Protokoll der Sitzung vom 28.11.2006

Meine Kolleginnen und Kollegen der CSU-Landtagsfraktion werden anschließend einige weitere überzeugende Argumente vorbringen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächstem erteile ich Herrn Kollegen Pfaffmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Waschler, dass Sie unsere Forderung nach Ganztagsschulen nach 20 Jahren aufgegriffen haben.

(Beifall bei der SPD)

Das freut uns natürlich, dass Sie da endlich aufgewacht sind. Ich will Ihnen sagen, was die Konsequenz daraus ist, damit die Menschen wissen, was Sie meinen, wenn Sie hier erklären, dass Sie in den nächsten Jahren für 5000 Schulen 20 Ganztagsklassen schaffen. Wenn Sie meinen, dass dies der große Durchbruch in Sachen Ganztagsschule ist, dann täuschen Sie sich.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich verstehe auch nicht, warum Sie hier ständig Zitate aus wissenschaftlichen Untersuchungen bringen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Von vor 15 und 20 Jahren!)

Ich könnte Ihnen genauso viele andere Zitate bringen, die genau das Gegenteil sagen.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Welche, Herr Kollege?)

Aber interessant ist, dass Sie Untersuchungen zitieren, die schon 20 Jahre alt sind.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Nennen Sie eine!)

Deswegen sage ich Ihnen, Herr Prof. Waschler: Die CSU ist in schulpolitischen Fragen reformunfähig.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben keine Kraft mehr, die Probleme an den Schulen zu lösen. Ich frage Sie nämlich: Warum haben wir 10 % Schülerinnen und Schüler ohne jeglichen Schulabschluss? Warum haben wir 17 % Schülerinnen und Schüler, die nach der Hauptschule keinen Ausbildungsplatz bekommen? Warum gibt es in Bayern die größte Bildungsungerechtigkeit aller deutschen Länder? Und dabei bleibe ich. Und warum gibt es die niedrigste Bildungsfi nanzierung?

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie haben nicht hingehört!)

Das ist die Frage. Warum ist in den Familien gerade beim Übertritt ohne Nachhilfe fast nichts mehr zu machen? Warum? Geben Sie darauf endlich eine Antwort und hören Sie auf, alte Studien zu zitieren.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben gerade gesagt, Herr Prof. Waschler, wir sollten hinschauen, welche Maßnahmen diese Regierung in engem Schulterschluss mit der CSU-Fraktion ergreift. Wir haben jetzt einmal hingeschaut: Sie streichen aufgrund des demografi schen Faktors mehr als 700 Stellen bei den Hauptschulen. Toll! Dann sagen Sie, 300 dürfen die Hauptschulen behalten, und wollen sich feiern lassen. Sie schließen Schulen in großem Stil. 700 Teilhauptschulen werden wegrationalisiert.

(Zuruf von der CSU: Wo denn?)

Warum? Ist das Ihre große Maßnahme, die Sie angekündigt haben?

(Franz Maget (SPD): Alle weg!)

Sie machen Reformen. Sie haben eine R 6 eingeführt und damit das Ende der Hauptschule eingeläutet. Das sind Ihre Maßnahmen, auf die Sie so stolz sind. Ja, wunderbar!

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Wenn Sie beim G 8 einmal richtig hinschauen, werden Sie erkennen, dass das, was Sie in der Schulpolitik treiben, so toll nicht ist.

(Zuruf von der CSU)

Da möchte ich auch einmal etwas zitieren, weil Sie offensichtlich nicht mehr wissen, was an den Schulen passiert. Sie wissen offensichtlich nicht mehr, welcher Druck in den Familien herrscht, wenn es um das Übertrittszeugnis geht.

(Zuruf des Abgeordneten Eduard Nöth (CSU))

Da können Sie noch so herumschreien. Fragen Sie die Familien in Ihrem Stimmkreis, Herr Nöth, sie werden Ihnen das schon sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Ich will einmal zitieren, was Herr Kultusminister beim CSU-Kreisverband Eichstätt erklärt hat. Da gibt es ein wunderbares Zitat zu dem Thema „Sie wissen nicht mehr, was in den Schulen passiert“: „Schneider räumte offen ein, dass angesichts der Terminfl ut vieles nicht mehr so an einen herankommt, oder oft ist es über Berater gefi ltert, bis es zum Minister kommt.“

Was heißt das? Herr Minister, wenn Sie nicht mehr wissen, was an den Schulen passiert, dann sind Sie am falschen Platz. Offensichtlich wissen Sie es nicht mehr. Das haben Sie hier erklärt. Insofern sind Ihre Erfolge nicht so toll, wie Sie uns das immer glauben machen wollen.

