Protokoll der Sitzung vom 21.06.2007

Für uns ist die Erreichbarkeit der Almen wichtig. Ich kann die Erreichbarkeit mit dem Hubschrauber nicht gewährleisten. Erstens haben wir auf den Höfen keine Leute mehr. Zweitens haben wir auf den Almen in der Regel Jungvieh. Ich muss in der Woche ein paar Mal hinauffahren können. Und Sie wollen uns sagen, das soll passieren wie zur Steinzeit. Sie leben in der höchsten Zivilisation, und die Bauern sollen wie in der Steinzeit mit der Kraxen operieren. Das ist Ihr Verständnis von den Bauern.

Ich brauche für den Austausch mit dem Talbetrieb, für Notfälle, für den Tierarzt, auch für einen Arzt und für die Bergwacht einen vernünftigen Weg. Ich brauche für das Futter, für die Baumaterialien usw. einen Weg. Ich könnte einen ganzen Katalog aufzählen. Und da wären wir auch beieinander, Herr Kollege Sprinkart: Die Almwege hätten für die Touristen eine Lenkungsfunktion, weil sie dann nicht mehr querfeldein ihre Tretwege gehen. Das sollte man auch in diesem Zusammenhang ins Kalkül ziehen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sprinkart?

Nein, aus Zeitgründen nicht.

Wenn Kollege Sprinkart den Almwirtschaftlichen Verein bei mir in Oberbayern zitiert, erlauben Sie mir auch ein Zitat des Almwirtschaftlichen Vereins:

Natürlich sind wir uns über die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Almerschließung einig, um auf Dauer die Bewirtschaftung der Almen sicherstellen zu können. Deshalb hat auch nach unserer Vorstellung der Wegebau erste Priorität.

Da traue ich Euch nicht, liebe Freunde. Ich habe zu Euch kein Vertrauen. Sie wollen mit dieser Maßnahme den Wegebau verhindern. Das ist fast Bauernfängerei. Da habe ich einfach meine berechtigten Bedenken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen eine praktikable Lösung für die Betroffenen, nicht eine für die Theoretiker. Wir brauchen für die Betroffenen eine Lösung, die frei von ideologischen Vehikeln ist. Wir brauchen eine Verminderung der Bewirtschaftungserschwernisse und keine Vermehrung der Erschwernisse. Bei Zuschüssen sind wir wieder abhängig. Ich habe es beim LKV – Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e. V. – erlebt. Da habt ihr gesagt, hier können wir einsparen. Zuerst wird es genehmigt und dann wird eingesammelt. Da ist die Vertrauensbasis bei den Bauern sehr schmal. Ich rede noch gar nicht von Frau Künast. Da könnten wir noch viel mehr reden.

Ich appelliere also, dass Sie erkennen, dass die Bauern nicht unter Steinzeitbedingungen arbeiten wollen. Wir von der CSU sind unseren Almbauern dafür dankbar, dass sie die Almen zum Erhalt unserer Heimat und unserer Kulturlandschaft weiterbewirtschaften. Sie sollen nicht durch Erschwernisse von den Almen vertrieben werden. Deshalb ist dieser Antrag untauglich. Es ist ein Schauantrag, und dem ist nicht zuzustimmen.

Herr Kollege Ranner, Herr Kollege Sprinkart hat sich jetzt zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Zwei Anmerkungen, zwei Fragen: Die erste Anmerkung, Herr Kollege Ranner. Ich hatte selber mein Jungvieh jahrelang auf einer nicht mit einem Alpweg erschlossenen Alp. Ich weiß, wovon ich rede.

Die zweite Anmerkung, Herr Kollege Ranner: Sie haben das Rechtsstaatsprinzip hinterfragt und gleichzeitig gefragt, wie das Rechtsstaatsprinzip gewahrt ist, wenn bei uns Gerichte entscheiden?

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Das ist ein Zusammenhang, der sich mir nicht erschließt. Vielleicht können Sie es aber erklären, inwieweit Gerichte die Rechtsstaatlichkeit untergraben können.

