Protokoll der Sitzung vom 15.02.2007

von Frau Hohlmeier gegenüber Bezirksvorstandsmitgliedern, die ihren Rücktritt als Bezirksvorsitzende verlangen wollten und verlangt haben. Auch hier versucht die CSU, die Ereignisse herunterzuspielen und die massiven Drohungen den Betroffenen gegenüber als subjektives Empfi nden darzustellen. Leugnen können Sie die Vorgänge im Bürklein-Zimmer nicht, damit wären die Betroffenen ganz und gar nicht einverstanden. Sie sind auch mit Ihrer Interpretation nicht einverstanden, ich habe bereits vorhin einiges dazu zitiert. Lassen Sie mich an etwas erinnern, was Herr Podiuk gesagt hat: „Über die Wahrheit kann man nicht abstimmen, die ist vorhanden.“ – Ich denke, da hat er Recht.

Für uns steht fest, dass Frau Hohlmeier mit Hilfe von angesammeltem belastendem Material versucht hat, Parteifreunde unter Druck zu setzen. Dazu hat sie zum Gespräch am 16. Juli 2004 in einer Mappe Unterlagen ins Bürklein-Zimmer mitgebracht. Was alles in der Mappe lag, ist in der Tat nicht genau zu klären. Die Anschuldigungen gegenüber Herrn Spaenle, Herrn Zimmermann und Herrn Podiuk lassen aber darauf schließen, dass Material gezielt gesammelt und angefertigt wurde. Frau Hohlmeier hat im Übrigen selbst die Notiz über ein Telefongespräch bestätigt.

Wie sehr der CSU im Untersuchungsausschuss daran gelegen war, die Sache niedrig zu halten, zeigt auch die überfl üssige Diskussion darüber, was eigentlich genau ein Dossier ist. Auch darüber haben wir uns unterhalten. Tatsache ist aber, dass Frau Hohlmeier in dieser Sitzung zum Rücktritt aufgefordert werden sollte; das war ihr vor dem Treffen bekannt. Tatsache ist auch, dass mit Drohungen auf einzelne Mitglieder reagiert wurde. Am massivsten war wohl der Vorwurf an Herrn Spaenle über angebliche Wahlfälschungen, die seine Frau betreffen. Diese Vorwürfe stehen bis zum heutigen Tag schlicht und einfach im Raum.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Auch der Sachverhalt, dass es eine Aussage von Herrn Baretti gibt, der wörtlich sagt, er habe „mal etwas zusammengeschrieben für die Ministerin über Herrn Podiuk“, fällt einfach heraus und wird in keiner Weise erwähnt.

Fazit: Frau Hohlmeier hat versucht, mithilfe von gesammelten, vermeintlich belastendem Material Parteifreunde, die ihren Rücktritt gefordert haben, unter Druck zu setzen.

(Engelbert Kupka (CSU): Das ist eine unglaubhafte Unterstellung!)

Ob damit im strafrechtlichen Sinne der Tatbestand der Nötigung erfüllt ist, mag dahingestellt bleiben. Das wäre zu diskutieren, vielleicht auch unterschiedlich zu werten. Ein unwürdiges und unmoralisches Vorgehen für eine Ministerin, Kolleginnen und Kollegen, ist das aber allemal.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich denke, Frau Hohlmeier wäre viel erspart geblieben, wenn sie danach gehandelt hätte, was sie selbst 1994, allerdings in einem anderen Zusammenhang, einmal sagte. Ich darf das Zitat übernehmen: „Man darf nicht mit dem Wissen um Interna drohen, das ist ein schlechter Stil und bricht einem früher oder später das Genick.“

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dem ist nichts hinzuzufügen!)

Frau Hohlmeier, daran hätten Sie sich halten sollen!

(Beifall bei der SPD)

Kommen wir zu dem Kapitel „Kritik von Schulleitern am G 8“. Massive Kritiker am G 8 wurden ins Kultusministerium zu einem Gespräch zitiert. Allein die Tatsache, dass dies von einem Tag auf den anderen geschah, und zwar durch Telefonanruf, zeigt schon, wie das Kultusministerium mit diesen Herren umgehen wollte. Alle Betroffenen schilderten das Gespräch als bedrohlich. Zitate: „Es war eine Abwatsch- und Anschiss-Phase“. „Es wurde mit existenziellen Ängsten gespielt“, und es wurden Schreiben, die nicht an das Kultusministerium gerichtet gewesen waren, die diesem aber zugespielt worden sind, verwendet. Die CSU kann die übereinstimmenden Aussagen der fünf Schulleiter nicht wegdiskutieren, sie ist aber der Meinung, dass die angespannte Atmosphäre zu Beginn des Gespräches keinerlei Anlass bot, Existenzängste zu erzeugen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ach so! Das macht wohl alles nichts!)

