Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

Zunächst komme ich zu den Verbraucherrechten. Seit Langem fordern wir in mehreren Bereichen bessere Rechtssetzungen. Ich nenne einige Bereiche: Beratungsprovisionen bei Finanzprodukten, Klarstellungen bei der Riesterrente, Lebensmittelkennzeichnung, Begrenzung der Schadstoffe in Spielzeug.

Ich gehe auf drei Bereiche kurz ein. Zuerst komme ich zur Lebensmittelkennzeichnung.

Auf den Lebensmittelverpackungen herrschen, gelinde gesagt, Täuschung und Irreführung vor. Die wichtige Verkehrsbezeichnung ist oft nur in winziger Schrift auf der Rückseite der Verpackung zu finden. Auf der Vorderseite prangen oft irreführende Beschreibungen wie "mit dem Geschmack der Natur". Auf der Rückseite einer solchen Verpackung ist in winziger Schrift unter "Inhaltsstoffe" zu finden: "künstliche Aromastoffe". Dafür gibt es noch viele andere Beispiele.

Solche Verbrauchertäuschungen müssen ein Ende finden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir erwarten, dass sich die Staatsregierung für bessere Kennzeichnung auf Bundes- und EU-Ebene einsetzt, damit sich die Verbraucherin/der Verbraucher mündig entscheiden kann.

Zur Riesterrente. Aufgabe der Verbraucherpolitik ist, Menschen vor unangemessen benachteiligenden Vertragsbedingungen zu schützen und gute Informationen zur Verfügung zu stellen. Zehn Jahre nach Einführung der Riesterrente haben Verbraucherverbände verschiedene Mängel festgestellt und die Politik aufgefordert, auch bei Riesterrenten für besseren Verbraucherschutz zu sorgen. Wir fordern Sie auf, sich für klare, verbraucherfreundliche Regelungen einzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur neuen Spielzeugrichtlinie: Ab 2013 sind in der EU bis zu 22-fach höhere Schadstoffbelastungen zum Beispiel durch Schwermetalle oder aromatisierte Kohlenwasserstoffe möglich, als es die Gesetzgebung in Deutschland bisher erlaubt. Auf den Punkt gebracht heißt das, dass Kinder ab 2013 mit mehr Blei, Quecksilber und Arsen, mit mehr Weichmachern und hormonell wirksamen Stoffen belastet werden dürfen, als es in Deutschland bislang möglich ist.

Die Klage der Bundesregierung wird erst im Jahr 2014 behandelt. Dies ist unverantwortlich, wenn man die Warnungen der Experten, zum Beispiel des Bundesamtes für Risikobewertung, bedenkt. Diese Experten warnen vor den Wirkungen der Schadstoffe schon seit Jahren. Man könnte vielleicht einwenden, hier handle es sich um gesundheitlichen Verbraucherschutz, aber das Dilemma der Aufteilung des Ressorts ist uns heute schon öfter vor Augen geführt worden. Ich erwarte, dass Sie sich zusammen mit dem Gesundheitsminister auf Bundesebene dafür einset

zen, dass wir einen wirksamen Schutz für unsere Kinder bekommen.

Dann zu Verbraucherbildung und -information: Sie sagen richtigerweise, dass gute Gesetze und effektive Rechtssetzung nicht ausreichen, sondern mit guter Verbraucherbildung kombiniert werden müssen. Deshalb muss mehr als bisher bereits in der Schule mit umfangreicher Bildung über die Rechte der Verbraucher begonnen werden. Aber auch in der Erwachsenenbildung und durch Medienarbeit muss Aufklärung geleistet werden.

