Nicht deshalb, weil es SPD-regiert ist, sondern weil München bereits Milliarden Kilowattstunden Strom über die Kernkraft kostengünstig erzeugt. Andere haben keine
Das ist rein ökonomisch ein Unterschied: Die einen haben eine Kraftwerksbeteiligung, die anderen nicht.
Der zweite Unterschied ist, und jetzt komme ich zu Ihrer „Ausblendung“, Frau Kronawitter: Sie betrachten die ökonomische Seite unter Ausblendung der ökologischen Seite. Das kann man heute nicht mehr tun.
Ich darf jetzt auf Ihr Leitbild zurückkommen, das Sie am Anfang dargelegt haben. Am Anfang Ihrer Frage haben Sie das Nachhaltigkeitsleitbild strapaziert; denn Nachhaltigkeit heißt, dass ich Ökonomie und Ökologie nicht voneinander trennen kann.
(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD) – Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))
Wenn heute in ein Kohlekraftwerk investiert wird, weiß jeder, dass damit Millionen Tonnen zusätzliches Kohlendioxid freigesetzt werden.
Es gibt keine einzige ersichtliche Anstrengung – das habe ich vorhin schon gesagt –, das Kohlendioxid durch neueste Techniken, zum Beispiel durch diese CCS-Technik, zu sequestrieren, sodass letzten Endes die rein ökonomische Betrachtung, wie Sie sie hier dargestellt haben, die Entscheidungsgrundlage für die Landeshauptstadt München, für die Stadtwerke, gewesen sein mag, um diese Investition zu treffen.
Frau Kronawitter, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kommt noch ein Weiteres hinzu: Wenn die bayerische Landeshauptstadt, eine bayerische Kommune, in Nordrhein-Westfalen investiert,
wird Strom an einem Standort erzeugt, der von Bayern und München Hunderte von Kilometern entfernt liegt.
Wenn die Entwicklung so weitergeht – insofern ist das, was wir heute diskutieren, möglicherweise auch ein Augenöffner für Entwicklungen, die morgen und übermorgen noch auf uns zukommen –, wenn also in den nächsten Jahren Dutzende neuer Kohlekraftwerke entstehen, ist die Frage, wo die denn entstehen werden: im Ruhrpott, wo die Braun- und Steinkohle gefördert werden, oder dort, wo die Kohle angeliefert wird, nämlich an der Küste.
Diese Kohlekraftwerke liegen dann vom Verbrauchsstandort Bayern weit weg. Das heißt, wir werden lange Zuleitungen brauchen. Es werden neue Netze gebaut werden müssen, um dann den Strom nach Bayern zu den Verbrauchsstandorten zu bringen. Das wird zu zusätzlichen Kosten führen; das ist im Prinzip ein Rückfall in die Zeit vor Strauß. Strauß hat damals gesagt: Wir sind ein revierfernes Land und müssen alles daran setzen, Strom im eigenen Land zu wettbewerbsfähigen Konditionen zu erzeugen.
Das war im Grunde die Motivation für den Bau der fünf Kernkraftwerke in Bayern. Wenn wir jetzt die Kernkraftwerke vorzeitig abschalten, schalten wir eine große heimische Energiequelle ab, und dann geht die Stromerzeugung in die verbrauchsfernen Stromproduktionsstandorte zurück, verbunden mit hohen Zuleitungskosten. Zwar hat sich bei den Kosten etwas verändert, weil die Kosten heute nicht mehr entfernungsabhängig berechnet, sondern auf den deutschen Strompreis umgelegt werden. Das heißt aber: Dann zahlen alle Stromkunden die Kosten für zusätzliche Leitungsnetze in Deutschland. Damit verteuern wir den Stromstandort insgesamt. Das halte ich nicht für eine nachhaltige Politik. Das ist eine vordergründige, ökonomische Betrachtung, aber keine ganzheitliche, nachhaltige Politik der Stromerzeugung und Stromnutzung für unsere Industrie und Privatkunden insgesamt.
Frau Kronawitter, daher kann zwar nach meiner Meinung die Vorgehensweise der Stadtwerke zunächst verstanden werden. Aber es ist unter dem Strich für bayerische Standorte kein nachhaltiges Konzept, schon gleich gar nicht – Herr Maget, ob es Ihnen passt oder nicht – für die Landeshauptstadt; denn die anderen handeln möglicherweise aus einer beengten Situation heraus, weil sie keine Alternative haben. Aber die Landeshauptstadt München hat zumindest noch 13 Jahre lang eigene Erzeugungskapazitäten.
