Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

Aber diese Diskussion, die in der Öffentlichkeit sehr schnell zur Kenntnis genommen wurde, zeigt ganz klar: Der Bürger erwartet, dass die Nebentätigkeit, dass unsere ganze politische Tätigkeit transparent ist. Wir müssen Abhängigkeiten erkennen dürfen, wir müssen Interessenskonflikte erkennen dürfen. Letztendlich ist vielleicht auch die Größenordnung ganz interessant.

Deswegen unser Antrag: Zeitnah müssen auch für dieses Parlament, den Bayerischen Landtag, Regeln entwickelt werden, die die Nebentätigkeit transparent machen.

(Zuruf von der CSU: Vorschläge!)

Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass es hier Klüngelei gibt, dass es auf die lange Bank geschoben wird - das merkt man ja dann schon nicht mehr, wenn die Steinbrück-Diskussion abklingt. Besonders bedauern wir natürlich, dass eine solche Diskussion als Neiddiskussion geführt wird. Das ist so einem Haus nicht angemessen. Und wir bedauern, dass es als Wahlkampfthema missbraucht wird. Auch dazu ist unsere Tätigkeit, ob mit oder ohne Nebentätigkeit, viel zu schade.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Richtig! - Jörg Rohde (FDP): Und was wollen Sie nun, Frau Kollegin?)

Wir setzen - und da sind wir doch eigentlich alle im gleichen Boot - unsere politische Glaubwürdigkeit, die aller politisch Tätigen aufs Spiel. Wenn wir wollen, dass sich Leute politisch betätigen, sich politisch engagieren, dass junge Leute diesen Beruf ergreifen, dann müssen wir jeden Verdacht, dass das nicht sauber passiert, von der Hand weisen, und das geht nur durch Transparenz.

Ich denke, das Gremium soll zeitnah und schnell handeln. Wir wünschen frohes, erfolgreiches Schaffen und nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern bald.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Ich darf nun Herrn Kollegen Herrmann das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rinderspacher, bevor ich Ihren Beitrag hörte, habe ich mich gefragt, ob Sie heute wirklich ernsthaft über Nebeneinkünfte und Verhaltensregeln diskutieren wollen oder eine klamaukhafte Wahlkampfshow abziehen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der FDP - Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ihr habt damit begonnen!)

Nach Ihrem Redebeitrag ist es uns allen klar: Es geht ausschließlich um Show.

(Zurufe von der SPD: Die CSU hat den Klamauk begonnen! - Dobrindt, Dobrindt! - Unruhe - Glo- cke der Präsidentin)

Ihren diversen verqueren Unterstellungen, lieber Herr Rinderspacher, halte ich drei Punkte entgegen. Erstens: Hier herinnen hat niemand etwas zu verbergen.

(Inge Aures (SPD): Genau!)

Zweitens: Wir haben klare Regelungen. Drittens: Jeder kann jetzt schon veröffentlichen, soviel er will.

(Beifall bei der CSU - Lachen bei der SPD)

Deshalb sind Ihr Antrag und der nachgezogene Antrag der FREIEN WÄHLER keine Glanzstücke des Parlamentarismus. Ihnen geht es überhaupt nicht um die Sache. Gestern wurde im Präsidium über dieses Thema gesprochen. Es wurde vereinbart, dass die interfraktionelle Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Kollegen König zu diesem Thema tagen wird.

(Harald Güller (SPD): Was dieser im Ältestenrat noch abgelehnt hat!)

Die Einladung wurde heute Vormittag verschickt. Ich kann nur sagen: Wir haben Wort gehalten, Sie haben sich nicht daran gehalten, sondern Ihren Dringlichkeitsantrag eingebracht. Da frage ich mich natürlich schon: Welchen Sinn soll ein Gespräch in der zuständigen Arbeitsgruppe haben, wenn Sie im Plenum bereits eine inhaltliche Festlegung beschließen wollen?

Darum sage ich zu Ihrem Antrag: politischer Schaufensterfaktor 10 Punkte, politischer Stil 0 Punkte, und das ist noch aufgerundet.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Inge Aures (SPD): Das geben wir gleich an Sie zurück!)

Übrigens merkt man diesen populistischen Zungenschlag in Ihrem Antrag sehr gut, der so groß daherkommt: "Auf Euro und Cent" usw. Ich glaube, man sollte die Dinge schon einmal in aller Ruhe besprechen und sich dann auch überlegen, ob man sich intern einig ist. Ich finde es hochinteressant, dass es Äußerungen aus Ihrer Fraktion gibt, zum Beispiel vom Kollegen Schindler aus dem Jahr 2007, wo er im "Staatsanzeiger" ausdrücklich sagt: "Ich halte es für nicht sinnvoll, wenn sich Abgeordnete bis aufs Hemd ausziehen müssen."

