Zur Null-Nettoneuverschuldung ist in den letzten Monaten schon genug gesagt worden. Schulden haben wir trotzdem. Davon, auch diese einmal tilgen zu wollen, ist bislang nicht die Rede. Dass man so auch Zinszahlungen reduzieren würde, ist offensichtlich, aber anscheinend nicht gewollt.
Der dritte große Risikobereich sind die unterlassenen Investitionen in Straßen, Brücken und Gebäude. Der ORH – das wurde heute schon mehrfach erwähnt – sagt, es müssten jedes Jahr bis zu 400 Millionen Euro nur für den Erhalt – nicht den Neubau – des Bestehenden ausgegeben werden. Sie lassen sich aber weiter für Neubauten feiern, die wieder neue Kosten produzieren, obwohl Sie genau wissen, dass die Substanz leidet.
Die Lösung, lieber Herr Kollege Kupka ist, dass man an anderen Projekten spart. Das ist ganz einfach.
Wenn Sie von uns die Lösung anfordern, dann bieten wir Ihnen gern die Lösung an, wenn Sie uns an die Regierung lassen. Solange Sie an der Regierung sind, müssen Sie die Lösung präsentieren.
Ich bin gespannt, wie oft der ORH in seinem Bericht noch auf diese Tatsachen hinweisen muss, bis Sie endlich reagieren wollen. Darauf freue ich mich. Aber, nun kommt eine neue Lösung auf Sie zu, die massiv ausgebaut wird, nämlich ÖPP oder PPP, also öffentlich private Partnerschaft – eine Möglichkeit zur Finanzierung von weiteren Neubauten oder bei den Brücken zu notwendigsten Sanierungen. Herr Minister, Sie haben uns im Ausschuss gesagt, die Flughafentagente Ost und die Umgehung Miltenberg wären für Sie keine Pilotprojekte gewesen. Man müsse eine gewisse Grundzahl von PPP-Modellen betreiben. Das klingt bei den Kollegen aus dem Haushaltsausschuss und bei den Verantwortlichen der Staatsregierung ganz anders. Kollege Bernhard hat zu uns im Haushaltsausschuss gesagt, er wundere sich darüber, dass wir nicht einmal Modellprojekten zustimmen wollten. Kollege Strehle wies darauf hin, dass beide Modelle erprobt werden sollten. Staatssekretär Schmid sagte vor dem ADAC-Südbayern, man wolle PPP bei den Staatsstraßen erproben. Also doch Pilotprojekte zum Erproben und dann erst darauf festlegen oder doch keine Pilotprojekte? – Man müsste sich schon festlegen.
Sie selbst haben dieses Jahr festgestellt, dass sich PPPMaßnahmen selbstverständlich dem wirtschaftlichen Vergleich stellen müssten – so in Ihrer Pressemitteilung 183 vom Juli dieses Jahres. Jetzt wird dieser Vergleich vom ORH angestellt und was kommt dabei heraus? Ich zitiere: Ein realistischer Kostenvergleich lässt keine Vorteile der ÖPP-Lösung gegenüber einer herkömmlichen Verwirklichung erkennen. – Weiter heißt es: Jedes ÖPP-Vorhaben begründet langfristige Belastungen für die Zukunft und engt den künftigen Handlungsspielraum ein. – Was heißt das also? Obwohl Sie das wissen, überlassen Sie Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin im Finanzministerium nach Pensionslasten und Sanierungsstau einen dritten Klotz am Bein, der dann von dieser oder diesem mitge
schleppt werden muss. Uns nehmen Sie gleichzeitig die Chance, wichtige Investitionen in der Zukunft zu tätigen.
