So weit sind wir aber hoffentlich nicht. Sie müssen endlich wieder lernen, dass es einen Unterschied macht, ob Partei oder Staat. Der Staat gehört nicht Ihnen!
(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Manfred Ach (CSU): Das sollten Sie sich endlich einmal zur Brust nehmen!)
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat nicht nur zum Rücktritt der ehemaligen Kultusministerin geführt, sondern der Untersuchungsausschuss hat auch gezeigt, dass sich Frau Hohlmeier für heute und für die Zukunft für ein hohes Amt und für eine verantwortungsvolle Position in diesem Staat disqualifi ziert hat. Die ursprünglich angedachte Verleihung der Verfassungsmedaille für Frau Hohlmeier wurde deshalb zu Recht rückgängig gemacht. Ich muss sagen: Besondere Verdienste um die Bayerische Verfassung sehen anders aus.
Zu den Untersuchungsergebnissen will ich nicht noch einmal in aller Breite Stellung nehmen. Die wurden schon deutlich gemacht. Ich will zu den einzelnen Punkten kurz unsere Schlussfolgerungen darstellen.
Da ist zuerst die Münchner Wahlfälscheraffäre, sicherlich einer der interessantesten Einblicke in das Innenleben der CSU. Es hat sich klar herausgestellt, dass Mitgliedsanträge gefälscht oder satzungswidrig behandelt wurden mit dem Ziel, eine bestimmte Mehrheit bei der Aufstellungsversammlung herbeizuführen. Davon wussten viele in der Partei. Da kann sich niemand herausstehlen. Der damalige CSU-Generalsekretär Dr. Goppel war informiert; Herr Podiuk war informiert; Herr Singhammer war informiert.
Die entscheidende Frage war natürlich: Wusste Frau Hohlmeier davon, und wenn ja, ab wann? Da können Sie mir doch nicht erzählen, wenn Herr Podiuk sagt, er habe sie im Dezember vor dieser fraglichen Ortsverbandsversammlung informiert und gesagt, jetzt müsse man etwas tun, jetzt gebe es wirklich Stimmenkäufe, jetzt werde es wirklich schlimm, dass diese Aussage etwa so zu bewerten sei: Das weiß man jetzt nicht so genau, das kann man nicht so genau bewerten, das ist möglicherweise nicht so glaubhaft! – Ich denke, die Aussage von Herrn Podiuk war eindeutig. Aus unserer Sicht ist es völlig klar, dass Frau Hohlmeier über die kriminellen Machenschaften in der Münchner CSU frühzeitig informiert war. Sie hat nichts dagegen unternommen, sondern sie hat im Gegenteil diejenigen, die etwas dagegen unternehmen wollten, auch noch am Einschreiten gehindert.
Die Beweisaufnahme hat ohne Zweifel ergeben, dass Monika Hohlmeier vor dem 5. Februar 2003, dem Wahltag im CSU-Ortsverband Perlach, Kenntnis von Urkundenfälschungen und Urkundenunterdrückungen hatte. Sie hat aber weder korrigierend eingegriffen noch die Mitgliederkaufaktion verhindert, sondern sie im Gegenteil eher unterstützt.
Der zweite Punkt ist die sogenannte Dossieraffäre. Ich weiß nicht, Herr Spaenle, ob Sie hierzu noch einmal das Wort ergreifen wollen. Auf jeden Fall war schon sehr deutlich, wie Sie sich im Untersuchungsausschuss dazu geäußert haben. Auch als Herr Kupka seinen Bericht vorgelegt hat, hat er nicht die Zustimmung aller Zeugen gefunden. Herr Spaenle hat sich sehr deutlich dazu geäußert. Ich bin gespannt, ob Sie, Herr Spaenle, diese Position auch hier noch einmal darlegen werden.
Es hat sich herausgestellt, dass Frau Hohlmeier die Mitglieder des CSU-Bezirksvorstandes, die im Zuge der CSU-Wahlfälschungsaffäre ihren Rücktritt als Bezirksvorsitzende forderten, in einer Sitzung im Bürklein-Zimmer des Landtags massiv mit Dossiers unter Druck gesetzt hat. Sie drohte, Interna aus dem Privatleben der Bezirksvorstandsmitglieder zu veröffentlichen. Unter anderem sagte sie – das ist von mehreren Zeugen bestätigt worden –: Gegen jeden von euch habe ich etwas! – Wenn das keine Drohung ist.
Für diesen Sachverhalt gibt es glaubhafte übereinstimmende Zeugenaussagen zahlreicher prominenter CSUMitglieder: Herr Spaenle – er ist schon erwähnt worden –, Herr Zimmermann und die Stadträte Podiuk und Quaas. Die Versuche im CSU-Bericht, diese Aussagen als missverständlich darzustellen, Herr Kupka, sind ebenso hilfl os wie nutzlos. Die betroffenen CSU-Mitglieder haben sich schon entsprechend dazu geäußert.