Eine dritte Bemerkung: Ist Ihnen bekannt, dass in unserem Antrag überhaupt nichts von einem Verbot des Alpwegebaus steht, sondern dass wir ausdrücklich die Wahlfreiheit wollen? Der Alpbesitzer selber soll entscheiden und nicht die CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine letzte Anmerkung: Wenn Sie Angst haben, dass die Mittel wieder gestrichen werden, frage ich Sie, wer die Mehrheit im Bayerischen Landtag hat. Wer entscheidet denn im Bayerischen Landtag über den Haushalt? Die GRÜNEN, die SPD oder die CSU mit ihrer Mehrheit? Mit dem, was Sie sagen, zeigen Sie, dass Sie sich selber nicht trauen, Herr Kollege Ranner.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Ranner, wollen Sie Stellung nehmen? – Nein. Dann hat Frau Kollegin Lück das Wort und anschließend der Herr Staatsminister.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber werter Herr Kollege Ranner, auch wenn ich Sie ansonsten schätze, in der Schule würde man zu Ihrem Beitrag sagen: Thema verfehlt, setzen, sechs! Im Antrag steht wortwörtlich, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, den Almen und Alpen, die keine Zufahrt haben, einen Erschwernisausgleich zu zahlen.

Es steht nicht drin, dass dadurch der Alm- oder Alpwegebau verhindert werden soll. Aus diesem Grund haben wir dem Antrag zugestimmt. Sie haben doch selbst gesagt, es sei wichtig, eine praktikable Lösung für die Betroffenen zu fi nden. Eine praktikable Lösung für die Betroffenen ist es, denen, die keine Zufahrt haben, einen Erschwernisausgleich zu zahlen. Denn es wird doch keiner hier sein, der nicht zugeben wird, dass eine Alm oder Alp, die nicht erschlossen ist, erschwerte Arbeitsbedingungen bedeutet. Ich kenne selbst Almen bzw. Alpen – zumindest eine Alp –, wo man gar keine Erschließung will. Warum bekommen diese Leute dann keinen Erschwernisausgleich? – Ich verstehe nicht, wie Sie sich da auf Formalien oder Unterstellungen zurückziehen, die überhaupt nicht greifbar sind.

Ich würde schon sagen: Damit es in Bayern gerechter zugeht – es ist sicher ungerecht, dass diejenigen, die mehr arbeiten, nicht einen gewissen Ausgleich bekommen –, überwinden Sie sich und stimmen dem Antrag zu. Ermöglichen Sie den Leuten, die unter erschwerten Bedingungen unsere Natur und Landschaft pfl egen, ein zusätzliches Einkommen. Das haben sie sich verdient durch die Arbeit, die sie für die Natur, für die Menschen und die Tiere leisten. Stimmen Sie dem Antrag zu!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Miller.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In Bayern ist in den letzten 20 Jahren keine Alpwiese im Allgäu und keine Almwiese in Oberbayern – wie es hier heißt – aufgegeben worden. Darauf sind wir stolz. Wir haben große Anstrengungen unternommen, die Almen bzw. Alpen mit Wegen zu erschließen, weil dies heute die Voraussetzung dafür ist, Almen bzw. Alpen langfristig zu erhalten.

Sehr geehrter Herr Kollege Sprinkart, es ist ungeheuerlich, wenn Sie sagen, wir geben den Almbauern die Wahlfreiheit: Was wollt ihr, Wege oder Geld? – Die Wege werden doch von Ihnen pauschal verhindert. Bis vor wenigen Wochen haben wir eine Diskussion geführt, in der gesagt worden ist; Es ist doch schön, jetzt sind 92% der Almen oder Alpen erschlossen, die restlichen 8% braucht man nicht mehr zu erschließen. Ich kann Ihnen nur sagen, Sie kennen keine Arbeitsstelle, die heute zu Fuß erreicht wird. Das war vor zwei oder drei Generationen anders. Die Menschen, die dort oben sind, haben ein Recht darauf,

in Krankheitsfällen schnell herunterkommen zu können , und auch ein Recht darauf, dass ein Tierarzt in angemessener Zeit hinauf- oder hinunterkommt.

Es ist schon interessant, wie Sie argumentieren. Ich kenne Sie gut, Herr Sprinkart. Sie haben eine große Kampagne durchgeführt, als wir die Hubschrauberfl üge bezahlt haben. Da waren Sie groß in den Medien und haben verkündet: Ein wild gewordener Landwirtschaftsminister zahlt Hubschrauberfl üge. Jetzt sagen Sie, lausige 7800 Euro würden wir ausgeben. Sie kommen mit Scheinargumenten, die nicht zählen, und dann richten Sie es sich hin, wie Sie es brauchen: Lausige 7800 Euro – Sie wollen mehr Hubschrauberfl üge.

