Protokoll der Sitzung vom 15.02.2007

Wir kommen zum zweiten Durchgang. Nochmals Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Staatsminister, auch wir bedanken uns bei den Lehrerinnen und Lehrern und bei den Eltern,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

die die Planungsfehler der CSU in Personalfragen mit hohem Engagement einigermaßen kompensiert haben. Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich gehe davon aus, Herr Staatsminister, auch Ihnen ist bekannt, dass der Winter jährlich wiederkehrt und dass Frauen schwanger werden können.

(Zurufe von der CSU: Ha, ha! – Weitere Zurufe von der CSU)

Ich gehe davon aus, dass man in dieser Zeit einen gestiegenen Bedarf hat, so wie es den täglichen Berichterstattungen zu entnehmen ist. Deswegen möchte ich eine zweite Frage stellen, obwohl Sie meine erste Frage gar nicht beantwortet haben.

Sind Sie denn bereit, aufgrund des offensichtlich gestiegenen Bedarfs an Mobiler Reserve – wegen gestiegener Krankheitszeiten und auch mehr Schwangerschaften – den vorhandenen 1000 Bewerberinnen und Bewerbern um eine Planstelle an den Schulen ein Einstellungsangebot zu machen, um künftig den Unterrichtsausfall an den Schulen nachhaltig zu verhindern, der offensichtlich auf einen strukturellen, grundsätzlichen Lehrermangel zurückgeht und kein Einzelfall ist?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister.

Ich habe bereits gesagt, dass wir dem gestiegenen Bedarf zum Halbjahr entgegentreten werden, indem wir den Umfang von 150 zusätzlichen Planstellen um weitere 30 erhöhen. Das sind über 5000 Lehrerstunden, die nach den Frühlings- oder Faschingsferien zusätzlich zur Verfügung stehen, um Spitzenbedarfe besser abfedern zu können.

Den Dank, den Sie an die Lehrkräfte richten, habe ich ebenfalls ausgesprochen. Ich danke auch den Eltern. Aber es ist nicht so, wie in der Presse in dem einen Fall kolportiert wurde, dass Eltern dreimal in der Woche mit den Schülern Mathe und Deutsch pauken mussten. Ich habe nachfragen lassen, weil das natürlich ein Thema wäre, mit dem man sich auseinandersetzen müsste.

(Zurufe von der SPD)

Tatsache ist nach Rückmeldung des Schulleiters: In einer Woche haben die Eltern, um einer Übergangssituation besser gerecht zu werden, angeboten, dass sie Beaufsichtigungen durchführen. Am Mittwoch wurden zwei Stunden in der Frühe und die beiden letzten Stunden und am Freitag wurden zwei Stunden in der Frühe von Eltern beaufsichtigt. Es wurde mit Kindern gelesen. Es handelt sich um eine erste Klasse. Wenn wir sagen, das sei unverantwortlich, da werde gepaukt, werden wir der Situation nicht gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Die Schulämter haben jetzt die Kapazitäten zugewiesen bekommen. Die Schulämter sind auch fl eißig am Telefonieren – ich sage das sehr deutlich –, um Lehrkräfte zu gewinnen, die sich in Erziehungsurlaub befi nden, die in der Beurlaubungsphase sind, dass sie in die Schule zurückkommen. Denn, Herr Kollege Pfaffmann, es ist nicht so, dass die Bewerber en masse auf der Straße stehen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Über 1000!)

Überhaupt nicht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben jeden Absolventen in der Realschule und jeden in der Hauptschule angestellt. Jeder hat ein Angebot bekommen. Wir haben bis auf die Fächerkombinationen mit Kunst am Gymnasium jedem ein Angebot gemacht. Der einzige Bereich, in dem ursprünglich 500 nicht eingestellt worden sind, war der Grundschulbereich. Hier hatten wir mehr Bewerber.

Nun sage ich aber auch deutlich: Ich habe den Gymnasien das Angebot gemacht, in den ersten beiden Jahrgangsstufen – fünf und sechs – auch studierte Grundschullehrkräfte in ihrem Fach einzusetzen. Das wurde leider, auch von den Gymnasien selbst, als nicht tragfähig angesehen. Ich bin anderer Meinung. Diese Angebote müssen wir auch in Zukunft machen.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Darin unterstützen wir Sie auch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht so, dass 1000 Bewerber auf der Straße stehen. Vielmehr sind sie in privaten Volksschulen, in privaten Förderschulen und in Berufsschulen untergekommen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Weil Sie sie nicht angestellt haben!)

Weil ich sie nicht angestellt habe. Aber – Sie werden es nicht glauben, Herr Pfaffmann – sie unterrichten auch bayerische Schüler, zwar nicht an einer staatlichen, aber an einer privaten Schule.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Aber Sie haben sie nicht eingestellt!)

Sie werden doch nicht sagen, dass die Schüler an einer privaten Schule nicht das Recht haben, unterrichtet zu werden. Selbstverständlich sind sie untergekommen. Wer im Staatsdienst nicht eingestellt wird, hat die Möglichkeit in einem ganz großen Umfang im Privatschulbereich.

(Susann Biedefeld (SPD): Wir reden davon, dass sie in staatlichen Schulen fehlen!)

Sie müssen immer sehen, dass eine Vielzahl von Gymnasien und Realschulen in kirchlicher Trägerschaft und Förderschulen in privater Trägerschaft darauf angewiesen ist, dass auch ihnen noch ein paar Lehrkräfte zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Heckner.

