Ich verstehe Ihr Anliegen nicht. Will die SPD den Vereinen die Preise diktieren? Wollen Sie am Ende, dass der Staat die Tickets subventioniert? - Das wäre Planwirtschaft pur!
- Was soll dann die Forderung nach bezahlbaren Tickets? Noch "besser" ist aber die Forderung: "tolle Stimmung erhalten". Super, werden jetzt die La-OlaWellen gezählt, oder wie soll das gehen? Ich denke, das Thema "Gewalt verhindern" hätte ausgereicht. Der Rest des Themas Ihrer Aktuellen Stunde ist ein ziemliches Geschwurbel, das muss ich ehrlich sagen!
Ich wünsche allen Fußballbegeisterten bei der Europameisterschaft, dass sie ihre Emotionen nicht in Gewalt, sondern in großem Jubel ausleben, aber nicht verordnet von der SPD, sondern von Herzen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europameisterschaft zeigt wieder, dass es Gewalt rund um den Fußball gibt. Diese Gewalt findet aber nicht im Stadion, sondern außerhalb des Stadions statt. Auch Sitzplätze können die Gewalt außerhalb des Stadions nicht verhindern. Ein Blick in die Saison 2011/2012 der Bundesliga zeigt, dass es insgesamt 846 Verletzte gab. Wir zählten aber auch 17,5 Millionen Besucher in der ersten und in der zweiten Liga. Das zeigt, Fußball ist attraktiv, Fußball ist ein Erfolgsmodell, und zwar sportlich und wirtschaftlich. Es werden Milliardenumsätze getätigt. Ich glaube, in Bayern gehen die Menschen auch gerne ins Stadion. Wenn ich mit meiner Familie mal in ein bayerisches Stadion gehe, habe ich nie Angst, ich fühle mich von der Polizei und den Ordnungskräften immer gut beschützt. An dieser Stelle will ich deshalb auch einen Dank an die Polizei sagen, insbesondere auch an unsere 63 szenekundigen Beamten, die im Vorfeld wichtige Arbeit leisten.
Meine Damen und Herren, es ist trotzdem schwieriger geworden, mit der Gewalt umzugehen, denn die UltraGewaltkultur hat sich in die Stadien oder vor die Stadien verlagert. Wir müssen deshalb aufpassen, dass nicht noch mehr passiert. Ich bin aber auch der Meinung, wir müssen differenzieren. Wir brauchen nicht nur law and order, wir müssen auch die richtigen Antworten geben. Wir müssen uns mit der Fankultur auseinandersetzen, denn die meisten Fanclubs haben demokratische Strukturen. Wir müssen die integrative Kraft des Fußballs in diesen Strukturen nutzen.
Ich möchte an die 90er Jahre erinnern: Damals hatten wir große Erfolge bei den Fanprojekten. Ich kann nur ermuntern, diesen Dialog fortzusetzen, einen Dialog aller Beteiligten. Deshalb ist es gut und richtig, wenn sich auch der Freistaat Bayern an Fanprojekten in München, Nürnberg und Augsburg beteiligt. Ich gehe davon aus: Nachdem wir jetzt vier Bundesligisten haben, wird auch noch etwas draufgesetzt.
Meine Damen und Herren, mein Fazit ist ganz einfach: Gewalt wird nicht von den Sitzplätzen, sondern von den gewaltbereiten Fans gefördert, egal ob sie innerhalb oder außerhalb des Stadions sind. Diese Gewalt muss mit allem Einsatz gestoppt werden.
Meine Damen und Herren, am Ende spielt immer das Geld die große Rolle. Vor einiger Zeit konnten wir vernehmen, dass die Bundesliga-Vereine neue TV-Verträge unterschrieben haben; dabei geht es um viele Millionen Euro Umsatz. Ich denke, ein Teil dieses Geldes müsste für die Sicherheit verwendet werden. Die
Vereine sollten von diesem Geld nicht nur neue Stars kaufen, sondern auch in die Sicherheit investieren. Die Fans haben es in der Hand, wie sie sich in Zukunft aufführen. Ich kann die Fans nur auffordern, ihre Gewaltbereitschaft zurückzufahren, denn wir alle wollen freudige Fußballereignisse sehen. Das geht aber nur, wenn Ruhe und Ordnung herrschen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind neue Ideen, gute Ideen und viel Fantasie gefragt, wenn es darum geht, Gewalt in Fußballstadien zu verhindern. Insofern war es fast eine neue Idee, die Stehplätze in den Stadien abzuschaffen. Ich sage "fast", denn bei den UEFA-Cup-Spielen und den europäischen Wettbewerben ist es fast schon Standard, dass es kaum noch Stehplätze gibt. Die Idee war aber nicht gut. Seit wann hat Gewalt etwas damit zu tun, ob jemand im Stadion sitzt oder steht? - In Italien, wo es fast nur noch Sitzplätze in den Stadien gibt, ist das Thema Gewalt weitaus größer als bei uns.
- Richtig, in Großbritannien auch, Frau Kollegin Tolle. Insofern begrüße ich auch die Haltung von Innenminister Herrmann, der nichts von dieser Idee hält. Mit der Abschaffung der Stehplätze in den Stadien würden nur anständige Fans bestraft.
Das ist auch die Meinung der Fanbeauftragten fast aller Bundesligaclubs und der szenekundigen Beamten hier in Bayern. Ich habe mit einigen von ihnen gesprochen. Wir begrüßen die Initiative der Innenminister der Länder, dem Deutschen Fußballbund und der Deutschen Fußball Liga massiv die Daumenschrauben anzusetzen, um die Gewaltspirale im Fußballgeschehen zu durchbrechen. Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler immer mehr Geld für immer mehr Polizeieinsätze bei Fußballkrawallen bezahlen muss, während die Vereine allein durch die Fußballübertragungsrechte mehr als 600 Millionen Euro einnehmen. Die müssten dann noch in der Lage sein, Kolleginnen und Kollegen, ordentliches Geld für die Präventionsarbeit auszugeben.