Als Beweis wird gesagt, dass es zu keinerlei Disziplinarmaßnahmen kam. Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, Disziplinarmaßnahmen hätten nämlich vor Gericht standhalten müssen. Einschüchterungsversuche hingegen können einer solchen rechtlichen Klärung nicht zugänglich gemacht werden. Damit kommen wir zu Herrn Schulleiter Schrägle. Ich brauche den Fall nicht mehr zu erläutern, der Sachverhalt ist hinreichend bekannt. Es ist auch hinreichend bekannt, dass alle Maßnahmen gegen ihn zurückgenommen werden mussten. Die CSU stellt in ihrem Bericht lapidar fest: „Der Fall Schrägle ist kein Fall G 8.“

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ach so!)

Da haben Sie recht, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, es gibt keinen Fall Schrägle, es gibt nur einen Fall Hohlmeier, und sie war verantwortlich im Kultusministerium, und es gibt ein Opfer Schrägle.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben in Ihrem Bericht alles versucht, um darzulegen, dass Herr Schrägle nicht wegen seiner Haltung zum G 8 strafversetzt wurde. Tatsache ist und bleibt aber, dass alles, was gegen Herrn Schrägle passiert ist, dass die Jagd auf Herrn Schrägle gleichzeitig mit seiner Kritik am G 8 begann.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Merkwürdiger Zusammenhang!)

Auch die Tatsache, dass gezielt Material gegen Herrn Schrägle gesammelt wurde, spricht eindeutig dafür. Ich möchte nur ein wörtliches Zitat hierzu vortragen: „Wissen Sie nicht doch etwas aus den drei Jahren der Schulleitung des Herrn Schrägle, was rechtswidrig gewesen wäre?“ – Diese Frage wurde an die stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums von Herrn Schrägle im Ministerium gestellt. Hier wird doch deutlich, dass man gezielt versucht hat, etwas gegen Herrn Schrägle zu sammeln. Fazit: Herr Schrägle wurde aus unserer Sicht eindeutig aufgrund seiner kritischen Haltung zum G 8 versetzt.

Die Verfi lzung der CSU-Parteiarbeit und der Ministeriumstätigkeit durch Frau Hohlmeier kann an zwei Beispielen nachgewiesen werden: die Nebentätigkeitspraxis im Ministerium und der besonders krasse Fall von Vetternwirtschaft – Frau Spandel. In keinem anderen Ministerium gab es so viele Nebentätigkeiten zur Erledigung von Parteiarbeiten wie im Kultusministerium. Die CSU-Mehrheit bemüht zur Defi nition von Nebentätigkeiten – auch das muss festgehalten werden – den Schlussbericht des Untersuchungsausschusses „Führungshilfen“. Ich will es mit aller Deutlichkeit sagen: Der Bericht eines Untersuchungsausschusses kann auch in Bayern nicht die geltende Rechtsgrundlage zur Defi nition von Nebentätigkeiten sein.

(Beifall bei der SPD)

Die Genehmigung von Nebentätigkeiten und deren Voraussetzungen sind per Gesetz defi niert. Im Sommer 2004 gab es elf Nebentätigkeitsgenehmigungen im Umfeld von Frau Hohlmeier. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass die Nebentätigkeitsgenehmigungen gegenüber neuen Mitarbeitern meist automatisch erteilt wurden. Aus Fürsorgepfl icht, gegenüber den Betroffenen, wie die CSU das immer wieder betont hat. – Nebentätigkeiten dürfen aber nicht aus Fürsorgepfl icht erteilt werden, sondern es bedarf eines schriftlichen Antrags und einer entsprechenden Begründung. Daran muss sich jedes Ministerium halten.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Bei jedem anderen muss man das so machen! – Beifall bei der SPD)

Interessant ist ferner, dass diese Nebentätigkeiten im August, quasi in einer Nacht- und Nebel-Aktion – sogar Telefonate mit Beamten im Urlaub wurden geführt -, plötzlich aufgehoben wurden. Das zeigt uns sehr deutlich, dass diese Nebentätigkeiten weder im öffentlichen Interesse lagen noch die Genehmigungen hierfür ordnungsgemäß erteilt wurden.

