Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

Lassen Sie mich doch noch an die Anhörung erinnern. Diese Anhörung hat sehr deutlich gemacht, dass der im Entwurf mühsam gefundene Kompromiss im Grunde genommen nicht tragfähig ist. Erinnern Sie sich genau: Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der Kommu

nalwirtschaft, meinten, sie könnten gerade noch mit dem vorgeschlagenen § 7 leben. Nicht damit leben konnten und können Unternehmen in öffentlicher Beteiligung. Sie wissen selbst, dass sich die Riege Minister Huber und Minister Beckstein mittlerweile noch um Minister Faltlhauser ergänzt, der für die Unternehmen in öffentlicher Beteiligung eintritt.

Lassen Sie mich doch noch mal zurückschauen. Herr Kollege Runge hat darauf hingewiesen, die damaligen Entwürfe der GRÜNEN und des SPD-Kollegen Scholz sind von Ihrer Fraktion abgelehnt worden, weil man doch dabei sei, einen eigenen Entwurf zu erarbeiten, und da mache man dann Nägel mit Köpfen. Das war im Jahr 2003. Ich habe extra nachgeschaut.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist lange her!)

Ja, lange her. Es ist doch ganz gut, wenn man ein Archiv nutzt. Dann gab es die Anhörung. In der Anhörung – das war für uns sehr aufschlussreich – sind vielfältige Positionen vertreten worden, nicht nur zu den Artikeln 7 und 18. Jedenfalls hat unsere Fraktion die Anhörung ausgewertet. Das Ergebnis sind sechs Anträge. Diese Anträge habe ich tatsächlich erst im April eingereicht. Denn, Herr Kollege Pschierer, es war sozusagen verabredet, dass erst im Mai die entscheidende Behandlung des Gesetzentwurfs in unserem Fachausschuss erfolgt und wir bis dahin Zeit haben. Da dachte ich, na gut, nutzen wir die Zeit und führen entsprechende Gespräche.

Ich verweise nur kurz auf diese Anträge, die wir eingebracht haben. Zum Beispiel ist einer – das halten wir für sehr wichtig und unterstützen darin die Kommunen –, dass die staatliche Förderaufgabe festgeschrieben wird. Sie verwischen das im Entwurf. Man könnte dann denken, dass die Kommunen diejenigen seien, die fördern müssen.

Ich erwähne nur noch den Antrag, der bei den folgenden Tagesordnungspunkten eine Rolle spielt. Bei diesem Antrag geht es um die Förderung der Mitarbeiterbeteiligung. Ich lese Ihnen nur den einen Satz vor, denn diesen Antrag werden Sie doch wohl nicht ablehnen können, wenn ich mir Ihren heutigen Dringlichkeitsantrag anschaue.

In unserem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf heißt es:

Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesellschaften und stille Einlagen von Mitarbeitern werden befürwortet und können gefördert werden.

Das ist doch ganz aktuell, und so sollte es im Gesetz geschrieben werden.

Meine Damen und Herren, wir hatten am 24. Mai die entsprechende Tagesordnung vorgesehen, und plötzlich hieß es: Die CSU-Fraktion hat Beratungsbedarf. Ich gehe davon aus, Herr Kollege Pschierer, dass dieser Dissens erneut aufgebrochen ist und sich Ihre Ministerriege nicht einigen kann. Und Sie selber haben das Gefühl: Warten

wir ab und bevorzugen, wie ich schon sagte, die Schlafstarre, statt aktiv Motor zu sein und zu sagen: Jetzt wird entschieden, wir gehen voraus.

Ich fordere Sie deshalb bei dieser Gelegenheit auf, nicht so sehr darauf zu schielen, was in der Staatsregierung passiert oder nicht passiert; denn dort passiert im Moment gar nichts. Denn die beiden entscheidenden Minister wollen sich wohl angesichts des Wahlkampfes, den sie aktuell führen, nicht wehtun. Man kann sich doch nicht beschädigen, wenn man als Tandem auftritt. – Trauen Sie sich doch!

(Zurufe von der SPD: Genau! Das wäre das Signal!)

