Ich hätte noch genügend Beispiele anzufügen, die aber zeitlich jetzt nicht mehr unterzubringen sind, mit denen ich Ihnen dokumentieren könnte, dass unsere Standeskollegen leider Gottes inzwischen auch einräumen, dass sie das eine falsch gerechnet, das andere falsch bewertet haben, wonach letztendlich ein Regelleistungsvolumen als ausschließliches Arzthonorar in den nächsten Quartalen festzustellen sei, das sich von den Fallpauschalen und Fallzahlen der letzten Jahre wesentlich unterscheidet. Die Information an die Ärzteschaft war unzulänglich, sodass sich notwendigerweise gewisse Zwistigkeiten zwischen den einzelnen Facharztgruppen ergeben haben. Wenn der Radiologe überproportional und der Kinderarzt weniger verdient, so ist es meines Erachtens Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung, dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Denn unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten - und dazu hat man sie letztendlich animiert -, dass es durch einen höheren Beitragssatz möglich ist, 2,7 Milliarden Euro zusätzlich ins System zu geben, um die Ärzteschaft besser zu honorieren, um die Versorgung - damit schließt sich der Kreis, Kolleginnen und Kollegen -, mindestens aufrechtzuerhalten oder gar, wie ich meine, zu verbessern.
Diese Überlegungen zur Honorarreform wurden zurückgestellt. Man hat eingesehen, dass Unzulänglichkeiten entstanden sind. Ich halte dieses Verhandlungsergebnis unseres Ministers für hervorragend. Überhaupt darf ich bei dieser Gelegenheit sagen, ich bin erstaunt, mit welchem Schneid, mit welcher Nonchalance er es geschafft hat, dass diese Situation wieder auf null zurückgeführt wird. Wahrscheinlich liegt das daran, dass er völlig unverbraucht ist in dieser Materie und mit diesen oft sehr bockigen Arztkollegen in seiner charmanten Art gut umgehen kann. Jetzt wird nachgerechnet, und ich darf Ihnen versichern, Kolleginnen und Kollegen, dass die niedergelassene fachärztliche Versorgung in Bayern auch künftig eine hervorragende Versorgung im Freistaat Bayern gewährleisten wird. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin auch Mediziner, das haben Sie vielleicht übersehen. Ich bin seit 27 Jahren in der Sprechstunde tätig und habe noch gestern die Sprechstunde abgehalten. Deswegen kenne ich sehr genau die Probleme im Gesundheitswesen.
Ich bin näher am Menschen, das dürfen Sie mir glauben, und ich kenne die sozialen Probleme, die ich täglich in meiner Sprechstunde höre.
Das ist eben genau der Unterschied zu den schönen Worten, die Herr Söder spricht, oder wenn Herr Seehofer hier schöne Nächte verbringt. Das ist der Unterschied zwischen dem Handeln am grünen Tisch und ob man kranken Menschen hilft und sie heilt. Das ist genau der Punkt.
Vor Jahren - und deshalb hat mich der Kenntnisstand von Herrn Zimmermann erschreckt - betrug der Ausgabensatz für die GKV in der ambulanten ärztlichen Versorgung ungefähr 28 %, jetzt ist er auf 14 % zurückgegangen. Im gleichen Zug sind die Ausgaben für Medikamente auf 18 % angestiegen. Herr Zimmermann, die ambulante ärztliche Versorgung ist durch die Politik bewusst ausgetrocknet worden.
- Durch die Politik der verantwortlichen Politiker, die als Bundesgesundheitsminister in Bonn die Axt an die soziale Versicherung gelegt haben und hier mit Zustimmung der Großen Koalition letztendlich dieses Werk vollendet haben zum Nachteil der kranken und hilfsbedürftigen Menschen.
- Das kann man sehr gut belegen. Gehen Sie dem nach, Herr Seehofer. Wie war es denn, als Sie mit dem Herrn Dressler den Lahnstein-Kompromiss verhandelt haben hinter dem Rücken des damaligen Koalitionspartners FDP? Wie war denn das? Genau diese FDP hat tatenlos zugesehen, als der Gesundheitsfonds über das Land hereinbrach. Tatenlos sitzen sie da, sie haben ja einen schönen Koalitionsvertrag, zumindest das, was ich im offiziellen Vertrag lesen kann. Ich kenne den Geheimvertrag nicht. Im offiziellen Vertrag steht: "Wir lehnen den Gesundheitsfonds ab."
Die CSU hat vor der Wahl ganz genau gesagt, Herr Zimmermann - und ich war in Nürnberg dabei, wo Sie auf dem Podium saßen, ich habe das sehr genossen; unter anderem war auch Frau Stewens dabei -: "Der Gesundheitsfonds tritt nur dann in Kraft, wenn zwei Bedingungen eintreten" - völlig richtig -, "nämlich erstens: Die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt macht ihre Hausaufgaben und zweitens: Die Bundesgesundheitsministerin legt belastbares, nachprüfbares Zahlenmaterial vor."
