Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Anhaltender Beifall bei der FDP)

Wir gehen in die zweite Runde. Erster Redner ist der Kollege Heike.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Es war schon interessant zu sehen, wie die Opposition die Regierungserklärung heute kommentiert hat. Wenn es dann dazu kommt, dass man sich nicht anders äußern kann Herr Kollege Schindler ist leider gerade nicht da, das macht dann natürlich keinen Spaß -, als zu sagen, die Ministerin sei "verdonnert" worden, dann muss ich fragen: Was ist das für eine Vorstellung davon, wie es in einem Kabinett zugeht? Aber das spricht halt für die Unerfahrenheit dieser Kollegen.

(Unruhe bei der SPD - Horst Arnold (SPD): Manche sind gar nicht mehr drin!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schade, dass es Ihnen offensichtlich nicht um die Justiz und ihre Entwicklung in Bayern ging. Eigentlich muss ich sagen, es war mehr ein Meckern, als dass man irgendwo etwas Konstruktives gesehen hätte.

(Beifall der Abgeordneten Petra Guttenberger (CSU))

Wenn der Kollege Schindler davon ausgeht - und darin sind wir einer Meinung -, dass die Justiz die dritte Säule des Staates ist, dann sollte man das, bitte schön, auch ernst nehmen. Wenn man dann mit so Uraltkamellen wie der Reduzierung der Amtsgerichte anfängt - das ist eine schwierige Problematik -, dann muss man sich fragen lassen, was bei der Zentralisierung herausgekommen ist. Kollege Arnold wird mir natürlich heftig widersprechen.

(Horst Arnold (SPD): So ist es!)

Das ist seine Aufgabe als Oppositionspolitiker. Aber eines ist klar: Wenn man Praktiker ist - und er ist ja selber einer - und mit denen redet, dann kann man sagen: Das ist nicht schlecht gewesen. Wir brauchen keine Amtsgerichte mit einer halben Richterstelle oder Ähnliches. Wir brauchen zentrale, gut funktionierende Amtsgerichte - und Landgerichte und das Oberlandesgericht sowieso. Da muss man einfach sagen: Gehen wir einmal zu den Praktikern und fragen die. Dann wird man schon hören, was wirklich Sache ist. Dann wird so eine Kritik meines Erachtens sehr schnell vom Tisch sein.

Es ist erfreulich - das will ich dem Kollegen Schindler attestieren -, dass er selber zugibt, dass die Justiz in Bayern besser ist als anderswo. Das wäre in Ordnung gewesen. Es wäre klar und auch richtig gewesen. Aber das Problem ist halt, dass er es nicht dabei belassen kann. Er muss dann gleich wieder sagen: Ja, aber es ist nicht gut genug.

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

Nur immer kleinreden und meckern, das haben wir, dachte ich, doch überwunden. Man sollte dann auch zielgerichtet und zielführend Unterstützung geben.

(Harald Güller (SPD): Darum hat der Kollege ja Verbesserungsvorschläge gemacht! Darum bringen wir Haushaltsanträge ein!)

- Herr Kollege, Sie sind nicht im Rechtsausschuss. Aber gehen Sie einmal dort mit hinein und unterhalten sich mit uns. Ich glaube, dann bekommen Sie auch ein anderes Bild davon.

Tatsache ist aber eines: Die Justiz - und da bin ich nicht ganz der Meinung meiner Kollegen von der FDP - sollte auf alle Fälle, komme, was wolle, unpolitisch bleiben. Ich möchte in Bayern nicht dieselbe Situation haben, wie wir sie bei Bundesgerichten haben. Ich sage: Die Politik sollte wirklich draußen vor der Tür bleiben. Insoweit ist die Unabhängigkeit bisher gewährleistet gewesen. Ich meine, dabei sollten wir auch bleiben.

(Harald Güller (SPD): Das haben wir beim Fall Schreiber gesehen und bei Strauß!)

Das sehe ich durchaus anders als manche andere in meiner Fraktion. Es wäre schön, Herr Kollege Güller, wenn Sie mir zuhören und sich selber als Nichtfachmann ein bisschen zurückhalten würden.

(Harald Güller (SPD): Ich habe schließlich den Untersuchungsausschuss gemacht und war im Rechtsausschuss mit Ihnen zusammengesessen!)

- Da habe ich aber leider keine guten Erfahrungen gemacht. Da waren Sie leider häufig nicht da. Aber das soll jetzt nicht weiter diskutiert werden. Tatsache ist: Das Schlechtreden kann uns in Zukunft meines Erachtens nur negativ berühren und wird niemandem helfen.

Die Bediensteten in der Justiz - das sage ich jetzt auch noch und die meisten haben es ebenfalls schon gesagt - geben ihr Bestes. Sie tun ihre Arbeit hervor

ragend, sonst wären wir international nicht so anerkannt.