Die demografi sche Entwicklung, lieber Herr Kollege Waschler, hat gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 15 300 Schülern an den Hauptschulen gebracht. Darauf haben Sie nur die Antwort Schulschließungen, sonst nichts. Anstatt darüber nachzudenken, den demografi schen Wandel zu nutzen, um die Klassen kleiner zu machen oder die Kinder individueller zu fördern, schließen Sie einfach die Schulen. Das ist Ihre ganze Kunst in schulpolitischen Fragen.

Schlimm ist es, dass sich diese Entwicklung auch abgezeichnet hat. Das ist nichts Neues. Und dann beschließen Sie auf Ihrem Augsburger Parteitag, dass Sie die Hauptschulen stärken wollen. Sie wollen die Hauptschulen attraktiver machen. Da muss man aber genau hinschauen. Was heißt das, die Hauptschulen attraktiver machen?

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Wollen Sie das nicht?)

Doch! – Heißt das Schulschließungen? Heißt das Stellenkürzungen? Heißt das Hauptschulen attraktiver machen? Das ist geradezu lächerlich. Sie versuchen hier, den Menschen ein X für ein U vorzumachen. Das ist alles.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben bei Ihren Schulreformen die R 6 eingeführt und damit das Ende der Hauptschulen eingeläutet. Das ist die Wahrheit. Deswegen sollten Sie sich heute auch nicht hier hinstellen und so tun, als hätten Sie Lösungen für die Probleme unserer Zeit.

Die Frage Schulstruktur haben Sie selber angesprochen. Sie sagen, die Schule für Kinder mit praktischen Begabungen sei die Hauptschule. Wie stellt man das eigentlich fest? Haben Sie sich darüber schon einmal Gedanken gemacht?

(Zurufe von der SPD)

2,33 ist die Übertrittsnote für diejenigen, die ins Gymnasium gehen; 2,66 für die, die in die Realschulen gehen; und der Rest ist praktisch erfahren. Was für ein Blödsinn! Wieso können Sie eigentlich im 10. Lebensjahr wissen, dass ein Drittel der Schüler praktische Begabungen hat und die anderen zu blöd sind, einen Beruf zu lernen?

(Zuruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

Meine Damen und Herren, werden Sie sich doch endlich einmal dessen bewusst, was Sie hier treiben. Die Selektion im 10. Lebensjahr ist pädagogischer Unsinn.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das hat man in anderen Ländern Deutschlands und darüber hinaus schon längst erkannt.

Was für einen Wert für Sie die dreigliedrige Schulsystematik hat, zeigen Ausführungen Ihres famosen Wissenschaftsministers, die ich ebenfalls zitieren möchte. Herr Goppel erklärt – nachzulesen im „Fränkischen Tag“ Ausgabe Kronach, ich muss das zitieren, weil das bemerkenswert ist –:

Kurz sprach Dr. Goppel auch die Zukunft des dreigliedrigen Schulsystems in Bayern an. Ein Viertel bis ein Drittel eines Schülerjahrgangs solle zum Abitur kommen, mit jungen Leuten, die beispielsweise Begabungen für mehrere Fremdsprachen haben. Unter den Gymnasiasten sollten auch einige spätere Nobelpreisträger sein.

Toll! Wir freuen uns, wenn Nobelpreisträger aus Bayern kommen. – Weiter:

Ein weiteres Drittel sollten die Realschüler ausmachen, die geistig Erdachtes schnell in Betrieben umsetzen. Sie sollen ganz praktisch an die Umsetzung von Themen herangehen.

Toll! – Jetzt kommt aber das letzte Drittel, und das ist natürlich interessant: „Hauptschüler könnten eine Menge von Dienstleistungen wahrnehmen, beispielsweise als Tagesmutter, damit andere Frauen Geld verdienen können.“