(Beifall bei der SPD)

Sie dienten einzig und allein dem Zweck, jederzeit Zugriff auf die Mitarbeiter zu haben. Im Übrigen hätte diese Praxis, wenn sie in Ordnung gewesen wäre, nicht von einem Tag auf den andern geändert werden müssen; dann hätte das Ministerium dabei bleiben können.

Nun zu dem besonders – ich sage das ganz bewusst: – unappetitlichen Fall der Frau Spandel. Das Wort „unap

petitlich“ bezieht sich nicht auf die Frau Spandel, um das deutlich zu sagen. Dieser Fall ist ein Paradebeispiel, ein Lehrstück für Vetternwirtschaft. An allen rechtlichen Bedenken etwa des Personalrats, des Personalchefs, des Amtschefs vorbei wird jemand zur Bearbeitung von Bürgeranfragen, zur Betreuung von Gästen, zur Vorbereitung von Terminen und zur Bearbeitung der Massenpetitionen eingestellt und in eine Gehaltsstufe zwischen BAT II und BAT III eingruppiert, obwohl diese Person lediglich die Voraussetzungen für eine Stelle nach BAT VII hat.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt!)

Wer nicht ganz erfasst, was das bedeutet, kann sich bei den Mitgliedern des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes informieren.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da liegen ja Welten dazwischen!)

Die erklären das dann. Zunächst sollte eine Planstelle geschaffen werden, und das zu einer Zeit, zu der es gravierende Kürzungen bei den Lehrern gab. Schließlich wurde eine Übergangslösung mit einer befristeten Stelle geschaffen, die aus verschiedenen Töpfen bezahlt wurde. Weil Frau Spandel nicht die vorgesehenen Qualifi kationen für die tarifl iche Eingruppierung hatte, nämlich einen Hochschulabschluss, musste sie außertarifl ich eingruppiert werden. So einfach ist das, meine Damen und Herren, wenn man eine aktive Parteifreundin, CSUKreisrätin, Kreisvorsitzende der Jungen Union, Mitglied im CSU-Bezirksvorstand, Schatzmeisterin der Jungen Union, unterbringen will.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da schau her!)

Weil Frau Spandel diese gut dotierte Stelle haben sollte, wurden die zunächst vorgetragenen Bedenken des Personalrats, des zuständigen Abteilungsleiters und des Amtschefs beiseitegewischt. Bei ihrer Einvernahme haben der Amtschef und der Personalchef dann gesagt: Wenn die Ministerin das so will, dann machen wir das so. – Ich denke, die CSU kann in ihrem Bericht die Tatsache nicht leugnen; das wäre ja auch noch schöner. Interessant ist, dass in diesem Punkt von ihrer Seite keinerlei Bewertung vorgenommen wird, kein Fazit gezogen wird.

Ich komme zum letzten Kapitel im Untersuchungsausschuss, nämlich zur Task Force. Zunächst wurde auch da vonseiten der CSU versucht, die Erweiterung des Fragenkatalogs mit der Begründung zu verhindern, es handle sich um einen nicht ausforschbaren Kernbereich der Exekutive, den wir nicht untersuchen können. Auch hier irrte sich die CSU. Wir haben ihn untersucht, allerdings mit der Einschränkung: nur bis zum 18.04., also nur bis zum Ende der Amtszeit von Frau Hohlmeier. Das hat ihr die Möglichkeit gegeben, mehrfach zu sagen: Fehler, Mängel und sonstige Misswirtschaften seien nach dem 18.04. passiert, also nach ihrer Amtszeit. Ja, wem ist das jetzt zuzurechnen? Vielleicht dann eben doch dem neuen Minister, den man hier schützen will nach dem Motto: Das

können wir auf Frau Hohlmeier abladen, sie ist ja zurückgetreten. Da kommt es auf ein Bisschen nicht mehr an.

