europapolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Runge. Für die Staatsregierung hat Frau Staatsministerin Müller um das Wort gebeten. Bitte sehr, Frau Staatsministerin.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der deutschen Ratspräsidentschaft haben wir die Chance, die Europäische Union so mitzugestalten, dass Europa seinen Einfl uss in der Welt stärken kann. Die Europäische Union kann nur das sein, was die europäischen Völker und Staaten aus ihr machen. Sie wird auch nur gelingen, wenn wir sie massiv und aktiv mitgestalten.

Ich freue mich, dass Herr Förster vorhin gesagt hat: Nicht nur reden, sondern auch handeln. Das wollen wir. Deshalb ist es notwendig, während der deutschen Ratspräsidentschaft den Verfassungsprozess erfolgreich fortzusetzen, Orientierung über Werte und Aufgaben der Europäischen Union zu geben und die Finalität dieser Europäischen Union endlich einmal zu diskutieren und zu defi nieren; denn ein politisches Gebilde ohne Grenzen ist nicht lebensfähig und erhält auch keine Akzeptanz. Die Europäische Union muss von den Bürgerinnen und Bürgern verstanden und letztlich auch mitgetragen werden.

Die Europäische Union wird ihr Gewicht auf Dauer nur zur Geltung bringen, wenn der Lissabon-Prozess weiter vorangetrieben wird und wenn sie wirtschaftlich stark und dynamisch ist. Ich denke, die Halbzeitbilanz des Lissabon-Prozesses hat uns gezeigt, dass wir nichts erreicht haben. Aber jetzt, nach der Modifi zierung und nachdem sämtliche Mitgliedstaaten aufgefordert sind, die Aktionsprogramme durchzuführen, sieht es etwas besser und dynamischer aus. Während der deutschen Ratspräsidentschaft müssen also Wachstum und Beschäftigung sowie die Innovationsfähigkeit durch Investitionen in Forschung und in Entwicklung und durch eine bessere Rechtssetzung gestärkt werden.

Energie und Klimaschutz sind ebenfalls ein zentrales Thema der deutschen Ratspräsidentschaft.

Die Europäische Union braucht bei ihrer hohen Abhängigkeit von Energieimporten eine gemeinsame europäische Energiepolitik. Das bedeutet im Klartext: Energieversorgungssicherheit zu erschwinglichen Preisen – das wollen sowohl die GRÜNEN als auch die SPD und die CSU –, die Förderung von Energieeffi zienz, die Förderung alternativer Energien, die Gestaltung des Energiemix in den jeweiligen Nationalstaaten und nicht europäisch. Wir brauchen auch eine gemeinsame europäische Energieaußenpolitik.

Es ist auch dringend erforderlich - und das ist vorhin angesprochen worden -, dass wir in der Zukunft eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vorantreiben und vervollständigen. Die Europäische Union ist ein historisch einmaliges europäisches Friedensprojekt. Es ist notwendig, neues Vertrauen in die europäischen Institutionen zu schaffen sowie die Zustimmung zur europäischen Integration zu stärken. Wir haben jetzt die Möglichkeit, im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft sowohl deutsche Interessen als auch natürlich bayerische Interessen auf der europäischen Ebene zu verwirklichen.

Die Bayerische Staatsregierung unterstützt den Dringlichkeitsantrag der CSU. Als Schwerpunkte werden zehn Handlungsbereiche hervorgehoben: Bürokratieabbau und Subsidiarität, Erweiterungspolitik, Welthandel, Energiepolitik, Klimaschutz, Finanzpolitik, Beschäftigungs- und Sozialpolitik, Justiz und Inneres, Agrarpolitik und transeuropäisches Verkehrsnetz.

Wir brauchen eine positive Europapolitik, aber mit einem sehr realistischen Blick. Europa steckt auch ein Jahr nach der von den Staats- und Regierungschefs der europäischen Staaten vereinbarten Phase des Nachdenkens über die Zukunft der Europäischen Union nach wie vor in einer Vertrauenskrise. Hauptursachen dafür sind die expandierende und grenzenlose Erweiterungspolitik der Europäischen Union sowie ein Übermaß an Regulierung und Bürokratie. Hinzu kommt, dass die Bürger konkrete Antworten der Europäischen Union auf die Herausforderung der Globalisierung und natürlich auf die Herausforderung der künftigen Initiativen erwarten.

