Anne Franke
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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten über den EU-Vorschlag vom 6. Mai. Meines Erachtens ist dieser Vorschlag ein Schlag ins Gesicht für alle Züchter, die sich seit Jahren um mehr Artenvielfalt im Acker-, Obst und Gemüsebau sorgen. Im Falle einer Verabschiedung der Verordnung wären teure europaweite Zulassungsverfahren nötig. Das würde insbesondere die vielen innovativen mittelständischen Zuchtunternehmen schwächen, die sich diese Verfahren nicht werden leisten können. Das können wir nicht zulassen. Das kann nicht in Ihrem Sinne sein. Deshalb fordern wir die Bayerische Staatsregierung auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene für unsere innovativen Zuchtunternehmen einzusetzen.
Stattdessen würde diese neue Verordnung diejenigen Konzerne stärken, die über ein sehr beschränktes Saatgutspektrum verfügen, das allein auf hohen Output gezüchtet ist. Profitieren würden Erzeuger von Hybridsaatgut und diejenigen Unternehmen, die mit Rückendeckung der Kommission globale Märkte bedienen. Sie bieten ein Rundum-Sorglos-Paket mit Saatgutdünger und Pestiziden an. Sie wissen, wir reden von Konzernen wie Monsanto & Co.
Verprellt werden jene, denen es um die Erzeugung regionaler Sorten und um Saatgut für den ökologischen Markt geht. Sie würden in eine Nische gedrängt oder zu Hobbyzüchtern degradiert. Dort gehören sie aber nicht hin. Kleine Erzeuger benötigen den vollen Zugang zum Markt.
Es stellt sich überhaupt die Frage, ob wir ein europaweit geregeltes Saatgutrecht brauchen. Zwar bin ich für die Harmonisierung der Rechtssysteme, also für die Zusammenführung der bestehenden zwölf Saatgutvorschriften, aber die Zentralisierung darf nicht so weit gehen, dass sie die Vielzahl des Saatgutes zerstört. Das möchte ich infrage stellen.
Es geht uns außerdem darum, die Saatgutvielfalt zu erhalten. Das sehen Sie in unserem Antrag. Denn die Saatgutvielfalt ist aufgrund des Vorschlages der Kommission gefährdet. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Staatsregierung auf, für den Fortbestand lokaler, alter und seltener Sorten von Obst und Gemüse und Getreide einzutreten.
Den Anträgen von SPD und FREIEN WÄHLERN stimmen wir zu. Zum CSU-Antrag muss ich sagen: Er geht natürlich in die richtige Richtung; denn er besteht ja größtenteils aus banalen Sätzen. 95 % der Forde
rungen, die darin enthalten sind, sind sowieso schon längst Praxis. Ich nenne nur aus dem Schluss, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht verletzt werden soll, dass die Bürokratie nicht erhöht werden soll, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll. Das alles sind Selbstverständlichkeiten. Da muss man natürlich zustimmen. Es ist aber wirklich nichts Neues.
Ich habe gehofft, dass Sie auch unserem Antrag zustimmen könnten. Sie haben nämlich behauptet: Es geht Ihnen darum, die Saatgutvielfalt zu erhalten. Sie haben aber natürlich wieder Rosinen gefunden, die es in unserem Antrag gar nicht gibt. Deshalb muss man schon bezweifeln, ob es Ihnen wirklich darum geht, die Saatgutvielfalt und auch die kleineren Zuchtbetriebe zu erhalten.
Uns geht es deshalb darum, die Vielfalt zu erhalten, weil wir wissen, dass genetische Einförmigkeit die Verwundbarkeit von Kulturen gegenüber Schädlingen, Pflanzenkrankheiten und Klimawandel erhöht. Das Konzept, um unsere Lebensmittelversorgung zu sichern, muss in der Vielfalt liegen, nicht in der Uniformität.
Vielen Dank, Herr Präsident. − Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Antrag hochgezogen,
weil, seit er in den Ausschüssen behandelt wurde, sich einiges auf EU-Ebene getan hat, sodass er eine neue Brisanz erhalten hat.
Mitte Januar hat die Europäische Behörde für die Lebensmittelsicherheit, die EFSA, ein wissenschaftliches Gutachten veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass neonicotinoide Pflanzenschutzmittel − und dazu gehört Clothianidin − mit großen Risiken für Bienen behaftet sind. Damit wurden viele Beobachtungen und Vermutungen von Imkern bestätigt. Es ist jetzt also bewiesen, dass das weltweit zu beobachtende Bienensterben und ebenso die weltweit zu beobachtende Schwächung der Bienen nicht, wie lange behauptet, nur auf die Varroamilbe zurückgehen. Genau umgedreht wird ein Schuh daraus.
Die Milbe kann nämlich dann besonders wirken, wenn die Bienen durch solche Pestizide, durch Neonicotinoide wie Clothianidin, bereits vorgeschädigt sind. Die Landwirte unter Ihnen wissen, dass Clothianidin eingesetzt wird, um den Drahtwurm zu bekämpfen, und sie wissen, dass dieser besonders stark bei frisch umgebrochenen Feldern auftritt. Damit haben wir auch bereits die Alternativen zu diesem Insektizid, nämlich kein Maisanbau auf frisch umgebrochenen Feldern und mehr Fruchtwechsel. Das sind die Alternativen, und dann brauchen wir kein Clothianidin.
Wir fordern deshalb von der Staatsregierung, dass sie die Landwirte über diese Alternativen berät, zumal am vergangenen Donnerstag der Verbraucherkommissar Borg auf die Studie reagiert und ein Teilverbot für bestimmte Neonicotinoide ab 1. Juli 2013 angekündigt hat. Dieses Verbot soll zunächst für Raps, Mais, Son
nenblumen und Baumwolle gelten, und zwar für zwei Jahre, allerdings noch nicht in diesem Frühjahr.
