Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wir sind doch alle da! Jetzt reicht es aber!)

Ich habe dafür zu sorgen - - Schreien Sie hier bitte nicht herum! Ich möchte die Abstimmung in Ruhe durchführen und bitte deswegen um die nötige Disziplin.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Dann schaffen Sie die doch da - Lebhafter Widerspruch bei der CSU und der FDP.)

- Ich kann so lange warten, bis sich das Auditorium beruhigt hat. - Jetzt ist es ruhig geworden.

Wer mit der Übernahme des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der CSU, der FDP, der FREIEN WÄHLER, der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Ich sehe keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit übernimmt der Landtag die Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Eingabe betreffend Gentrifizierung - Umwandlung Luxusmodernisierung (EB.1632.16)

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hat sich mit der Eingabe in seiner Sitzung vom 14. März 2012 befasst. Er hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nr. 3 der Geschäftsordnung der Staatsregierung als Material zu überweisen. Die SPDFraktion hat gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit hierzu beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Erster Redner ist der Kollege Wörner.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist ein heikles Thema, das mich in diesem Landtag schon seit 14 Jahren begleitet. 14 Jahre lang haben wir bei solchen Eingaben Berücksichtigung mit dem Hinweis beschlossen, dass die Staatsregierung das Problem lösen werde. 14 Jahre lang - Herr Kollege Unterländer ist leider nicht da - ist nichts geschehen. Deswegen werden wir heute wie im Ausschuss

Berücksichtigung fordern und uns nicht darauf einlassen, dieses Thema wieder weiterzuschieben in der Hoffnung, dass die Staatsregierung schon etwas tun werde.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie werden sich darauf einlassen müssen!)

- Die Macht der Arroganz wird auch Sie ereilen, und zwar heftig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte eine Anmerkung dazu machen, wie es in diesem Hause zugeht. Ausweislich des Protokolls des Eingabenausschusses vom 14. März hat Herr Kollege Markus Blume erklärt: "Sollte die SPD die Eingabe in einer Plenarsitzung behandeln wollen, weil sie sich dem Votum der CSU nicht anschließen könne, so müsste die CSU im Plenum auf die Unzulänglichkeiten und die Verantwortlichkeiten der Landeshauptstadt München hinweisen." Herr Blume, was soll dieser Erpressungsversuch? Was sind das für seltsame Methoden, mit denen Sie versuchen, Leute im Ausschuss zu etwas zu zwingen? So geht es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wie ist es wirklich? Durch Ihr Verhalten verzögern und verhindern Sie Maßnahmen, die dazu beitragen, preiswerten Wohnraum zu sichern. In der "Süddeutschen Zeitung" von heute wird vom Haus- und Grundbesitzerverein berichtet:

Aktuell hat Stürzer eine neue Gefahr ausgemacht, vor der er seine Mitglieder warnt: das Umwandlungsverbot. Träte ein solches in Kraft, dürften Eigentümer ihre Mietshäuser nicht mehr in einzelne Wohnungen aufteilen. Mieterverbände fordern ein solches Verbot, weil es Luxussanierungen erschweren soll.

Herr Blume, Sie sind der Handlanger dieser Leute, die dem Markt preiswerten Wohnraum entziehen und in Luxuswohnungen umwandeln, weil Sie bisher nicht dazu beigetragen haben, dass dies nicht passiert. Das kann man hier schwarz auf weiß nachlesen.

(Beifall bei der SPD)

Mit Ihrer Hinhaltetaktik sorgen Sie seit 14 Jahren dafür - zumindest, solange ich Mitglied dieses Hauses bin -, dass in München immer mehr preiswerter Wohnraum verloren geht, dass in bestimmten Stadtteilen Not und Vertreibung herrscht und dass soziale Strukturen zerstört werden. Das nehmen Sie mit einem Grinsen hin; das kann man ja auch, wenn man selbst gut bestallt ist. Aber Leute, die für diese Stadt Dienste leisten - von der Kindergärtnerin bis zu den

Erziehern, von den Krankenschwestern bis zu den Pflegern -, können sich das Wohnen in dieser Stadt aufgrund Ihrer dankenswerten Mithilfe nicht mehr leisten. Sie müssen nach draußen. Wir haben heute Vormittag das Gezeter um die Stammstrecke gehört. Das ist der Personenkreis, der diese Stammstrecke täglich nutzen darf. Das sollten wir nicht vergessen. Alle Leute, die wir jetzt vertreiben, werden von draußen als Pendler kommen.

(Karsten Klein (FDP): Das müssen Sie zur anderen Seite sagen!)

Kolleginnen und Kollegen, zum Vorwurf, München müsste seine Hausaufgaben machen, möchte ich Folgendes sagen: Wenn der Freistaat Bayern seine Hausaufgaben in der Weise gemacht hätte wie München, wo das neue Programm "Wohnen in München V" aufgelegt wurde, mit dem unter bestimmten Bedingungen preiswerter Grund und Boden zur Verfügung gestellt wird, wären wir bereits ein wesentliches Stück weiter.