Eines hätte ich vom Kollegen Schindler jetzt gerne gehört. Ich möchte ihn fragen, ob er wirklich der Ansicht ist, dass die Fachgerichte zusammengelegt werden sollen. Diese Diskussion würde ich dann gerne mit den Praktikern führen.

(Horst Arnold (SPD): Er hat eine Frage dazu gestellt, weil Sie es angekündigt haben!)

Nun gut. Der Kollege Streibl ist dankenswerterweise im Saal. Auch ihm möchte ich noch etwas zu seinen Ausführungen sagen. Herr Kollege, es ist schön, wenn immer wieder gesagt wird: Wir brauchen mehr Personal, wir brauchen mehr Geld. Aber ganz im Vertrauen: Das alleine ist zu wenig, das wissen wir beide. Zunächst muss die Politik lobend anerkennen, dass in der Justiz gut gearbeitet wird, und dass es richtig und wichtig ist, wenn wir hier an einem Strang und vor allem in die gleiche Richtung ziehen.

Eine flächendeckende Justiz ist wichtig - das habe ich auch schon angedeutet -, aber es muss nicht in jedem Ort ein Gericht sein. Wir haben schon Gerichte mit einer halben Planstelle erlebt. So etwas sollte der Vergangenheit angehören, denn es ist weder für die Wirtschaftlichkeit noch für die Rechtsprechung selbst eine gute Lösung.

Ärgerlich ist noch etwas anderes. Ich weiß nicht, wie ich das jetzt werten soll, vielleicht waren Sie wirklich nicht da, aber ich meine, Sie waren dabei. Sie sprechen über den Staatstrojaner. Frau Kollegin Stahl hat dazu übrigens auch in epischer Breite Stellung genommen. Wir haben uns in der letzten Woche doch massiv über dieses Thema unterhalten.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜ- NE))

- Sie waren doch dabei! Warum erzählen Sie jetzt Dinge, die einfach falsch sind?

(Beifall der Abgeordneten Petra Guttenberger (CSU))

Die Ministerin hat sich doch dazu geäußert. Die Ausschussmitglieder haben ihre Meinung kundgetan. Notfalls hätten Sie es auch noch einmal im Protokoll nachlesen können. Man kann doch jetzt nicht sagen, dazu sei nichts geäußert worden; die Ministerin habe sich zurückgehalten.

(Horst Arnold (SPD): Es gab keine Pressemitteilung!)

Das stimmt nicht. Diese unsere Justizministerin war sehr wohl dabei und hat entsprechende Äußerungen getan.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Letzte Woche war sie nicht im Ausschuss!)

Und noch eines hat mich sehr überrascht, Frau Kollegin Stahl. Ich weiß natürlich, dass Sie als Mitglied der Opposition kritisieren müssen, aber ich hätte es schön gefunden, wenn Sie auch einmal in die Zukunft geblickt hätten. Hier hat mir viel gefehlt. Und noch etwas, weil Sie sich so auf den Verbraucherschutz kapriziert haben: In puncto Verbraucherschutz haben wir in Bayern uns wirklich nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil. Bei uns ist die Entwicklung sehr weit vorangeschritten und wir werden sehr wohl ernst genommen. Bei uns wird der Verbraucherschutz in bester Art und Weise vorangetrieben. Den Schuh müssen wir uns nicht anziehen, dass hierzu nichts gesagt worden sei. Im Gegenteil. Die Ministerin hat schon mehrfach auch in unser beider Anwesenheit darüber gesprochen.

Nicht mit Ihnen einig kann ich auch bei dem Hinweis gehen, Frau Kollegin, der Staatstrojaner würde eingesetzt. Da waren Sie möglicherweise viel zu schnell in Ihren Ausführungen; denn das ist nicht richtig, Frau Kollegin. Sie wissen es. Staatstrojaner, also das Abhören, das Eindringen in PCs etc., sind nach Aussage des Innenministers seit der Kritik des Chaos-Computer-Clubs - CCC - klar und deutlich eingeschränkt. Ja, die Anwendung wird sogar unterlassen, es sei denn, es ist Gefahr in Verzug. Und solche Maßnahmen werden auch nur dann eingesetzt, wenn eine richterliche Genehmigung vorliegt. Das ist sowohl rechtens als auch notwendig. Denn der Datenschutz ist nicht dafür da, dass jeder die Möglichkeit hätte, sich hier auszutoben, wobei letztendlich der rechtstreue Bürger möglicherweise der Dumme wäre.

Nun kam Ihr Vorwurf, man habe die grüne Bundesumweltministerin kritisiert. Schön und gut, aber ich frage mich: Was hat sie denn in den vier Jahren ihrer Tätigkeit so massiv auf den Weg gebracht, dass wir das hätten kritisieren müssen? Ich kann mich erinnern, dass es in diesem Zeitraum nur sehr wenig gab.

Klar und deutlich sage ich, dass wir uns auch weiterhin dafür einsetzen werden, dass der Täter nicht der zu Schützende ist, sondern das Opfer, und wir werden uns auch dafür einsetzen, dass aus Datenschutz nicht Täterschutz wird.