Jetzt geht Rheinland-Pfalz voran − das ist die nächste Änderung − und will über die Beratung darauf hinwirken, dass diese gefährlichen Wirkstoffe nicht mehr eingesetzt werden. Man will dort also künftig keine Ausnahmegenehmigungen für den Einsatz von Clothianidin im Maisanbau mehr erteilen.
Diesem Beispiel folgend, fordern wir die Staatsregierung auf, für 2013 keine neuen Ausbringungserlaubnisse zu erteilen und deshalb auch beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit keine Sonderzulassungen von Clothianidin für die Ausbringung zu beantragen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf Herrn Kiesel zu sprechen kommen. Er hat im Ausschuss − ich habe das noch einmal nachgelesen − zwei Dinge durcheinandergebracht. Er hat von den Zulassungen gesprochen, die die Hersteller erwirken. Um diese Zulassungen geht es hier nicht. Das wissen Sie, Herr Kiesel, selber genau. Es geht hier um die Sonderzulassungen, die die Bundesländer erwirken müssen, weil Ihre Ministerin Aigner Clothianidin eigentlich verboten hat. Deshalb ist der Einsatz nur über Sonderzulassungen möglich, die dann besonders kontrolliert werden müssen. Das hat Bayern im letzten Jahr erwirkt. Deshalb sage ich: Stehen Sie endlich zu Ihrer Ministerin, halten Sie sich an das Verbot und verlangen Sie keine Sonderzulassungen für Bayern.
In unserem zweiten Spiegelstrich fordern wir, über das Bienenmonitoring zu berichten, wie das schon gemacht wurde. Darüber gab es auch keinen Dissens im Ausschuss. Bis auf die FDP haben alle Parteien zugestimmt. Deshalb gehe ich jetzt nicht weiter darauf ein.
Im dritten Spiegelstrich fordern wir ein Ausbringungskataster für die Jahre 2011 und 2012, weil Clothianidin im Boden besonders langsam abgebaut wird. Daher ist es wichtig zu wissen, wo es ausgebracht wurde, zumal die Landwirte nur bis zu einem Abstand von 60 Metern informiert wurden. Wir alle wissen, dass Bienen etwas weiter fliegen als 60 Meter.
Wir gehen davon aus, dass sich die EU-Mitgliedstaaten für ein zeitnahes Verbot der bienenschädlichen Pflanzenschutzmittel entscheiden werden. Deshalb appelliere ich an die Staatsregierung, sich dort auch im Rahmen der anstehenden Diskussionen für einen Bienenschutz einzusetzen, der diesen Namen auch verdient, und ich appelliere an Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, unserem Antrag unter diesen neuen, veränderten Bedingungen nun endlich zuzustimmen.
Herr Dechant, ich muss sagen, Sie liegen völlig daneben. Unser Spiegelstrich 1 ist völlig korrekt. Frau Brendel-Fischer hat das bestätigt. Sie selbst hat gesagt: Mehrere Bundesländer haben die Sonderzulassung beantragt − so auch Bayern. Es waren das Saarland, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und SchleswigHolstein. Rheinland-Pfalz ist schon ausgetreten. Auch andere Länder werden die Sonderzulassung nicht beantragen.
Allein diese Tatsache macht doch klar, dass die Bundesländer die Sonderzulassung für die Ausbringung von Clothianidin beantragen können. Das ist an hohe Auflagen geknüpft. Diese müssen überwacht werden. Das ist das Prozedere. Genau das haben wir in unserem Spiegelstrich 1 beschrieben. Diesbezüglich sind Sie offenbar völlig falsch informiert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich versuche, ganz kurz ein paar Schlaglichter auf die Themen Ernährung und Wald zu werfen. Wir haben gehört, dass das Schulobstprogramm erfolgreich ist. Wir hoffen, dass das Schulmilchprogramm bald genauso erfolgreich wird. Wir haben gestern von Herrn Hünnerkopf gehört, Schulgärten wären gut. Vielleicht stimmen Sie endlich ein
mal unserem Antrag, den Sie vor Kurzem erst abgelehnt haben, zu, damit Schülerinnen und Schüler endlich einen Bezug zu gesunder Ernährung bekommen. Der Freistaat muss zeigen, dass ihm die gesunde Ernährung seiner Bürgerinnen und Bürger sowie eine nachhaltige Landwirtschaft wichtig sind. Daher muss der Anteil an regionalen und ökologisch erzeugten Produkten in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäusern, Wohnheimen und öffentlichen Kantinen erhöht werden.
Sie haben aber unseren Antrag auf mehr Bio in staatlichen Großkantinen abgelehnt. Wir wollten, dass der Freistaat mit gutem Beispiel vorangeht, aber Sie wollen das offenbar nicht. Es ist bemerkenswert: Herr Brunner, Sie haben gerade in Weilheim eine Fachschule für Biolandbau eingerichtet. Das ist gut, aber es reicht nicht. Biolebensmittel sind in Bayern so gefragt, dass viele Händler auf Importe angewiesen sind. Daher fordern wir, dass das Fach Biolandbau in die Unterrichtspläne aller landwirtschaftlichen Schulen in Bayern eingeführt wird.
Der von Ihnen gesetzte Anteil von 12 % ist zu gering. In Österreich gibt es schon einen Anteil von 20 %, und das wäre in Bayern auch möglich.
Zum Thema Wald: Der bayerische Ministerrat hat im Juni 2009 eine Überprüfung der Forstreform von 2005 beschlossen. Die Gutachter kamen 2010 zu dem Ergebnis, dass die ökonomische Dimension das Tagesgeschäft der bayerischen Staatsforsten dominiert. Im Bericht heißt es weiter:
Die Gewinnabführung des BaySF sollte im Haushalt unter Ergebnisvorbehalt gestellt werden. Längerfristig kann im Mittel eine nachhaltige Abführung in einer Größenordnung zwischen 25 und 30 Millionen Euro jährlich erwartet werden.
