Protokoll der Sitzung vom 27.01.2009

Wir haben aber von Bayern aus gesagt, obwohl wir das hat Frau Sonnenholzner richtig gesagt - eigentlich keine Zuständigkeit haben, dass wir helfen wollen, dass dieses zentralistische System nicht am Ende nur zum Nachteil für Bayern ausgeht. Deswegen haben wir uns im sogenannten Bewertungsausschuss in Berlin eingebracht und gesagt, wir wollen regionale Spielräume. Damit hatten wir Erfolg.

Das heißt - und das ist entscheidend -, dass die Kassenärztliche Vereinigung als Selbstverwaltung der Ärzte und die Kassen miteinander entscheiden können, wie in Bayern Honorare verteilt werden. Das ist wichtig. Das heißt, entscheidend ist nicht nur das, was in Berlin beschlossen wurde, sondern über die 280 Millionen Euro mehr und über die 528 Millionen Euro insgesamt im Quartal kann nach einer Entscheidung der Selbstverwaltungsorgane bestimmt werden.

Dazu haben wir ein Gespräch initiiert. Übrigens haben wir, was die Zukunftsentwicklung der Gesundheit betrifft, ein dauerhaftes Expertenforum. Mit den Zahnärzten führen wir auch sehr gute Gespräche. Gespräche mit den Kassen sind wirklich schwer. Übrigens geht es dabei um Kassen, die nicht nur landesweit, sondern bundesweit agieren. Bundesweite Ersatzkassen zu einer Lösung zu bringen, die bayerisch ist, ist per se eine Herausforderung, denn diese Kassen haben eben nicht nur in Bayern einen Chef sitzen, sondern möglicherweise Chefs mit ganz anderen Interessen in Deutschland. Trotzdem haben wir erreicht: Erstens beträgt die maximale Verlustgrenze 5 %. Alle Debatten um 30, 40 % sind weg.

Zweitens. Regionale Spielräume der Kassen werden für Bereitschaftsdienst- und Onkologiepauschalen ausgenutzt. Die Sozialpsychiatrievereinbarung ist wohl diese Meldung habe ich heute bekommen - unter Dach und Fach, sodass es für den Bereich der Jugendpsychiatrie eine stabile Grundlage gibt.

Kinder- und Jugendärzte verhandeln gerade mit der AOK über einen ähnlichen Vertrag, wie er den Hausärzten angeboten worden ist.

Wir haben also in vielen Bereichen eine Perspektive entwickelt. Jetzt ist es Sache der Kassenärztlichen Vereinigung, sie umzusetzen.

Die Politik hat dafür gesorgt, dass es mehr Geld gibt. Die bayerische Politik hat dafür gesorgt, dass es Spiel

räume gibt. Jetzt müssen diese Spielräume genutzt werden.

Was nicht geht, ist erstens vertragswidriges Verhalten. Ich habe Verständnis für Proteste. Aber ich hätte kein Verständnis, dass auf dem Rücken der Patienten ein vertragswidriges und unethisches Verhalten stattfindet. Vorauskasse kann letztlich nicht akzeptabel sein.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Zweitens habe ich Verständnis für die Forderung nach mehr Geld. Aber wenn jetzt einzelne Gruppen 30 oder 40 % zusätzliches Geld fordern, dann bedeutet das ich glaube, darüber wird sich dieses Haus sehr schnell einig - entweder erneute Beitrags- oder Steuererhöhungen. Das kann nicht im gesamtvolkswirtschaftlichen Interesse liegen.

Zum Schluss sage ich dies: Man muss wissen, dass das in der Tat kurz- oder mittelfristige Lösungen sind. Im Ausschuss haben wir darüber geredet. Frau Schopper hat damals gesagt, sie wolle nicht die Panik-Emma sein. Ich habe ihr damals entgegnet, man dürfe weder Panik-Emma noch Mutter Theresa sein, sondern man müsse einen Mittelweg gehen. Das ist für dieses Jahr die Erreichung einer stabilen Perspektive. Langfristig brauchen wir sowieso eine Änderung. Sie wird sich daraus ergeben, dass wir in der Gesundheitspolitik ohnehin vor einer grundlegenden Weichenstellung stehen.

Es handelt sich um eine Y-Situation; die hat nichts mit Ypsilanti zu tun. Wir werden im Laufe des Jahres entscheiden müssen, in welche Richtung die Gesundheitspolitik generell zu gehen hat. Die Richtung zur Staatsmedizin würde zum großen Teil eher der linken politischen Seite zuzuordnen sein. Oder es kommt zu einer vernünftigen bürgerlichen Gesundheitspolitik, in deren Zentrum der Arzt als freier Beruf steht.

