Unternehmen. Die Menschen leben gerne in einem sicheren Land. Sie reisen gerne nach Bayern, auch wenn es wie gesagt nicht das Paradies ist.
Der Rechts- und Justizstandort Bayern steht auch im Wettbewerb mit anderen Standorten und anderen Ländern. Unsere Rechtsordnung muss sich daher gegen das angloamerikanische Rechtssystem international behaupten können. Ein aktuelles Beispiel ist die geplante Vereinheitlichung des europäischen Kaufrechts. In diesem internationalen Chor haben auch wir in Bayern unsere Stimme zu erheben. Es ist unsere Pflicht und unsere Aufgabe, unser Rechtssystem anderen Kultur- und Rechtskreisen getreu dem Motto "law made in Germany" nahezubringen, um vergleichbare Rechtsstandards zu schaffen.
Mit der Forderung nach vergleichbaren Rechtsstandards komme ich nun zum Verbraucherschutz. Wir müssen dafür einen geeigneten Rechtsrahmen schaffen und für eine effektive Durchsetzung von Verbraucherrechten sorgen. Eine gute Verbraucherinformation und -bildung ist das A und O. Deshalb setzen wir uns bei den Beratungen des Doppelhaushalts dafür ein, dass die Verbraucherberatung in Bayern gestärkt wird.
Starke Verbraucher? Frau Ministerin, das Verbrauchervertrauen ist in Bayern zwar noch auf einem mittleren Niveau. Nach dem süddeutschen Verbrauchermonitor 2012 ist dieses Vertrauen in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen. Ursache hierfür sind die gestiegenen Energiepreise, die Schuldenkrise im Euroraum und die Verunsicherungen, die daraus resultieren. Gleiches gilt für die Proteste gegen das ACTA-Abkommen und für Probleme in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel dem Ehec-Ausbruch. Am stärksten zurückgegangen ist dabei das Vertrauen in die Kontrolle von Lebensmitteln. Dazu könnte man sagen, dass die Kontrolle von Lebensmitteln nicht in das Justizressort fällt. In dieses Ressort fallen nur der rechtliche und wirtschaftliche Verbraucherschutz, die Verbraucherpolitik und die Verbraucherinformation und -bildung. Dazu kann ich hier nur wiederholen und deutlich sagen, dass es ein Fehler war, den Verbraucherschutz in Bayern auf verschiedene Ministerien aufzuteilen, da er hierdurch letztlich geschwächt wird.
Außerdem hat nach meiner Meinung die Justiz als dritte Gewalt im Staat eine eigenständige Stellung verdient. Gerade bei den Lebensmitteln ist es heute nicht mehr nachvollziehbar, wie die Produktionswege laufen. Wir können und wollen unseren Mitbürgern beim Verbraucherschutz nicht die Verantwortung für das eigene Tun nehmen. Allerdings müssen wir sie
durch gezielte Informationen in die Lage versetzen, sich kundig zu machen und selbst Entscheidungen zu treffen. Hier heißt Verbraucherschutzpolitik Informationspolitik. Für diese Informationspolitik sind Sie, verehrte Frau Ministerin, zuständig. Hier sehen wir Verbesserungsbedarf.
Zum Stichwort Transparenz nenne ich nur die Spritpreise. Ich empfand es als blanken Hohn, als Sie, Frau Ministerin, im August 2012 forderten, eine Regelung zu finden, die sich an der österreichischen Regelung orientiert. Danach dürfen die Benzinpreise nur einmal am Tag zu einer bestimmten Uhrzeit an einer Tankstelle angehoben werden. Genau hierzu hat unsere Fraktion im Februar 2011 einen eigenen Antrag gestellt, der von Ihnen, von der CSU und der FDP, abgelehnt wurde. Daher haben Sie zwar unsere Gedanken aufgenommen, aber man hätte es auch anders machen können.
