oder sie waren zu einseitig, oder sie waren zu halbherzig. Das Grundproblem ist, dass Sie Ihre Metropolenpolitik immer einseitig auf Wirtschaftlichkeit, auf Wirtschaftsförderung, auf Standortmarketing ausrichten. Das machen aber alle Metropolen, das ist nichts Besonderes. Dabei geht es doch darum, die Stärken einer Region hervorzuheben und zu unterstützen und sie dadurch im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu machen.
Wenn wir hier Standortmarketing betreiben und überall Standortmarketing gemacht wird, ist das nichts Besonderes, insbesondere keine kreative Metropolenpolitik.
Natürlich brauchen wir eine stärkere Kooperation, wir brauchen die Vernetzung und wir müssen das engstirnige und provinzielle Konkurrenzdenken, das in der Kommunalpolitik immer noch vorherrscht, überwinden, damit wir Kräfte bündeln können und nicht an den kommunalen Grenzen unüberwindbare bürokratische Hürden für die Zusammenarbeit stehen. Dazu, wie so etwas organisiert werden könnte, haben Sie von der CSU überhaupt noch kein Konzept vorgelegt.
Eine moderne Metropolenpolitik ist mehr als eine fantasielose Clusterpolitik, wie Sie sie jedes Mal wieder hier vertreten. Es ist auch keine inhaltliche Strategie, lediglich einzelne Projekte zu addieren. Eine platte Industrieansiedlungspolitik, wie Sie sie betreiben, ist noch keine tragfähige Zukunftspolitik.
Ebenso wenig sind es die überholten Konzepte der Industriegesellschaft nach dem Motto: immer größer, immer schneller, immer mehr. An dieser Vorstellung des letzten Jahrhunderts halten insbesondere Sie von der CSU immer noch fest. – Herr Kollege Pschierer, es wäre
Nach dem Motto „immer größer, immer schneller, immer mehr“ mag jetzt vielleicht Herr Pschierer nicht funktionieren, aber Ihre Politik ist nach wie vor diesem Motto verhaftet. Ich muss sagen Leider ist dies auch in manchen Punkten die Politik der SPD. Ich brauche nur an die Diskussion über die dritte Startbahn am Flughafen in München zu denken. Ich meine, da wird auch keine intelligente Politik gemacht in der Frage, wie wir die Mobilität im 21. Jahrhundert organisieren. Es kann doch nicht darum gehen, den Flugverkehr noch mehr als bisher zu fördern und die Flächenzerstörung noch stärker auszuweiten.
Wenn wir das Thema schon in der Aktuellen Stunde haben, möchte ich die Zeit dazu nutzen, zu sagen: Was sind denn heute eigentlich die großen Fragen und Herausforderungen, um eine Region, einen Zusammenschluss von Kommunen, einen Ballungsraum zukunftsfähig zu machen? Was brauchen wir? Was müssen wir fördern, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können? – Dazu gibt es in der aktuellen Debatte spannende Konzepte, die leider offenbar den Eingang in den Bayerischen Landtag noch nicht gefunden haben.
Eines der spannendsten Konzepte ist das Konzept der drei großen „T“. Die drei großen „T“ sind „Talent, Toleranz und Technologie“. Das ist ein spannendes Konzept, das anzuwenden man in jeder Metropolregion versuchen sollte. Da kommt plötzlich Dynamik auf, da kommen neue Ideen auf, und da kommt bei vielen Menschen die Bereitschaft auf, mitzuwirken. Eine Metropolregion kann nämlich nur dann erfolgreich sein, wenn wir die Menschen in dieser Region zur Mitwirkung und zur Teilhabe einbinden und sie nicht außen vor lassen, wie das im Moment der Fall ist.
Ich komme zu den drei großen „T“. Zunächst zum Talent: Das heißt natürlich Bildung, Bildung, Bildung. Wir müssen in den Regionen alles tun, um die Potenziale der Menschen zu fördern. Das gilt für den ländlichen Raum genauso wie für die städtischen Regionen. Das heißt, wir müssen alles dafür tun, damit die Schule im Dorf bleibt, wir müssen aber auch alles dafür tun, dass der türkische Migrant vom Hasenbergl optimale Bildungschancen hat; denn auch seine Talente braucht diese Gesellschaft, um zukunftsfähig zu sein.
Dagegen stehen die kleinlichen Regelungen, wie wir sie bis heute haben: Gastkinderregelung, Sprengeleinteilung, unterschiedliche Zuständigkeiten auf kommunaler und auf Landesebene, die Jugendhilfe ist kommunal, die Schule ist Ländersache, die Nachmittagsbetreuung soll die Kommune bezahlen, den Vormittagsunterricht
soll das Land bezahlen – das sind doch völlig absurde, überholte Vorstellungen. Hier würde ich mir von Ihnen ein zukunftsfähiges Konzept für eine regional übergreifende Bildungspolitik wünschen, die die Kinder und die Eltern in den Mittelpunkt stellt und nicht die bürokratischen Strukturen.