In Bayern brauchen wir dazu Vorstellungen. Ich nenne unsere Vorstellungen ganz kurz: Mehr Verlässlichkeit im System. Man darf nicht, wie bei den Krankenhäusern geschehen, Kompromisse aushandeln, die man drei Tage später infrage stellt. Wir brauchen mehr Regionalität statt Zentralismus, mehr Transparenz der Honorare statt Bürokratie, ein Bekenntnis zum Arzt als freiem Beruf und zentraler Schaltstelle in der Versorgung des ländlichen Raums.

Zum Schluss sage ich: Wir brauchen in Deutschland mehr Solidarität mit den Bayern. Wenn wir in Bayern infolge der gesamten Verteilungsmechanismen so viel abgeben, dann sind wir gern bereit, andere Länder in der medizinischen Versorgung zu unterstützen - der bayerische Patient tut das gern -, aber wenn am Ende die eigene medizinische Versorgung leidet, um andere

besserzustellen, dann ist eine Grenze erreicht. Dagegen müssen wir uns wenden.

Wir haben eine Perspektive, aber wir haben auch ein gehöriges Stück Arbeit vor uns, unser Gesundheitssystem dauerhaft auf stabile Beine zu stellen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Minister, vielen Dank.

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich auf der Ehrentribüne meine Amtsvorgängerin und langjährige Kollegin von der CSU-Fraktion, Roswitha Riess, recht herzlich begrüßen.

(Allgemeiner Beifall)

Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b zur gemeinsamen Beratung auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (Finanzausgleichsänderungsgesetz 2009) (Drs. 16/209) - Erste Lesung

Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2009 und 2010 (Haushaltsgesetz - HG - 2009/2010) (Drs. 16/210) - Erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile zuerst das Wort Herr Staatsminister Fahrenschon.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kurzfassung des von der Regierung dem Bayerischen Landtag vorgelegten Doppelhaushalts 2009/2010 lässt sich in drei klaren Begriffen darstellen:

(Unruhe)

Herr Minister, darf ich schnell unterbrechen? - Ich bitte doch die Kollegen von der CSU, keine Gespräche mit der Regierungsbank zu führen und da hinten die Stammtischgespräche einzustellen. Wir haben draußen eine ganze Menge Platz, um solche Gespräche zu führen. Denken Sie daran: Wir haben das Thema Doppelhaushalt 2009/2010 - mit Tränen. - Herr Minister!

Es ist ein Haushalt mit vielen Chancen, Herr Präsident. Denn dieser Doppelhaushalt ist erstens zukunftsgerichtet, zweitens konjunkturgerecht und drittens solide. Mit ihm setzen wir in zugegebenermaßen schwierigen Zeiten die richtigen Schwerpunkte in den Zukunftsfeldern Kinder, Bildung, Wirtschaft und Technologie. Mit ihm stemmen wir uns so kraftvoll, wie es geht, gegen den Konjunkturabschwung. Mit ihm bekennen wir uns zu den traditionell besonders soliden Finanzen des Freistaates Bayern.

Zugegeben, dieser Doppelhaushalt wurde unter besonderen Bedingungen erstellt. Die Welt befindet sich in einem Konjunkturabschwung, in einem Wettersturz. Kein Wirtschaftsraum dieser Welt kann sich dem Abwärtssog entziehen. Dieser globalen Krise ist besonders der Exportweltmeister Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt.

Die von der Finanzkrise ausgehenden Schockwellen machen deshalb auch keinen Bogen um die bayerische Wirtschaft. Aber auch wenn sich die Konjunkturindikatoren in den letzten Wochen noch einmal drastisch verschlechtert haben, ist festzuhalten: Die Bundesregierung hat ihre gerade einmal drei Monate alte Prognose auf nun minus 2,25 % nach unten korrigiert. Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland eine Rezession dieses Ausmaßes noch nie erlebt hat, gilt es, jetzt zu handeln, statt abzuwarten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass die automatischen Stabilisatoren und die Geldpolitik in der derzeitigen Krise nicht ausreichen werden, die realwirtschaftlichen Folgen der Finanzmarktkrise abzufedern. Die Konjunktur in Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt hat nicht bloß einen Schwächeanfall, sondern befindet sich auf der Intensivstation.

In dieser außergewöhnlichen Situation brauchen wir außergewöhnliche Antworten. Die Politik ist mehr denn je gefordert, die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung zu verbessern. Wir müssen jetzt gezielt - gezielter als je zuvor - Wachstumsimpulse geben, um das Vertrauen der Unternehmer und der Bürgerinnen und Bürger zu stärken.

Gleichzeitig dürfen wir bei dem alles beherrschenden Thema des Konjunkturabsturzes auch die langfristigen Perspektiven nicht vernachlässigen. Denn der sich auf den Weltmärkten weiter verschärfende Wettbewerb, die Auseinandersetzung mit der Gefahr eines Klimawandels und der demografische Wandel sind Bereiche und Herausforderungen, die uns schon morgen größer erscheinen können als die derzeitige Wirtschaftskrise. Darauf müssen wir antworten.