(Markus Rinderspacher (SPD): Das habe ich auch gesagt!)

Schindler sagt also, er halte es nicht für sinnvoll, wenn sich Abgeordnete bis aufs Hemd ausziehen müssen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Der Titel Ihres Antrags lautet: "Auf Euro und Cent". Das zeigt schon die Widersprüchlichkeit in Ihrer Vorgehensweise.

Aus den Reihen der GRÜNEN sagte die Kollegin Stahl damals: "Ich hielte es für problematisch, wenn Ärzte oder Anwälte Namen von Patienten oder Mandanten offenlegen müssten."

(Harald Güller (SPD): Genau das steht in unserem Antrag!)

Das macht sehr deutlich, dass man sich in Ruhe - in Ruhe! - über die Vorgehensweise unterhalten muss. Was in Ihrem Antrag steht, löst das Problem nämlich überhaupt nicht, nicht, wie differenziert werden muss, wie vorgegangen werden muss usw.

(Jörg Rohde (FDP): So ist es!)

Das sollte in Ruhe diskutiert werden. Dafür ist die gemeinsame Arbeitsgruppe da.

(Zuruf von der SPD: Steinbrück!)

Zur Thematik will ich in der Sache noch sagen, dass wir als Abgeordnete zunächst einmal Abgeordnete sind. Das Mandat hat immer Priorität.

(Inge Aures (SPD): Jawohl!)

Deshalb heißt das andere "Nebentätigkeit".

Ich will aber auch sagen - auch das kommt bei Ihren Ausführungen zu kurz -, dass Nebentätigkeiten nichts Verwerfliches sind.

(Harald Güller (SPD): Auch das steht im Antrag drin! Lesen hilft manchmal!)

Wir wollen Abgeordnete, die unabhängig sind, und Unabhängigkeit bedeutet, dass man in seinem eigenen Beruf gefestigt ist. Die Besten aus allen gesellschaftlichen und beruflichen Gruppen sollen Abgeordnete werden, und wir wollen auch die Durchlässigkeit ins Mandat und wieder zurück ins Berufsleben.

Für Beamte und Angestellte ist das oft sehr einfach, weil sie - Beamte immer, Angestellte meistens - einen Rückkehranspruch haben. Bei Freiberuflern oder Selbstständigen ist das anders. Sie müssen selber Sorge dafür tragen, dass sie nach dem Ausscheiden wieder im Beruf Fuß fassen können. Das bedeutet aber auch, dass sie häufiger als andere Einkünfte aus Nebentätigkeiten haben.

(Inge Aures (SPD): Was wollen Sie damit sagen?)

Da muss man eben sehr genau differenzieren: Sind es Einkünfte aus einer normalen Anwalts-, Steuerberater- oder sonstigen Einzelunternehmertätigkeit, oder sind es Einkünfte, die mit dem Mandat zusammenhängen, wie Reden oder Vorträge? Diese Differenzierung ist wichtig.

Man muss also im Detail und in aller Ruhe darüber reden, wie die bestehenden Verhaltensregelungen angepasst oder verändert werden sollen.

Bei diesen Überlegungen kann man sich durchaus vorstellen, Größenordnungen einzuführen. Die Eckpunkte sollten sein: Erstens: Mandatsausübung hat Priorität vor jeder Nebentätigkeit. Zweitens: Auch Abgeordnete haben das Steuergeheimnis bzw. auch die Verpflichtung zum Berufsgeheimnis oder in Fällen von Einzelunternehmen zum Betriebsgeheimnis. Deshalb darf eine Offenlegung der Höhe nach bzw. auf Auftraggeber bezogen, wie Sie es fordern, nur in einer Form vorgenommen werden, die diesen Grundsätzen entspricht.

Im Übrigen sollten wir uns nicht an Neiddebatten beteiligen,

(Zuruf von der SPD: Ihr habt doch angefangen!)

die man allzu leicht hervorruft, wenn man die Beträge in Euro angibt.

(Unruhe bei der SPD)

Deshalb bietet es sich an, durchaus analog und in Anlehnung an die Regelungen des Bundestags Größenordnungen einzuführen. Es sollte dabei aus meiner Sicht auch differenziert werden zwischen normaler freiberuflicher Tätigkeit, beispielsweise als Steuerberater, oder eben einer Tätigkeit, die durchaus nichts mit der beruflichen Tätigkeit zu tun hat, sondern aus dem Mandat kommt, aus Vorträgen und Ähnlichem.

Übrigens geht es um diesen Punkt auch in der Affäre Steinbrück:

(Harald Güller (SPD): Welche Affäre?)