Auch ich will einige Stichpunkte aus den Diskussionen der vergangenen Tage aufgreifen: Vom Ministerpräsidenten wurde in seiner ersten Rede viel von Solidarität gesprochen und gleichzeitig gesagt, man wolle nicht mehr so viel für den Finanzausgleich zahlen. Bei dem Vergleich von erhaltenen zu gezahlten Geldern hat man aber gefl issentlich übersehen, dass in den vergangenen 40 Jahren eine Teuerung stattgefunden hat und die D-Mark, die 1950 gegolten hat, mit den Verhältnissen im Jahr 2000 nicht mehr zu vergleichen ist. Wenn man ehrlich ist, dann hat Bayern vielleicht gerade einmal das Doppelte von dem in den Ausgleich bezahlt, was es erhalten hat. Das war – ich denke, darüber sind wir alle in diesem Hause einer Meinung – bei den gravierenden Problemen, die sich in Deutschland nach der Wiedervereinigung gestellt hatten und immer noch stellen, sicher von einem Land, das wirtschaftliche Stärken hat, nicht zuviel verlangt.
Vielleicht – aber das ist nur eine Vermutung von mir – hat es den Ministerpräsidenten nur gestört, dass er nicht so sexy ist, wie der Kollege Wowereit in Berlin. Das ist aber eine andere Sache.
Jedenfalls will man die Finanzbeziehungen auf neue Beine stellen. Im Vorfeld hieß es aber schon, dass sich nichts ändern darf, dass keiner weniger bekommen darf und dass keiner mehr bezahlen muss. Worauf hat man sich also geeinigt? Auf eine Kommission. Das ist nie schlecht. Wie immer geht diese Kommission aber über unsere Köpfe hinweg, denn die Länderparlamente bleiben außen vor. Der Bundestag und der Bundesrat werden entscheiden, obwohl wir doch die Finanzhoheit haben. Da muss noch einiges geändert werden. Wir werden uns mit Anträgen dazu auch noch äußern.
Zudem sage ich Ihnen jetzt schon, dass bei dieser Kommission nichts herauskommen wird, weil keiner irgendetwas geändert haben will.
Dann möchte ich noch auf die Worte des Ministerpräsidenten zu seinen Schwerpunkten für die nächste Zeit eingehen. Drei Schwerpunkte hat er genannt: Kinder, Bildung und Arbeitsplätze. Der Ministerpräsident hat die Angewohnheit, sich kurz und knapp zu äußern.
Investitionen für Kinder, Bildung und Arbeitsplätze sind in diesem Land hoch notwendig. Warum? Schon in der Einbringungsrede habe ich Ihnen, Herr Finanzminister, die Zahlen genannt. An denen hat sich in den vergangenen zwei Monaten nichts geändert. 8,2 % aller bayerischen Kinder leben in Armut. 157 000 Kinder leben in Bayern in
Zur Bildung: 8 % der Schülerinnen und Schüler gehen ohne Schulabschluss von der Schule. Denen und vielen, die einen Hauptschulabschluss oder einen Qualifi zierten Hauptschulabschluss haben, bieten Sie keine Zukunft, sondern speisen sie mit Maßnahmen oder Appellen ab. Deshalb besteht auch hier hoher Investitionsbedarf.
Die Arbeitsplätze sind das nächste Thema. Sie lassen sich natürlich feiern, wenn die Linde AG ihren Stammsitz von Wiesbaden nach München verlegt. Dass damit kein Arbeitsplatz mehr in Gesamtdeutschland geschaffen wird, ist Ihnen völlig egal; Hauptsache, Sie können sich damit brüsten, wieder eine DAX-Firma in München zu haben. Sie lassen sogar, wie in unserem Ausschuss deutlich wurde, die Vernichtung von Arbeitsplätzen – das ist vielleicht nur ein unterfränkisches Problem – fi nanziell unterstützen, wenn ein Betrieb nach Thüringen verlegt wird und dafür eine EU-Förderung bekommt. Das vergessen Sie gerne, meine Damen und Herren.
Sich für eine ureigene Aufgabe feiern zu lassen, schafft nur die Staatsregierung und der Finanzminister macht dazu ein freundliches Gesicht, obwohl er es als Herr der Finanzen am besten wissen müsste.
Kommen wir zu unseren Anträgen. Natürlich haben Sie alle wider besseres Wissen abgelehnt. Nur einen Antrag haben Sie sofort aufgegriffen und damit wenigstens die Zukunft der bayerischen Musikfestivals für das nächste Jahr gesichert. Der Dank war Ihnen sicher.
