Es ist der Wunsch geäußert worden, dass der Präsident die Redezeiten bekannt geben soll. Ich hatte gesagt: drei Minuten Redezeitverlängerung. Das heißt, die CSU hat noch zwei Minuten und 56 Sekunden, plus drei, sind also etwa sechs Minuten. Bei der SPD dasselbe. Bei den GRÜNEN haben wir sechs Minuten, plus drei, sind neun Minuten insgesamt. Ich sage im Voraus: Wenn die Staatsregierung zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN Stellung nehmen sollte, dann verlängern sich damit auch wieder die Redezeiten zugunsten der Fraktionen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg, damit Sie unseren Antrag nicht in die falsche Kehle bekommen: Die Senkung der Steuersätze für Unternehmen ist wegen des internationalen Wettbewerbs und des Vergleichs der Steuersätze zwischen den Ländern sicher sinnvoll. Das meinen auch wir. Aber wenn Kritik geäußert wird – die Kritik kommt aus dem roten und schwarzen Lager; es geht sogar soweit, dass sich die CSU-Bundesminister sehr kritisch geäußert haben –, dann kann es nicht angehen, dass wir dieses Gesetz, über das momentan im Bundestag beraten wird und das im Mai in den Bundesrat eingebracht wird, so einfach vorbeigehen lassen, ohne die Kolleginnen und Kollegen der großen Fraktionen darauf hinzuweisen, dass etwas zu ändern ist und was zu ändern ist.
Ich habe mehr Zeit, als ich gedacht habe und deshalb kann ich ein bisschen ausführlicher darauf eingehen: Das Ergebnis, Herr Minister, ist keineswegs so, wie Sie es im „Merkur“ angepriesen haben, ein Rundumerfolg. Keineswegs. Man kann nicht davon sprechen, dass es zu einer Entlastung der Bürger und der Wirtschaft von Bürokratiekosten kommt. Stattdessen beklagt der Normenkontrollrat – von der schwarz-roten Bundesregierung eingesetzt – ein deutliches Missverhältnis zwischen den dauerhaften Bürokratiekosten und den einmaligen Einnahmen für den Fiskus. Alleine bei der Änderung der Abschreibungsregeln wird mit jährlich wiederkehrenden – ich sage: jedes Jahr wiederkehrend – Zusatzkosten von 180 Millionen Euro gerechnet.
Hier steht der von Ihnen so viel gepriesene Bürokratieabbau bereits auf dem Prüfstand. Wenn das Gesetz so, wie es vorliegt, verabschiedet wird, können Sie den Normenkontrollrat eigentlich auch gleich wieder abschaffen.
Was passiert denn? – Mit dem neuen Gesetz werden für die Unternehmen 23 neue Informationspflichten eingeführt. Wie viele werden abgeschafft? – Zwei. Die Bürger erhalten acht neue Informationspflichten, genauso viele wie die Verwaltung. Insgesamt werden damit 40 neue Informationspflichten geschaffen. Das ist Bürokratieabbau schwarz-roter Art.
Es gibt weiteren Nachbesserungsbedarf. Statt einer nachhaltigen Sicherung der Steuerbasis, wie das im rotschwarzen Koalitionsvertrag steht, gibt es jährlich milliardenschwere Steuerausfälle. Bis zum Jahr 2012 werden es pro Jahr mehr als 6 Milliarden Euro sein. Statt weitergehender Rechtsformen und Finanzierungsneutralität wird Eigenkapital benachteiligt. Statt die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Europatauglichkeit zu verbessern, werden die steuerlichen Bedingungen für die Realinvestitionen in Bayern weiter verschlechtert und außerdem weitere europarechtliche Hürden aufgebaut. Statt einer Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten gibt es eine Zinsschranke und neue Felder der Steuergestaltung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch im Mai 2005 hat die Bayerische Staatsregierung selbst gefordert, die Senkung der Unternehmenssteuersätze nicht über eine Erhöhung der Neuverschuldung zu finanzieren. Wie sieht es jetzt aus? – Ich habe es bereits angedeutet: Es gibt Steuerausfälle von 6 bis 7 Milliarden Euro pro Jahr in jedem der nächsten drei Jahre. Für die Länder, und darauf kommt es hier in Bayern an, werden bis zum Jahr 2012 rund 13 Milliarden Euro Steuern ausfallen. Das ist im neuesten Entwurf auf der Bundesratsdrucksache 220/07 nachzulesen. Diese Ausfälle sollen unter anderem durch einen Selbstfinanzierungseffekt ausgeglichen werden. Das kann man nicht nachprüfen, das ist für uns nicht nachvollziehbar. Ist das die Gegenfinanzierung, die Sie im Jahr 2005 noch selbst gemeint haben?
