Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

(Georg Schmid (CSU): Not und Elend! Bayern verdurstet!)

Beim Bayernticket für Gruppen hat die Bahn eine massive Verteuerung durchgesetzt, die Sie nicht kommentieren. Sie schaffen es noch nicht einmal, dass wir in der Zukunft sicher sein können, mit einer Fahrkarte von Lindau bis Berchtesgaden fahren zu kön

nen, weil sich die Bayerische Eisenbahngesellschaft nicht mehr in der Lage sieht, Verkehrsunternehmen die gegenseitige Anerkennung der Fahrkarten vorzuschreiben. Etwas, was wir vor 100 Jahren gewonnen haben, zerrinnt Ihnen unter den Händen. Das ist ein weiteres Beispiel für das Elend und die Not, die in der bayerischen Verkehrspolitik eingezogen sind.

(Beifall bei der SPD)

In der Tat: Bayern braucht einen Weckruf in der Verkehrspolitik.

(Georg Schmid (CSU): Der Ude gibt noch nicht einmal fünf Euro her!)

Über die Straßen haben wir dabei noch gar nicht gesprochen. Bayern braucht einen anderen Verkehrsminister. Das sind die Lehren aus diesen Tagen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CSU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Stewens das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die große Emotionalität, mit der die Diskussion über die zweite Stammstrecke in München geführt wird, als Abgeordnete aus dem Landkreis Ebersberg sehr gut verstehen.

(Beifall der Abgeordneten Renate Will (FDP) Markus Rinderspacher (SPD): Vielen Dank für Ihren Einsatz!)

- Danke schön, den Dank habe ich auch durchaus verdient.

Herr Kollege Runge, eines möchte ich Ihnen schon sagen: Die GRÜNEN waren in Bayern immer gegen alle großen Verkehrsprojekte. Ich kann mich noch sehr gut an die Diskussion über die ICE-Strecke München - Nürnberg erinnern. Mittlerweile haben wir nur mehr eine Stunde Fahrzeit. Sie aber waren als die ersten dagegen.

(Widerspruch der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Sie sind für den Kernenergieausstieg, aber beim Pumpspeicherkraftwerk Riedl sind Sie dagegen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie sind für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, sind aber dagegen, das Nadelöhr München mit der zweiten Stammstrecke zu bereinigen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Immer wenn es um Taten geht, sind die GRÜNEN an vorderster Front dagegen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Rinderspacher und Herr Kollege Beyer, Ihr Wort höre ich wohl. Ich wäre aber erleichtert gewesen, wenn Sie heute hier am Podium verkündet hätten, die Landeshauptstadt München sei zu einer Vorfinanzierung bereit. Dann hätten wir uns wirklich gefreut.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die Landeshauptstadt München, Herr Kollege Rinderspacher -

(Markus Rinderspacher (SPD): Ich bin nicht die Landeshauptstadt!)

Oberbürgermeister Ude war in seiner Stadt immer gegen Großprojekte. Wenn sie aber verwirklicht worden sind, wie zum Beispiel der Mittlere Ring, hat er sich groß hingestellt und gesagt, das sei sein Verdienst.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Georg Schmid (CSU): Immer nur die Bänder durchschneiden!)

- Ja, Einweihungen und Eröffnungen waren immer super.

(Markus Rinderspacher (SPD): Frau Stewens, zahlen denn die Landkreise mit?)

Jetzt komme ich zu den Umland-Landkreisen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Zahlen die auch mit? Die profitieren doch in erheblichem Maße!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen eines. 1972 sind zu den Olympischen Spielen in München die erste S-Bahn-Stammstrecke gebaut und der Schienenpersonnahverkehr ausgebaut worden. Damals war der Ausbau für 250.000 Menschen geplant. Mittlerweile nutzen 800.000 Menschen die S-Bahn. Ich fahre täglich mit der S-Bahn. Ich kenne die Katastrophen bei uns am Bahnsteig sehr genau. Ich weiß, wie sich die Leute aufregen, und ich erlebe es immer wieder, dass wir am Leuchtenbergring stehen bleiben, weil der Tunnel, die Röhre dicht ist. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich bin dafür, dass wir alle Verbesserungen gemeinsam mit den Münchnern vornehmen, egal, ob es die Schienenanbindung des Flughafens München ist, der Ausbau der Strecke Daglfing - Johanneskirchen, der Erdinger Ringschluss, die Walpertskirchener Spange, die Neufahrner Kurve, der Ausbau des Bahnhofs Pasing, die

Überleitverbindung zur zweiten Stammstrecke, die Pasinger Kurve und der zweite Flughafenbahnhof.

(Markus Rinderspacher (SPD): Beteiligt sich der Landkreis Ebersberg an der Finanzierung?)