Das steht im Bericht. Tatsächlich wurden 2009 aber 35 Millionen Euro an den Freistaat abgeführt, 2010 38 Millionen. Jetzt planen Sie für die kommenden zwei Haushaltsjahre eine jährliche Gewinnabführung in Höhe von 70 Millionen ein.
In der aktuellen Ausgabe der Unternehmenszeitschrift "BaySF-intern" gibt der Vorstand zu bedenken, dass ungeachtet des erfolgreichen Geschäftsjahres ein "Weiter so" in Zukunft nicht möglich sein wird. Herr Brunner, ziehen Sie daraus endlich die Konsequenzen!
Erst vor einigen Wochen haben Sie im Landwirtschaftsausschuss zugeben müssen, dass der Wildverbiss im Bergwald bei Tanne und Edellaubholz noch immer viel zu hoch ist. Auch sieben Jahre nach der Forstreform haben erst 13 der 41 Forstbetriebe ein regionales Naturschutzkonzept.
Im Hinblick auf die im Bayerischen Waldgesetz verankerte vorbildliche Bewirtschaftung im Staatswald gäbe es noch zahlreiche offene Baustellen, bei denen sich Investitionen seitens der bayerischen Staatsforsten nicht nur lohnen würden, sondern zwingend geboten wären.
Ganz kurz noch:
Sie wollen nun wider besseres Wissen im Staatshaushalt die Gewinnablieferung auf jährlich 70 Millionen festschreiben. Wir haben gesagt, 50 Millionen wären im Interesse einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung die höchste Gewinnmarge. Wir lehnen den Einzelplan 08 ab.
Herr Präsident, Frau Ministerin, meine Damen und Herren! Der Einzelplan 04 sollte guten Verbraucherschutz abbilden; er tut es aber nicht. Guter Verbraucherschutz wird in einer komplexer werdenden Waren- und Dienstleistungswelt immer notwendiger. Dafür braucht es eine gute Kennzeichnung der Produkte und verständliche Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dazu benötigen wir eine gute Verbraucherbildung und -aufklärung. Dafür brauchen wir eine gute Kontrolle, und wir brauchen eine Veröffentlichung der Kontrollergebnisse, also Transparenz; denn was nützen die ganzen Kontrollen, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher nichts davon erfahren?
Wir haben es gerade bei Müller-Brot erlebt. Dort wurde zwei Jahre lang immer wieder kontrolliert. Erst die Veröffentlichung der Ergebnisse hat jedoch Bewegung in das System gebracht. Da war es aber leider
zu spät, sowohl bei Müller als auch bei der Großbäckerei Heeg. Seit September haben wir im Verbraucherinformationsgesetz eine neue Regelung. Ab einem Bußgeldbescheid in Höhe von 350 Euro werden die Kontrollergebnisse im Internet veröffentlicht. An dieser Regelung sind aber meines Erachtens zwei Punkte grundlegend falsch:
Erstens. Wer sieht, bevor er zum Einkaufen oder zum Essen geht, im Internet nach, ob der Laden oder die Gaststätte in der langen Liste aufgeführt ist? Unsere Forderung: Die Ergebnisse gehören an die Ladentür, wo sie jeder sehen kann.
Zweitens. Jetzt bleiben die schwarzen Schafe ein halbes Jahr lang im Internet gelistet. Auch wenn sie kurz nach dem Befund die Mängel beseitigt haben, werden sie dort immer noch an den Pranger gestellt. Darüber wird jetzt heftig diskutiert. Dieses An-den-Prangerstellen wollen wir nicht. Wir wollen die Veröffentlichung aller Ergebnisse an der Ladentür mit der Möglichkeit der sofortigen Nachkontrolle. Wenn das Ergebnis gut ist, wird es ebenfalls sofort an die Ladentür geklebt. Damit würden wir schnellstmöglich überall hygienische Zustände erreichen. Das ist der Sinn und Zweck der ganzen Kontrollen.
Dieses Kontrollsystem gibt es zum Beispiel in Dänemark, wo es seit dem Jahr 2001 zunehmend erfolgreich praktiziert wird. 90 % der Betriebe haben dort mittlerweile die beste Kennzeichnung. 28 % der Betriebe haben sogar die Elite-Kennzeichnung. 90 % der Betriebe und 98 % der Verbraucherinnen und Verbraucher sind mit diesem System zufrieden. Ich nenne das ein vorbildliches System.
Frau Dr. Merk, in Ihrer vor zwei Monaten abgegebenen Regierungserklärung sagten Sie richtigerweise, dass gute Gesetze und eine effektive Rechtsdurchsetzung nicht ausreichen, sondern mit einer guten Verbraucherbildung kombiniert werden müssen. Genau deshalb brauchen wir bereits in der Schule eine umfangreiche Bildung über die Rechte der Verbraucher. Diese Bildung muss in der Erwachsenenbildung und in der Medienarbeit fortgesetzt werden. Hier muss es sowohl um komplexe als auch um einfache Themen gehen, zum Beispiel um die verwirrenden Kennzeichnungen und Labels, aber auch um den Unterschied zwischen dem Mindesthaltbarkeitsdatum und dem Verbrauchsdatum.
Das Verbraucherinformationsportal ist mittlerweile mit sehr wichtigen Inhalten gefüllt. Allerdings fehlt auch noch sehr viel. So sind etwa Zusammenhänge nicht
erkennbar. Wir haben zum Beispiel gefordert, dass bei den Strompreisen erkennbar sein muss, woher die Steigerungen der letzten zehn Jahre kommen und was der Verbraucher dagegen tun kann. Diese Zusammenhänge sind noch immer nicht erkennbar. Verbraucherbildung und −information werden aber nie die wichtige Arbeit der Verbraucherzentralen überflüssig machen. Sie haben das erkannt und haben hier aufgestockt, was dringend notwendig war; denn wir hören immer wieder, dass Bürgerinnen und Bürger, die bei den Verbraucherzentralen anrufen, ewig in der Warteschleife hängen. Sie kommen nicht durch und erhalten auch auf Mails wochenlang keine Antwort. Wenn endlich eine Antwort kommt, wird als Grund für die Verspätung die Arbeitsüberlastung angegeben.