Sehr verehrter Herr Minister, wir wissen alle, dass der Vertretungsfall, in dem Mobile Reserven eingesetzt werden müssen, vielfältiger Natur sein kann. Dazu gehören Grippewellen, wie wir sie derzeit haben, dazu gehören Schwangerschaften. Herr Pfaffmann, mir ist nicht bekannt, dass Schwangerschaften zwölf Monate dauern, sodass sie konkret planbar sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Dazu gehören auch vorzeitige Dienstunfähigkeiten. Die Verfahren mit Amtsarzt und Personalvertretungen – das wissen wir auch alle – können sich über Monate hinziehen, und es kann nicht so geplant werden, dass die Lehrkräfte immer pünktlich zum Schuljahresbeginn ersetzt werden.

Sehr geehrter Herr Minister, es gibt das sogenannte Forchheimer Modell, das Sie angesprochen haben. Sie haben auch den Vertretungsfall an den Gymnasien angesprochen und dargestellt, dass durch Budgets vor Ort Mobile Reserven sehr fl exibel und wirklich auch bei Spitzenausfällen eingesetzt werden können.

Ich frage Sie: Ist es denn denkbar, dass wir dieses Forchheimer Modell, das jetzt in der Fläche bei einigen Schulämtern erprobt wird, wirklich fl ächendeckend in ganz Bayern anwenden, damit wir den Unterricht auch bei einem solchen Spitzenbedarf abdecken können und verschiedenen Kräften in Bayern nicht die Möglichkeit gegeben wird, aus Einzelfällen strukturelle Katastrophen zu basteln?

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Kollegin Heckner, sicherlich wird künftig noch stärker als bisher das Prinzip der Flexibilität notwendig sein. Das ist nicht nur ein Thema in Bayern, sondern überall. Ich verweise auf Hessen, wo mit der „Unterrichtsgarantie Plus“ jede einzelne Schule Geld bekommt und vor Ort schauen muss, wie sie Unterrichtsvertretungen organisiert. Ich habe mit den Hessen bereits Kontakt. Wir haben uns ausgetauscht und vereinbart, auch dieses Modell anzuschauen.

Unser Modell, das Forchheimer Modell, sieht vor, dass die Zuweisung an das Schulamt mit einer bestimmten Anzahl an Mobilen Reserven bleibt – das orientiert sich an den Klassen- und an den Schülerzahlen –, dass aber das Schulamt einen Teil dieser Zuteilung nicht in Form einer Person, sondern in Form von Zusatzstunden und von Geldmitteln erhält. Weil in der Regel im September und im Oktober sowie im Juni und im Juli weniger krankheitsbedingte Ausfälle zu verzeichnen sind, besteht somit die Möglichkeit, das Geld in diesen Zeiten einzusparen, um es in den Monaten mit mehr Ausfall gezielter einzusetzen.

Wir erproben das derzeit in Forchheim, in Donau-Ries, in Fürth-Schwabach, in Haßberge, in Schwandorf, bei der Regierung von Niederbayern und der Regierung von Oberbayern, also an zwei Bezirksregierungen und in fünf Schulämtern. Wir wollen wissen, inwieweit es sinnvoll ist, Kompetenzen nach unten zu verlagern. Ich persönlich bin der Überzeugung – und das zeigen auch die ersten Rückmeldungen –, dass wir es an die Schulämter geben und dort einen gewissen Puffer zur Verfügung stellen sollten. Das Schulamt ist beauftragt, einen Pool zu gewinnen. So könnte eine Lehrkraft, die in Elternzeit ist, beispielsweise sagen, ich halte mich für vier Wochen an bestimmten Schulen bereit, sodass man das telefonisch veranlassen kann.

Wir müssen dabei natürlich die eine oder andere standespolitische Diskussion führen. Ich hoffe, dass da nicht zu viel Sperrfeuer kommt. Wir müssen BAT-Fragen klären: Wie sind die Verträge zu gestalten, um möglichst fl exibel

zu sein? Wenn keine Bereitschaft da ist, auch ungewohnte Möglichkeiten zu diskutieren und umzusetzen, wird es schwieriger. Wenn die Offenheit da ist, auch unkonventionelle Wege zu gehen, dann werden wir es auch schaffen, mit einem größeren Maß an Flexibilität schneller und gezielter reagieren zu können.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Minister! Zum Forchheimer Modell habe ich eine Anmerkung: Wenn es genauso läuft wie bei den Arbeitsverträgen für die Lehrer an den Ganztagsschulen, dann wird mir angst und bange. Da war es nämlich schon im Dezember so, dass Sie teilweise kein Geld hatten. Das war ein hochbürokratischer Aufwand, sodass ich glaube, dass sehr viele von einem Arbeitsvertrag mit der Staatsregierung Abstand nehmen werden.

Zweite Bemerkung. Sie haben mir geantwortet, Sie wollten diese 180 Stellen für die Mobile Reserve über die Wiederbesetzungssperre beschaffen. Ich stelle fest: Sie schaffen also keine neuen Stellen, sondern Sie schneiden sie sich durch haushaltstechnische Tricks aus den Rippen. Ich denke, das wird das Problem nicht grundsätzlich lösen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Problem ist aus meiner Sicht, dass zwar der Sonderfall geregelt wird, dass Sie aber den Hauptschulen – im Haushalt ist das der Volksschulbereich – jedes Jahr Stellen streichen. Ich möchte es noch einmal sagen: in diesem Jahr mindestens 1300 und im nächsten Jahr mehr als 300.

Ich möchte Sie auch noch einmal daran erinnern, Herr Minister, dass nach der letzten Erhebung, die Sie gemacht haben, die nicht erteilten Lehrerstunden im Volksschulbereich bei 7,76 % lagen, an den Realschulen bei 9,97 % und an den Gymnasien bei 8,33 %.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wenn Sie gestern äußerten, der teilweise Rückgang um 0,1 % sei ein Erfolg, so möchte ich Ihnen sagen: Das ist kein Erfolg, den Sie da erreicht haben.