Protokoll der Sitzung vom 15.02.2007

Als ich bei ihm war

gemeint ist Haedke –,

klingelte sein Telefon, und er telefonierte eine halbe Stunde mit Monika Hohlmeier. Ich hörte nur, was er sagte, weil er mit dem Headset telefonierte.

Vor dem Untersuchungsausschuss gab er jedoch an, das Gespräch sei anfangs über Lautsprecher geführt worden, sodass er genau mithören konnte. Die widersprüchlichen Aussagen begründete er mit der Stresssituation bei der polizeilichen Vernehmung.

(Karin Radermacher (SPD): Das hätte Haedke alles aufklären können, wenn er ausgesagt hätte!)

In der Gegenüberstellung mit dem Zeugen Curt Niklas wurde von letzterem die gesamte Situation massiv bestritten. Es sei weder zu einem verabredeten Treffen mit Junker noch zur Übergabe von Geldbeträgen gekommen. Alles sei „erstunken und erlogen“.

Auch Monika Hohlmeier bestreitet nachhaltig ein solches Gespräch, zumal sie in der von Maximilian Junker für dieses Treffen angegebenen Zeit zwischen Oktober und November über fünf Wochen mit einer schweren Rippenfellentzündung ans Bett gebunden war.

Auch keiner der weiteren Zeugen, die zu diesem Punkt befragt wurden, konnte bestätigen, dass Monika Hohlmeier Kenntnis davon hatte, dass gegen Zahlung eines Entgelts Mitglieder zum Parteieintritt und zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten veranlasst werden sollten.

Die Prüfung der Glaubwürdigkeit von Maximilian Junker war deshalb nicht der Versuch, Monika Hohlmeier „reinzuwaschen“, sondern ein notwendiger und unverzichtbarer Teil des Untersuchungsauftrags. Der seinerzeitigen Beweiswürdigung des Gerichts kann aufgrund der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses nicht mehr gefolgt werden. Für den Untersuchungsausschuss wäre das Urteil insoweit maßgebend gewesen, wenn ihm nicht mehr Beweismittel als dem Gericht zur Verfügung gestanden hätten. Aufgrund der Zeugenaussagen ver

mochte jedoch der Untersuchungsausschuss den Sachverhalt umfassender zu klären als das Gericht, denn die Beweiswürdigung konnte damals nur in einer Abwägung stattfi nden, ob Melka oder Junker glaubwürdiger waren.

Die im Untersuchungsausschuss gehörten Zeugen und insbesondere das Ergebnis der Gegenüberstellung zwischen Curt Niklas und Junker standen dem Gericht nicht zur Verfügung. Auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Zeugen Junker antwortete deshalb die Richterin Petra Axhausen konsequenterweise:

Ja, damit habe ich mich im Urteil auseinandergesetzt in der Beweiswürdigung zu diesem Punkt, weil die Aussagen Junker und Melka sich ja in manchen Punkten widersprochen haben. Ich habe primär Herrn Junker geglaubt, weil sie in sich aus meiner Sicht stimmig waren.

Im Schlussbericht wurde dargelegt, in welch eklatanter Weise die Aussagen Junkers denen anderer Zeugen widersprechen. Ich darf nur stichpunktartig aufzählen:

1. Das von Junker behauptete Treffen im Englischen Garten mit Melka und Graber, bei dem Geld übergeben worden sein soll, wird von Melka und Graber ganz klar bestritten.

2. Die Behauptung Junkers, es habe ein Treffen im Café „Eisbach“ gegeben, an dem auch Melka teilgenommen habe, wird von Oliver Melka bestritten.