Die Staatsregierung beschloss im März 2003, diese Task Force einzurichten. Sie wurde im Wirtschaftsministerium und im Kultusministerium angesiedelt. Im Kultusministerium wurde die Task Force mit einem Geschäftsführer und zwei Mitarbeitern ausgestattet. Die Zeit erlaubt es nicht, auf die durchaus positiven Projekte einzugehen, die es da auch gab. Bereits zwei Wochen nach der Übernahme des Kultusministeriums durch Herrn Schneider – und das ist sehr interessant – ist am 4. Mai der Bayerische Oberste Rechnungshof eingeschaltet worden, um die Arbeit der Task Force, besonders die Großprojekte, zu überprüfen. Die Begründung war, dass das Kultusministerium keine Kenntnis über den aktuellen Stand dieser Projekte und über die bisherige Tätigkeit der Task Force, die quasi als closed shop arbeite, habe. – Es ist schon sehr merkwürdig, dass ein Minister in seinem Haus angeblich keine Informationen bekommt und dazu den Obersten Rechnungshof braucht.

Die Prüfung durch den Obersten Rechnungshof hat eine Reihe von Ergebnissen im Hinblick auf die Verantwortung der Ministerin a. D. und des Ministerpräsidenten gebracht. Die Auswahl der Mitarbeiter der Task Force war von Frau Hohlmeier getroffen worden. Die personelle Ausstattung war in keiner Weise ausreichend: ein Geschäftsführer plus ein Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin. Ob die handelnden Personen im Einzelnen für diesen vielfältigen Bereich kompetent waren und das wirklich hätten bewältigen können, will ich dahingestellt sein lassen. Fest steht aber, dass keine ausreichende Unterstützung zum Beispiel in Fragen des Vergaberechts, des Medienrechts, des Steuerrechts aus dem Ministerium gegeben wurde. Frau Hohlmeier war offensichtlich nicht in der Lage, die zum damaligen Zeitpunkt schon heftig konkurrierenden Lager im Ministerium zusammenzuführen. Die Task Force hat nicht die notwendige Unterstützung aus der Verwaltung und von der Spitze des Ministeriums erhalten.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Ausstattung mit Personal war nicht ausreichend. Mit dem vorhandenen Personal konnte diese Mammutaufgabe nicht bewältigt werden. Die fi nanzielle Ausstattung der Projekte war von Anfang an zu knapp. Herr Wiesheu hat bestätigt, dass im August 2004 bereits von zehn weiteren Millionen geredet wurde, die benötigt würden, wenn man diese Aufgabe vernünftig erledigen würde. Wir sind der Meinung: Frau Hohlmeier hat zu spät und nicht mit dem nötigen Nachdruck eine verbesserte Ausstattung verlangt. So war die Aufgabe nicht zu bewältigen.

Auch für die umstrittene Auswahl des Geschäftsführers der Task Force, der gleichzeitig dem privaten Verein „Gesellschaft der Freunde und Förderer der Kultur während der WM 2006 in München e. V.“ vorstand, hat die Sensibilität gefehlt. Staatliches und privates Handeln kann man eigentlich nicht miteinander verknüpfen.

Fazit: Frau Hohlmeier trägt für diese Unzulänglichkeiten, die ich soeben dargestellt habe, die politische Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Staatskanzlei und damit Herr Stoiber – dazu nur noch ganz kurz – waren aus unserer Sicht auch frühzeitig darüber informiert. Hier kommt wieder Herr Höhenberger ins Spiel. Bereits Anfang 2004 und zum Jahreswechsel 2004 gab es Aktenvermerke von und an Herrn Höhenberger. Möglicherweise hat Herr Höhenberger auch hier seinen Chef wieder nicht ausreichend informiert.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wie es nur sein kann!)

Ja, das ist schon eine ganz merkwürdige Geschichte.

Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich abschließe, noch einige Anmerkungen zum Obersten Rechnungshof machen, aber auch zum Verhalten führender Beamter im Kultusministerium.

Ob der Oberste Rechnungshof – ORH – dazu benutzt wurde, von wem auch immer, und ohne dass wir den Prüfern und Prüferinnen unterstellen wollen, das sei bekannt gewesen, Material gegen die schon abgetretene ehemalige Ministerin zu gewinnen, ist nicht vom Prüfauftrag des Untersuchungsausschusses umfasst.