Dabei geht es einerseits um komplexe Themen, andererseits aber auch um relativ einfache Themen. Ich denke an die vielen verwirrenden Kennzeichnungen und Labels. Beispielsweise ist vielen Verbrauchern der Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum immer noch unklar. Ich habe den Eindruck, dass dies durchaus so gewollt ist, weil es die Umsätze des Lebensmitteleinzelhandels erhöht. Ich sage, das muss sich endlich ändern. Das Verbraucherinformationsportal VIS Bayern ist inzwischen umfangreich gefüllt worden. Frau Stahl hat das auch schon erwähnt. Das ist gut. Unser Antrag auf Information über die Zusammensetzung des Strompreises ist uns als umgesetzt gemeldet worden. Leider ist auf der Website nicht erkennbar, woher die massiven Strompreissteigerungen der letzten zehn Jahre kommen. Es wird nicht gezeigt, dass die immer stärkere Befreiung der Großverbraucher von der EEG-Umlage und der Netzdurchleitungsgebühr auf die Haushalte umgelegt und somit der Strompreis für die normalen Verbraucher verteuert wird. Für den Verbraucher wäre es interessant, zu wissen, dass der Preis an der Strombörse in den letzten vier Jahren stetig gesunken ist. Das wäre wichtig zu wissen. Nicht jeder Anbieter behält die hohen Gewinne ein. Es ist somit sinnvoll, den Anbieter zu wechseln. Solche wichtigen Zusammenhänge müssen dargelegt werden, damit die Verbraucherinnen und der Verbraucher mündig entscheiden können und wir starke Verbraucher bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Verbraucherbildung und Verbraucherinformation können noch so gut sein, sie werden nie die wichtige Arbeit der Verbraucherzentralen überflüssig machen. Frau Dr. Merk, Sie schreiben auf der Website Ihres Ministeriums, Sie würden mit den Verbraucherorganisationen eng zusammenarbeiten und diese fördern. Sie beschreiben diese als wichtige Partner im Verbraucherschutz. Sie haben recht. Jedoch höre ich immer wieder, dass Bürgerinnen und Bürger, die bei den Verbraucherzentralen anrufen, ewig in der Warteschleife hängen oder gar nicht durchkommen. Auf eine E-Mail bekommen sie wochenlang keine Antwort.

Wenn endlich eine Antwort kommt, wird stets die Arbeitsüberlastung als Grund für die verzögerte Antwort angeführt. All die Fragen zu den Meldungen unerlaubter Telefonwerbung, die in der letzten Zeit wieder häufiger auftauchten, zu unlauteren Gewinnversprechen, zur Stromrechnung oder Pestizidbelastung sind umfangreich. Sie haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Viele davon können nicht zeitnah bearbeitet werden. Die Bürger sind in solchen Fällen häufig verzweifelt. Frau Ministerin, wir haben hier einen dringenden Handlungsbedarf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen dringend eine personelle Stärkung der Verbraucherzentralen. Das fordern wir seit vielen Jahren pünktlich zu jeder Haushaltsaufstellung. Jetzt lesen wir endlich, dass Sie mehr Mittel dafür einstellen. Sie haben im Einzelplan 04 für das Jahr 2013 600.000 Euro zusätzlich vorgesehen. Ich frage mich nur, warum Sie bereits im Jahre 2014 die Mehrung wieder auf 400.000 Euro kürzen. Sind zu diesem Zeitpunkt die Verbraucherinnen und Verbraucher schon mündig genug? Oder rechnen Sie bereits damit, dass Sie dann nicht mehr in der Regierung sind? Ich bin der Meinung, in einer komplizierter gewordenen Konsumwelt ist eine qualifizierte und unabhängige Verbraucherberatung unabdingbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da mir keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, darf ich die Aussprache schließen und Frau Staatsministerin Dr. Merk das Wort zu einer zusammenfassenden Stellungnahme erteilen. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nicht auf subjektive Meinungsäußerungen eingehen, die der Oppositionsarbeit geschuldet sind. Das ist sicher nicht sinnvoll. Aber lieber Herr Schindler, lassen Sie mich kurz zu Ihren Äußerungen zur Opferhilfe etwas sagen. Wir werden bereits Ende dieses Jahres in den Topf der Opferhilfe über 100.000 Euro einstellen. Wahrscheinlich haben Sie das Vorblatt zum Gesetz nicht gelesen. Wir werden in Zukunft sicherlich über 100.000 Euro im Jahr für die Opferhilfe zur Verfügung stellen, sodass Sie sich nicht auf 20.000 Euro reduziert. Das ist ein Betrag, mit dem man Gutes leisten kann. Das musste man aus faktischen Gründen noch einmal klarstellen.