Noch eines, Frau Kollegin. Der Strafvollzug schließt nicht nur weg, auch in Bayern nicht. Es wird resozialisiert; es wird zumindest versucht. Eines dürfte allerdings auch klar sein: Resozialisierung ist sicherlich gut, aber wenn sie nicht hilft, muss ich den Bürger

schützen und dann ist die Resozialisierung eben gescheitert. Wir müssen anerkennen, dass es da keinen Idealfall gibt.

Ein letzter Satz. Frau Kollegin, Sie haben beispielhaft den Fall Mollath gebracht. Sie meinten, da habe man Zweifel an der Justiz und ihrer Tätigkeit haben können. Das - meine ich - schlägt dem Fass den Boden aus. Eine Unterstützergruppe, die auch Sie sowie den gesamten Ausschuss mit Drohbriefen bombardiert und mit Tötung droht, nehmen Sie nun als Aushängeschild dafür, dass die Justiz nicht richtig gearbeitet habe. Ich kann Ihnen nur sagen, das ist ein Rechtsverständnis, das ich persönlich nicht akzeptiere. Ich hoffe und wünsche, dass mit dieser Art von Unterstützern relativ schnell Schluss gemacht wird. Wir sind keine Zielscheibe für solche - ich sage es einmal deutlich: - kriminelle Handlungen.

Das Fazit lautet für mich: Ich stelle die Frage, wo Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, eigentlich leben.

(Zuruf von den GRÜNEN: In Bayern!)

Damit, nur immer zu sagen, "Nein, das ist falsch, das wollen wir nicht", kann man keine Politik machen und damit wird man auch in Zukunft sicherlich keine Mehrheiten bekommen. Im Gegenteil. Fassen Sie sich endlich ein Herz und bringen Sie vernünftige Lösungen. Loben Sie auch einmal. Machen Sie gemeinsame Arbeit mit uns. Wir sind durchaus bereit, mitzuziehen.

(Horst Arnold (SPD): Sie sind bereit, gelobt zu werden!)

Wir ziehen gerne mit, wenn es im Sinne der Sache ist. Meckern Sie nicht nur, sondern spenden Sie auch einmal Lob und Anerkennung an die gesamte Justiz. Und sagen Sie vielleicht auch einmal einen Dank an die Frau Ministerin, die sich immer wieder hinstellt und auch manchmal im Ausschuss von den Fachleuten nicht immer sehr vorsichtig angefasst wird. Sie hört zu und sie macht es sehr gut. Sie äußert sich nicht nur, sondern sie zeigt auch Zielvorgaben auf. Danach werden wir uns auch weiterhin richten.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, ich darf Sie bitten, einen Moment am Redepult zu warten. Es gibt eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Stahl. Bitte sehr.

Herr Kollege, Sie werden sich sicherlich nicht wundern, dass ich jetzt noch einmal nachhaken muss. Ich kann Ihre Ausführungen

selbstverständlich im Protokoll nicht unerwidert stehen lassen. Lob verdient, wer es tatsächlich verdient, und der bekommt es auch. Und damit hat die Frau Justizministerin im Moment sicherlich nicht gerechnet, denn das ist - pardon! - bei der Frau Justizministerin im Augenblick nicht der Fall.

Im Übrigen möchte ich Sie doch bitten, im Protokoll noch einmal genau nachzulesen, was ich gesagt habe, als ich zu diesen sehr spröden Einzelfällen, nämlich den Fällen Peggy, Mollath oder Familie Rupp gesprochen habe. Ich habe von Einzelfällen gesprochen, die man eben nicht hernehmen darf, um auf den Gesamtzustand der Justiz Rückschlüsse zu ziehen. Aber man muss sehen, dass diese Fälle eine sehr große Öffentlichkeit gefunden haben. Und wir müssen aufpassen, dass diese Fälle nicht dazu führen, den Eindruck in der Öffentlichkeit zu erwecken, wir könnten eine Zweiklassengesellschaft haben, bei der die einen recht bekommen, die anderen aber nicht. Dieser Eindruck darf sich nicht verfestigen. Das ist für mich etwas anderes, als mich auf die Seite von Herrn Mollath zu stellen.

Ich kann Ihnen aber gerne noch einen anderen Fall erzählen, in dem jemand zweieinhalb Jahre unschuldig in der Forensik einsaß. Jetzt musste er entlassen werden. Solche Fälle gibt es leider. Und solche Fälle muss man sich dann auch genauer ansehen, Frau Justizministerin. Das ist Ihre Pflicht, und man kann nicht so tun, als ob alles bestens wäre. Wir haben auch Zukunftsweisendes gesagt wie auch die SPD und die FREIEN WÄHLER. Wir haben gesagt, wir möchten eine anders gestaltete Justiz, das heißt, eine unabhängige Justiz. Das ist eine grundlegende Forderung - ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen -, die uns ganz einfach von Ihnen unterscheidet.