Man hört, dass es auch in den Vorstandsetagen eines Münchner Weltunternehmens dergleichen geben soll.
Zur Sache. Mal ganz ehrlich: Ich kann nicht genau erkennen, welches konkrete Ziel Sie mit dem vorliegenden Antrag verfolgen und welche Forderungen Sie ganz konkret erheben wollen. Einerseits fordern Sie eine strengere Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen Bulgariens und Rumäniens gegenüber der EU. Aber, Frau Kollegin Schorer, wenn es diese Kontrolle nicht schon gäbe, dann würde es jetzt auch keinen Monitoring-Bericht der EUKommission geben, der die anderen Mitgliedstaaten der EU und die Öffentlichkeit darüber informiert, wie es um die Reformfortschritte in den beiden Staaten bestellt ist.
Andererseits fordern Sie – und in diesem Punkt sind wir absolut Ihrer Meinung –, dass die beiden neuen EU-Mitglieder bei ihren Anstrengungen nachdrücklich unterstützt werden sollen. Aber was jetzt? Wenn Sie im gleichen Atemzug schon wieder konkrete weitere Schutzmaßnahmen der EU gegen diese Staaten einfordern, machen Sie diese Argumentation aus meiner Sicht unglaubwürdig. Da müssen Sie sich schon entscheiden, was Sie nun wollen: Unterstützung oder Schutzmaßnahmen, und welche Sanktionen sollen es dann, bitte schön, sein? Da fehlen mir konkrete Vorschläge und Forderungen, und diese wären ganz nützlich, um darüber zu diskutieren.
Im Übrigen sollten Sie wissen, dass etwa im Bereich der Polizei und des Justizwesens bayerische Beamte in Bulgarien Unterstützungsarbeit leisten, wenn es um den Auf- und Ausbau moderner, transparenter und effizienter Strukturen geht. Das kann sich durchaus sehen lassen. Kollegin Schorer hat an ein paar Punkten auch ausdrücklich gelobt, wo erfolgreiche Maßnahmen durchgeführt werden.
Nichtsdestotrotz sind wir der Meinung, dass Versäumnisse angeprangert, nötigenfalls auch mit aller Härte und
Konsequenz sanktioniert werden müssen. Wenn Sie aber in Ihrer Rede von einer Verlangsamung reden oder in Ihrem Antrag so schön schreiben:
„Angesichts von Berichten über eine deutliche Verlangsamung der Reformanstrengungen in beiden Ländern nach dem Beitritt bekräftigt der Landtag seine Forderung nach der schnellstmöglichen Anwendung konkreter Schutzmaßnahmen nachdrücklich.“,
wüsste ich gerne, welche Berichte der EU an uns vorbeigegangen sind, ob Sie, Frau Ministerin, da eventuell weitere Erkenntnisse haben, die der Ausschussvorsitzende Runge und die Opposition nicht haben. Oder ich müsste mich doch fragen, ob Sie in der CSU-Fraktion Quellen aus zweiter Hand oder dem, was man vom Hörensagen mitbekommt, mehr glauben als dem offiziellen Monitoring-Bericht der EU-Kommission.
Ansonsten meine ich, dass es sicherlich besser wäre, erst den Bericht, der Ende Mai erscheinen wird, abzuwarten und dann auf der Basis von konkreten und verlässlichen Fakten über das weitere Vorgehen zu beraten und zu entscheiden.
Nun gut, ich glaube, dass Sie im Landtag und vielleicht auch als Signal an einige Wähler und Wählerinnen draußen im Bayernland einfach bemüht sind, das Thema „Hardliner der EU“ strategisch zu besetzen. Da lohnt sich dann eine saubere Doppelstrategie mit hier drohen, dort intensiv Hoffnung nähren und als Speerspitze für neue Erweiterungen, zum Beispiel in Richtung Kroatien – Kollege Kobler ist ganz aktiv in Bulgarien – zu wirken.
Erlauben Sie mir noch einen anderen Erklärungsansatz. Vielleicht liegt es zurzeit einfach am Wesen Ihrer Partei, wo alles im Fluss ist und jede Position gleich zweifach besetzt wird,
Kommen wir noch einmal auf Ihren Dringlichkeitsantrag von gestern zurück, das ist ein gutes Beispiel. Gestern bestand die CSU im Bayerischen Landtag noch ausdrücklich auf dem Satz: „Eine Mitgliedschaft der Türkei wird abgelehnt.“ Punkt. Klipp und klar. Gleichzeitig verkündet Ihr Berliner Landesgruppenchef Ramsauer, dass
und dass jedes Zurückstoßen der Türkei nur den reformfeindlichen Kräften diene und mahnt zur Mäßigung. Ja, als ob er gewusst hätte, was die CSU im Bayerischen Landtag parallel macht.
Leider ist Schnappauf jetzt nicht mehr da, sonst könnte ich mich genauso, wie er es vorhin gemacht hat, an Sie wenden und sagen: Da müssen Sie sich schon einmal entscheiden, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU, was Sie eigentlich wollen.
Hätten Sie es lieber bei der Prosa belassen, dann hätten wir großkoalitionär zugestimmt. Aber diesem Antrag können wir nicht zustimmen, denn er ist in unseren Augen ein Schaufensterantrag. Das Thema wird an gegebener Stelle mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit zu diskutieren sein.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! EU-Beitritte bei unzureichender Beitrittsreife sind immer unbefriedigend und misslich. Solche Beitritte sind zum einen schlecht für die Gemeinschaft, zum anderen aber auch schlecht für das Ansehen der Europäischen Gemeinschaft bei den Bürgerinnen und Bürgern. Auch den neuen Mitgliedern tut man damit keinen Gefallen.