Aber diese Methode, Interna über jemanden zu sammeln und zu versuchen, ihn damit unter Druck zu setzen, hat sich nicht auf die CSU-Vorstandsmitglieder beschränkt. Wir haben das in den Zeugeneinvernahmen von Schulleitern erfahren müssen. Das ist natürlich besonders schäbig, weil es sich hierbei um abhängig Beschäftigte handelt, sodass die Ministerin auch gegen ihre Fürsor
gepfl icht als Dienstherrin verstoßen hat. Diese Art, sich gegen Widerstände durchzusetzen, Kritiker unter Druck zu setzen, hat sich fortgesetzt in der Behandlung von Schulleitern, die es gewagt haben, die Einführung des glorreichen G 8 zu kritisieren und zu sagen, vielleicht sei das doch nicht so durchdacht gewesen.
Wir haben im Ausschuss die Situation des Herrn Schrägle behandelt, der sich mittlerweile auch gerichtlich in mehreren Instanzen durchgesetzt hat, der also sein Recht ausgefochten hat. Auch da haben wir wieder gesehen, wie versucht wird, eine kritische Person unter Druck zu setzen, koste es, was es wolle.
Die Schuldirektoren, die ins Ministerium eingeladen waren, haben uns übereinstimmend erzählt, wie sie massiv unter Druck gesetzt wurden, wie die Ministerin sie angegangen ist, wie sie in internen Unterlagen geblättert und daraus zitiert hat. Dabei bedrohte sie die Direktoren mit Äußerungen wie: Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? Wir könnten auch ganz anders! – Auch da wiederholt sich eine bestimmte Äußerung.
Der fünfte Punkt: Parteibuchwirtschaft und Einsatz von Beamten für Parteizwecke im Kultusministerium. Wir haben im Fall der Frau Spandel – der Name ist ja bekannt, deswegen nenne ich ihn hier auch – sehr deutlich nachvollziehen können, dass hier bewusst für eine Parteifreundin eine Stelle geschaffen wurde, die auch noch über ihrer Qualifi kation eingruppiert wurde. Dabei wurde auf die Bedenken der Beamten innerhalb des Ministeriums keine Rücksicht genommen. Die Ministerin wollte das so, und dann musste es so durchgezogen werden.
Beamte wurden für persönliche Zwecke der Ministerin und für die Arbeit der CSU eingesetzt. Ein Beamter verfasste zum Beispiel während seiner Arbeitszeit einen Artikel für den „Bayernkurier“, ohne dass hierfür eine Kostenerstattung durch die CSU oder durch Monika Hohlmeier erfolgte. Er arbeitete somit auf Kosten der Steuerzahler für die CSU. Der betroffene Beamte hat diese Vorwürfe selbst eingeräumt.
Letzter Punkt: das fi nanzielle Desaster bei der Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft, die sogenannte Task Force. Frau Radermacher hat schon ausführlich darüber berichtet, wie die Zeugeneinvernahme war und zu welchem Ergebnis wir gekommen sind. Festzustellen ist, dass das Personal der sogenannten Task Force völlig überfordert war. Sowohl die Ministerin als auch die Staatskanzlei haben frühzeitig sowohl von der fachlichen Überforderung als auch von den fi nanziellen Problemen gewusst. Ein geordnetes Verwaltungshandeln war nicht zu erkennen. Die Verantwortung für das Desaster der Task Force trifft bis April 2005 voll die Ministerin und, da die Staatskanzlei informiert war, auch die Staatskanzlei, auch den Ministerpräsidenten.
Frau Hohlmeier hat die Mitarbeiter eingestellt, die sie später als überfordert und nicht qualifi ziert darstellte. Diese Leute haben unglaublich geschuftet, aber es ist einfach nicht möglich, eine so große Sache mit zwei Leuten
zu stemmen. Sie haben mehrfach darauf hingewiesen, dass mit den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dieses Riesenprojekt gar nicht zu schultern ist. Aber man hat ihnen nicht zugehört. Vor allen Dingen hat man ihnen nicht zusätzliche Hilfe zur Verfügung gestellt.
Zur Arbeit im Ausschuss insgesamt: Wir mussten am Anfang heftig kämpfen, um überhaupt die notwendigen Unterlagen in die Hand zu bekommen, um unsere Arbeit als Untersuchungsausschuss wirklich gut und seriös leisten zu können. Wenn Herr Kupka heute sagt, es sei eine Unverschämtheit, wenn wir sagen, wir seien in unserer Arbeit behindert worden, sage ich: Herr Kupka, Sie wissen, dass Sie am Anfang versucht haben, den „normalen“ Mitgliedern des Untersuchungsausschusses überhaupt den Zugang zu den Unterlagen zu verwehren.