Herrn Arnold, der die Ressortierung des Verbraucherschutzes, die Zuteilung zu den Ressorts, angesprochen hat, möchte ich zu bedenken geben: Dafür bin ich nicht zuständig. Vielleicht sollte er seine Kritik an die Ministerpräsidenten Beck und Wowereit weiterlei

ten, die Gleiches getan haben, und zwar erst vor Kurzem. Sie haben den Verbraucherschutz zur Justiz ressortiert. Das wäre das eine Thema. Wenn ich Cookies verbieten würde, würde ich vielen Bürgern die Möglichkeit nehmen, kostenlose Internetseiten in Anspruch zu nehmen, da diese nicht mehr betrieben werden könnten. Das halte ich nicht für den richtigen Weg.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass ich die Behauptung von Frau Stahl, der Strafvollzug schließe nur weg, als unglaublich empfinde. Wenn Sie das zu jemandem sagen, der das Strafvollzugsgesetz, in dem die Sozialtherapie als wichtige Basis eingearbeitet worden ist, auf den Weg gebracht hat, ist die Äußerung nicht adäquat. Wenn Sie mir weiterhin vorwerfen, Sie bekämen von mir keine Information und Aufklärung, frage ich mich, was ich die ganze Zeit im Ausschuss getan habe. Sie reklamieren permanent die unabhängige Justiz. Ich frage mich im Übrigen, ob Sie diese Justiz vom Budgetrecht des Parlaments unabhängig gestalten wollen. Darüber sollte man auch einmal sprechen. Auf der anderen Seite sagen Sie mir, ich solle unliebsame Urteile schlichtweg ignorieren und so handeln, wie es mir oder Ihnen passt. Liebe Frau Stahl, das ist scheinheilig.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Frau Staatsministerin, darf ich Sie noch einmal kurz an das Redepult bitten? Es gibt eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Stahl, die ich übersehen habe. Bitte schön, Frau Stahl.

Sie sehen mich etwas sprachlos. Ich wüsste nicht, warum ausgerechnet ich Ihnen sagen soll, Sie sollen sich nicht an Urteile halten. Ausgerechnet uns, die ständig einfordern, sich in den Grenzen der Verfassung und der bestehenden Gesetze zu bewegen, werfen Sie das vor. Diese Stelle, an der ich das gesagt habe, müssen Sie mir bitte noch einmal zeigen.

Die zeige ich Ihnen.

Sie können nur etwas missverstanden haben. Ich habe den Herrn Ministerpräsidenten angegriffen, der von Frau Ministerin Haderthauer ein Ladenschlussgesetz verlangt. Das habe ich getan. Sie können sagen, Sie hätten sich über eine andere Stelle aufgeregt. Die Forderung, sich nicht an Recht und Gesetz zu halten, haben wir kritisiert. Ich bin jedoch offen für weitere Belehrungen.

Die zweite Geschichte möchte ich auch nicht im Protokoll so stehen lassen. Im Zusammenhang mit dem

Gesagten aus meiner Rede kann man das jedoch gut nachvollziehen. Ein Strafvollzug, der lediglich wegschließt und den Strafgefangenen nur einem kleinen Teil das nötige Rüstzeug zubilligt, um nach der Entlassung nicht mehr rückfällig zu werden, ist problematisch. Wenn Sie sich den Schuh anziehen - bitte schön. Wenn Sie sagen, Sie machten genug, dürfen Sie sich nicht angesprochen fühlen. Den vielen Pressemitteilungen hierzu haben Sie im Übrigen nicht widersprochen. Der Bedarf an Resozialisierungsmaßnahmen und weiteren niedrigschwelligen Maßnahmen ist riesig. Das ging auch durch die Presse. Was daran falsch sein soll, weiß ich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte schön, Frau Ministerin.