Wir GRÜNEN waren immer skeptisch im Hinblick auf die Beitrittsreife von Rumänien und Bulgarien. Wir waren skeptisch im Hinblick auf den Beitrittstermin 1. Januar 2007.
Das haben wir hinreichend dokumentiert über Anträge, Reden, Abstimmungsverhalten und Presseerklärungen. Herr Zeller, interessanterweise waren es die GRÜNEN im Europäischen Parlament, die im Frühjahr 2005 den Antrag gestellt haben, nicht so früh ein Beitrittsvotum abzugeben und nicht frühzeitig einen Freibrief zu überreichen.
Werter Herr Zeller, weil Sie sich bemüßigt sehen, mit mir in die Diskussion zu treten, sage ich Ihnen: Großspurig angekündigt war ein solcher Antrag von der Fraktion der Europäischen Volksparteien; aber gestellt hat sie ihn nicht. Also haben die GRÜNEN einen solchen Antrag gestellt, weil sie ihn für richtig gehalten haben. Ich darf unseren Europaabgeordneten und Co-Vorsitzenden der Fraktion der GRÜNEN im Europäischen Parlament zitieren, der gesagt hat, es gebe keinen Grund, jetzt schon
Dann ging es an die Abstimmung. Die Abstimmung wurde für Rumänien und Bulgarien getrennt durchgeführt. Eine interessante Konstellation war, dass ein Antrag der GRÜNEN komplett von den CSU-Abgeordneten unterstützt wurde. Das war bei Rumänien so. Bei Bulgarien war die Auffassung in der CSU gespalten. Es stand etwa 50:50, was Ihre Kolleginnen und Kollegen im Parlament in Straßburg anbelangt.
Im September 2006 gab es einen Bericht der Kommission zu Rumänien und Bulgaren. Ich darf wieder Herrn Cohn-Bendit zitieren. Er hat mit dem Bericht herumgefuchtelt und gesagt: „Wir sind scheinheilig.“ Das „wir“ hat sich bezogen auf das Europäische Parlament. „Wenn es in dem Bericht um die Türkei gegangen wäre, dann würden Sie alle Nein sagen.“ Diese Scheinheiligkeit war tatsächlich gegeben.
Die festgestellten Defizite sind zum Teil im Antrag angesprochen, wohlweislich nur zum Teil. Man könnte sie enumerativ aufzählen. Es geht um den Aufbau des Justizwesens, die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, aber auch um Defizite bei der Lebensmittelhygiene und der Lebensmittelsicherheit. Da greift man sich an den Kopf und denkt: Hoppla, das kommt uns hier in Bayern bekannt vor. Stichwort: Ekelfleisch. Auch die Abhilfemaßnahmen nach den gravierenden Skandalen scheinen wenig gefruchtet zu haben, schenkt man den Berichten der beiden Damen, welche die Kommission im Herbst geschickt hat, Glauben.
Zur Korruption und zur organisierten Kriminalität – Linus Förster hat es angesprochen – muss man sagen: Auch ein hier in der Nähe beheimatetes Unternehmen, das mit der Politik wohlverwoben ist, ist in die Schlagzeilen geraten. Dabei geht es um die klassischen Korruptionsdelikte, nämlich Bestechung, Untreue und die Führung schwarzer Kassen. Dazu kommen Steuerhinterziehung in großem Ausmaß, illegale Preisabsprachen und das Kaufen von Arbeitnehmervertretern – also alles, was man sich nur vorstellen kann. Es ist eine Reihe von Sparten betroffen, und scheinbar ist der Zentralvorstand auch nicht außen vor. Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund brauchen wir uns nicht anzumaßen, auf andere mit dem Finger zu zeigen – auch Sie nicht von der CSU.
Um von Bayern und den Missständen in Bayern zur EU, zu Rumänien und Bulgarien und Ihrem Antrag zurückzukommen: Jetzt werden – wir hatten schon im September einen Antrag von Ihnen – Schutzklauseln und Übergangsregelungen gefordert. Wie schon im September an gleicher Stelle ausgeführt, halten wir das für den falschen Weg. Wir halten es für problematisch und teilweise auch für wenig zielführend, weil ein Europa, in dem es Mitgliedstaaten erster Klasse und Mitgliedstaaten zweiter Klasse gibt, keinen Sinn macht. Über Schutzklauseln könnte man eventuell noch reden, obwohl deren Anwendung
nicht ganz leicht ist, aber zu den Übergangsregelungen haben wir uns auch an anderer Stelle schon kritisch geäußert. Dazu gibt es von unserer Seite ein klares Nein. Wie ich schon skizziert habe, sehen wir selbstverständlich die Defizite in Rumänien und Bulgarien. Wir sind alles andere als glücklich darüber, aber wir werden Sie auch nicht bei dem von Ihnen eingeschlagenen falschen Weg unterstützen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Herrn Dr. Förster ganz klar sagen, dass an der Bayerischen Staatsregierung kein Bericht, auch kein Bericht über Bulgarien oder Rumänien, vorbeigegangen ist, sondern uns die Fakten sehr wohl bekannt sind. Zur Türkei haben die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion eine glasklare Haltung, und zwar unverändert und unbeirrt.
Herr Kollege Dr. Runge hat gemeint, wir würden jetzt noch darüber diskutieren, ob Rumänien und Bulgarien überhaupt aufgenommen werden sollen. Ich sage Ihnen: Die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens ist Fakt; daran führt kein Weg vorbei. Die Osterweiterung ist mit der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens zum 01.01.2007 abgeschlossen. Der Freistaat Bayern hat die Osterweiterung stets unterstützt.