Die Fragen der Verbraucherinnen und Verbraucher werden immer umfangreicher. Hier geht es beispielsweise um Pestizidbelastungen, um Telefonwerbung und -
Es geht auch um Gewinnversprechen. Alle diese Fragen werden oft lange Zeit nicht beantwortet. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf. Wir fragen uns, warum Sie die jetzt vorgenommenen Erhöhungen im Jahr 2014 gleich wieder kürzen wollen. Im Jahr 2014 wollen Sie die Mehrung auf 400.000 Euro zurücknehmen.
Ich hätte jetzt noch einen Punkt, passend zur Weihnachtszeit: Schadstoffe im Spielzeug.
Leider muss ich diesen Punkt jetzt weglassen, da meine Redezeit zu Ende ist, obwohl es auch hier einen dringenden Handlungsbedarf gäbe. - Wir lehnen den Einzelplan 04 ab.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, meine Damen und Herren! Beim Thema Gentechnik - das haben wir eben wieder gehört legen Sie, die Regierungskoalition und die Staatsregierung, genauso wie bei den Studiengebühren, beim Donauausbau und bei Griechenland ein absolut widersprüchliches Verhalten an den Tag. Sie reden mit gespaltener Zunge - hier anders als dort.
Für den Machterhalt scheint Ihnen jedes Mittel recht. Sie wissen, dass 80 % der Bevölkerung die AgroGentechnik ablehnen. In diesem Sinne - das hat Herr Dr. Herz eben erwähnt - hat Minister Söder im
Mai 2011 eine Auszeichnung für gentechnikfreie Kommunen installiert. Ich zitiere aus der Presse aus dem Jahr 2011:
Söder sieht die heutige Auszeichnung als einen wichtigen Schritt für ein Bayern ohne Gentechnikpflanzen. Die Kommunen bekommen eine Urkunde sowie ein Emaille-Schild, mit dem die gentechnikfreie Bewegung verstärkt wahrgenommen werden soll.
Ganz deutlich: Ihnen geht es um die Wahrnehmung draußen. Draußen soll vermittelt werden, Sie seien gegen Gentechnik. Im Landtag sieht das Ganze schon wieder anders aus. Im Landtag verweigern Sie die Zustimmung zu unseren Anträgen, mit denen wir Gentechnikfreiheit fordern, insbesondere die Gentechnikfreiheit auf dem Acker.
Im März 2011 haben wir GRÜNE bereits einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, mit dem wir wie die SPD gefordert haben, dass Bayern dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beitritt. Der Antrag wurde natürlich abgelehnt. Er wurde ebenfalls in den Ausschüssen abgelehnt und wird heute wahrscheinlich erneut abgelehnt.
Warum ist es uns so wichtig, dem Netzwerk beizutreten? Wir meinen, mit dem Beitritt zum Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen hätte Bayern endlich eine starke Stimme in Brüssel. Das wollen Sie jedoch offenbar ausdrücklich nicht. In Brüssel, dort, wo es keiner sieht und hört, enthält sich Deutschland der Stimme in den Ausschusssitzungen, wenn es um die Zulassung von Gentechniklebensmitteln, Gentechnikfuttermitteln sowie neuer GVO-Pflanzen geht.
- Das machen wir am Schluss.
So ist es gerade wieder bei der Zulassung des GVOMais MIR 162 passiert. Jetzt stehen 35 GVO-Zulassungen in Brüssel an. Sie sind sozusagen in der Pipeline. Dort, in Brüssel, können Sie zeigen, dass Sie gegen Agro-Gentechnik sind. Äußern Sie sich dort mit Ministerin Aigner klar gegen Gentechnik. Treten Sie dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen bei, damit wir zusammen mit den gleichgesinnten Regionen endlich eine starke Stimme in Brüssel bekommen.
Über 50 gentechnikfreie Regionen gibt es inzwischen in Europa. In Deutschland sind es die Bundesländer Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und seit Kurzem Baden-Württemberg. Daneben exis
tieren - das haben wir gehört - eine ganze Reihe kleinerer gentechnikfreier Regionen: 210 in Deutschland und 58 in Bayern. Rund 19.000 Landwirte bestellen in Bayern eine Fläche von ungefähr 550.000 Hektar GVO-frei. Für die Gründung von Bündnissen für eine gentechnikfreie Region schließen sich in vielen Regionen Bayerns bereits verschiedene Verbände, Firmen, Personen, Vereine sowie Verbraucher, Direktvermarkter Umweltschützer, Hersteller und Händler von Lebensmitteln auf eigene Initiative zusammen. Aber Sie lehnen den Antrag natürlich wieder ab.
Im Moment gibt es hochaktuell einen erneuten Angriff auf die Gentechnikfreiheit. Die EU-Kommission will das Honig-Urteil der Europa-Richter aushebeln. Die EU-Kommission möchte nun in der neuen HonigRichtlinie festschreiben, dass Pollen keine Zutat, sondern ein natürlicher Bestandteil des Honigs sind. Meine Damen und Herren, das ist ein neuer Trick, um Gentechnik im Honig nicht ausweisen zu müssen.
Es darf und kann nicht sein, dass Verbraucher und Imker Gentechnik im Honig dulden müssen. Vorletzte Woche haben wir einen Antrag eingereicht, mit dem wir die Staatsregierung aufgefordert haben, sich auf allen Ebenen aktiv dafür einzusetzen, dass die EUHonig-Richtlinie unangetastet bleibt, um eine Verunreinigung des Honigs mit gentechnisch veränderten Pollen zu verhindern.