Wir müssen unsere Konkurrenzfähigkeit stärken, dem Klimawandel begegnen, die Menschen in unserem Land fördern. Wir müssen der Vielfalt des Freistaats Bayern gerecht werden. Wir müssen dafür sorgen, dass Familie und Beruf vereinbar sind. Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen die bestmögliche Bildung in den bayerischen Schulen und an unseren Universitäten, Fachhochschulen und weiteren Bildungseinrichtungen erhalten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich sage es schlicht und einfach: Wir müssen unsere Schwerpunkte so setzen, dass wir einerseits sowohl zeitnah die Konjunktur wieder ankurbeln und Wirtschaftswachstum erreichen als auch langfristig den großen gesellschaftspolitischen und weltweiten Herausforderungen dieses Jahrhunderts gerecht werden.

Unsere Devise muss lauten: Jetzt richtig handeln und aus der Krise gestärkt hervorgehen!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Dazu brauchen wir alle Menschen. Gerade jetzt brauchen wir diejenigen Menschen, die bereit sind, Leistung zu zeigen. Um das zu unterstützen, müssen wir Vertrauen schaffen. Sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene müssen wir Politiker den Menschen Führungskraft und Handlungswillen zeigen.

Auf der Bundesebene sind die Einrichtung des Finanzmarktstabilisierungsfonds, das Maßnahmenpaket vom November und nun auch das zweite Konjunkturpaket Zeichen dieser Politik der Tat. Denn wir entlasten die Menschen, sichern die Beschäftigung und geben der Wirtschaft entscheidende Impulse.

Auf der Landesebene haben wir bereits mit dem im November beschlossenen Investitionsbeschleunigungsprogramm und der Stabilisierung der Bayerischen Landesbank Handlungsfähigkeit demonstriert. In dieser Reihe steht der Haushaltsentwurf für das Jahr 2009/2010. Er ist die passende Antwort auf die komplexen Herausforderungen unserer Zeit.

Zunächst aber noch zwei Aspekte zur Basis des Doppelhaushalts: Das Konjunkturpaket II wird weitere erhebliche Auswirkungen auf den bayerischen Staatshaushalt haben. Das betrifft zum einen die steuerlichen Entlastungen, die wir als Einstieg schon lange gefordert haben. Außerdem nenne ich zum anderen das Investitionsprogramm für Bildung und Infrastruktur, mit dem wir die Krise als Chance zur Stärkung des Standortes Deutschland begreifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf unser Drängen hin, auf das Bohren der Bayerischen Staats

regierung und der sie tragenden beiden Regierungsfraktionen von CSU und FDP, hat der Koalitionsausschuss am 12. Januar in Berlin beschlossen, steuerliche Entlastungen vorzusehen. Das Konzept "Mehr Netto für alle" hat in der derzeitigen Wirtschaftskrise eine ganz neue Aktualität gewonnen. Der Dreiklang aus der Erhöhung des Grundfreibetrags, der Senkung des Eingangssteuersatzes und der Abflachung der Steuerprogression lässt die Zielmarken, an denen wir weiterarbeiten werden, ahnen. Wir wollen die Kaufkraft für jeden in unserem Land stärken, weil wir auf den wirtschaftlichen Impuls und die wirtschaftliche Unterstützung der privaten Haushalte setzen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für den Doppelhaushalt 2009/2010 wird allein durch die steuerliche Erleichterung des Konjunkturprogramms II allerdings auch eine Belastung beschlossen: 700 Millionen Euro werden in diesen beiden Jahren auf der Seite der Steuereinnahmen fehlen. Das muss der Staatshaushalt zusätzlich zu den schon im Regierungsentwurf berücksichtigten Steuererleichterungen für die Bürger jedoch verkraften; denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Haushalt profitiert langfristig von der Steigerung der Leistungsbereitschaft unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Die Pendlerpauschale, die Erhöhung des Kindergeldes und der Kinderfreibeträge und die Verbesserung der Abzugsfähigkeit von Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträgen sind nur einige Beispiele für die richtige Richtung unserer Steuerpolitik hin zu mehr Wachstum und zu mehr Wohlstand in unserem Land. Ich bin überzeugt, dass Steuersenkungen das beste Konjunkturprogramm sind. Meine Damen und Herren, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wird auch konsumiert. Wir sollten nicht zuviel Angst vor der Entscheidungskompetenz der Menschen haben. Unsere Grundüberzeugung ist: Bevor wir die staatlichen Ausgaben erhöhen, sollten wir den Menschen mehr von dem lassen, was sie selber erwirtschaftet und geleistet haben.