Eine steuerliche Entlastung, Herr Minister, hat schon im Jahr 2005 für die Großunternehmen stattgefunden. Die Gegenfinanzierung muss unserer Meinung nach vollständig bei den Unternehmen stattfinden.
So könnten zum Beispiel die Subventionen, die es für Arbeitsplatzverlagerungen in die neuen Mitgliedstaaten der EU und weiter nach Osten gibt, abgebaut werden. Das wäre eine echte Stärkung des Standortes Bayern.
Zum Mittelstand: Hier komme ich zu Bundeswirtschaftsminister Glos, der die „Mittelstandslücke“ im neuen Gesetz so massiv angemahnt hat. Mittelstandsfeindlich ist Folgendes: Der Wegfall der degressiven AfA trifft die Betriebe unmittelbar, genauso wie die Einschränkung der Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Diese geringwertigen Wirtschaftsgüter auf 100 Euro zu reduzieren, das ist doch lächerlich und trifft vor allem die kleinen und die mittleren Personengesellschaften, also in etwa die 250 000 Unternehmen, die Wirtschaftsminister Glos genannt hat. Diese Unternehmen finanzieren unter anderem die Steuerabsenkungen für die Großen. Gerecht ist das nicht.
Noch ein Wort zur Gerechtigkeit. Bundeswirtschaftsminister Glos und sein bayerischer Kollege führen jetzt das große Wort. Sie sprechen von Steuergerechtigkeit und sagen, man müsse auch an die Einkommensteuer denken und diese absenken. Das ist richtig, es fragt sich
nur: Wann? – Die Unternehmenssteuern werden jetzt gesenkt, die Einkommensteuer aber soll erst nach der Bundestagswahl 2009 gesenkt werden. Nachtigall, ick hör dir trapsen! – Das ist doch nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver, um die Entlastung für die Unternehmer zu rechtfertigen und davon abzulenken, dass die Bürger auf lange Sicht davon nichts sehen werden, nichts anderes.
Sie haben sich eindeutig positioniert und gesagt, mit der CSU ist die Abschaffung der Erbschaftsteuer nicht zu machen. Das begrüßen wir. Ich stecke dieses Lob aber gleich wieder ein, denn mit dem Gesetz, wie es jetzt – –
– Die stecke ich so weg. Mit diesem Gesetz, wie es jetzt vorliegt, und das, wie mir scheint, so auch durchgepeitscht werden soll, denn selbst die SPD-Linke hat dazu nichts mehr gesagt, wird das Ziel nicht erreicht. Ich bin gespannt, ob sie sich noch zu nennenswertem Widerstand aufrafft.
Das Lob wird es also von uns nicht geben, Herr Finanzminister, denn im „Münchner Merkur“ haben Sie gesagt, die Kommunen blieben von dieser, und das sage ich sozusagen in Anführungszeichen, „Reform“, völlig unberührt. Das ist schon komisch, denn im Entwurf steht, und dabei habe ich nur die Zahlen zusammengerechnet: Für die Kommunen werden die Ausfälle bis 2012 auf 1,7 Milliarden Euro beziffert. Allein München rechnet schon mit einem Ausfall von 100 Millionen Euro. Wenn Oberbürgermeister Ude Ihnen, ich meine Schwarz-Rot, nicht in den Rücken fällt, dann kann ich das allerdings verstehen. Und das wollen Sie bewerkstelligen, nachdem sich die Kommunen gerade erst von den Gewerbesteuerausfällen erholt haben.
Ich fasse noch einmal zusammen: Diese Unternehmenssteuerreform muss nachgebessert werden. 5 Milliarden Steuerausfall sind ein reiner Hoffnungswert. Wir lehnen Steuergeschenke für Großunternehmen auf Kosten der Steuerzahler konsequent ab.
Kleine und mittlere Unternehmen haben keine Vorteile von den schwarz-roten Reformplänen. Die Reform ist
schädlich für Innovationen und für Investitionen in Bayern. Zudem werden Gewinnverlagerungen ins Ausland nicht gestoppt, obwohl Sie uns das vormachen wollen. Bessern Sie im Bundesrat nach, Herr Minister Faltlhauser, Bayerns Bürgerinnen und Bürger und die bayerische Wirtschaft werden es Ihnen danken.
Ich gebe zwischendurch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Johanna Werner-Muggendorfer und anderer und Fraktion auf Drucksache 15/8037, Keine Kopfpauschale für die Pflegeversicherung, bekannt. Mit Ja haben gestimmt 47, mit Nein haben gestimmt 89 Abgeordnete. Stimmenthaltungen: Eine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
(Thomas Kreuzer (CSU): Ihr habt aber jetzt eine schlechte Besetzung! – Gegenrufe der Abgeordneten Jürgen Dupper (SPD) und Dr. Thomas Beyer (SPD))
heute doch eine große Anzahl von Zuhörerinnen und Zuhörern haben, sollten wir über die steuerliche Fachdebatte hinaus erläutern, worum es hier eigentlich geht. Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Unternehmenssteuerreform vorgelegt und verabschiedet.