3. Genauso widersprüchlich sind die Aussagen über den Beginn der Fälschungen. Auf die Frage „Von wem wurden Sie zur Mittäterschaft bei den Fälschungen von Mitgliedsanträgen bewogen?“ antwortete Melka: „Von Maximilian Junker.“ Auf dieselbe Frage an Herrn Junker, ob es zutrifft, dass er mit Fälschungen von Anträgen begonnen habe, antwortete dieser: „Nein, ich habe damit auch nicht begonnen. Das war wiederum Herrn Melkas Sache.“

4. Das – wie Junker vor der Polizei aussagte – über Headset geführte und – wie er später vor dem Untersuchungsausschuss gegenteilig behauptete – über Lautsprecher mitgehörte Telefonat zwischen Joachim Haedke und Monika Hohlmeier wird sowohl von Monika Hohlmeier vor dem Untersuchungsausschuss als auch vom anwaltlichen Vertreter von Joachim Haedke gegenüber dem Bezirksschiedsgericht bestritten.

5. Die von Junker behauptete Geldübergabe von Curt Niklas in der Wohnung von Joachim Haedke wird von Curt Niklas vehement bestritten.

6. Die Behauptung Junkers, er habe die erhaltenen Gelder an neue Mitglieder weitergegeben, steht im Widerspruch zu Aussagen angeworbener Mitglieder, die bestreiten, die von Junker angegeben Geldbeträge erhalten zu haben.

7. Die von Junker behauptete E-Mail-Korrespondenz mit Rasso Graber, von der auch das Amtsgericht Mün

chen ausging, wird ebenfalls bestritten. Vor dem Untersuchungsausschuss erklärte Rasso Graber, dass es keine derartigen E-Mails gegeben habe und es sich hier vielmehr um Fälschungen handeln würde.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, all diese und noch weitere widersprüchliche Aussagen konnten nicht die Glaubwürdigkeit Maximilian Junkers stärken. Auch die Aussage Oliver Melkas, dass er vergeblich versucht habe, Maximilian Junker zu überreden, vor den Wahlen im Ortsverband Perlach reinen Tisch zu machen, spricht nicht für die Glaubwürdigkeit von Maximilian Junker. Oliver Melka wörtlich:

Ich wollte reinen Tisch machen, weil ich einfach ein schlechtes Gewissen dabei hatte. Und er wollte nicht, weil er gesagt hat, er hätte sich selber durch Telefonmitschnitte abgesichert.

Ich habe mich im Schlussbericht zur Glaubwürdigkeit des Zeugen Maximilian Junker mit aller gebotenen Zurückhaltung gegenüber denjenigen, die ihn als Kronzeugen für sich in Anspruch nehmen, so ausgedrückt: „Der Aussage von Maximilian Junker kommt aus Sicht des Untersuchungsausschusses keine derart überhöhte Glaubwürdigkeit zu, die den Schluss zuließe, dass die Aussagen der übrigen Zeugen als defi nitiv falsch bewertet werden könnten.“

Ich darf deshalb abschließend zu diesem Bereich feststellen, dass aufgrund der Zeugenaussagen der Untersuchungsausschuss nicht zu dem Ergebnis kommen konnte, dass Frau Hohlmeier an den strafbaren Vorgängen oder an den Mitgliedskäufen beteiligt war. Aussagen von Joachim Haedke, die die Behauptung Junkers hätten bestätigen oder dementieren können, lagen mit Ausnahme des von seinem Anwalt vorgetragenen Bestreitens des angeblichen Telefonats mit Monika Hohlmeier dem Untersuchungsausschuss nicht vor. Mutmaßungen hierüber durfte der Untersuchungsausschuss nicht in seine Bewertung einfl ießen lassen.

Nun zur Frage: Ab wann hatte Monika Hohlmeier Kenntnis über Fälschungen und welche Konsequenzen wurden gezogen?