Angesichts der immer wiederkehrenden Eingriffe in die Gentechnikfreiheit muss Bayern, wenn Sie es halbwegs ernst meinen, dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beitreten, um in Brüssel eine starke Stimme gegen die großen Gentechniklobbyisten zu haben und um Imker und Verbraucherinnen und Verbraucher vor unerwünschter Gentechnik in den Lebensmitteln und auf dem Acker zu schützen.
Herr Pachner, obwohl wir 700.000 Tonnen Futtermittel importieren, können wir durchaus dem Netzwerk beitreten. Das ist kein Widerspruch, wenn wir die Gentechnikfreiheit langfristig erreichen wollen. Das würden wir damit zeigen.
Herr Pachner, ich habe das schon gesagt, als ich Sie hier stehen sah. Ich habe Ihre Frage eigentlich schon beantwortet. Wenn man will, kann man seinen Willen auch zeigen. Man kann zeigen, dass man langfristig die Gentechnikfreiheit erreichen und von den gentechnisch veränderten Organismen in den Futtermitteln wegkommen möchte. Mit der Eiweißstrategie haben wir Ansätze, eigenes Futtermittel zu erzeugen, sodass wir keine GVO-Futtermittel aus Argentinien, Brasilien usw. importieren müssten. Wir hätten diese Möglichkeit. Sie wollen aber offenbar nicht.
Lieber Herr Dr. Bertermann, es ist haarsträubend, wenn Sie behaupten, die Gentechnik helfe gegen den Hunger. Das Gegenteil ist der Fall; das wissen Sie selbst.
Sie haben gerade Indien erwähnt. Aus Indien wissen wir, dass die Selbstmorde von Bauern zugenommen haben. Dort hat auch der Hunger zugenommen. Die Bauern in Indien sind von den GVO-Großkonzernen abhängig, die das Saatgut herstellen. Sie müssen ihr Saatgut von diesen großen Konzernen kaufen. Wenn das Klima einmal nicht so günstig ist, haben sie schlechte Ernten und können nicht einmal das Saatgut bezahlen.
Der Agrarbericht hat gezeigt, dass etwas anderes notwendig ist, um den Hunger zu besiegen, nämlich Ernährungssouveränität. Die Bauern müssen sich selbst ernähren können und dafür genügend erwirtschaften. Es kann nicht Ziel sein, dass nur die großen Konzerne noch mehr Reibach machen. Ernährungssouveränität kann man nur durch der jeweiligen Landschaft und dem Klima angepasste Arbeitsweise erreichen, nicht durch Gentechnik.
Herr Präsident, Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Als Sprecherin für Verbraucherschutz spreche ich den Bereich der Verbraucherpolitik in Ihrer Regierungserklärung an. Dabei möchte ich die Worte meiner Kollegin Stahl ergänzen.
Zur Verbraucherpolitik gehören, wie Sie es auch selbst sagen, neben den Verbraucherrechten, auf die Sie auf Bundesebene Einfluss nehmen, Verbraucheraufklärung und -bildung.
Zunächst komme ich zu den Verbraucherrechten. Seit Langem fordern wir in mehreren Bereichen bessere Rechtssetzungen. Ich nenne einige Bereiche: Beratungsprovisionen bei Finanzprodukten, Klarstellungen bei der Riesterrente, Lebensmittelkennzeichnung, Begrenzung der Schadstoffe in Spielzeug.
Ich gehe auf drei Bereiche kurz ein. Zuerst komme ich zur Lebensmittelkennzeichnung.
Auf den Lebensmittelverpackungen herrschen, gelinde gesagt, Täuschung und Irreführung vor. Die wichtige Verkehrsbezeichnung ist oft nur in winziger Schrift auf der Rückseite der Verpackung zu finden. Auf der Vorderseite prangen oft irreführende Beschreibungen wie "mit dem Geschmack der Natur". Auf der Rückseite einer solchen Verpackung ist in winziger Schrift unter "Inhaltsstoffe" zu finden: "künstliche Aromastoffe". Dafür gibt es noch viele andere Beispiele.
Solche Verbrauchertäuschungen müssen ein Ende finden.
Wir erwarten, dass sich die Staatsregierung für bessere Kennzeichnung auf Bundes- und EU-Ebene einsetzt, damit sich die Verbraucherin/der Verbraucher mündig entscheiden kann.
Zur Riesterrente. Aufgabe der Verbraucherpolitik ist, Menschen vor unangemessen benachteiligenden Vertragsbedingungen zu schützen und gute Informationen zur Verfügung zu stellen. Zehn Jahre nach Einführung der Riesterrente haben Verbraucherverbände verschiedene Mängel festgestellt und die Politik aufgefordert, auch bei Riesterrenten für besseren Verbraucherschutz zu sorgen. Wir fordern Sie auf, sich für klare, verbraucherfreundliche Regelungen einzusetzen.
Zur neuen Spielzeugrichtlinie: Ab 2013 sind in der EU bis zu 22-fach höhere Schadstoffbelastungen zum Beispiel durch Schwermetalle oder aromatisierte Kohlenwasserstoffe möglich, als es die Gesetzgebung in Deutschland bisher erlaubt. Auf den Punkt gebracht heißt das, dass Kinder ab 2013 mit mehr Blei, Quecksilber und Arsen, mit mehr Weichmachern und hormonell wirksamen Stoffen belastet werden dürfen, als es in Deutschland bislang möglich ist.