Für die deutsche Ratspräsidentschaft sollte daher eine echte Neuausrichtung der Europapolitik im Mittelpunkt stehen. Im Ministerrat haben wir in Bayern am 20. Juni ein zwischen den Ressorts abgestimmtes Positionspapier verabschiedet, das bayerische Vorschläge für das Arbeitsprogramm während der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 enthält. Ich habe dieses Positionspapier bereits damals der Bundesregierung übermittelt.

Die im Dringlichkeitsantrag enthaltenen Positionen und Forderungen stimmen mit dem Standpunkt der Bayerischen Staatsregierung überein. Auch aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung müssen der Abbau der Bürokratie und die Vereinfachung des bestehenden EU-Rechts oberste Priorität haben; denn eine konsequente Vereinfachung des EU-Rechts entlastet sowohl die Unternehmen als auch die Bürger und letztlich auch die Verwaltung. Wir haben vorhin von den Berichtspfl ichten gehört und darüber diskutiert. Ich glaube, da ist echter Handlungsbedarf angesagt. Deshalb ist eine Entbürokratisierung und Deregulierung auf europäischer Ebene notwendig; denn das stützt die Konjunktur und steigert die Akzeptanz der Europäischen Union bei unseren Bürgern.

Zur Entbürokratisierung haben wir von Bayern aus dreizehn Vorschläge an die Bundesregierung weitergeleitet; angefangen von Cross Compliance über die Überprüfung der Umgehungslärmrichtlinie, die Bodenschutzrahmenrichtlinie hin zur Überarbeitung der FFH- und Vogelschutzrichtlinie. Ich könnte jetzt diese dreizehn Punkte

aufl isten. Wenn Sie wollen, bekommen Sie dies von mir schriftlich.

Herr Runge und Herr Förster, wir wollen selbstverständlich Transparenz unterstützen; da haben Sie neulich in der Sitzung etwas missverstanden. Wir sagen, dass wir Transparenz wollen. Wir wollen, dass die Bürger wissen, wohin ihre Steuergelder kommen, die nach Europa einbezahlt werden. Aber wir wollen es realistisch und praktikabel machen. Wir wollen einen Schwellenwert einführen, weil ein sowohl darunter als auch ein darüber liegender Schwellenwert ein Signal ist und eine klare und deutliche Aussage erlaubt. Betriebsdaten und persönliche Daten zu veröffentlichen, das halten wir mit Sicherheit nicht für angebracht und auch nicht für akzeptabel.

Bei der Erweiterungspolitik muss auf die strikte Einhaltung der Beitrittsvoraussetzungen und die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union geachtet werden. Es sind die Kopenhagener Kriterien angesprochen worden. Ich möchte auch den „acquis communautaire“ mit 20 000 Rechtsvorschriften ansprechen, die Basis für die Integration in die Europäische Union. Für diejenigen europäischen Länder, die nicht Mitglied werden können, sollte eine attraktive dritte Kategorie der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Assoziierung und Vollmitgliedschaft entwickelt werden. Ich denke hier schon auch an die Türkei; das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen.

Der Fortschrittsbericht der Kommission von dieser Woche weist in der Türkei gravierende rechtsstaatliche Defi zite aus, zum Beispiel die unzureichende Beachtung von Menschenrechten und den klaren Vertragsbruch gegenüber dem EU-Mitglied Zypern. Angesichts all der problematischen Punkte im Wertekatalog, kann man nicht sagen, in der derzeitigen Diskussion konzentriert man sich einfach nur auf zwei Punkte. Das ist falsch. Man muss die ganze Palette der Defi zite sehen, nicht nur § 301 in der türkischen Verfassung und das Ankara-Protokoll. Erst dann, wenn die Probleme ausgeräumt sind, kann man mit der Türkei weiterverhandeln. Die Türkei teilt die in Europa vorhandenen Werte nicht. Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei wird im Dringlichkeitsantrag der CSU abgelehnt. Das entspricht auch der Haltung der Bayerischen Staatsregierung.