Dieser Gesetzentwurf wird jetzt im Bundesrat beraten. Das Ziel des Gesetzentwurfs, den die Union, also CDU/ CSU, und die SPD eingebracht haben, ist es, die steuerliche Attraktivität des Standorts Deutschland zu erhöhen und darüber hinaus die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Steuerrechts zu verbessern. Das ist nämlich notwendig. Darüber hinaus soll eine längerfristige Sicherung der deutschen Steuerbasis geschaffen werden. Es soll weniger attraktiv werden, Gewinne ins Ausland zu verlagern. Schließlich soll eine Verbesserung der Planungssicherheit für die Unternehmen und die öffentlichen Haushalte geschaffen werden.
Um das zu erreichen, hat man eine Fülle von steuersenkenden Maßnahmen beschlossen, beispielsweise die Verringerung der nominalen Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften von 38,65 % auf 29,83 %, die Senkung der Körperschaftssteuer von 25 % auf 15 % und viele andere Dinge mehr. Die Kosten insgesamt werden im Jahr 2008 für Bund, Länder und Gemeinden zirka 6,5 Milliarden Euro betragen. 2011 werden es noch 5,2 Milliarden Euro sein und 3,6 Milliarden Euro im Jahr 2012.
dann muss man sagen: Der Anfang liest sich ganz gut, Herr Kollege Mütze. Da steht: Zustimmung, Zustimmung, Zustimmung, bis zu dem Absatz, in dem es heißt, dass die Reform vollständig im Bereich der Unternehmensbesteuerung gegenfinanziert werden muss. Das aber würde nichts anderes bedeuten, als etwas in eine Tasche hineinzustecken, was man vorher aus der anderen herausgenommen hat. Da brauche ich keine Reform zu machen.
Wir haben bei dieser Reform folgendes Problem: Die Steuersenkung wirkt sofort, die Maßnahmen aber, die Wirtschaftsimpulse setzen und eine Gegenfinanzierung erbringen, kommen nur sehr verzögert. Deshalb muss man in der Zwischenzeit über die Subventionierung gegenfinanzieren. Wer das nicht machen will, der muss auf die Reform verzichten. Die Entlastung findet nicht, wie Sie das behaupten, in erster Linie bei den Kapitalgesellschaften statt, sondern, wie der Bundesfinanzminister das deutlich gesagt hat, vor allem die mittelständischen Unternehmen profitieren von der Unternehmenssteuerreform.
Es ist richtig; Die Körperschaftsteuer wird für die Großunternehmen gesenkt; das soll auch so sein. Aber wir haben eine enorme Gewerbesteuerentlastung für Personengesellschaften und für Einzelunternehmen. Die Gewerbesteuermesszahl wird von 5 % auf 3,5 % heruntergesetzt.
Jetzt gibt es einige Gegenfinanzierungsmaßnahmen, die Sie kritisiert haben. Nicht nur die Konzerne, sondern auch die mittelständischen Unternehmen stehen bei diesen Gegenfinanzierungsmaßnahmen im Blickpunkt des Gesetzgebers. Die Konzerne profitieren zwar von der Körperschaftsteuersenkung, aber der Mittelstand profitiert von der Absenkung der Gewerbesteuermesszahl. Wir haben dann eine Zinsschranke eingeführt; um das noch kurz zu erläutern: Der Saldo von Zinsaufwendungen und Zinserträgen darf nur bis zu 30 % des EBIT berücksichtigt werden. EBIT ist der Gewinn vor Zinsen und Steuern, begrenzt auf 1 Million Euro.
Wir haben darüber hinaus aber auch verschiedene Regelungen bei den Dauerschuldzinsen – ich will das im Einzelnen jetzt nicht erläutern; Sie kennen das alles – über Leasing- und Anmietungsmodelle. Die Personengesellschaften und Einzelunternehmen können aber künftig die Gewerbesteuer bis zu einer Hebesatzhöhe von 380 % unmittelbar von der Einkommensteuerschuld abziehen. Das ist ein großer Vorteil, der nicht mit Bürokratie verbunden ist.
Die geringwertigen Wirtschaftsgüter können künftig nur bis zu 100 Euro abgeschrieben werden. Ich könnte in der Tat mit Ihnen diskutieren, was das an Bürokratieaufwand bedeutet. Aber dafür gibt es Sammelabschreibungen für Anschaffungen von 101 Euro bis zu 1000 Euro.