Die Klage der Bundesregierung wird erst im Jahr 2014 behandelt. Dies ist unverantwortlich, wenn man die Warnungen der Experten, zum Beispiel des Bundesamtes für Risikobewertung, bedenkt. Diese Experten warnen vor den Wirkungen der Schadstoffe schon seit Jahren. Man könnte vielleicht einwenden, hier handle es sich um gesundheitlichen Verbraucherschutz, aber das Dilemma der Aufteilung des Ressorts ist uns heute schon öfter vor Augen geführt worden. Ich erwarte, dass Sie sich zusammen mit dem Gesundheitsminister auf Bundesebene dafür einset
zen, dass wir einen wirksamen Schutz für unsere Kinder bekommen.
Dann zu Verbraucherbildung und -information: Sie sagen richtigerweise, dass gute Gesetze und effektive Rechtssetzung nicht ausreichen, sondern mit guter Verbraucherbildung kombiniert werden müssen. Deshalb muss mehr als bisher bereits in der Schule mit umfangreicher Bildung über die Rechte der Verbraucher begonnen werden. Aber auch in der Erwachsenenbildung und durch Medienarbeit muss Aufklärung geleistet werden.
Dabei geht es einerseits um komplexe Themen, andererseits aber auch um relativ einfache Themen. Ich denke an die vielen verwirrenden Kennzeichnungen und Labels. Beispielsweise ist vielen Verbrauchern der Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum immer noch unklar. Ich habe den Eindruck, dass dies durchaus so gewollt ist, weil es die Umsätze des Lebensmitteleinzelhandels erhöht. Ich sage, das muss sich endlich ändern. Das Verbraucherinformationsportal VIS Bayern ist inzwischen umfangreich gefüllt worden. Frau Stahl hat das auch schon erwähnt. Das ist gut. Unser Antrag auf Information über die Zusammensetzung des Strompreises ist uns als umgesetzt gemeldet worden. Leider ist auf der Website nicht erkennbar, woher die massiven Strompreissteigerungen der letzten zehn Jahre kommen. Es wird nicht gezeigt, dass die immer stärkere Befreiung der Großverbraucher von der EEG-Umlage und der Netzdurchleitungsgebühr auf die Haushalte umgelegt und somit der Strompreis für die normalen Verbraucher verteuert wird. Für den Verbraucher wäre es interessant, zu wissen, dass der Preis an der Strombörse in den letzten vier Jahren stetig gesunken ist. Das wäre wichtig zu wissen. Nicht jeder Anbieter behält die hohen Gewinne ein. Es ist somit sinnvoll, den Anbieter zu wechseln. Solche wichtigen Zusammenhänge müssen dargelegt werden, damit die Verbraucherinnen und der Verbraucher mündig entscheiden können und wir starke Verbraucher bekommen.
Verbraucherbildung und Verbraucherinformation können noch so gut sein, sie werden nie die wichtige Arbeit der Verbraucherzentralen überflüssig machen. Frau Dr. Merk, Sie schreiben auf der Website Ihres Ministeriums, Sie würden mit den Verbraucherorganisationen eng zusammenarbeiten und diese fördern. Sie beschreiben diese als wichtige Partner im Verbraucherschutz. Sie haben recht. Jedoch höre ich immer wieder, dass Bürgerinnen und Bürger, die bei den Verbraucherzentralen anrufen, ewig in der Warteschleife hängen oder gar nicht durchkommen. Auf eine E-Mail bekommen sie wochenlang keine Antwort.
Wenn endlich eine Antwort kommt, wird stets die Arbeitsüberlastung als Grund für die verzögerte Antwort angeführt. All die Fragen zu den Meldungen unerlaubter Telefonwerbung, die in der letzten Zeit wieder häufiger auftauchten, zu unlauteren Gewinnversprechen, zur Stromrechnung oder Pestizidbelastung sind umfangreich. Sie haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Viele davon können nicht zeitnah bearbeitet werden. Die Bürger sind in solchen Fällen häufig verzweifelt. Frau Ministerin, wir haben hier einen dringenden Handlungsbedarf.
Wir brauchen dringend eine personelle Stärkung der Verbraucherzentralen. Das fordern wir seit vielen Jahren pünktlich zu jeder Haushaltsaufstellung. Jetzt lesen wir endlich, dass Sie mehr Mittel dafür einstellen. Sie haben im Einzelplan 04 für das Jahr 2013 600.000 Euro zusätzlich vorgesehen. Ich frage mich nur, warum Sie bereits im Jahre 2014 die Mehrung wieder auf 400.000 Euro kürzen. Sind zu diesem Zeitpunkt die Verbraucherinnen und Verbraucher schon mündig genug? Oder rechnen Sie bereits damit, dass Sie dann nicht mehr in der Regierung sind? Ich bin der Meinung, in einer komplizierter gewordenen Konsumwelt ist eine qualifizierte und unabhängige Verbraucherberatung unabdingbar.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich auf das Phänomen zu sprechen komme, dass die Koalitionsfraktionen einen fast identischen Antrag unserem Dringlichkeitsantrag nachgezogen haben, möchte ich erst einmal etwas zur Sachlage sagen.
- Gut, Sie haben ihn eingereicht, aber er ist doch identisch, und dabei bleibt es.
- Das freut uns sehr.
EU-Verbraucherschutz-Kommissar Dalli plant, Verschmutzungen mit in der EU nicht zugelassenen genmanipulierten Bestandteilen bis zu 0,1 % zu legalisieren. Um dieses Problem geht es jetzt. Die jetzt geltende Nulltoleranz soll also auf Druck der Ernährungs- und Agrarindustrie aufgehoben werden. Die Wahlfreiheit für Lebensmittel ohne Gentechnik wäre damit ausgehebelt, und zwar noch stärker, als sie es bereits ist. Es besteht nämlich schon jetzt die Möglichkeit einer Verunreinigung bis zu 0,9 % mit zugelassenen gentechnischen Bestandteilen. Gentechnische Verunreinigungen müssten also auch weiterhin nicht gekennzeichnet werden. Auch Nahrungsmittel mit nicht zugelassenen Bestandteilen wären nicht gekennzeichnet. Das ist ein nicht hinnehmbarer Angriff auf die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die Aufhebung der Nulltoleranz würde bedeuten, dass Verunreinigungen mit GVO, die keine abschließenden Sicherheitsprüfungen in der EU durchlaufen haben, bis zu 0,1 % in der Nahrungskette legalisiert würden. Ein solches neues, zusätzliches Risiko wäre ein Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip der EU-Gentechnikgesetzgebung.