Sie haben uns nämlich gerade gesagt, dass das Parlament entscheidet. Entscheiden Sie und setzen Sie die Behandlung des Gesetzentwurfes auf die Tagesordnung! Wir würden uns sehr darauf freuen, das Thema im Einzelnen zu diskutieren. Es sind viele Punkte dabei, bei denen wir sehr gut mitgehen können. Es ist aber auch eine Reihe von Punkten dabei, bei denen wir wissen, dass wir mit unseren Anträgen den Entwurf deutlich verbessern und aktualisieren. Ich verweise insofern auf die Mitarbeiterbeteiligung und auf die Beratungsleistungen hinsichtlich der demografi schen Entwicklung von Belegschaften. Ich verweise aber auch auf § 7 des Entwurfs. Dazu, dass es sich lohnt, demnächst darüber intensiv zu diskutieren, wird Herr Kollege Thomas Beyer noch ausführlich Stellung nehmen. Nehmen Sie Ihren Gesetzesauftrag wahr!

Dieses Mittelstandsförderungsgesetz ist zugegebenermaßen Programmgesetz. Sie können jetzt sagen: Na ja, wir haben zwar jetzt seit sechs Jahren davon geredet. Die Wirtschaft ist weiter gediehen. Die Wirtschaft wurde weiter gefördert. Also lassen wir uns noch einmal zwei Jahre Zeit. – Genau das sollten Sie nicht tun. Auch ein Programmgesetz setzt für alle Beteiligten wichtige Signale und macht eine Politik sichtbar, die sonst nur über Fördergesetze indirekt nach außen getragen wird. In diesem Sinne: Tun Sie das! Wir haben noch vor der Sommerpause eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses.

Herr Kollege Pschierer, hören Sie zu, Sie sind der Gestalter der Tagesordnung! Setzen Sie die anstehende Novelle zur Beratung auf diese Tagesordnung! Es wäre richtig und gut, das bald zu tun. Die mittelständische Wirtschaft fi ndet das auch richtig.

(Beifall bei der SPD – Franz Maget (SPD): So machen wir das! Das beschließen wir jetzt gleich, dann sparen wir Zeit!)

Nächster Redner: Herr Kollege Breitschwert. – Herr Kollege Maget, Sie kennen doch die Geschäftsordnung!

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller Kritik und Unkenrufe darf ich festhalten: Der Freistaat Bayern darf auf seinen Mittelstand stolz sein;

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Jawohl!)

denn er ist in Bayern, lieber Herr Kollege Dr. Beyer, gerade aufgrund hervorragender Rahmenbedingungen exzellent aufgestellt, soweit wir diese im Freistaat beeinfl ussen können. Wir liegen mit einer Selbstständigenquote von deutlich über 12 % über dem Bundesdurchschnitt, der bei knapp 11 % liegt. Darum verlaufen in Bayern Unternehmensgründungen besonders erfolgreich. Der Freistaat hatte ebenso wie im Jahr 2005 auch im vergangenen Jahr den höchsten Gründungssaldo aller Länder. Hier lagen wir bundesweit mit über 5000 zusätzlichen Unternehmen mit deutlichem Abstand an erster Stelle. Aber wir wollen uns zugegebenermaßen auf dieser Erfolgsbilanz nicht ausruhen. Mit einem landesweiten Netz im Freistaat von fast 40 Gründeragenturen haben wir gemeinsam – insbesondere mit den Kammern der gewerblichen Wirtschaft – ein Beratungsangebot zur Verfügung gestellt, um das uns andere Länder beneiden. Dieses Netz wollen wir weiter ausbauen. Fakt ist, dass heute in Bayern für die rein formale Abwicklung einer Gründung im Durchschnitt zwei bis drei Arbeitstage benötigt werden. In der Bundeshauptstadt Berlin hingegen gehen noch heute 35 Tage ins Land, bis eine Gründung genehmigt ist.

