Protokoll der Sitzung vom 27.02.2007

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit ich die 88. Vollsitzung des Bayerischen Landtags eröffnen kann. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben wie immer um Aufnahmegenehmigung gebeten. Sie ist auch erteilt worden.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich zwei Glückwünsche aussprechen, was ich sehr gerne tue. Ich darf zwei Kollegen herzlich gratulieren, die heute Geburtstag haben. Heute feiert Herr Kollege Dr. Christoph Rabenstein einen halbrunden Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege.

(Beifall)

Herr Kollege Haedke feiert heute auch Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, alles Gute, Gesundheit und weiterhin viel Erfolg.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Ministerbefragung

Die vorschlagsberechtigte Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN hat hierfür als Thema benannt: „Klimaschutz durch Verkehrswende: Was tut der bayerische Verkehrsminister, um die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich drastisch zu reduzieren?“

Für die Beantwortung ist Herr Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zuständig.

Bevor ich dem jeweiligen Fragesteller das Wort erteile, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass jeder Fraktion mindestens zwei Wortmeldungen zustehen und der einzelne Fragesteller nicht länger als 3 Minuten sprechen darf. Ich bitte, die Zeit einzuhalten. Als zeitlichen Rahmen haben wir für die Ministerbefragung 30 Minuten vorgesehen.

Herr Staatsminister, Sie sind schon zum Rednerpult geeilt; vielen Dank. Ich darf den ersten Fragesteller aufrufen. Das ist Herr Kollege Dr. Magerl. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Herr Staatsminister! Der Verkehr, insbesondere der Straßen- und Luftverkehr, ist bundesweit zu 20 % am Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid beteiligt. In Bayern ist er nach Daten Ihres Ministeriums sogar zu 37 % am Ausstoß beteiligt. Er trägt damit natürlich außerordentlich zur Klimaveränderung bei. Besonders problematisch ist, dass der Ausstoß in letzter Zeit dramatisch gewachsen ist, auch in Bayern, und zwar beim Luftverkehr von 1,4 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf fast 3 Millionen Tonnen. Auch beim Autoverkehr haben wir im selben Zeitraum einen Zuwachs um 3 Millionen Tonnen Kohlendioxidausstoß. Wenn es nicht zu einer radikalen Wende in der Verkehrs

politik kommt, wird der Ausstoß des Kohlendioxids weiter ansteigen.

Die Staatsregierung betreibt nach wie vor eine extrem klimafeindliche Verkehrspolitik. Sie steht für ungebremstes Wachstum beim Klimakiller Luftverkehr. Stichwort: Planung der dritten Start- und Landebahn und Förderung des Luftverkehrs im Erdinger Moos. Sie zahlen – das gibt es an keinem anderen deutschen Flughafen – für den Fernverkehr da draußen 12 Euro pro 1000 Liter zum ohnehin steuerfreien Kerosin dazu. Das hat sich in den letzten Jahren auf 80 Millionen Euro summiert. Damit haben Sie den Klimakiller Luftverkehr erst zu dem Umfang gefördert, in dem er jetzt stattfi ndet.

Sie stehen für eine Weiterführung der Straßenbauorgie ohne Ende. Im Investitionsrahmenplan 2006 fi nden sich 29 Aus- und Neubaumaßnahmen im Bereich Autobahnen und 62 im Bereich Bundesstraßen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das sind alles von Bayern angemeldete und forcierte Projekte mit einem Kostenrahmen von über 3 Milliarden Euro, die in die Förderung des Straßenverkehrs, der in großem Umfang Kohlendioxid produziert, gesteckt werden. Für Staatsstraßen ließen sich ähnlich eklatante Beispiele fi nden.

Sie stehen für eine Blockadehaltung beim Tempolimit auf Autobahnen. Das hat vor wenigen Tagen die Abstimmung im Wirtschaftsausschuss gezeigt. Das Tempolimit wäre eine Sofortmaßnahme, die den Kohlendioxidausstoß im Straßenverkehr um 15 % reduzieren und nichts kosten würde.

Wenn ich die bayerischen Gesamtverkehrspläne der Jahre 1994 und 2002 vergleiche, dann muss ich feststellen, dass Sie eine Dinosaurierverkehrspolitik betreiben und rückwärts orientiert sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

1994 standen noch die Vermeidung von unnötigem Verkehr und die Verkehrsverlagerung im Gesamtverkehrsplan. 2002 steht nur noch drin: Für die notwendige Kapazität an Verkehrswegen und Verkehrsmitteln ist zu sorgen. Die Kostenbelastung für die Verkehrsteilnehmer müssen tragbar gehalten werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wann werden Sie mit einer klimaschutzorientierten Verkehrspolitik beginnen und klimaschädliche Verkehrsprojekte wie den Flughafenausbau stoppen? Welche Kohlendioxidreduktionsziele möchten Sie erreichen, in welchem Zeitrahmen und insbesondere mit welchen Maßnahmen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich stolz darauf, dass ich als zweiter Minister ins Kreuzverhör genommen werde. Ich hätte mir allerdings einen besseren Gegner ausgesucht, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Denn, meine Damen und Herren, eines muss man doch sagen: Bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes, Herr Kollege Magerl, ist Bayern keineswegs hinten dran,

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Vorne dran!)

sondern wir sind, was die Umwelt- und Klimafreundlichkeit angeht, am besten in ganz Deutschland.