Wir können beobachten, dass es immer mehr Lebensmittelunverträglichkeiten gibt.
Es gibt Chemikalienunverträglichkeiten. Allergien nehmen zu. Deshalb können wir es nicht hinnehmen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher immer noch weniger Wahlfreiheit haben. Wir brauchen einen Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Im vergangenen Jahr wurde eine Verschmutzungstoleranz für GVO von 0,1 % in Futtermitteln zugelassen. Viele Ölmühlen stellen neben Futtermitteln auch Nahrungsmittel her, so zum Beispiel Sojalecithin oder Sojaöl. Von diesen Betrieben kommt jetzt der Druck. Sie sagen, es wäre nicht möglich, zwischen den Produkten zu trennen. Das ist auch die Aussage der FDP auf Bundesebene. Technisch wäre es nicht machbar, zu trennen. Man müsse sich den Gegebenheiten der Praxis anpassen und ihnen Rechnung tragen. Wir können uns vorstellen, wohin es führt, wenn wir mit solchen Verunreinigungen und solchen Unsauberkeiten weitermachen. Die Produktion von gentechnikfreien und ökologischen Lebensmitteln würde deutlich erschwert und aufgrund zusätzlicher Kontroll- und Analysekosten stark verteuert.
Deshalb begrüßen wir ausdrücklich das Engagement von Frau Aigner, die erstaunlicherweise angekündigt hat, sich für die Nulltoleranz einzusetzen. Wir befürchten allerdings, dass der Vorstoß von Frau Aigner von anderen Versäumnissen im Umgang mit der grünen Gentechnik ablenken soll und wieder nicht durchgehalten werden wird, wie wir es schon so oft erfahren mussten. Frau Aigner ist schon oft in Brüssel umgefallen. Sie hat zwar hier im Lande die Gentechnik-Gegnerin gemimt, in Brüssel aber, wo es keiner gesehen hat, für die Gentechnik gestimmt. Gerade am Montag gab es wegen des Widerstands Deutschlands und dreier weiterer Mitgliedstaaten wieder keine Einigung
zum Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft, mit dem nationale Anbauverbote für GentechnikPflanzen erleichtert und die europäische Zulassung für GVOs verschärft werden sollten. Auch hier hat Frau Aigner der Gentechnik das Wort geredet und die Verschärfung verhindert.
Unser Ziel muss es sein, weitere EU-Staaten für die Aufrechterhaltung der Nulltoleranz zu gewinnen. Sie müssen mit uns in dieser Richtung zusammenarbeiten, wenn Sie glaubwürdig sein wollen. Nur so kann das Vorhaben der EU-Kommission gestoppt und die Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten werden. Deshalb fordern wir die Bayerische Staatsregierung auf: Unterstützen Sie das Ansinnen von Frau Aigner. Bleiben Sie dabei. Setzen Sie sich in Berlin und in Brüssel mit Nachdruck gegen die Pläne der EU-Kommission ein. Helfen Sie Frau Aigner, damit sie nicht wieder umfällt.
Wenn sich die Staatsregierung gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Bayern ausspricht, wie das Herr Dr. Söder und Herr Seehofer getan haben, muss sie die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher ernst nehmen und einen Verschmutzungsgrenzwert ablehnen. Sonst steht ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.
Meine Damen und Herren, wir erleben heute das Phänomen, dass unser grüner Dringlichkeitsantrag fast wortgleich von CSU und FDP - ich erspare mir jetzt das Wort "kopiert" und sage einfach neutral - "eingebracht" wurde.
- Genau, geguttenbergert. Aber ich sage ja nichts.
Wir alle, die CSU, die FDP, wir GRÜNE, die SPD und die FREIEN WÄHLER wollen heute gemeinsam dafür stimmen, dass die Null-Toleranz für nicht zugelassene Gentechnik in Lebensmitteln beibehalten wird. Mir kommt das vor wie Weihnachten im Sommer. Diesen Beschluss fassen wir allerdings gegen die CDU und die FDP auf Bundesebene. Die agrarpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Frau Dr. Christel Happach-Kasan, hat Frau Aigner vorgestern noch vorgeworfen, damit allein CSU-internen Interessen zu dienen. Herr Dr. Rösler hat erklärt, man dürfe sich der Gentechnik doch nicht verschließen. Herr Goldmann von der FDP, Vorsitzender des Agrarausschusses, sieht den Dunst des bayerischen Vorwahlkampfs heraufziehen und bezeichnet die Nulltoleranz als rein politisch-populistischen Wert.
Ich frage Sie: Was ist mit der bayerischen FDP gestern Nachmittag passiert? Im Landwirtschaftsausschuss bekomme ich aus dem Mund von Herrn Dechant immer zu hören, dass wir die Gentechnik dringend bräuchten. Wir müssten gentechnische Forschungen und - Herr Dechant, hören Sie zu - Freisetzungen zulassen und dürften dies auf keinen Fall behindern. Haben Sie gestern Nachmittag eine Gehirnwäsche durchgemacht, oder was war da los? Oder sind es nur Wahlkampfvorboten, die Sie zu diesen Flötentönen bringen?