Das zweite große „T“ steht für Toleranz. Das ist in vielen Bereichen ein Fremdwort für Sie von der CSU. Da müssten Sie nämlich wirklich umdenken und wegkommen von der sonst hier gern gezeigten Provinzialität. Herr Huber ist ein Paradebeispiel dafür.
Sie müssen wegkommen von Ihrem Kirchturmdenken, von Ihrer Fremdenfeindlichkeit und Ihrer Politik gegen Minderheiten; denn es zeichnet erfolgreiche Metropolen aus, dass sie die Potenziale der Unterschiedlichkeit, also auch der Minderheiten in einem Ballungsraum, nutzen, dass sie die Potenziale von Migranten als Stärken anerkennen und nicht als Defi zite bekämpfen. Nur dann ist eine Metropolregion zukunftsfähig, nur dann wird sie die Herausforderungen bewältigen können. Nur wenn wir die Fähigkeiten, die Migranten in unserer Gesellschaft haben, fördern, können wir wirklich den Austausch mit anderen Metropolregionen pfl egen und werden nicht in Provinzialität versinken, wie Sie das gern tun.
Das letzte „T“ betrifft die Technologie. Natürlich brauchen wir neue, intelligente Technologien, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Natürlich braucht man dazu eine kritische Masse, man braucht Hochschulen und Fachhochschulen, die Möglichkeit, Dinge zu erproben, und ein kreatives Potenzial. Die größte Herausforderung im 21. Jahrhundert – das werden sogar Sie von der CSU nicht bestreiten – ist das Problem des Klimawandels. Die größte Herausforderung sind moderne Technologien für den Klimaschutz. Hierzu, lieber Franz Maget, hätte ich mir auch von Ihnen ein paar Takte erhofft, dass man sagt, wohin sich die Metropolregion München entwickeln soll. Es wäre zum Beispiel ein ehrgeiziges Ziel, wenn wir gemeinsam sagen würden, die Metropolregion München soll eine Modellregion für erneuerbare Energien, Energieeffi zienz und Klimaschutz mit konkreten Projekten von der Forschung über die Anwendung bis hin zu Ausbildungsinitiativen und Bürgerbeteiligungsprojekten werden.
In diesem Zusammenhang geht es auch um eine intelligente und klimafreundliche Mobilität, von der Förderung des Radverkehrs bis zur Ausweitung des Verkehrsverbundes und des Tarifverbundes. Auch da haben wir noch viel zu tun.
Aber – ich habe es vorhin schon angesprochen – zentrale Aufgabe, wenn Konzepte für Metropolregionen erfolgreich sein sollen, ist die Beseitigung des eklatanten Demokratiedefi zits in diesen Konzepten.
Heute treffen sich doch irgendwelche Verwaltungsbeamte in irgendwelchen undurchsichtigen Gremien und fassen angeblich zukunftsweisende Beschlüsse. Die Menschen, um die es dabei geht, sind nicht einbezogen, sie wissen viel zu wenig, und für sie ist das nur ein bürokratisches Kauderwelsch. Wenn wir bei der Entwicklung von Regional-Konzepten erfolgreich sein wollen, ist das Erste und das Wichtigste, dass wir die Menschen begeistern, einbeziehen und ihnen die Möglichkeit der Mitwirkung und Teilhabe eröffnen. Nur auf dieser Grundlage werden neue Ideen eingebracht und bildet sich eine Identifi kation mit der eigenen Region. Wenn das nur in irgendwelchen undurchsichtigen Gremien passiert, dann können die schönsten Ideen sehr schnell am Ende sein, und das wäre wirklich schade; denn dann hätten wir eine gute Chance vertan, und das sollten wir uns nicht leisten.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ich die ersten beiden Beiträge in der Debatte gehört habe, habe ich den Eindruck, hier gäbe es eine schwarze Metropolregion und eine grüne Metropolregion, und wir würden jetzt eine rote Metropolregion vorschlagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht zunächst einmal um den Grundgedanken einer Metropolregion. Zu diesem Grundgedanken spreche ich hier als Abgeordneter des Landkreises München, der einer der wichtigsten Partner der Metropolregion München ist. Ich sage das, weil es den meisten unbekannt ist. Der Landkreis München hat 300 000 Einwohner. Wir sind die drittgrößte bayerische Kommune nach München und Nürnberg. Das ist nicht Augsburg oder Ingolstadt, wie manche denken.