(Beifall bei der CSU)

Der CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung liegt in Bayern um mehr als ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt. Um mehr als ein Drittel! Obwohl wir so gut sind, hat die Staatsregierung in einer ganzen Reihe von Festlegungen und Beschlüssen das Ziel festgelegt, bis zum Jahr 2010 die CO2 -Emissionen in Bayern auf 80 Millionen Jahrestonnen zu reduzieren. Wir waren 1998 bei 92 Millionen Tonnen; das ist innerhalb dieses Zeitraums eine weitere Reduzierung um 13 %.

Jetzt sage ich zur Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, wie mir Ihre Bemerkung heute vorkommt: Als Sie an der Regierung waren, haben Sie stets versagt, und jetzt, in der Opposition, wissen Sie alles besser.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt möchte ich zu Ihren Zahlen, was den Verkehr angeht, sagen: Es ist zutreffend, dass der Anteil Bayerns beim CO2-Ausstoß im Verkehr über dem Durchschnitt liegt. Das ist aber zunächst einmal ein mathematisches Phänomen, da wir insgesamt sehr niedrig liegen.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Frau Paulig, dass Sie das nicht kapieren, weiß ich natürlich.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das ist zunächst ein mathematisches Phänomen. Weil wir im Bereich Energie sehr niedrig liegen, ist der Anteil des Verkehrs beim CO2-Ausstoß relativ höher. Wir sind im Bereich Energie deswegen besser als die anderen Länder, weil wir mit 60 % Kernenergie, mit 20 % Wasserkraft und mit dem doppelten Anteil regenerativer Energie einen vorbildlichen und klimafreundlichen Energiemix haben.

(Beifall bei der CSU)

Das Zweite, das man nicht übersehen darf: Bayern ist Transitland. Das kann keiner leugnen, der den Sommer

auf unseren Straßen erlebt. In Bayern ist kein originäres Aufkommen zu bewältigen, sondern das kommt von außen rein. Das muss man ganz klar sagen.

Ich möchte Ihnen jetzt anhand einiger Punkte die klimafreundliche Politik der Staatsregierung deutlich machen: Erstens. Wir unterstützen die Grenzwerte, die die Europäische Union jetzt auf 130/120 g/km festsetzen will. Die freiwillige Vereinbarung mit der Automobilindustrie hat das erwünschte Ziel nicht erreicht. Deswegen unterstützen wir diese Festlegung der EU-Kommission. Aber es ist auch wichtig, dass sie fl otten- und klassenbezogen ist. Die ursprüngliche Planung, 120 g/km starr vorzugeben, hätte dazu geführt, dass nur die oberen Fahrzeugklassen für den Klimaschutz etwas tun, aber die vielen kleinen nicht. Alle Fahrzeuge müssen klima- und umweltfreundlich ausgelegt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens. Wir müssen auch im Kraftstoffbereich weiter vorankommen. Der Beimischungszwang zum 1. Januar 2007 hat schon etwas gebracht. Was Rot-Grün fünf Jahre versäumt hat, ist jetzt eingeführt worden. Wir werden natürlich weitergehen bis auf 10 % Beimischung von biogenen Kraftstoffen, um damit die CO2-Emissionen zu reduzieren. Und wir setzen auf Wasserstoff. Die Staatsregierung hat in den letzten zwei Jahrzehnten 50 Millionen Euro für die Förderung der Wasserstofftechnologie eingesetzt. Das ist der Treibstoff der Zukunft, und deswegen sind diese Forschungsgelder gut angelegt.

(Beifall bei der CSU)

Drittens. Die Staatsregierung ist offen dafür, dass wir die Kraftfahrzeugsteuer in Richtung auf mehr CO2-Orientierung verändern, um damit einen Anreiz für umweltfreundliche Fahrzeuge zu geben.

Viertens. Die Staatsregierung hat in den letzten Jahren den Schienenpersonennahverkehr als Alternative zum Auto deutlich ausgeweitet.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Märchen!)

Der Freistaat Bayern ist im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs der größte Auftraggeber der Bahn. Wir haben das Angebot seit Mitte der Neunzigerjahre um 30 % erhöht und haben 51 % mehr Beförderungsleistung. Das ist eine großartige Leistung, die kein anderes Land in Deutschland zuwege gebracht hat, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abgeordneten Günter Gabsteiger (CSU))

Fünftens. Wir werden die Infrastruktur weiter ausbauen, gerade im Schienenbereich, für den ich besondere Verantwortung trage: Ich nenne als Beispiele den Transrapid zum Flughafen oder die zweite Stammstrecke, die S-Bahn in Nürnberg oder die Verkehrsverbindungen in Augsburg und in Würzburg. Da würde es mich zum Beispiel freuen, wenn die GRÜNEN die zweite Stammstrecke in München