Ob der Oberste Rechnungshof – ORH – dazu benutzt wurde, von wem auch immer, und ohne dass wir den Prüfern und Prüferinnen unterstellen wollen, das sei bekannt gewesen, Material gegen die schon abgetretene ehemalige Ministerin zu gewinnen, ist nicht vom Prüfauftrag des Untersuchungsausschusses umfasst.
Ich möchte das trotzdem bewusst anmerken. Tatsache ist aber, dass es ein völlig unüblicher Vorgang ist, dass ein Minister beim ORH nachfragen lässt, ob der ORH bitte nachschauen könnte, was eigentlich im Ministerium los sei, weil der neue Minister angeblich keine Information von den zuständigen Beamten seines Hauses bekommt. Als der ORH diesem ungewöhnlichen Ansinnen nachkam, waren Akten verschwunden und wurden Akten plötzlich umsortiert. Wir alle mussten feststellen, dass durch diese Handhabung nichts mehr ordentlich festgestellt werden konnte, und sie auch nicht zur Erhellung dessen beigetragen hat, was vorher wirklich passiert ist.
Es lässt sich also aus unserer Sicht nicht leugnen, dass es auch eine politische Verantwortung des derzeitigen Ministers gibt. Ich will das hier mit aller Deutlichkeit sagen, und ich appelliere – auch wenn er nicht da ist – bewusst an den jetzigen Minister, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit großem Engagement – das, denke ich, haben wir bei deren Aussagen auch festgestellt – gearbeitet haben, sicher mit Unzulänglichkeiten, aber wegen der Situation und nicht wegen ihrer persönlichen Unzulänglichkeiten, letztlich nicht für etwas bestraft werden, was sie nicht zu verantworten haben. Auch da könnte ein Minister eine politische Verantwortung übernehmen und endlich dafür sorgen, dass in seinem Hause, im Kultusministerium wieder Ruhe eintritt.
Zurück zur Verantwortung von Frau Hohlmeier und Herrn Stoiber. Fazit für uns: Beide haben durch ihr Verhalten dem Ansehen ihrer Ämter, aber vor allem dem Ansehen der Politik schweren Schaden zugefügt.
Frau Hohlmeier hat die politische Verantwortung für ihr Handeln übernommen und ist zurückgetreten. Herr Stoiber hat es gemacht wie immer: Er hat auf der politischen Ebene einen Sündenbock und auch auf der Verwaltungsebene einen Sündenbock gesucht und gefunden. Aber auch Herrn Stoiber haben seine eigenen Verhaltensweisen zwischenzeitlich eingeholt: Es ist gut, dass er zurückgetreten worden ist.
Bleibt zu hoffen, dass die CSU aus all diesen Vorkommnissen lernt. Staat und CSU sind zweierlei. Das merkt man in diesem Hause bei den Kolleginnen und Kollegen der CSU nicht immer.
Wenn Mitgliederkauf, wenn Dossiers, wenn Bespitzelung des Privatlebens zum Machterhalt dienen müssen, dann – liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass wir uns wenigstens darüber einigen können – schadet das nicht nur dem Ansehen jedes Einzelnen von uns, sondern der Politik insgesamt, aber es schadet vor allen Dingen unserer Demokratie.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich will das Fazit der zweijährigen Arbeit des Untersuchungsausschusses vorwegstellen: Der Untersuchungsausschuss Monika Hohlmeier war einer der wichtigsten und einer der erfolgreichsten, den wir hier in Bayern je hatten. Der Untersuchungsausschuss hat zum einen die Verfehlungen und den Machtmissbrauch der ehemaligen Kultusministerin aufgedeckt, aber er hat darüber hinaus auch tiefe Einblicke gewährt in ein System: Es ist nicht nur der Machtmissbrauch, es sind nicht nur die Verfehlungen einer einzelnen Person, sondern es hat sich gezeigt: Dahinter steckt ein System.
Es ist natürlich zunächst einmal ein System Hohlmeier, weil nicht nur in wenigen Einzelfällen Dinge gelaufen sind, die man sehr verniedlichend als nicht korrekt bezeichnen muss. Also, es war ein System Hohlmeier, das sie auf allen Ebenen, in denen sie Verantwortung hatte, angewendet hat; aber darüber hinaus hat sich auch gezeigt, es ist nicht nur ein System Hohlmeier. Im Lichte der aktuellen Ereignisse in der CSU kann man, glaube ich, davon
Was meine ich damit? – Wir haben damit Bekanntschaft machen dürfen, wie man sich Informationen über Parteifreunde verschafft, wie man Ausforschungen vorantreibt, wie man Bespitzelungen organisiert, wie man versucht, mit Informationen, die man auf diese Art und Weise erlangt hat, diese Personen gezielt unter Druck zu setzen, wie man mit Veröffentlichungen droht, wie man mit Interna droht gegen Personen, die dem eigenen Machtanspruch im Wege stehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wenn Sie hier sagen, es ist wieder einmal nur ein bedauerlicher Einzelfall – wenn Sie überhaupt die Größe haben, das zuzugeben –, dann sage ich Ihnen: Schauen Sie sich mit offenen Augen in ihrer Partei um! Sie selber wissen am allerbesten, wie dieses System aussieht, und ich glaube, viele von Ihnen haben auch Befürchtungen, dass sie selber vielleicht einmal zum Opfer dieses Systems werden könnten.