Um die bayernweiten Aktivitäten noch besser zu vernetzen und zu bündeln, schmieden wir derzeit in Bayern einen Existenzgründerpakt. Auch unterstützen wir mit unseren kommunalen und technologisch orientierten Gründerzentren über 1000 Unternehmen, die bisher weit über 4000 Arbeitsplätze geschaffen haben, um sie als Beispiel zu nennen. Sie brauchen da keine Sorgen zu haben, denn wir werden auch künftig im Rahmen des Mittelstandskreditprogramms die Existenzgründer bei der Finanzierung begleiten. Das ist sehr wichtig. Trotz angespannter Haushaltssituation werden wir bei Existenzgründungen nach entsprechender Prüfung die Kreditinstitute von 70 % des Risikos freistellen. Übrigens stehen in Bayern nach einer Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung in den nächsten fünf Jahren circa 63 000 kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe mit über 500 000 Arbeitsplätzen zur Unternehmensnachfolge an.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Flankierend zur Erbschaftssteuerreform im Bund – auch das ist angesprochen worden – werden wir zur Erleichterung von Unternehmensnachfolgen ein Zehn-PunkteHandlungskonzept umsetzen. Wichtige Bestandteile sind: ein neues Informationsportal im Internet, Informationsveranstaltungen zum Thema „Unternehmensnachfolge in Bayern“, gemeinsam mit den beratenden Kammern und weiteren Partnern, sowie die Schaffung eines Netzwerkes „Unternehmensnachfolge in Bayern“; denn das ist ein außerordentlich wichtiger Punkt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Mittelstandsfi nanzierung. Hier spielt das Mittelstandskreditprogramm eine ganz wichtige Rolle.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Nachfrage hat gegenüber dem Vorjahr um 60 % zugenommen. Deshalb müssen und werden wir alles daran setzen, dass dieses Programm auch im Jahr 2007 und in den kommenden Jahren ganzjährig offengehalten

werden kann. Allein in den letzten fünf Jahren wurden für Investitionen von fast 4 Milliarden Euro Darlehen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Ich darf festhalten, dass im Freistaat auf diese Weise über 19 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden konnten. Hier spielen auch fi nanzpolitische Entscheidungen eine tragende Rolle. So haben wir bei Basel II gerade dort für den Mittelstand Erleichterungen erreicht, wo Entscheidungen getroffen wurden. Wir werden deshalb alles daran setzen, dass bei der Umsetzung sowohl in europäisches Recht als auch in nationales Recht – und da sind Sie, meine Damen und Herren, mitverantwortlich – keine zusätzlichen, den Mittelstand beeinträchtigenden Vorschriften eingeführt werden. Das ist für die solide Arbeitsfähigkeit im Mittelstand von großer Bedeutung.

Nachdem auch bei § 18 des Kreditwesengesetzes erste Erfolge erzielt wurden, werden wir nichts unversucht lassen, um die Kreditinstitute von überbordenden Vorschriften der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin – zu entlasten. Wesentlich wird auch sein, dass die BaFin wieder 10 % der Prüfungskosten selbst trägt.

Neben diesen beispielhaft genannten Punkten darf ich abschließend in diesem Zusammenhang auch die wichtige Rolle unserer LfA-Förderbank Bayern erwähnen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Unser bayerischer Mittelstand hat hier in diesem Institut einen überzeugenden Partner. Die LfA trägt vielfach auch zur Realisierung von Projekten bei, wenn über die Geschäftsbank allein keine tragfähige Finanzierung realisierbar ist. Mit ihren fl exiblen Förderprogrammen in den Kerngeschäftsfeldern Gründung, Wachstum, Innovation, Umweltschutz und Fragen der wirtschaftlichen Stabilisierung von Unternehmen ist die LfA unverzichtbarer Bestandteil erfolgreicher Wirtschaftspolitik im Freistaat Bayern. Rund 4600 Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr für die LfA als Finanzierungspartner entschieden; das zu Ihrer Information. Die Darlehen in Höhe von insgesamt fast 2 Milliarden Euro haben dazu beigetragen, rund 5700 neue Arbeitsplätze zu schaffen und 55 000 Stellen zu sichern.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Am Ende werden das neue Mittelstandsförderungsgesetz und seine fl ankierenden Ergänzungen Bayerns Mittelstand stärken.