In den Bereichen Finanz, Versicherungen, Telefon und Internet herrscht nach dem Verbrauchermonitor nach wie vor größte Unzufriedenheit bei den Verbrauchern. Hier gibt es noch genügend Baustellen, auf denen wir arbeiten können. Wichtig ist es, dass das Verbraucherrecht in der digitalen Welt gestärkt wird. Fast die Hälfte der bayerischen Verbraucher pflegt Kontakte in sozialen Netzwerken. Dafür benötigen wir einen höheren Datenschutzstandard und verbesserte Informationen. Die Einführung der von Ihnen so hoch gelobten Button-Lösung war zwar ein richtiger Schritt für mehr Transparenz im Netz beim Vertragsabschluss. Allerdings reicht diese Maßnahme bei Weitem nicht, denn gerade bei Smartphones gibt es noch Probleme, die auch zu beheben sind.
Meine Damen und Herren, beim Motto "Starke Justiz, starke Verbraucher, starkes Bayern" kann ich nur das Resümee ziehen, dass Sie im Endspurt noch etwas kräftiger zulegen müssen, sonst müsste das Motto dieser Regierungserklärung lauten: "Wankende Justiz, strauchelnde Verbraucher und schwächelndes Bayern".
Armes Bayern, möchte ich sagen. - Liebes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren und sehr geehrte Frau Justizministerin! Die Menschen in unserer Heimat haben mehr verdient als eine Regierungserklärung, die verklärt statt aufklärt.
Sie hört sich an wie ein Vortrag aus dem Fleißheftchen am Ende eines Schuljahres, bei dem mit Selbstverständlichkeiten hausiert wird, mit dem man sich selber für Notwendigkeiten lobt, etwa für die Reduzierung der Fixierungspraxis oder für spezifische Staatsanwaltschaften für Wirtschaftskriminalität oder Internetkriminalität. Die Menschen erwarten vor allem eine ehrliche Bestandsaufnahme. Sie wollen wissen, wohin es konzeptionell bei der Justiz geht. Dabei vermisse ich zukunftsweisende Ausführungen, die ich gerne gehört hätte.
Als rechtspolitische Sprecherin beginne ich mit dem Verbraucherschutz, weil im Justizressort am augenfälligsten wird, wie miserabel es in Bayern um den Verbraucherschutz bestellt ist. An diesem Thema wird besonders deutlich, dass die Regierungserklärung trotz ihres Titels "Starke Justiz, starke Verbraucher, starkes Bayern" keine Zustandsbeschreibung ist, sondern allenfalls eine Zielformulierung sein kann. Das heißt, Sie wollen vielleicht starke Verbraucherinnen und Verbraucher, aber dazu brauchen Sie entsprechende Rahmenbedingungen, und an denen fehlt es hinten und vorne.
Verbraucherschutz ist für uns GRÜNE absolut kein Nischenthema. Wir müssen feststellen, wie es Kollege Streibl richtig getan hat, dass bei aller Kritik, die wir an diesem Ministerium haben, die Auflösung des Verbraucherschutzministeriums und die Zerschlagung des Verbraucherschutzes mit der Aufteilung der Kompetenzen auf verschiedene Ministerien die größte Fehlleistung von Ministerpräsident Seehofer in den vergangenen Jahren war. Er hat ein einziges Kompetenzwirrwarr geschaffen. Hilflos wurde versucht, den Anforderungen an einen modernen Verbraucherschutz gerecht zu werden.
Zahnlos wie die Ministerien ist zuvorderst auch das Justizministerium. Regelmäßig gewinnen bei uns die Agrar-, die Industrie- und die Facebook-Lobby. Von der Bundesebene ist keine Rettung zu erwarten. Frau Guttenberger hat es wunderbar zelebriert, wie es abläuft, wenn man Rettung erwartet. Von der Bundesebene kommt nämlich gar nichts, allenfalls irgendwelche Pressemitteilungen, die verteilt werden. Lösungen werden dagegen ausgesessen, oder es wird mit dem Finger auf Europa gezeigt, weil man dort niemandem wehtut.
bis sie dann feststellte, dass sie für diesen Bereich überhaupt nicht zuständig ist, sondern der Bundesinnenminister. Der aber wollte keine Änderungen. So kam es zu irgendwelchen Selbstverpflichtungen. Deshalb sind wir, wenn es um den Datenschutz im Internet geht, so weit wie vorher. Forderungen nach mehr Datenschutz im Internet sind bisher absolut verhallt. Das gilt auch für Forderungen von CSU-Europaabgeordneten beispielsweise nach mehr Freiheit im Netz. Auch sie sind nicht gehört worden. Es wundert mich jedoch überhaupt nicht, dass dieser Schutz im Netz nicht gewollt ist, denn man setzt selbst gerne Staatstrojaner ein. Dieser Staatstrojaner ist übrigens - und da täuschen Sie sich, Herr Streibl, die Justizministerin hat leider, leider sehr wohl eine Pressemitteilung herausgegeben, und zwar gemeinsam mit dem Innenminister - ein schönes Beispiel dafür, wie unsere Justizministerin die Bürgerinnen und Bürger rechtsstaatlich im Stich lässt.