Ihre Haltung verstehe ich überhaupt nicht. Sie haben mit Krokodilstränen in den Augen erklärt, dass Sie ein gewisses Verständnis hätten, aber alles sehr schwierig sei. Das kann man dem Protokoll entnehmen. Schwierig ist es bereits seit 14 Jahren. Seit 14 Jahren will dieses Problem nicht gelöst werden. Sollte es, wie dies durch Herrn Stürzer an den Tag gekommen ist, zu einer Lösung kommen, würden wir das sehr begrüßen. Die Lösung kommt aber trotzdem reichlich spät. Herr Stürzer und seine Damen und Herren werden alles tun, um möglichst viele Wohnungen in Luxuswohnungen umzuwandeln, bevor das Gesetz in Kraft tritt. Deshalb stand heute in der "Süddeutschen" dieser Hinweis. Liebe Leute, so geht es nicht.

Preiswerter Grund und Boden führt zu preiswerten Mieten. Wir können natürlich Grund und Boden auch teuer verkaufen, was Sie offensichtlich wollen. Sie verstecken sich immer hinter der Haushaltsordnung, statt Spielregeln einzuführen, wonach Grund und Boden unter bestimmten Bedingungen billig werden, wenn daraus eine preiswerte Miete entsteht. In diesem Fall könnten wir die lebenslange Last der Mietbeihilfe, die die Sozialämter zahlen müssen, sparen. Hier drücken Sie sich. Sie kassieren für Grund und Boden und lassen dies die Städte über die Mietbeihilfe zahlen. Meine Damen und Herren, wir geben denjenigen, die diese Zusammenhänge nicht begreifen, gerne Nachhilfe. Manchmal habe ich aber den Eindruck, dass diese Zusammenhänge nicht begriffen werden sollen, weil dies dem Schutze von etwas anderem dient. Da spielen wir nicht mit.

Herr Innenminister, ich bitte Sie, das Thema der Umwandlung endlich einmal zu erledigen. Das Umwandlungsverbot ist inzwischen ausgehöhlt wie ein Schweizer Käse. Die Erhaltungssatzung muss so aufgestellt werden, dass sie wieder funktioniert. Dies sind die einzigen Instrumente, mit denen wir ein bestimmtes Segment des Wohnungsmarkts beruhigen und sicherstellen können, dass die Menschen weiterhin in ihren Wohnungen bleiben können. Wir bitten Sie deshalb, unser Votum Berücksichtigung zu akzeptieren und den Beschlussantrag, der heute vorliegt, abzulehnen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Markus Blume das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wörner, es war wieder einmal sehr bemerkenswert, was Sie hier abgelassen haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben einmal mehr unterstrichen, dass Sie in diesem Haus der Meister der selektiven Wahrnehmung und in der Verbreitung von Halbwahrheiten sind.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Leider haben Sie sich nicht die Mühe gemacht, sich mit der Petition und dem Ausschussprotokoll in der Weise auseinanderzusetzen, wie man das erwarten könnte, wenn eine Petition hochgezogen wird. Herr Wörner, ich bedaure, dass Sie diese Schärfe hineingebracht haben. Der Ausschussvorsitzende wird bestätigen können, dass wir uns im Ausschuss in sehr vernünftiger Weise mit dieser Petition auseinandergesetzt haben. Wir haben die verschiedenen Argumente abgewogen. Die Petition besteht aus mehr Punkten, als Sie heute angesprochen haben. Es geht darin um das Umwandlungsverbot, insgesamt aber um fünf Punkte und eine ganze Studie des DGB. Ich bedaure, dass es Ihnen nicht gelungen ist, die positive Grundstimmung, die wir im Ausschuss hatten, im Plenum rüberzubringen. Sie gehören allerdings auch nicht dem Ausschuss an.

Herr Wörner, Sie haben völlig recht. Meine Vorbemerkung im Ausschuss lautete: Der Freistaat Bayern kann selbstverständlich nicht die originäre Aufgabe der Kommunen übernehmen. Die Aufgabe der Kommune, in diesem Fall der Landeshauptstadt München, ist es, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Ich stelle fest, die Stadt München hinkt ihren Möglichkeiten weit hinterher. Sie hat in den letzten Jahren zu keinem Zeitpunkt die selbst gesteckten Ziele beim Thema Wohnraum erreicht. Sie hat miettreibende Be

schlüsse gefasst und diese zum Teil selbst auf den Weg gebracht. Ich nenne als Beispiel die Erhöhung der Grundsteuer. Die Vorsitzende des Mieterbeirats hat im Stadtrat mitgestimmt. Solche Entscheidungen führen natürlich dazu, dass das Mietniveau in der Landeshauptstadt weiter steigt.