Wir haben mit unseren Anträgen zum ersten Mal, seitdem Kollege Hallitzky und ich die Verantwortung für den Haushalt tragen, Mehrausgaben in Höhe von 1,3 Milliarden Euro für diesen Doppelhaushalt eingefordert. Dazu stehen wir auch, Herr Finanzminister. Diese Mehrausgaben sind nach unseren Meinungen durch die Mehreinnahmen, die die höheren Steuereinnahmen gebracht haben, auch gerechtfertigt und gedeckt. Wir wollen diese Mittel jetzt nutzen. Wir brauchen sie jetzt und nicht erst, wenn der Ministerpräsident wieder eine Landtagswahl gewinnen will.
Wir haben mit unseren Vorschlägen auf den Gebieten Bildung, Soziales und nachhaltige Entwicklung Schwerpunkte gesetzt. Wir gehen mit unseren Anträgen auf die Anforderungen ein, die Sie uns unter anderem gestellt haben. Wir gehen mit unseren Anträgen darauf ein, dass die Studierendenzahlen in naher Zukunft auf das Doppelte steigen werden, dass die Schülerzahlen an Gymnasien und Realschulen steigen, dass es mehr schwierige Schüler in den Hauptschulen gibt und dass die Armut in Bayern steigt. Darauf reagieren wir. Sie ignorieren diese vor uns stehenden Aufgaben und verweisen vor allem auf etwaige Nachtragshaushalte. Also verstehe ich es richtig,
es wird wieder Geld geben, aber erst, wenn des dem Ministerpräsidenten passt und nicht, wenn wir es brauchen.
Ich wiederhole mich: Das ist für uns keine nachhaltige Finanzpolitik. Das ist Prassen, wenn es notwendig ist. Erst sparen Sie massiv ein, und wenn die nächste Wahl vor der Tür steht, prassen sie. So kann es nicht gehen.
Kommen wir zum Finanzausgleichsgesetz. Das Eigenlob beim Finanzausgleich konnte man so erwarten. Herr Ach, wenn Sie jemand füttern, wird er Sie natürlich dafür loben, dass sie ihn füttern.
Ich würde es gern tun, aber Sie werden niemanden dazu zwingen können, sich gegen den Fütterer zu wenden. Das wäre ja krank und verrückt.
(Dr. Thomas Beyer (SPD): Lieber der Spatz in der Hand – –! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wes Brot ich ess´, des Lied ich sing!)
Dass die Erhöhung der FAG-Mittel nicht unbedingt auf Ihre Leistungen zurückgeht, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Diese Erhöhungen sind eher der Ausgleich für Kürzungen in den vergangenen Jahren. Das gilt vor allen Dingen für den Kfz-Steuerverbund. Das wird gern vergessen. Die Erhöhungen sind natürlich auch den höheren Steuereinnahmen geschuldet. Ich erinnere auch die Kollegen der SPD an die Mehrwertsteuererhöhung.
Zum Haushaltsgesetz nur so viel: Kollege Dupper hat es gesagt. Es kann doch nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein Gesetz, das nicht den normalen Beratungsgang in diesem Hause genommen hat und das auch keinerlei fi nanzpolitische Konsequenzen hat, einfach so ins Haushaltsgesetz gesteckt wird, damit es durchgezogen werden kann. Wenn das Jagdgesetz einer regulären Beratung unterliegt, man dafür aber keine Zeit hatte, muss man es später einbringen. Wir lehnen es ab, dieses Gesetz im Haushaltsgesetz zu verstecken.
Die Erfahrungen der Haushaltsberatungen haben auch gezeigt, dass man für die CSU-Kollegen im Haushaltsausschuss ein kleines Bergwerk in Höhe von 20 Millionen Euro geschaffen hat.
Damit konnte am Ende der Beratungen jeder Kollege einen kleinen Showantrag stellen. Damit wurden kleine Härten geglättet, wobei wir natürlich jedes Mal zugestimmt haben, damit wenigstens ein bisschen was statt gar nichts geht. Das war aber auch in die Rubrik Kleinigkeiten einzustellen.