Der bayerische Datenschutzbeauftragte stellt fest, dass beim Einsatz der Staatstrojaner eben nicht alles einwandfrei gelaufen ist, sondern es Sinn mache, eine Rechtsgrundlage für deren Einsatz zu schaffen. Nun würde ich von einer starken Justizministerin erwarten, dass sie sich hinsetzt und einen Gesetzentwurf vorlegt oder zumindest versucht, gemeinsam mit der Bundesebene einen solchen auf den Weg zu bringen, und damit unsere Freiheit in Sicherheit schützt. Was aber macht sie? - Trallala, wir machen eine Pressemitteilung am 02.03.2012. Wir nehmen das Prüfungsergebnis mal nicht so ernst und lassen weg, was nicht ins CSU-Schema passt. - Ich muss sagen, das ist stark, das ist wirklich stark, das ist ein starkes Stück, das Ergebnis der Prüfung durch den Datenschutzbeauftragten so komplett auf den Kopf zu stellen, wie Sie das in dieser Pressemitteilung getan haben.
Vor über zwei Jahren wurden 13 wirklich gute Forderungen an den Bundesrat gestellt und eingebracht. Bayern hat sie eingespeist. Eine kurze Phase lang konnte man hoffen, dass sich im Bereich des Datenschutzes wirklich etwas bewegt. Ich nenne nur einen kleinen Bereich: die Regelungen für die Bewertung von Personen im Internetportal, also Internetmobbing, Regelungen für soziale Netzwerke, Begrenzung für die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, Netztransparenz bei der Datenverarbeitung, Schutz junger Nutzerinnen und Nutzer, Regelungen für die Kartogra
phierung von Funknetzdaten und so weiter. Von all diesen wunderbaren Forderungen ist aber nichts umgesetzt worden. Über zwei Jahre lang ist nichts passiert. Da, das muss ich Ihnen sagen, lachen sich doch die Post AG, Schufa, Facebook und Co. einfach schlapp. Ich finde das aber überhaupt nicht zum Lachen, sondern ich meine, wir müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher endlich wirklich stark machen, damit sie Ansprüche einfordern und umsetzen können.
Beratung, wie Sie, Frau Ministerin, sie beispielsweise im Internet-Verbraucherportal VIS Bayern anbieten, ist löblich, doch sie verpufft, wenn eine Staatsregierung wie diese überhaupt kein Interesse an einem echten Verbraucherschutz zeigt. Verbraucherschutz war hier in Bayern nur so lange Thema, als man einer grünen Bundesministerin versuchte ans Bein zu pinkeln.
Man hat ihn zerteilt, man hat ihn zergliedert, man hat ihn zerschnitten. Ich frage mich, wo Ihre Initiativen bleiben, wenn es sich beispielsweise um die Kundinnen und Kunden von Banken handelt, die mit Überziehungszinsen von durchschnittlich 12 % überzogen werden, während sie selbst gerade einmal ein Prozent Zinsen für ihr Sparbuch bekommen. Wie sieht es aus mit der Reform der Lebensmittelkontrolle? Was wird aus Plastik in Lebensmitteln? - Es nützt nichts, über Ernährung und Lebensmittelsicherheit, über Produktsicherheit und über Chemikalien oder auch den grauen Kapitalmarkt aufzuklären, wie Sie das durchaus versuchen, wenn gleichzeitig die Lebensmittelkontrolle schwächelt, weil Stellen unbesetzt bleiben, Grenzwerte bei der Verwendung von Chemikalien in Produkten viel zu hoch sind und die Banken sowieso machen, was sie wollen.
Das liegt nicht alles in Ihrer Verantwortung, Frau Ministerin, da brauche ich keinen Zwischenruf, liebe SPD, das weiß ich.