Herr Staatsminister, ich frage mich wirklich, warum Sie hier ständig die Politik von Eon verteidigen, die auf Atomstrom setzt und locker 42 Milliar
den Euro in der Hinterhand hat, um Endesa aufzukaufen. Da sind die Gewinne, und das ist das Geld, das nicht in die notwendige Netzinfrastruktur investiert wurde, wie es die EU-Kommission erst vor wenigen Wochen treffl ich festgestellt hat.
Ich wundere mich auch, dass Sie hier die Kohlesequestrierung als die Rettung für die Zukunft anpreisen wollen. Das ist zu teuer, nicht wirtschaftlich, nicht nachhaltig und vor allem langfristig nicht verfügbar. Das ist ein Irrweg und keine Lösung.
Ich wundere mich auch, dass Sie sagen, es lägen keine Gesamtkonzepte darüber vor, wie die künftige Energieversorgung ohne Atomenergie mit erneuerbaren Energien und Energieeffi zienz aussehen kann. – Die Konzepte liegen vor. Es liegen erneut aktuelle Konzeptionen vor, zum Beispiel des Wuppertal-Instituts, des DLR-Instituts und von Greenpeace. Schauen Sie sich diese Konzepte an! Sie zeigen ganz klar auf: Mit erneuerbaren Energien, mit Energieeffi zienz und -einsparung ohne Atomstrom ist es ökologisch und ökonomisch gemäß dem, was wir im Klimaschutz umsetzen müssen, machbar.
Sie sagen, Atomstrom sei nicht ersetzbar. Falsch! Dazu muss ich sagen: Allein der Zuwachs an Stromproduktion aus erneuerbarer Energien ergab im Jahr 2006 mehr Strom, als die beiden abgeschalteten Atomkraftwerke Stade und Obrigheim pro Jahr produziert haben.
Nun zu den Fragen: Hintergrund Ihrer Frage der CSU ist ja, dass Sie die Gewinne der Atomenergie weiter verfl üssigt haben wollen und dass Sie hier versuchen, dass Klima mit Atomenergie zu retten, was so ist, wie den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.
Ich frage Sie deshalb ganz klar: Erstens. Welche Mengen langlebigen radioaktiven Atommülls entstehen jährlich beim Betrieb des Atomkraftwerkes Isar II? Ich möchte wissen, ob Sie vielleicht Plutonium mit einer Halbwertszeit von 24 000 Jahren als nachhaltige Energie bezeichnen. Sie sprachen von „sauberem Kernstrom“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, wenn man sich anschaut, unter welchen Bedingungen und wo Uran gewonnen wird, nämlich auf Kosten der Gesundheit Tausender, die dort ausgebeutet werden.
Zweitens. Mit welchen Konsequenzen wäre zu rechnen, wenn es nicht gelänge, Plutonium aus der Biosphäre fernzuhalten? Mit welcher Gefährdung für Mensch und Umwelt wäre zu rechnen? Zu welchem Ergebnis kommen Sie, wenn Sie die Gefährlichkeit der Freisetzung eines Kilogramms Plutonium mit der Freisetzung einer Tonne CO2 vergleichen? – Vergleichen Sie ernsthaft die
Die dritte Frage: Welche Folgen hätte ein – in Anführungszeichen – „erfolgreicher“ terroristischer Anschlag auf das Atomkraftwerk Isar 1 oder Isar 2 auf die Umwelt, und welche Folgen hätte ein terroristischer Anschlag auf das Kraftwerk Herne 5? – Ich bitte um konkrete Antworten.
Herr Präsident, Frau Paulig! Zu den konkreten Szenarien verweise ich auf die Studie der Internationalen Länderkommission Kerntechnik, die ich Ihnen vorgestellt habe, die der Freistaat Bayern zusammen mit anderen Ländern in Auftrag gegeben hat. Die Ländergruppe hat einen Nachhaltigkeitsvergleich der verschiedenen Energieerzeugungsformen angestellt. Danach schneidet die Kernenergie neben den erneuerbaren Energien gut ab. Die Nachhaltigkeitskomponente ist bei der Kernenergie lediglich deshalb schlechter, weil die dritte Säule der Nachhaltigkeit, die soziale Akzeptanz, schlechter als bei anderen Energieformen bewertet wird.