- Darauf komme ich noch. Das ist ein Lieblingsthema von mir. Dazu habe ich auch an Herrn Söder noch eine Frage. Beides ist nicht geschehen. Warum ist dann dieser Gesundheitsfonds am 1. Januar 2009 in Kraft getreten? Dafür müssen Sie doch die politische Verantwortung übernehmen!
Die Tinte unter dem Koalitionsvertrag ist noch nicht einmal trocken geworden, und schon wird er gebrochen, zum Nachteil der Patienten, zum Schaden aller kranken und hilfsbedürftigen Menschen.
Herr Söder, Sie verkünden die 5-prozentige Honorarkürzung der Ärzte als Erfolg. Herr Söder, verkünden Sie doch eine solche 5-prozentige Kürzung der Honorare einmal bei Ihren Anwaltskollegen! Was denken Sie, was die mit Ihnen machen? Ich glaube nicht, dass diese Kollegen Ihnen um den Hals fallen, sondern die machen etwas ganz anderes mit Ihnen.
Und noch eines, Herr Söder: Wenn man 2,7 Milliarden Euro bundesweit bereitstellt, muss man sich doch fragen, was das für Bayern bedeutet. Das sind ungefähr 280 Millionen Euro. Über diese Summe reden wir hier. Haben Sie, Herr Söder, bei diesen 280 Millionen Euro die 100 Millionen Euro Konvergenzklausel berücksichtigt oder kommen die für dieses Jahr noch weg? Das ist meine erste Frage.
Meine zweite Frage: Was passiert dann 2010? Sie haben doch in der Gesundheitsreform auch festgelegt, dass, wenn dieser Länderrisikostrukturausgleich nicht stattfindet, im nächsten Jahr noch einmal 100 Millionen Euro abfließen. Das heißt also, 2010 sind von Ihren schönen 280 Millionen Euro schon 200 Millionen Euro weg. Und das feiern Sie als Erfolg und als Lösung des Problems! Also, ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich glaube, auch die Menschen draußen im Land wissen genau, welches falsche Spiel hier getrieben wird. Hier geht es nicht um die Versorgung der Ärzte,
hier geht es nicht um die Versorgung der Patienten, hier geht es nicht um eine soziale Gesundheitspolitik.
Deshalb sagen die Freien Wähler ganz klipp und klar: Dieses GKV-System, so wie es jetzt besteht, ist nicht mehr reformfähig. Sie haben selber gesagt, dass Ihre Kopfpauschale eine Sackgasse war. Mit der Bürgerversicherung kommen wir selbstverständlich auch nicht weiter. Wir Freien Wähler haben ein neues Konzept. Ich würde Ihnen empfehlen, das ein bisschen nachzulesen oder Ihren Behördenapparat zu bitten, das nachzulesen. Wir haben ein Konzept entwickelt. Es wurde vorgestellt und veröffentlicht, jeder kann es nachlesen.
Das tut mir leid. Dann kürze ich das jetzt ab. Also, diese Vorschläge liegen auf dem Tisch. Das ist so ähnlich wie bei einer Haftpflichtversicherung im Kfz-Bereich.
Eine weitere Forderung von uns: Wir fordern im Gegensatz zu Ihnen, Herr Söder, einen ständigen Runden Tisch für Bayern, um genau solche Auswüchse einer verfehlten Reformpolitik zu beseitigen, und nicht nur eine einmalige Einsetzung dieses Runden Tisches.
Weiterhin fordern wir einen bayerischen Weg im Gesundheitssystem, nämlich die Unterstützung der bayerischen Ärzte - das können wir ganz gezielt machen mit dem Ziel eines zukunftsfähigen und sozialen Gesundheitssystems. Deswegen bin ich am Freitag wieder in meiner Praxis, und ich freue mich darauf.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst etwas zur aktuellen Versorgungslage: Aktuell ist es so - und das kann man, glaube ich, bei aller Kritik und Dis
kussion schon sagen -, dass das bayerische Gesundheitssystem in der medizinischen Versorgung von der Leistungsfähigkeit unserer Krankenhäuser, unserer Ärzte für die Patienten mit das beste ist, das es in der Welt gibt. Das sollte man an so einem Tag auch einmal festhalten.
Aber wir stehen in der Tat vor Herausforderungen. Die Alterspyramide der Ärzte spüren wir. Insbesondere bei den Hausärzten ist das eine Herausforderung. Wir spüren natürlich auch, dass sich die Attraktivität im Vergleich mit der Zeit vor 20 oder 30 Jahren, als der Kollege anfing, der zuletzt gesprochen hat, natürlich ein bisschen verändert hat. Herr Dr. Bertermann hat es zu Recht gesagt: Heute ist ein Zusatzstudium als Verwaltungsjurist sehr hilfreich, um eine Arztpraxis überhaupt führen zu können.
Drittens stellt sich schon die Frage der Vergütung. Denn man muss wissen: Der Versorgung folgt die Vergütung. Beides hängt eng zusammen. Deswegen spielt die ausreichende Finanzierung des Gesundheitssystems eine zentrale Rolle. Wer glaubt, dass es Spitzenmedizin für alle unabhängig von Alter und Herkunft zum Nulltarif gibt, der irrt natürlich, sondern das ist etwas, was sich eine Gesellschaft bewusst leisten muss, gerade eine älter werdende Gesellschaft. Darüber werden die Diskussionen geführt, die jetzt aktuell sind.
