Protokoll der Sitzung vom 25.09.2012

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Die Welt hat sich nun einmal geändert. Außerdem wurde in Ihrer Koalition ein Unterhaltsrecht geschaffen, mit dem die Frau, wenn das Kind drei Jahre alt ist, keinen Rechtsanspruch mehr darauf hat. Das sind die harten Tatsachen.

Vielleicht sind auch Ihre Töchter so erzogen worden, dass sie sehr schnell wieder berufstätig sein wollten. Das ist nur bei der Wahlfreiheit möglich. Aber die Wahlfreiheit haben wir nicht einmal hier im Landtag. Denn wenn alle, die eine Kinderbetreuung bräuchten, ihre Kinder zur Krippe bringen wollten, dann schafften es nicht einmal Sie. Sie wissen, wie sehr ich es schätze, dass Sie das hier geschaffen haben; aber dann gibt es keinen Platz für so viele.

Ich bin schon verwundert. - Das geht an unseren Herrn Ministerpräsidenten. - Er weilte in Israel, nahm dort wichtige Geschäfte wahr, und selbst von dort hörte man das Wort "Betreuungsgeld", aber wir hören zum Beispiel nicht, dass Altersarmut ein Thema ist.

Der Katholische Frauenbund, alle Frauenverbände bitten die Bundesregierung inständig, für Kinder, die vor 1991 geboren sind, in der Rentenversorgung auch drei Prozentpunkte und nicht nur einen Prozentpunkt zu gewähren. Solche Themen sind nicht Ihre Themen. Wir haben Altersarmut von Frauen zu befürchten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN - Erwin Huber (CSU): Schauen Sie einmal auf die Tagesordnung!)

- Natürlich hängt das zusammen, und das wissen Sie. Wenn Sie es als Mann nicht kapieren, muss ich immer wieder sagen: Wir Frauen stehen hier.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD - Dr. Otto Bertermann (FDP): Das ist Chauvinismus!)

Wir Frauen dürfen uns für Kinder entscheiden, aber viele Frauen können das nicht mehr. Das ist ein Problem, und das lösen wir nicht mit dem Gießkannenprinzip, mit 100 oder gar 150 Euro. Das Problem ist wirklich nur mit der Wahlfreiheit zu lösen.

Sie ziehen eine solche Debatte eigentlich in den Schmutz, da es inzwischen um einen Kuhhandel geht: Gibst du mir die Frauenquote, dann gebe ich dir das Betreuungsgeld. Gibst du mir die Steuererleichterung, dann gebe ich dir das Betreuungsgeld.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Wir sind auf einem Niveau, das diesem Thema nicht angemessen ist. Das ist wirklich entscheidend für die Möglichkeit, Kinder zu bekommen und Liebe und Geborgenheit und all das, was Sie sagen, geben zu können. Ich möchte heute als Frau die Möglichkeit haben zu entscheiden. Das kann ich nicht, wenn ich 100 Euro oder 150 Euro bekomme, aber nicht weiß, wie es ist, wenn der Mann die Frau austauscht, wenn ich geschieden bin, wenn ich später schlecht dastehe.

(Lebhafter Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN - Zurufe von der CSU: Thema verfehlt!)

Sie haben nach wie vor Angst davor - das wird im August, noch vor der Wahl, auch so kommen -, dass die ersten Mütter, die einen Rechtsanspruch haben, keinen Betreuungsplatz finden. Sie kennen bereits die Gerichtsurteile: Die Kommune - da trifft es aber wieder den Verkehrten - muss dann einen Betreuungsanspruch finanzieren, den Sie nicht erfüllen wollen.

(Erwin Huber (CSU): Wer sagt denn das?)

Wir haben heute immer gehört, wir müssten haushalten. Wenn wir Geld übrig haben, dann können wir gerne ein Betreuungsgeld zahlen. Aber vorher sollten wir bitte die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen, dass sich jede Mutter, ganz gleich, ob sie in München, in Eichstätt oder in Hintertupfing, was ein schöner Ort sein kann, wohnt, dafür entscheiden kann und nicht überlegen muss: Ist es vielleicht, wenn ich ein Kind habe, mit der Zukunftsplanung sehr schwierig? Ich bitte wirklich auch die Herren und die ältere Generation, an die jungen Frauen zu denken und zu überlegen, warum wir so wenige Kinder haben. Das ist ein Hauptgrund.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gottstein. Bitte bleiben Sie noch. Sie

konnten es noch nicht sehen, aber es gibt eine Zwischenbemerkung. Dazu hat sich der Kollege Huber gemeldet,

(Zuruf von der SPD: Ah!)

dem ich jetzt auch dazu das Wort gebe. Bitte sehr.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Ich frage ihn zuerst, wie viele Kinder und wie viele Enkelkinder er hat!)

Erstens. Frau Kollegin, ich habe Ihnen fünf Minuten zugehört, aber ich weiß eigentlich nicht, wofür Sie sich ausgesprochen haben.

(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das war klar!)

Zweitens. Auch weiß ich eigentlich nicht, warum Sie indirekt gegen Väter oder Männer gesprochen haben. Bayern ist das Land, das beim Elterngeld die meisten Vätermonate beansprucht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir sollten also keinen Geschlechterkampf betreiben.

Drittens. Sie sprechen eigentlich immer aus einer Position, als ob wir gegen Krippenplätze wären.

(Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

Sie sprechen aus einer Position heraus, als würden wir den bedarfsgerechten Ausbau der Krippenplätze unterlaufen. Das ist doch gar nicht der Fall.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Freilich ist das so!)

- Nein. Sie kapieren es nicht. Wir wollen, dass alle Kinder, für die ein Krippenplatz beantragt wird, diesen Krippenplatz auch bekommen. In den meisten Landgemeinden wird das auch erfüllt werden. Das größte Defizit - das muss ich einmal sagen - hat die Landeshauptstadt München.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Das größte Defizit hat die Landeshauptstadt München.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Widerspruch bei der SPD)

In München fehlen 5.000 Kindergartenplätze. In München fehlen noch sehr viel mehr Krippenplätze.

(Zuruf von der SPD: So ein Schmarrn!)

Wenn der Münchner Oberbürgermeister für andere Ämter antreten will, soll er zunächst einmal seine Hausaufgaben auf diesem wichtigen Feld machen.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FREIE WÄHLER): Weil de junga Leid alle vom Land nach Minga ziang! - Volkmar Halbleib (SPD): Huber an der Speerspitze der Kinderkrippenbewegung!)

Frau Kollegin Gottstein zur Erwiderung bitte.

Herr Kollege Huber, Sie werfen mir vor, man wisse nicht, wovon ich spreche. Von Ihnen hat man das auch nicht gesagt, außer dass Sie jetzt Wahlkampf gegen München machen. Wenn Sie öfter nicht nur körperlich, sondern auch geistig da gewesen wären, wüssten Sie, dass ich zu diesem Thema schon öfter gesprochen habe. Daher ist die Frage, zu welchem Ergebnis ich komme, rein rhetorisch. Das wissen Sie auch.

Zum zweiten Punkt. Ich weiß, dass Männer in Bayern die zwei Monate Elterngeld mehr in Anspruch nehmen als in anderen Bundesländern. Einer meiner Söhne gehört auch dazu. Ich bin sehr wohl informiert. Sie aber sind anscheinend nicht informiert, dass es nach wie vor sehr schwierig ist, einen Kinderkrippenplatz zu bekommen. Das gilt nicht nur für München. Ein Grund dafür ist auch diese Diskussion, bei der wieder eine gute Mutter einer schlechten Mutter gegenübergestellt wird. Viele Frauen stehen nach wie vor in einem Sachzwang. Ich bin auch draußen in der Wirklichkeit, vielleicht mehr als mancher von Ihnen. So viel zu meiner Meinung, und die ist klar.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir kommen zum vorletzten Redner in der Debatte, zu Herrn Kollegen Hacker für die FDP-Fraktion. Herr Fraktionsvorsitzender, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde ein wichtiges Thema. Frau Bause, es ist schon gut, dass auf einer Abstimmungsliste ein alter Antrag steht, den man hochziehen kann, wenn die Diskussion in den Medien darüber aktuell wird. Die Tatsache, dass die Öffentlichkeit heute wenig Anteil an diesem Thema nimmt, dass das Interesse an der Debatte hier im Bayerischen Landtag zu diesem Thema heute nicht besonders groß ist, zeigt, dass es Ihnen nicht um die Sache, sondern nur um den Wahlkampf geht. Es geht Ihnen darum, dass Trennende zu zeigen.

Die Politik dieser Staatsregierung verfolgt das Ziel, für junge Menschen Chancen zu schaffen. Auch der Ansatz der FDP geht dahin, den Menschen Möglichkeiten zu geben, sich weiterzuentwickeln, sich weiterzubilden, sich einzubringen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Herr Pfaffmann, diesen Ansatz, diesen Gestaltungswillen, den wir haben, mögen Sie als Macht empfinden. Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal Macht ausgeübt haben. Gestalten durften Sie in Bayern über viele Jahrzehnte hinweg nicht. Dafür, dass Sie darüber verbittert sind, habe ich volles Verständnis. Der Debatte dient so etwas nicht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Dann sind Sie auch noch verzweifelt. Nicht der Ministerpräsident, der eine erfolgreiche Regierung in Bayern führt, ist verzweifelt. Die Zahlen sprechen für uns. Die Haushaltszahlen, die der Finanzminister hier heute eingebracht hat, sprechen auch für uns. Sie sind verzweifelt, weil Ihnen ein Jahr vor der Landtagswahl im Jahr 2013 die Luft ausgeht und Ihnen Ihre Koalitionspartner, die Sie so gern umarmen würden, davonlaufen. Das Streicheln von Schweinchen auf dem Hof reicht eben nicht, um gemeinsam Politik zu gestalten. Ihre Klausurtagungen haben das eindrucksvoll bewiesen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir stehen in Bayern für die Investition in die frühkindliche Bildung. Wir stehen für den Krippenausbau und wir stehen dafür, dass die Qualität in den Kindertagesstätten verbessert wird. Wir stehen dafür, dass es den Familien mit dem Einstieg in das beitragsfreie Kindergartenjahr ermöglicht wird, die Kinder länger in den Kindergarten zu schicken. Und wir verkleinern die Gruppen im Kindergarten. Das sind die wesentlichen Impulse, die wir auf den Weg gebracht haben.

(Harald Güller (SPD): Deswegen seid ihr gegen das Betreuungsgeld?)