Dazu komme ich noch, Herr Kollege Rinderspacher, wenn Sie mir die Zeit lassen.

Wir müssen schon sehen, dass etliche dieser Ausbaumaßnahmen nur möglich sind, wenn wir die zweite Stammstrecke haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Alles, was ich an den Außenästen verbessere, muss ich auch durch das Nadelöhr erste Stammstrecke schicken. Die ist aber mit 30 Zügen in der Stunde dicht. Da geht nicht mehr durch. Wir haben auf der Stammstrecke die modernste Verkehrsleittechnik. Trotzdem ist es außerordentlich schwierig, noch mehr Züge durchzuschicken.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung können wir auch die Haltezeiten nicht verkürzen. Wenn Sie mit der S-Bahn fahren würden, wüssten Sie, dass mittlerweile sehr viele Rollstuhlfahrer, Menschen mit einem Rollator und Gehbehinderte mit der S-Bahn fahren. Wir können deshalb die Haltezeiten nicht verkürzen. Vor diesem Hintergrund müssen wir eher über eine Verlängerung der Haltezeiten reden. Deswegen brauchen wir dringend die zweite Stammstrecke.

Herr Rinderspacher, jetzt zu Ebersberg. Der Landkreis Ebersberg steht mit seiner Finanzkraft an fünfter Stelle in Bayern. Er gehört zu den sogenannten fetten Landkreisen um München herum. Nach dem Finanzausgleich stehen wir aber mit der Finanzkraft seit zehn Jahren an 71. Stelle von 71 Landkreisen in Bayern. Trotzdem hat der Landrat von Ebersberg - wenn Sie die Zeitung lesen würden, hätten Sie es heute gelesen - gesagt, er schließe eine Kostenbeteiligung nicht aus. Ich kann Ihnen sagen, der Ebersberger Bevölkerung fällt diese Zusage nicht leicht.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Georg Schmid (CSU): Prima!)

Daran sehen Sie, wie beispielhaft und verantwortungsvoll ein Landkreis handelt und denkt, weil er die Probleme der Pendler sieht. Wenn es rechtlich möglich ist, schließen wir eine Beteiligung an der Finanzierung nicht aus, obwohl wir in der Finanzkraft am 71. Stelle von allen 71 Landkreisen in Bayern stehen. Deswegen wollten übrigens auch die oberbayerischen Landkreise gegen den Finanzausgleich klagen. Das möchte ich nur dazusagen.

Wenn Landrat Karmasin alle oberbayerischen Landräte dazu einlädt, dass sie gemeinsam darüber verhandeln, ob sie sich dieser Verantwortung stellen sollen und ob dies rechtlich möglich ist, sollte das für Oberbürgermeister Ude beispielgebend sein. Wir haben nämlich auch das Eichenau-Urteil zu berücksichtigen. Bei Verkehrsprojekten ist es anders als beim Hochwasserschutz, bei dem die Beteiligung der Kommunen vorgesehen ist. 10 Millionen Vorfinanzierungskosten sind für die Landeshauptstadt München nicht zu viel.

Frau Kollegin, ich habe schon viel zugelassen.

In diesem Sinne bitte ich darum, dass sich alle der gemeinsamen Verantwortung stellen, um München und die Umgebung von München vor einem Verkehrsinfarkt zu bewahren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Jetzt hat Herr Kollege Blume für die CSU-Fraktion das Wort. Ich bitte jetzt ein bisschen auf die Uhr zu schauen, damit die gesamte Redezeit eingehalten wird.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sind Sie auch der Auffassung von Frau Stewens?)

- Jetzt lassen Sie ihn erst einmal reden, Herr Kollege Rinderspacher.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rinderspacher: Ein klares Ja! In der Frage des Bahnknotens München passt zwischen Stadt und Land kein Blatt. Das ist auch klar, denn der Bahnknoten München dient der gesamten Ertüchtigung. Dabei ist die Stammstrecke nur eines von vielen Projekten, wie Kollegin Stewens gerade klargemacht hat. Ich warne auch davor, dass wir uns in einen Wettbewerb darüber begeben, wer mehr zur zweiten Stammstrecke steht. Das ist nicht die Frage. Die entscheidende Frage lautet: Wer leistet welchen Beitrag? Zu dieser einfachen Frage habe ich von der linken Seite in diesem Hause kein Wort gehört.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir können uns im unmittelbaren Anschluss daran auch der Schuldfrage zuwenden, die Sie heute schon vorab gestellt haben. Den Kollegen von den GRÜNEN und der SPD kann ich nur sagen, dass sie sich in der Vergangenheit schon öfter am Bahnknoten München versündigt haben. Ich erinnere nur an den erbitterten Widerstand gegen den Transrapid.