Seit dem 1. Januar 2009 gibt es den Gesundheitsfonds. In der Tat gibt es nicht nur bei der Vergütung eine Fülle von Fragen, die zum Teil den Eindruck chaotischer Zustände erwecken.
Fakt ist erstens - und an Fakten sollten wir uns halten -, dass die Honorare jetzt zentralisiert werden. Früher gab es regional unterschiedliche, jetzt gibt es zentralisierte Honorare. Das hat allerdings zur Folge, dass es im Zusammenhang mit dieser Zentralisierung in Deutschland auch unterschiedliche Gewinner gibt. Regionale Gewinner sind in der Tat zunächst einmal die neuen Bundesländer. Dort bekommen Länder wie Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern bis zu 20 % mehr.
Zweitens darf man die Frage der Verteilung der Honorare der Ärzte untereinander nicht vergessen. Das haben die Kollegen, die sich damit beschäftigen, auch angesprochen. Das ist nicht etwa nur eine Sache der Politik. Die Politik legt nicht fest, welche Arztgruppe welche Honorare bekommt, sondern das wird letztlich in den Gremien der Ärzteschaft selbst entschieden. Um aber die großen Sprünge und die großen Verwerfungen
zu vermeiden, hat die Politik, gerade weil sie weiß, dass der Fonds schwierig ist - und das war eine der Leistungen auch des damaligen Bundeslandwirtschaftsministers mit seiner quasi Generalzuständigkeit auch für dieses Thema und auch eine der Leistungen unserer Sozialministerin -, gesagt: Wenn es diese Sprünge gibt, braucht man einen Ausgleich.
Dieser Ausgleich bedeutet - deswegen gibt es übrigens auch Beitragssteigerungen, das muss man sehen -, dass es insgesamt in Deutschland 2,7 Milliarden Euro mehr für Ärztehonorare und damit 280 Millionen Euro mehr Ärztehonorare für Bayern gibt. Das hat, lieber Vorredner, gar nichts mit Konvergenz zu tun. Konvergenz ist etwas ganz anderes. In der Gesundheitspolitik ist es wie beim Zahnziehen: Man muss den richtigen ziehen, sonst hat man ein Problem. Das gilt in dieser Phase nämlich auch.
280 Millionen Euro mehr bedeuten übrigens umgerechnet 528 Millionen Euro absolut im ersten Quartal für fachärztliche Leistungen. Es gibt wenige Berufsgruppen in Bayern und in Deutschland, die über eine solche Summe verfügen können. Das darf man auch einmal sagen. Das sind im Schnitt 4,2 % mehr, 4,2 % auf alle Fachärzte verteilt.
Aber Sie haben recht, es gibt Gewinner und Verlierer wegen der Veränderungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die auch in Berlin beschlossen wurden. Danach gibt es Gewinner in einzelnen Arztgruppen mit bis zu 20 oder 30 %, Laborärzte, Pathologen, Nuklearmediziner. Es hat auch Verlierer gegeben, beispielsweise Gynäkologen, Hautärzte, bestimmte Augenärzte, wobei man immer sagen muss, dass das System selbst eine Form von Intransparenz aufweist, dass selbst der Bundesvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in einem Vortrag bekannte, er tue sich schwer, alle Details dieser Honorare zu verstehen. Das ist auch eines der Grundprobleme. Denn dieses so wenig transparente System, das übrigens nicht nur aus den Regelleistungsvolumina besteht, sondern auch aus anderen Bereichen, aus freien Leistungen und Zuschlägen, macht am Ende das Gesamthonorar aus.
Übrigens ist es jetzt das erste Mal so, lieber Dr. Vetter, dass vor Beginn eines Quartals Zahlen genannt werden sollen. Das wollte die Ärzteschaft selbst. Normalerweise hat sich das erst im Laufe der Zeit ergeben. Wir rechnen im Moment erst das dritte Quartal des letzten Jahres tatsächlich ab.
Ich stimme Ihnen, Herr Dr. Zimmermann und anderen, auch Frau Christa Stewens, zu, dass ein Teil des Problems der Verunsicherung nicht nur in der tatsächlichen
Höhe der Honorare liegt, sondern auch in der Informationspolitik, die vor Weihnachten gemacht wurde. Heute richtet der Bundesvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung an alle Ärzte in Deutschland ein Schreiben, in dem er darlegt, worum es eigentlich geht.
Wir haben aber von Bayern aus gesagt, obwohl wir das hat Frau Sonnenholzner richtig gesagt - eigentlich keine Zuständigkeit haben, dass wir helfen wollen, dass dieses zentralistische System nicht am Ende nur zum Nachteil für Bayern ausgeht. Deswegen haben wir uns im sogenannten Bewertungsausschuss in Berlin eingebracht und gesagt, wir wollen regionale Spielräume. Damit hatten wir Erfolg.