Wir haben Kenntnis bekommen von dem Versuch Frau Hohlmeiers, CSU-Vorstandsmitglieder in München unter Druck zu setzen durch die sogenannten Dossiers, um die Vorstandskollegen davon abzubringen, ihre Rücktrittsforderung gegen die damalige Bezirksvorsitzende vorzubringen.
Wir haben in der Arbeit des Untersuchungsausschusses Kenntnis bekommen, dass man offenbar noch nicht einmal vor Kontoausspähungen zurückschreckt. Ich weiß nicht, ob Ihnen diese Geschichte überhaupt noch erinnerlich ist: Ein Mitglied der Jungen Union hat bei der Stadtsparkasse versucht, Daten über fi nanzielle Verhältnisse des damaligen Münchner CSU-Fraktionsvorsitzenden, Herrn Podiuk, zu bekommen.
Ich sage Ihnen: Es ist ein System, sonst hätte dieser junge Mann natürlich Skrupel haben müssen, so etwas zu tun.
Wir alle haben es miterleben können: Herr Höhenberger versucht, sich Informationen über Frau Pauli zu verschaffen, weil die ja ziemlich lästig geworden ist.
Und Sie haben es im Moment doch auch: Die Veröffentlichungen über das Privatleben von Herrn Seehofer – jetzt sagen Sie mir nicht, das wäre Zufall und das wäre kein System!
Sie wissen es, wie mit der Kollegin Stamm hier umgegangen wurde. Das waren nicht die Informationen, die die Opposition weitergegeben hat, das waren die Informationen, die Sie als Parteifreunde über Ihre Kollegin an die Presse lanciert haben.
Sie wissen auch, wie mit Herrn Waigel umgegangen wurde. Da hat man doch auch gezielt seine privaten Verhältnisse publiziert – für die meisten war es gar nichts Neues mehr –, um da in einem Machtkampf dieser Person zu schaden.
Und was lesen wir denn dieser Tage wieder in der Zeitung? Nicht nur von Ausforschungen und Bespitzelungen, sondern offenbar auch der Kauf von Mitgliedern hat in der CSU Schule gemacht.
Das nimmt man sich in der CSU München offenbar als Beispiel und sagt: Wunderbar, was bei der Münchner CSU – scheinbar – funktioniert hat, zumindest eine Weile funktioniert hat, das kann man doch jetzt auch in Regensburg machen.
Das, was ich da in der Zeitung lese über das Vorgehen Ihres Parteifreundes Herrn Fürst, ist identisch mit dem, was hier in der Münchner CSU passiert ist.
Wenn ich da lese, es wurden Namenslisten verteilt – das war im Ortsverband Perlach so. Gegen den Herrn hat man schon einmal ermittelt wegen Stimmenkaufs. Hier in München gab es auch schon viele Hinweise, aber es wurde nicht eingeschritten. Interessanterweise treffen wir da auch wieder auf einen Herrn, der im Untersuchungsausschuss Zeuge war und der im Ortsverband Perlach auch eine gewisse Rolle gespielt hat: der Herr Welnhofer.
Komischerweise hat er diese Sitzung in Regensburg jetzt auch schon wieder geleitet. Da frage ich mich: Was hat der eigentlich gelernt? Mit diesen Methoden muss endlich Schluss sein!
Ein weiteres System, von dem wir feststellen können, dass es sich durch viele Bereiche und auch durch die jüngste Diskussion zieht: Ihre Vermischung von Partei und Staat, Ihre Gleichsetzung von Partei und Staat. Wir hatten es wieder in der Debatte letzte Woche: Der Ministerpräsident führt die Krisengespräche zur Klärung des Parteivorsitzes in der Staatskanzlei, weil es für Sie keinen Unterschied macht. Da können Sie gleich sagen, eine Staatspartei trifft sich in der Staatskanzlei.
So weit sind wir aber hoffentlich nicht. Sie müssen endlich wieder lernen, dass es einen Unterschied macht, ob Partei oder Staat. Der Staat gehört nicht Ihnen!