(Beifall bei der CSU – Unruhe – Glocke des Prä- sidenten)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Beyer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen des Kol

legen Pschierer wollte ich eigentlich sagen: Das war das Pfeifen im Walde. Aber der Kollege Breitschwert hat die Tonlage so erhöht, dass ich sagen muss: „Laut gebrüllt, fränkischer Löwe, allerdings heute am Thema vorbei.“ Was haben Sie uns jetzt alles erzählt, und was haben Sie zum Thema gesagt: überhaupt nichts. Es geht darum, dass Sie das Mittelstandsförderungsgesetz schlichtweg nicht auf die Reihe bekommen. Herr Breitschwert, darum geht es, um nichts anderes. Ihre Rede war wohl die aus dem Jahr 2003 über die angespannte Haushaltslage. Wenn der Finanzminister da wäre, würde er sagen, was er von solchen Aussagen hält. Der Freistaat Bayern hätte eine angespannte Haushaltslage – nein, das war nicht gut.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Pschierer, dass Sie hier behaupten, die CSU sei der Hort der Mittelstandswahrung, ist schön und gut. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Sie sind der Steigbügelhalter der Großkonzerne, nichts anderes ist diese CSU.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Schauen Sie sich die Themen Gesundheitsreform und Pfl egereform an.

Kolleginnen und Kollegen, ganz ernsthaft: Sie werden immer noch Steigbügelhalter der Atomlobby sein, wenn in diesem Land das letzte Kernkraftwerk gebrannt hat und sich Ihre Kanzlerin längst in die Büsche geschlagen hat.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben einen Stillstand der Politik, und wir haben einen Stillstand der Mittelstandspfl ege. Herr Pschierer, es ist schön, dass Sie für diese Verzögerung die Verantwortung übernehmen. Herr Kollege Runge hat zu Recht die Chronologie vorgetragen.

Ich muss Ihnen aber sagen, was ich für viel absurder halte: Den Grund dafür, dass es nicht vorangeht. Es geht eben nicht in Wirklichkeit um die Dinge, die den Mittelstand bewegen, um die nach wie vor zu geringe Eigenkapitalausstattung. Um all das geht es Ihnen doch nicht. Sie haben keine ordentliche Beratungsstruktur. Die eben angesprochenen Gründerzentren werden von den Kommunen gezahlt. Auch das muss man deutlich sagen.

Worum geht es? – Es geht darum, dass Sie innerhalb der CSU einen ideologischen Glaubenskrieg zwischen denen führen, die rein marktliberal vorgehen, und denen, die zu Recht auch die kommunale Wirtschaft hochhalten. In Wirklichkeit führen Sie hinter den Kulissen einen Glaubenskrieg um Artikel 7. Daran zeigt sich, dass Sie nicht in der Lage sind, moderne Politik zu machen. Sie beharren auf dem scheinbaren Gegensatz zwischen Mittelstand und kommunaler Wirtschaft. Die Verbände suggerieren bis in die Anhörungen hinein, dass sich Kommunen bei uns schrankenlos wirtschaftlich betätigen könnten. Das ist so falsch, dass es nur noch als Verdrehung bezeichnet werden kann. Wir haben die Subsidiaritätsklausel in den kommunalen Gesetzen, und wir wissen, dass diese

gerade die Privatwirtschaft schützt. Sie wissen auch, dass im Rahmen dessen, was die Verfassung hergibt – Aufsaugverbot, Artikel 153 der Bayerischen Verfassung –, Rechtsschutz besteht. Das deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des BGH. Bei Monopolisierung durch die öffentliche Hand, beim Herausdrängen von Privaten aus dem Markt besteht Rechtsschutz. Was soll also dieses Getue?

Darüber hinaus wollen Sie jetzt noch ein Klagerecht. Herr Kollege Traublinger und andere haben Ihnen das erzählt. Sie wissen gar nicht, welche katastrophalen Fehler Sie machen. Was wird denn suggeriert? – Es wird suggeriert, dass die kommunale Wirtschaft – in München haben Sie in den Stadtwerken Ihr Feindbild – die private Wirtschaft behindert. Die Clearingstelle – das wurde von Herrn LMR Schulz eindrucksvoll vorgetragen –, kennt seit dem Jahr 2001 zehn Beschwerdefälle. Alles andere, lieber Herr Schmid, ist Aufgabe der Rechtsaufsicht. Ich glaube, Ihr habt es im Kreuz, das zu regeln. Sagt das aber dann endlich auch euren Mittelständlern, die in die falsche Richtung laufen.