Ja, zum Schutz der Betroffenen, das kennen wir, dass immer damit argumentiert wird, wenn Sie Informationen nicht herausgeben wollen. Wir mussten wirklich vehement auftreten und mit dem Gang zum Verfassungsgericht drohen, um überhaupt eine Arbeitsgrundlage zu haben und zu erreichen, dass alle in gleicher Weise die Akten bekommen. Ich hoffe, so etwas wiederholt sich in zukünftigen Untersuchungsausschüssen nicht. Mit dieser Aktion sind Sie wirklich kräftig auf dem Bauch gelandet, Herr Kupka.
Das hat dann – Sie selber haben es angesprochen – sogar zu einem klärenden Gespräch beim Präsidenten geführt, der sich auch noch einmal für Fairness eingesetzt hat. Das hat dann, als die Ministerin zurückgetreten ist, auch dazu geführt, dass Sie gesagt haben: Die Arbeit des Untersuchungsausschusses ist jetzt beendet, und da wollen wir lieber nichts mehr von dem wissen, was da vielleicht noch alles an die Oberfl äche kommen könnte.
Sie haben so gehandelt, um das „System CSU“ zu schützen. Gott sei Dank haben Sie sich auch in diesem Punkt nicht durchsetzen können.
Ich frage Sie aber, wie Sie in Zukunft mit dem, was hier offenbar wurde, mit dem, was Sie auch nicht bestreiten können, umgehen wollen. Wie wollen Sie denn in Zukunft den Mitgliederkauf verhindern? Was tun Sie, um die Trennung von Partei und Staat in Zukunft zu gewährleisten? Was tun Sie, um sich gegen Menschen in den eigenen Reihen zu wehren, die Leute unterdrücken, unter Druck setzen, die bespitzeln und mit Interna agieren? Diese Frage müssen Sie uns heute beantworten, wenn das, was Sie hier äußern, nicht nur Makulatur sein soll. Sie sagen, Sie haben daraus gelernt. Dann sagen Sie uns, wie Sie diese Machenschaften in Ihren eigenen Reihen in Zukunft verhindern wollen.
Noch ein letztes Wort. Auch Kollege Haedke sitzt noch hier, und wie ich höre, bereitet er sich in aller Ruhe auf
eine nächste Kandidatur für den Bayerischen Landtag vor. Kolleginnen und Kollegen der CSU, der Abgeordnete Haedke hat sich in dieser Sache sicherlich nicht mit Ruhm bekleckert, und die Aussagen der Staatsanwaltschaft sind eindeutig. Herr Haedke hat sich geweigert, dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort zu stehen. Ich denke, es ist auch Ihre Aufgabe, in der CSU-Fraktion deutlich zu machen, dass Sie nicht wollen, dass solche Personen für Sie in der Öffentlichkeit stehen, und es ist auch Ihre Aufgabe, deutlich zu machen, dass im nächsten Landtag Personen, die von der Staatsanwältin als Drahtzieher der kriminellen Machenschaften bezeichnet werden, für Sie und für uns nicht mehr im Bayerischen Landtag vertreten sind. Ihre Äußerungen sind nur glaubhaft, wenn Sie in den eigenen Reihen wirklich Konsequenzen ziehen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Nach diesen Märchenstunden der beiden Oppositionsrednerinnen
(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wie? Das ist nichts als die Wahrheit! – Karin Radermacher (SPD): Na, na!)
ist es, auch wenn heute Fasching ist, Zeit, auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren und sich mit ihnen zu beschäftigen.
Zu dem, was Sie, Frau Kollegin Bause, vorgebracht haben, kann ich nur sagen: Das ist reinste Themaverfehlung. Setzen! Sechs.
Sie verdrehen die Tatsachen, so wie es Ihnen gerade in den Kram passt. Dass Sie irgendwelche Wahlen in Regensburg, bei denen der Kollege Welnhofer als Kreisvorsitzender anwesend ist, so hindrehen, als sei er in irgendeiner Form Teil des von Ihnen so bezeichneten „Systems“, ist eine Ungeheuerlichkeit.
(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Lesen Sie doch einmal Zeitung! In Regensburg steht es doch in der Zeitung!)
Sie sollten sich endlich einmal dessen bewusst werden – darauf wurden Sie immer wieder hingewiesen –, dass es Aufgabe dieses Untersuchungsausschusses war, sich
mit Tatsachen auseinanderzusetzen. Aber während des Untersuchungsausschusses und auch heute haben Sie wieder deutlich gemacht, dass Sie sich damit einfach nicht anfreunden können und dass Sie sich damit auch nicht anfreunden wollen.
Sie sagen, dies sei der wichtigste Untersuchungsausschuss gewesen. Ich sage Ihnen: Das war der überfl üssigste Untersuchungsausschuss, den wir jemals hatten.
(Lachen bei den GRÜNEN – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das könnte euch so gefallen! – Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))