Ich sage Ihnen eines: Eine langfristige Alm- bzw. Alpbewirtschaftung ist nur möglich, wenn diejenigen, die dort oben arbeiten – das sind nicht diejenigen, die am höchsten bezahlt werden –, in angemessener Weise zu ihrem Arbeitsplatz kommen. Es stört mich ungeheuer, dass Sie das aus ideologischen Gründen ablehnen, und zwar grundsätzlich: Es darf keine Alm mehr erschlossen werden.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sprinkart?

Gern.

Herr Kollege, bitte.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass ich nie gegen die Hubschrauberfl üge war, mich aber in Zusammenarbeit mit Landrat Kaiser dafür eingesetzt habe, dass auch der Tragetiertransport gefördert wird? – Das war mein Anliegen, nicht das Unterbinden von Flügen.

Herr Minister, können Sie mir einige Alpwege im Allgäu nennen, die von uns GRÜNEN verhindert wurden? – Mir ist kein Fall bekannt.

Herr Minister, ist Ihnen im Übrigen bekannt, dass es einige Almen bzw. Alpen gibt, deren Besitzer gar keinen Weg wollen? – Sogar Sennalpen gibt es im Allgäu – Stichwort: Willersalp –, wo man das gar nicht haben will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, bitte.

Dem gehe ich gern nach. Sie bekommen dann von mir die Ergebnisse, wo Sie sich im Allgäu dagegen ausgesprochen haben. Hier zu sagen, wir als GRÜNE waren nie gegen den Alpwegebau, ist schon ungeheuerlich.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, darf ich einen Moment unterbrechen, hier im Saal herrscht ein Lärmpegel, der nicht akzeptabel ist.

Ich verstehe das.

Herr Minister, wir machen nicht weiter, bevor es nicht ein wenig ruhiger wird. Das beginnt bei der ersten Bank und geht quer durch den Saal. – Bitte, Herr Minister.

Ich verstehe das. Man wird unruhig, wenn die eigenen Widersprüche aufgezeigt werden. Wissen Sie, wie Herr Kollege Sprinkart das darstellt? – Beim Alpwegebau bekommt das Geld das Tiefbauunternehmen, bei der Beihilfe bekommt es der Landwirt.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist doch richtig!)

Damit gehen Sie überhaupt nicht darauf ein, wie die Menschen dorthin kommen, wie sie wieder zurückkommen, wie das Vieh dorthin kommt, wie das Vieh zurückkommt. Wir wollen dort, wo sie in vernünftiger Weise machbar ist – wir haben nicht mehr viele Almen und Alpen –, eine Erschließung, und zwar so naturfreundlich, wie es nur geht, und mit möglichst wenigen Eingriffen.

Bei dem letzten Gespräch ist vom Bund Naturschutz argumentiert worden, die Almen und Alpen würden auch weiter bestehen, wenn sie nicht mehr bewirtschaftet würden. Das wird den Leuten suggeriert. Jeder weiß und es ist in der Fachwelt völlig unbestritten, dass die Almen und Alpen dann zuwachsen, dass sie wieder das werden, was sie einmal waren, nämlich Wald. Sie übersehen auch vollkommen, dass die Wege, die heute dort gebaut werden, massiv zur Kanalisierung der Wanderer beitragen, dass damit die Wanderer geführt werden, dass sie aus dem Gelände herausgehalten werden und dass die Trittspuren, die zu Muren führen, nicht auftreten.

Deshalb ist unser Ziel, naturverträglich zu handeln. Die Alpwege sollen nicht in erster Linie von anderen mit dem Auto benutzt werden. Das muss rigide gehandhabt werden. Die Wege dienen in erster Linie und in vielen Gebieten ausschließlich denjenigen, die dort die Almen und Alpen bewirtschaften. Wenn Sie wollen, dass die Almen und Alpen weiter bestehen, dann können Sie den Alm- und Alpwegebau, den Sie jetzt nicht wollen, nicht ablehnen.

Zur Förderung. Derzeit fi ndet in Österreich die Prüfung durch die Europäische Union statt. Wir haben schon einmal derartige Vorschläge gemacht; damals sind sie von der Europäischen Union abgelehnt worden. Wir schöpfen nun im Kulturlandschaftsprogramm die Obergrenzen aus.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag enthält nicht die Wahlfreiheit in der Praxis, sondern Sie gaukeln den Menschen etwas vor. Sie wollen, dass Alm- und Alpwege generell nicht mehr gebaut werden. Wir aber sagen, dort, wo sie verträglich ist, müssen wir auch künftig eine Erschließung vornehmen.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Lück?

Ja, gern.