Nach Aussage von Hans Podiuk hat dieser gegenüber Monika Hohlmeier an Rande eines Weihnachtsessens am 11. Dezember 2002 erklärt: „Jetzt haben wir echte Fälschungen.“ Auf Namen und Fakten ging er nicht ein. Monika Hohlmeier soll darauf erklärt haben: „Da sind wohl einige übermotiviert.“

Am 16. Januar 2003 unterrichtete Hans Podiuk seinen Kreisvorstand, allerdings nur allgemein, ohne auch hier Namen oder nähere Fakten zu nennen. Anträge auf Parteiausschlussverfahren wurden nicht gestellt. Die Kreisvorstandschaft beauftragte Hans Podiuk lediglich, weiter zu ermitteln. Am 18. Januar 2003 fand ein weiteres Gespräch zwischen Hans Podiuk und Monika Hohlmeier statt, in dem er nach seiner Aussage Monika Hohlmeier darüber informierte, dass er nun Junker als Fälscher identifi ziert habe und dieser ausgeschlossen werden müsste.

Monika Hohlmeier soll geantwortet haben: „Du schließt niemanden aus.“

Monika Hohlmeier sagt, es sei ihrer Erinnerung nach bei diesem Gespräch nicht um Junker, sondern um Matthias Pawlik gegangen.

Anfang Februar gab es eine weitere Unterredung zwischen Hans Podiuk und Monika Hohlmeier. Hierbei sprach Podiuk den Fall Branka Gmajnicki, eine Fälschung von Maximilian Junker, an. Dies wird auch von Monika Hohlmeier bestätigt. Ansonsten werden von ihr die Inhalte der vorgenannten Gespräche anders dargestellt. Es sei in erster Linie um Differenzen zwischen Hans Podiuk und den Jungen im Kreisverband gegangen und ganz allgemein um deren Tricksereien.

Welche Version richtig ist, ist letztlich für die im Untersuchungsauftrag formulierte strafrechtliche Relevanz nicht entscheidend. Denn gleichgültig, ob Monika Hohlmeier bereits am 18. Januar 2003 oder erst Anfang Februar 2003 konkrete Kenntnis über eine Fälschung erhalten hat, die Informationen durch Hans Podiuk erfolgten in jedem Fall nach den im November 2002 vorgenommenen notariellen Beurkundungen und somit nach Begehung der vom Amtsgericht festgestellten Straftaten.

Wie unübersichtlich auch noch Anfang Februar die gesamten Vorgänge waren, macht eine Aussage von Hans Podiuk deutlich. Als ihn Markus Blume immer wieder mit neuen Informationen versorgte, antwortete er diesem: „Also entweder könnt ihr das wenigstens ansatzweise beweisen, oder ich tu da nichts weiter, weil das ja nahezu lächerlich ist.“

Konsequenterweise nahm deshalb bei der Befragung von Hans Podiuk die Klärung folgender Fragen breiten Raum ein:

Warum wurde vom Kreisvorstand kein Antrag auf Ausschluss von Maximilian Junker gestellt? Hat man sich durch Aussagen von Monika Hohlmeier von einem Antrag auf Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens abhalten lassen? Warum wurde nur Monika Hohlmeier, zudem auch lediglich gesprächsweise, informiert und nicht auf offi ziellem Wege der zuständige Bezirksvorsitzende Johannes Singhammer, der noch bis Juli im Amt war?

Podiuk erklärte hierzu, dass es einen „Riesenknatsch“ gegeben hätte und er keinen Ärger mit der künftigen Bezirksvorsitzenden wollte. Zudem hätte gegen den Widerstand von Monika Hohlmeier ein Antrag kaum Aussicht auf Erfolg gehabt, da die für einen Ausschluss notwendige Zweidrittelmehrheit so nicht zu erreichen gewesen wäre.

Hierzu muss festgestellt werden, dass Anträge auf Ausschluss eines Mitglieds, auch nach der damals geltenden Satzung, nicht an die Bezirksvorstandschaft, sondern an das zuständige Bezirksschiedsgericht zu richten waren. Für die Entscheidung des Bezirksschiedsgerichts ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit nicht erforderlich. Diese gilt nur für Beschlüsse des Bezirksvorstands bei soge

nannten Ordnungsmaßnahmen. Hierunter fallen jedoch nicht Anträge auf Parteiausschluss.