Aber Sie könnten diese Verantwortung in den Bereichen, in denen Sie zuständig sind, übernehmen und Sie könnten dort, wo Sie nicht zuständig sind, diese
selbstverständlich einklagen, und das wäre im Bundesrat und im Bundestag. Dort ist die CSU mitbeteiligt. Es ist also möglich, und da werden Sie mir sicher zustimmen, liebe SPD.
Sie klagen diese aber nicht ein, weil Sie sich in bunten Portalen und in Verantwortungslosigkeit eingerichtet haben. Ich würde mir wünschen, dass Sie so viele Pressemitteilungen, wie Sie zur Vorratsdatenspeicherung und zur Sicherungsverwahrung in der Vergangenheit herausgegeben haben, auch zu diesem wirklichen Knackpunkt Verbraucherschutz gemacht hätten.
Sie haben unbestritten eine sehr fleißige Pressestelle. Jeden Tag kommt zu einem anderen Thema eine Mitteilung. Jeden Tag wabert ein neues Thema durch die Welt. Ich sehe aber nicht, was wirklich in Angriff genommen wird.
Die zweite große Baustelle ist der Strafvollzug, ein Strafvollzug, der lediglich wegschließt und nur einem kleinen Teil von Gefangenen das nötige Rüstzeug zubilligt, um nach der Entlassung nicht mehr rückfällig zu werden. Der Bedarf an niederschwelligen Maßnahmen und längerfristig angelegter Sozialtherapie ist riesig. Wir bedauern bis zum heutigen Tag, dass Bayern einen Sonderweg gegangen ist mit einem eigenen Strafvollzugsgesetz, einem eigenen Jugendstrafvollzugsgesetz und einem Untersuchungshaftvollzugsgesetz. Wir hätten es begrüßt, wenn Sie einen gemeinsamen Weg mit den Bundesländern beschritten hätten. Ich nehme aber an, Sie haben sich deswegen dagegen gesträubt, weil Ihnen um den letzten Platz bei Überbelegung und Unterbesetzung im Ländervergleich bange war.
Ich will mich mit den Kapazitätsdefiziten gar nicht aufhalten, denn ich bin der Auffassung, es gehört in die Haushaltsdebatte, ob genügend Stellen da sind oder ob wir nachbessern müssen und so weiter. Ich möchte Sie deshalb nur an einem Satz messen, den Sie zuletzt beim Abschluss der Kooperationsvereinbarung zwischen Justizministerium und Bundesagentur für Arbeit am 9. Oktober 2012 äußerten: "Eine erfolgreiche Resozialisierung ist der beste Opferschutz." - Wie wahr! Wir pflichten Ihnen hier gerne bei, doch dann muss das Reden auch mit dem Handeln übereinstimmen, und die Realität ist nun einmal eine andere. Ich mache das jetzt einmal ausschließlich an der Bewährungshilfe fest, obwohl es noch eine Reihe anderer Bereiche gäbe, wie die Gerichtsvollzieherinnen und
Trotz der Aufstockung des Personals wird die Bewährungshilfe nur unter sehr großen Anstrengungen mit ihren Aufgaben fertig. Es gibt immer noch Überlastungsanzeigen, die Sie allerdings gar nicht erreichen, weil die Gerichte, bei denen diese Anzeigen vorliegen müssen, keine Berichtspflicht Ihnen gegenüber haben. Sie verweigern bis heute auch die Anwendung des Magdeburger Schlüssels, damit man einen Überblick bekommen könnte, wie die Bewährungshilfe im Ländervergleich ausgestattet ist. Bei der Suche nach Fakten oder nach Zahlen sind Sie sehr zögerlich, weil Sie immer schwächeln, wenn es darum geht, die Arbeit insgesamt und nicht nur die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den Gerichten zu evaluieren. Das gilt dann, wenn es beispielsweise darum geht, wie viele Unschuldige einsitzen, wie viele Entschädigungsleistungen aufgebracht werden mussten oder wie es mit der Belastung in den einzelnen Bereichen der Justiz aussieht. Ich frage mich aber, wenn Sie für viele Bereiche kein Zahlenmaterial haben - das haben viele Anfragen, die wir gestellt haben, gezeigt: Wie wollen Sie dann wissen, wo es hakt?