Sie haben dadurch, dass an vielen Stellen in München nicht geplant wird, dazu beigetragen, dass nicht genügend Wohnraum geschaffen wird. Ich bin Stimmkreisabgeordneter und Mitglied eines Bezirksausschusses. Einige Bebauungspläne sind seit Jahren entscheidungsreif, bei denen die Landeshauptstadt selbst Grundstückseigentümer ist. Diese Pläne liegen seit Jahren in der Schublade. Es passiert nichts. Die Beispiele dafür sind zahlreich. Ich verstehe es, dass Sie diesen Ballast beim Land abladen wollen. Das ist nicht sachgerecht.

(Beifall bei der CSU)

Trotzdem habe ich im Ausschuss erklärt, dass ich es gut finde, dass diese Petition eingebracht wurde. Die Studie des Mietervereins und des DGB ist sehr gut und fundiert, weil sie in großer Breite Handlungsmöglichkeiten der Kommunen und des Freistaates aufzeigt.

Ich möchte kurz zu den fünf Punkten der eigentlichen Petition Stellung nehmen:

Erstens. Das Umwandlungsverbot. Hier müssen wir genauer sein. Es geht um die Ermöglichung eines Genehmigungsvorbehalts. Hierüber läuft seit Jahren eine nicht einfache Diskussion. Ich habe im Ausschuss erklärt, dass wir uns selbstverständlich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob wir das Instrumentarium des Landes, also des Freistaats, gesetzgeberisch nachschärfen müssen. Für die Münchner Abgeordneten möchte ich an dieser Stelle signalisieren, dass wir in dieser Frage selbstverständlich ein Problembewusstsein haben. Zu glauben, dass damit alle Probleme gelöst wären, ist falsch. Das war der Grund dafür, dass wir vorgeschlagen haben, die Petition der Staatsregierung als Material zu überweisen.

Zweitens war es der Wunsch der Petenten, dass die Wohnraum- und die Städtebauförderung deutlich aufgestockt werden sollen. Leider gehen die Petenten von völlig falschen Zahlen aus. Sie fordern, dass die Wohnraumförderung in Bayern von zehn auf zwanzig Millionen erhöht werden soll und die Städtebauförderung von vier auf acht Millionen. Der Freistaat Bayern gibt ein Vielfaches aus. Für die Wohnraumförderung werden 2012 - das wissen Sie selbst, Herr Wörner 205 Millionen ausgegeben. Ein Viertel davon geht an die Landeshauptstadt. Für die Städtebauförderung wurden 87 Millionen angesetzt. Zwischen den Zahlen,

die die Petenten fordern, und den Zahlen, die im Freistaat aktuell sind, liegen Lichtjahre.

Drittens. Zum Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum habe ich im Ausschuss gesagt - das ist auch die Stellungnahme des Innenministeriums -, dass das Gesetz im Moment weiterentwickelt wird. Es geht darum, ob es befristet oder unbefristet verlängert wird. Diesen Punkt haben wir am Ende selber in der Hand, Herr Kollege Wörner. Darüber können wir uns austauschen, das ist aber keine Aufgabe der Staatsregierung.

Viertens wird ein Baulückenkataster gefordert. Die Petenten sagen, das Baulückenkataster sei eine Aufgabe der Kommunen. Es nun in eine Aufgabe des Freistaates Bayern umzuwandeln, geht aber an der Forderung vorbei. Der DGB hat selbst festgehalten, dass nicht einmal die Stadt München ein solches Baulückenkataster hat. Dann machen Sie es doch bitte nicht zu unserem Problem.

Der fünfte Punkt der Petition setzt sich mit der Frage auseinander, was der Freistaat tun kann, um günstig Flächen bereitzustellen. Dazu muss man sagen: Der größte Grundstückseigentümer in der Landeshauptstadt München ist die Landeshauptstadt selbst, und deshalb soll sie ihre Aufgaben machen.

(Ludwig Wörner (SPD): Machen wir ja!)

- Die haben Sie eben nicht gemacht. Das habe ich eingangs gesagt.

Alles in allem glaube ich, behandeln wir die Petition sachgerecht, wenn wir sie der Staatsregierung als Material geben. Die Petition enthält Punkte, bei denen wir nachschärfen müssen. So gut ist sie am Ende aber doch nicht. Die Schwächen sind auch dargelegt worden, sodass die Überweisung zur Berücksichtigung völlig fehl am Platz wäre.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Als Nächster hat der Kollege Professor Dr. Piazolo das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein wenig erinnert mich diese Diskussion an die Debatte über die S-Bahn. Das Problem ist bekannt. Die Mittel zur Behebung des Problems sind auch bekannt, auch wenn sie teilweise umstritten sind. Seit vielen Jahren passiert aber zu wenig. Wir haben in München einen enorm hohen Zuzug. Teilweise kommen zehntausend Menschen pro Jahr zu uns. Im Umland ist es ähnlich. Gleichzeitig haben wir aber eine zu geringe Bautätigkeit. Das Ziel des Münchner Stadtrats sind