Zudem gab Hans Podiuk an, er habe den Bezirksgeschäftsführer Quaas offi ziell unterrichtet, er sei sich also sicher, dass der auch den Bezirksvorsitzenden informiert habe. Wörtlich: „Der ganze Bezirksverband war faktisch informiert.“ Dem gegenüber erklärte jedoch Johannes Singhammer:

Also nach meiner Erinnerung war das Ausmaß dessen, was da stattgefunden hat, nicht bekannt. Ich kann mich auch nicht erinnern, das da Erkenntnisse vorlagen, denn sonst hätte man mit Sicherheit auch anders reagiert.

Und zum selben Thema an anderer Stelle:

Wenn eine solche Information an mich herangetragen worden ist, dann habe ich eines garantiert getan: Ich habe die Bezirksgeschäftsstelle angewiesen, alles zu tun, damit ordnungsgemäße Zustände sofort wiederhergestellt werden.

Wie die Dinge letztlich auch abgelaufen sein mögen, der Untersuchungsausschuss konnte es nicht zur Gänze aufklären. Richtig ist wohl, dass jede Seite öffentliches Aufsehen vermeiden und Schaden von der CSU abhalten wollte. Monika Hohlmeier gab an, es sei ihr Ziel gewesen, die Parteiaustritte auf freiwilliger Basis zu erreichen.

Ohne die Aussagen von Hans Podiuk auch nur punktuell infrage stellen zu wollen, ist deshalb zusammenfassend Folgendes festzuhalten:

1. Alle Gespräche zwischen Monika Hohlmeier und Hans Podiuk fanden nach Begehung der Straftaten statt. Ein strafrechtlich relevanter Vorgang im Sinne des Untersuchungsauftrags lag also nicht vor, worauf auch die Staatsanwaltschaft hingewiesen hat.

2. Anträge auf Einleitung eines Ausschlussverfahrens wurden von keiner Seite gestellt. Zur Antragstellung an das zuständige Bezirksschiedsgericht wären nur der Ortsverband Perlach oder der Kreisverband 9 berechtigt gewesen.

3. Ausgehend von den Aussagen Hans Podiuks mussten spätestens Anfang Februar auch für Monika Hohlmeier die Informationen so umfassend gewesen sein, dass sie alles hätte unterlassen müssen, was als Verhinderung eines Ausschlussantrags gegen Maximilian Junker angesehen werden konnte. Dass ein freiwilliger Parteiaustritt Junkers weniger Aufsehen erregt hätte als ein offi zieller Ausschluss, stellt keinen ausreichenden Grund dar, sich gegen einen Ausschlussantrag auszusprechen.

4. Hans Podiuk hätte als Kreisvorsitzender und als derjenige, der nicht nur die meisten Informationen über die gesamten Vorgänge besaß, sondern auch allein das Antragsrecht hatte, ein ordnungsgemäßes Verfahren einleiten oder zumindest den Bezirksvorsitzenden detailliert informieren müssen. Derartige Vorgänge nur gesprächs

weise an eine noch nicht gewählte Bezirksvorsitzende heranzutragen, kann nicht als ein der Problematik angemessenes Vorgehen betrachtet werden.

Die Angst vor persönlichem Ärger ist kein ausreichender Grund für unterlassenes politisches Handeln. Zudem wäre ein Antrag auf Parteiausschluss nicht an einer Zweidrittel-Hürde des Bezirksvorstandes gescheitert.

Meine Damen und Herren, ab März 2003 ging man konkret an die Aufklärung der gesamten Vorgänge. Der Bezirksverband bestellte eine Kommission zur Überprüfung der Wahl in Perlach, die am 1. März ihre Arbeit aufnahm.