Im Ranking von 2006 stehen wir als Landkreis München im Vergleich der Wirtschaftskraft deutscher Landkreise und Städte auf Platz 10, München steht auf Platz 24 und Augsburg auf Platz 145. In der Prognos-Zukunftsstudie wird der Landkreis München, was die Zukunftsfähigkeit betrifft, auf Platz 1 gesetzt. Wenn ich daran denke, was Herr Pschierer gesagt hat bezüglich Universitäten, Entwicklung, Wissenschaft und Erneuerung, dann kann ich nur sagen: Der Landkreis München ist der wichtigste Partner. Das drückt sich auch in harten Zahlen aus, zum Beispiel beim Bruttoinlandsprodukt. Der Landkreis München hat ein Bruttoinlandsprodukt von 85 000 Euro pro Einwohner. Das ist der höchste Wert in ganz Deutschland. München hat 53 000 Euro und Augsburg 40 000 Euro. Wenn also meine Augsburger Kollegen – gleich welcher Couleur – behaupten, dass sich Augsburg in die Metropolregion München als zweitstärkste Kraft einbringen will, dann stimmt das nicht.
Die zweitstärkste Kraft ist der Landkreis München. Die Augsburger sind aber herzlich willkommen, bei uns mitzumachen.
Wir sollten über die wesentlichen Dinge, um die es bei der Metropolregion geht, diskutieren. Es geht um Wirtschaft. Es geht um Wissenschaft. Es geht um Gesundheit, und es geht um Mobilität. Zu den ersten Themen wurde schon viel gesagt. Dazu hat jeder seine eigene Meinung. Ihnen, Frau Bause, muss ich widersprechen; denn es geht auch um Mobilität und darum, dass eine Metropolregion erreichbar ist. Ich fange mit dem Zug an. Die Franzosen haben die TGV-Strecke von Paris nach Straßburg ausgebaut. Das ist ein sagenhaft schneller Zug. Ab Straßburg nach München, Wien und Bratislava müssen wir auf die Postkutsche – um es bildlich auszudrücken – zurückgreifen. Hier fehlt die Mobilität, wie wir sie in Europa bräuchten.
Wenn wir eine Eisenbahn hätten, die den Anforderungen gerecht würde, könnten wir den gesamten Mittelstrecken-Flugverkehr in Europa einstellen. Die Forderung nach Mobilität gilt auch für den Flughafen München. Es kann nicht sein, dass wir die dritte Start- und Landebahn nicht bauen. Wenn Sie eine Metropolregion haben wollen, können Sie sich nicht mit einem „Popelfl ughafen“ begnügen.
Wir müssen international angebunden sein. Dazu gehört der Ausbau des Flughafens. Wir müssen auch überlegen, ob zum Beispiel der Südring um München vielleicht doch geschlossen werden kann, wenn umweltgerecht ein unterirdischer Tunnel gebaut wird. Wir sollten das zumindest untersuchen und nicht wie Sie schon jetzt die Bremspfosten einschlagen und fordern, dass das nicht untersucht werden dürfe. Das ist falsch. Wenn wir eine Metropolregion werden wollen, müssen wir verkehrsmäßig gut erschlossen sein.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. „Metropolregion“ heißt, dass wir den Arbeitsmarkt und die Infrastruktur stärken wollen. Diese Chance haben wir im Rahmen der Globalisierung nur mit den Metropolregionen. Die Metropolregionen können Wissenschaft, Ausbildung und Bildung ansammeln. Sie sind wichtig für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Sie sind für den Arbeitsmarkt in Deutschland wichtig.
Die momentan ablaufende Globalisierung können wir nicht verhindern, im Gegenteil: Jede Bundesregierung, schon beginnend mit Bundeskanzler Adenauer, hat die Globalisierung gewollt. „Globalisierung“ ist kein Schimpfwort. Wir wollten immer offene Grenzen. Wir wollten „Made in Germany“ stets ins Ausland tragen. Das kann aber keine Einbahnstraße sein. Das muss umgekehrt auch gelten, die Grenzen müssen offen sein. Globalisierung heißt, dass wir uns dem Wettbewerb stellen müssen. Deutschland hat nur eine Chance, wenn wir wieder das Land der
Denker und Erfi nder werden. Da wir mit den Quantitätsarbeitsplätzen anderer Länder nicht konkurrieren können, brauchen wir Qualitätsarbeitsplätze, die wir am besten in Metropolregionen fi nden können. In diesem Sinne sollten wir ein schwarz-rot-grünes Band stricken, es um die Metropolregionen ziehen und auf diese Weise Wirtschaftspolitik betreiben.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mich erinnert diese Debatte an die Frage von Robert Lembke in der Fernsehsendung „Heiteres Beruferaten“: „Welches Schweinderl hätten Sie denn gern?“ Die Metropolregion ist für den einen TTT – was das auch immer sein soll: toller theoretischer Blödsinn.
Ein anderer sagt, es sei schön, dass Christian Ude an die Spitze tritt. Das ist die Gebetsmühle der SPD in München.
Die zentrale Aufgabe der Metropolregion für München und Südbayern muss zum Ersten die Vernetzung sein. Die Initiative „MAI“ von Anfang der Neunzigerjahre ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Man hat die Kollegen aus München, Augsburg und Ingolstadt eingeladen. Herausgekommen ist dabei außer einem dünnen Lüftchen gar nichts.