Noch ein kurzes Wort. Wie ein Kind beurteilt wird, darüber müssen wir uns noch unterhalten. Da sehe ich Verbesserungsbedarf. Denn eine Note soll nicht nur produktorientiert, sondern auch prozessorientiert sein. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, ob wir zu der Leistungsbewertung nicht ein Portfolio erstellen müssen, um ein Kind mit Stärken und Schwächen, zum Beispiel im musischen und im sportlichen Bereich, ganzheitlich zu bewerten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Kollegin. Bleiben Sie bitte am Redepult. Frau Kollegin Ackermann hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Frau Kollegin Will, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass Kinder aufgrund der erhöhten Leistungsanforderung am Gymnasium krank werden. Ist Ihnen bekannt, dass viele Kinder bereits in der dritten Klasse krank sind, weil sie diesen Leistungsdruck nicht aushalten,
der durch die bevorstehende Aufnahmeprüfung und den Übertrittsdruck von den Eltern auf sie ausgeübt wird? Und ist Ihnen bekannt, dass es bereits Nachhilfeinstitutionen gibt, die sich darauf spezialisiert haben, die Kinder auf diesen Leistungsdruck vorzubereiten und ihnen den Übertritt zu ermöglichen?
Und ist Ihnen bekannt, dass es nicht nur darum geht - und das kommt in unserem Gesetzentwurf auch klar heraus -, den Elternwillen zu respektieren, sondern im Vorfeld eine Beratung für Eltern durch Pädagogen, durch Lehrer vorzusehen, damit die Entscheidung gemeinsam getroffen wird?
Insofern zieht Ihre Argumentation, dass Eltern aus bildungsferneren Schichten ihren Kindern den Übertritt weniger ermöglichen, überhaupt nicht, denn es wäre ja eine gemeinsame Entscheidung.
Alles, was Sie jetzt vorgetragen haben, ist bekannt. Denn es ist in der letzten Zeit ausreichend in den Medien zu lesen gewesen,
Ich habe in den paar Minuten nur anreißen können, was teilweise von Herrn Felbinger schon gesagt wurde. Ich will keine Elternschelte betreiben, aber wenn der Druck von außen so aufgebaut wird, dass es nur eine Wegscheide gibt, Gymnasium oder Versager und keine Perspektive im ganzen Leben, dann ist das schlichtweg falsch. Wo wird denn der Druck aufgebaut,
wenn ich ihn nicht aufbaue und die Kinder in ihrer Entwicklung ernst nehme? Herr Güll hat vorhin zu Recht gesagt: Im Mittelpunkt steht das Kind und nicht der Wunsch der Eltern.
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist im Übrigen um. Oh - Sie haben noch Redezeit. Ich bin gerade informiert worden, dass die Zählung falsch war. Sie haben noch eine Minute Zeit. Bitte schön.
Ich habe, glaube ich, noch angeführt, dass es eine gemeinsame Beratung geben muss und ein ganzheitliches Bild, und zwar nicht nur für den Übertritt, sondern für die gesamte Schulzeit.
Aber ich möchte schon Folgendes zu bedenken geben. Wenn Eltern, Lehrer und die Gesellschaft das Kind mit allen seinen Stärken und Schwächen, ob mit Migrationshintergrund oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, in den Mittelpunkt stellen, müssen wir doch sagen: Es gibt in unserem Bildungssystem Wege, auf denen jeder seinen Weg finden kann, wenn man ihm die Zeit gibt.
(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP) - Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))
Ich habe es vorhin "Einbahnstraße" genannt. Aber wir wissen, dass es an allen Übergängen Möglichkeiten gibt.
Herr Kollege Gehring, Sie haben das Wort. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat noch Redezeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Will hat es sehr richtig gesagt: Kinder brauchen mehr Zeit zur Entwicklung. Das wundert einen schon, wenn man daran denkt, dass die FDP seinerzeit mit der Forderung nach der sechsjährigen Grundschule in die Regierung gegangen ist und jetzt vehement den Übertritt nach der vierten Klasse verteidigt.
(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD - Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Haben sie schon mal was von Koalition gehört?)
Wir müssen den Druck in der Grundschule einfach zur Kenntnis nehmen. Das Gejammere aus der CSUFraktion, die Zwischenrufe, als das Thema vorhin angesprochen wurde, zeigen, dass man dort einfach nicht wahrhaben will, was vor Ort los ist. Man kann diesen Druck für ungerechtfertigt halten, man kann sagen: Die Eltern spinnen, aber dass dieser Druck vorhanden ist, dass große Probleme da sind, dass es Tränen gibt,
dass die Kinder zum Arzt gehen, dass es Nachhilfe gibt, dass sich Grundschullehrer über dieses Thema beklagen, müssen wir einfach feststellen.
Dann müssen wir als Politiker doch fragen: Wie ist unsere Reaktion? Sagen wir: Wenn Druck auf ein bestimmtes System wirkt, dann dürfen wir uns nicht über den Druck beklagen, sondern müssen dieses System so verändern, dass dieser Druck reduziert wird? Und genau das machen wir mit unserem Gesetzentwurf.
Die Fixierung auf die Notenschnitte 2,33 oder 2,66 erzeugt diesen Druck. Das macht die Eltern verrückt und macht den Lehrerinnen und Lehrern die Arbeit unmöglich. Vor allem ist es eine große Belastung für die Kinder.
Natürlich geht jeder aufs Gymnasium, der einen Schnitt von 2,33 hat. Das ist das Gleiche wie jeder, der im Abitur 1,0 hat, Medizin studieren muss, ob er dafür geeignet ist oder nicht.
Noch einmal zum Thema soziale Ungerechtigkeit. Wir haben in Bayern eine Schieflage dieses Verfahrens oder gerade deswegen. Über diese Frage brauchen wir gar nicht zu diskutieren, sondern wir müssen sagen: Wir wollen den Druck reduzieren. Wir wollen ein pädagogisch besseres Verfahren schaffen. Deswegen müssen wir dieses Thema angehen.
Was aus den FREIEN WÄHLERN noch wird, müssen wir sehen. Ich denke, dann werden wir diesen Weg gehen. Dann werden wir Druck aus diesem Bildungssystem herausbringen, Druck, der, das muss ich sagen, leistungsfeindlich ist, der nicht zu besseren, sondern zu schlechteren Leistungen führt, und vor allem zu vielen Problemen, die wir im bayerischen Bildungssystem haben und die wir nicht bräuchten.
Aber ich bin optimistisch für die Beratungen, nachdem ich gehört habe, dass in der FDP über neue Wege nachgedacht wird und der Kollege Nöth ein offener Mensch ist, wie ich ihn kenne. Da werden wir ganz spannende Beratungen im Ausschuss haben.