Frau Stahl, müssen wir jetzt semantische Übungen machen? Sie sagen, Sie hätten in Ihre Äußerungen nicht die bayerische Justiz eingeschlossen. Vielleicht haben Sie eine andere Justiz gemeint. Ich möchte jetzt kein anderes Land nennen. Das wundert mich ein bisschen.

(Christine Stahl (GRÜNE): Lesen Sie die Stelle!)

Sie sagen, wir sperrten weg, ohne etwas zu tun oder nur für wenige. Das ist ein Thema, zu dem ich sage: Nicht mit uns. Außerdem haben Sie sehr deutlich gesagt, dass Sie sich darüber geärgert hätten, dass eine Entschädigung in einem bestimmten Rechtsstreitverfahren nicht gezahlt worden sei, selbst wenn das Gericht ein anderes Urteil erlassen habe. Das ist meines Erachtens sehr wohl der Hinweis darauf, dass ich das Urteil möglichst zur Seite legen soll und das machen, was Sie oder ich für richtig halten. Wir beide halten jedoch jeweils etwas anderes für richtig.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Damit haben wir tatsächlich Tagesordnungspunkt 1 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 a auf:

Erste Lesungen zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an die federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes (Drs. 16/13756)

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Gesetzes über die Bezüge der Erzbischöfe, Bischöfe und Mitglieder der Domkapitel sowie über die Zuschüsse zum Personalaufwand des Landeskirchenrats (Drs. 16/13835)

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Professorenbesoldung (Drs. 16/13863)

Die Gesetzentwürfe werden nicht beraten, sondern in die federführenden Ausschüsse überwiesen. In der Tagesordnung finden Sie die Ausschüsse, die als federführend für die Beratungen vorgeschlagen werden. Gibt es andere Vorstellungen? - Das ist nicht der Fall. Ich stimme über die Überweisung an die federführenden Ausschüsse ab. Wer dem so zustimmt, bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? - Damit ist das so beschlossen. Die Gesetzentwürfe werden diesen Ausschüssen überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) für ein Kommunales Wahlgesetz und zur Änderung der Bezirksordnung (Drs. 16/13723) - Erste Lesung

Hierzu gibt es eine Begründung des Antragstellers. Bitte schön, Herr Kollege Hanisch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir kommen von der Justiz in die Niederungen der Kommunalpolitik. Wir sind der Auffassung, dass in der Kommunalpolitik einiges geändert gehört. Dazu gehört ganz besonders die Situation der Bezirke. Es geht um die Art der Wahl der Bezirksräte und der Bezirkstagspräsidenten.

Wir wissen, dass die Bezirke kommunale Selbstverwaltungskörperschaften sind. Wir wissen aber auch, dass die Vertretung, nämlich der Bezirkstag, nach ganz anderen Regeln gewählt wird als andere kommunale Gremien. Der Bezirkstagspräsident muss nach unserer Überzeugung nach den gleichen Regeln gewählt werden, nach denen heute Bürgermeister und Landräte gewählt werden. Die Regelungen können nicht an das Landeswahlgesetz angegliedert werden. Insofern sind wir der Auffassung, dass das neu geregelt werden muss, und zwar in einem kommunalen Wahlgesetz, in dem alles geregelt werden soll, was Wahlen auf kommunaler Ebene angeht. Dabei müsste auch die Bezirksordnung geändert werden. Ein Gesetz fällt dabei weg. Es geht also nicht nur um ein neues Gesetz, sondern es geht auch um eine

deutliche Verwaltungsvereinfachung. Dies passt zum Bestreben, zusätzliche Vorschriften abzubauen.