Insofern deckt sich diese Auffassung mit den Aussagen des Herrn Kollegen Rüth. Ich verwahre mich aber ausdrücklich gegen einen Sicherheitszuschlag, wie ihn Herr Kollege Dr. Herrmann angesprochen hat. Einen Sicherheitszuschlag brauchen wir nicht angesichts der Mehreinnahmen, die die Vereine haben. Die haben sehr wohl genügend Geld, dafür zu sorgen, dass sie ihr Hausrecht - sie haben nämlich das Hausrecht - in den Stadien ordentlich ausüben, indem sie Sicherheitsdienste beschäftigen. Wir wollen nicht, dass die Vereine für Polizeieinsätze zahlen, um hier keinen falschen Zungenschlag hineinzubekommen.
Sie müssten dafür sorgen, dass die Stadien sicher sind und die Fans ihr Fußballspiel ungestört genießen können. Die Spirale der Gewalt dreht sich aber weiter nach oben, und der DFB und die Deutsche Fußball Liga müssen mehr dazu beitragen als bunte Bildchen. Ich glaube, jeder Abgeordnete hat den Prospekt des DFB bekommen. Wir brauchen aber mehr als symbolische Handlungen, die nicht viel bewegen. Bunte Anzeigenkampagnen, wie sie im April von Ihnen, Herr Innenminister, in Nürnberg vorgestellt worden sind, helfen uns letzten Endes nicht weiter. Der Appell wurde heute schon öfter an Sie gerichtet, Herr Innenminister: Suchen Sie den Dialog mit den Fanbeauftragten, mit den szenekundigen Beamten.
Die SPD erwartet von der Staatsregierung konsequentes Handeln in Sachen Gewalt in Fußballstadien. Die Vereinbarung zwischen DFB und Innenministerium ist seit mehr als fünf Jahren unterzeichnet, Sie haben das angesprochen, Herr Kollege Dr. Herrmann. Diese Vereinbarung muss aber mit Leben erfüllt werden. Dort ist unter anderem zu lesen, dass auch in der Bayernliga Fanprojekte geschaffen werden sollen.
Wo aber gibt es diese Fanprojekte in der Bayernliga, frage ich. Seit 15 Jahren fördert die Staatsregierung Fanprojekte. Diese Förderung, das wurde schon mehrmals betont, müsste weiter angehoben werden. Seit 1990 gibt es in der bayerischen Polizei die Einrichtung der szenekundigen Beamten. Kollege Dr. Herrmann hat das angesprochen. Es gibt in diesem Bereich 63 Beamte. Das ist sinnvoll und richtig. Sie leisten gerade im Vorfeld von Bundesliga-Spielen eine wertvolle Arbeit. Sie versuchen, das Aufeinan
dertreffen gewaltbereiter Fans zu verhindern und haben die 1.100 Problemfans in Bayern fest im Blick. Diese Einrichtung muss unseres Erachtens weiterentwickelt werden.
Darüber hinaus bietet sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten an, um Gewalt zu verhindern. Ich nenne hier einige Möglichkeiten: die Entzerrung der Spielpläne durch Rücksichtnahme auf feststehende polizeiliche und gesellschaftliche Termine, zum Beispiel den 1. Mai. Nachdem wir da immer Krawalle in Berlin haben, muss es da keine Bundesliga-Spiele geben. Es gäbe Alkohol- und Flaschenverbote, nicht nur in den Stadien, sondern auch bei den Anreisenden in den Zügen und Bussen. Die Zuverlässigkeit der Ordnungsdienste müsste überprüft werden, ebenso die vermehrte Einsetzung von Sonderzügen zur Vermeidung von Belästigungen anderer Fahrgäste.
Vor allen Dingen - der letzte Satz - muss auch Schluss sein mit dem Missbrauch der Bereitschaftspolizei als Personalreserve für den polizeilichen Einsatzdienst.
Danke schön, Herr Kollege, jetzt sind wir, glaube ich, fertig. Sie haben über eine Minute überzogen.
Als nächster Redner hat nun der Kollege Manfred Ländner von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion darüber, Stehplätze abzuschaffen, ist natürlich schon etwas kurz gesprungen, und darum haben sich jetzt auch die Diskussion über Gewalt in Fußballstadien und eine Diskussion über das Phänomen Gewalt in unserer Gesellschaft allgemein entwickelt.
Wenn Sie, Kollege Schneider, zu Recht auf Bekämpfung von Gewalt hinweisen, dann darf ich, denke ich, sagen - der Innenminister wird es sicherlich noch ergänzen -: Wenn jemand konsequent gegen Gewalt vorgeht, dann ist es die Bayerische Staatsregierung.
Wir werden für dieses Vorgehen häufig von der Opposition kritisiert. Wenn man aber ein Thema aufgreift, insbesondere das Thema Gewalt in den Stadien, dann darf man sich natürlich nicht von vornherein Denkverbote auferlegen; man muss breit überlegen, was zu tun ist.
Ich wiederhole mich: Die Aussage, Stehplätze abzuschaffen, ist etwas kurz gesprungen - um in der Szene-Sprache zu bleiben, sage ich es einmal so: Stehplätze abschaffen, um Gewalt zu verhindern, ist sicherlich "gaga".
Aber auf der anderen Seite Gewalt dadurch zu bekämpfen, dass man mehr Geld einsetzt - dieser Reflex kommt oftmals auch von Ihrer Seite -, auch das ist zu kurz gesprungen.