Trösten Sie sich: Die 80 % der Verbraucherinnen und Verbraucher, die die Gentechnik in Lebensmitteln ablehnen, nehmen Ihnen dieses falsche Gesäusel sowieso nicht ab. Nicht nur ich, sondern viele andere Menschen in Bayern erinnern sich an Ihre Sprüche. Vor zwei Wochen noch haben Sie meinen Antrag auf gentechnikfreie Fütterung auf staatseigenen Gütern mit der Begründung abgelehnt, es gebe in Bayern nicht genügend gentechnikfreie Futtermittel.
- Das ist lächerlich angesichts der geringen Zahl staatlicher Güter. Allein die Güter, die Herr Brunner in Brasilien geordert hat, und das, was er mit der Eiweiß-Strategie erreichen will, würde 100-mal reichen, um die staatlichen Güter zu versorgen. Es gäbe sogar für alle Tierhalter in Bayern genügend gentechnikfreie Futtermittel. Diese Futtermittel bekommen sie an vier Hafenplätzen von über 100 Futtermittelhändlern. Das wissen Sie genau.
Trotzdem haben die FDP und die CSU dagegengestimmt.
Uns geht es um die generelle Gentechnikfreiheit. Ich habe von Ihnen immer gehört, dass Sie für die Gentechnik sind. Ebenfalls vor zwei Wochen haben wir einen Antrag gestellt, mit dem wir erreichen wollten, dass Gentechnikfreiheit als Merkmal für das Siegel "Geprüfte Qualität - Bayern" aufgenommen wird. Sie waren der Meinung, das würde nicht gehen, weil da die Bauern nicht mitmachen würden. Obwohl dieses Siegel mit Millionen Euro beworben wird, meinten Sie, das gehe nicht, der Verbraucher brauche das nicht. Wir sind der Meinung: "Geprüfte Qualität - Bayern" muss Gentechnikfreiheit beinhalten.
Sie fahren einen Zickzack-Kurs. Was Sie machen, ist eine reine Verbraucher- und Wählertäuschung. Offenbar sagt nicht nur Herr Seehofer einmal Hü und einmal Hott. Dieses Verhalten hat sich anscheinend auf die ganze Koalition aus CSU und FDP übertragen. Wir wollen genau wissen, wie Sie stimmen, und haben deshalb eine namentliche Abstimmung beantragt.
In zwei Wochen - Anfang Juli - können Sie Ihren Standpunkt wieder beweisen. Dann stehen in der EU neue Zulassungen für Gen-Mais, Gen-Soja und GenZuckerrüben an. Wir sind gespannt, wie Sie sich hierzu verhalten werden. Wir freuen uns aber heute erst einmal darüber, dass Sie unserem Dringlichkeitsantrag zustimmen werden. Das hätten wir gestern noch nicht gedacht.
Herr Steiner, Sie wissen genau, dass wir seit ewigen Zeiten gegen die grüne Gentechnik kämpfen, die Wahlfreiheit erhalten wollen und für die Kennzeichnung eintreten. In Ihrem Dringlichkeitsantrag ist die Formulierung merkwürdig, wonach Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Substanzen enthalten, zu kennzeichnen seien. Dann müssen Sie die 0,9 %, die erlaubt, aber immer noch nicht gekennzeichnet sind, zunächst einmal kennzeichnen. Hierzu habe ich von Ihnen überhaupt noch keine Aktivität erlebt. Wir unterstützen diesen wunderbaren Satz von Ihnen. Ich möchte aber erst einmal von Ihnen Aktivitäten sehen.
Herr Dechant, Sie haben eben gesagt, Sie hätten die Nulltoleranz immer schon verteidigt. Ich frage mich aber: Was war letztes Jahr, als es um die Aufhebung der Nulltoleranz bei Futtermitteln ging? Damals haben Sie gegen unseren Antrag gestimmt. Sie haben doch für die Aufhebung der Nulltoleranz gestimmt. Hat sich das innerhalb eines Jahres anscheinend doch so sehr geändert?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Brunner, Sie haben in der Regierungserklärung immer wieder gesagt, Sie wollten die bäuerliche Landwirtschaft erhalten. Im Titel Ihrer Regierungserklärung heißt es unter anderem auch "bäuerlich bleiben". Zum Schluss haben Sie gesagt, die Bauern und ihre Familien seien und blieben die Seele, das Herz und das Hirn unseres Landes. Genau das wollen wir auch.
Da muss ich aber auch ein ganz bitteres Kapitel ansprechen, nämlich das Sterben der Bauernhöfe. Dieses Höfesterben dauert bereits seit 60 Jahren an. Ein Ende ist nicht in Sicht, auch nicht aufgrund Ihrer Erklärungen und Ihrer Politik. Ich frage: Was bedeutet es, dass immer wieder Höfe schließen müssen? Was bedeutet das für die Menschen auf dem Land, für die Natur und für unsere bayerische Landschaft? Das zieht nicht nur eine Änderung der Kulturlandschaft nach sich, sondern das bedeutet auch den Wegfall von großer Lebensqualität für viele Bäuerinnen und Bauern, die gut und gerne in einem selbstständigen
und vielseitigen Beruf arbeiten, die in der Natur und mit Tieren arbeiten. Das bedeutet den Wegfall von Lebensqualität für ganze Familien. Die Hofaufgabe oder auch nur die Notwendigkeit hinzuzuverdienen, also der Nebenerwerb - momentan sind schon über 50 % der Höfe Nebenerwerbshöfe - bedeutet meist für mindestens ein Familienmitglied, dass es täglich pendeln muss; bei der Hofaufgabe sind es meistens mehr als ein Pendler. Das bedeutet eine Zunahme von Verkehr; das bedeutet, dass Familienverbände zerrissen werden. Wenn das so weitergeht, ist tagsüber bald niemand mehr auf dem Land. Dann darf es tagsüber auch nicht brennen, weil von der freiwilligen Feuerwehr keiner da ist, und das Vereins- und Dorfleben verödet zunehmend.
Wie sieht die andere Seite aus? - Es gibt Investitionsförderungen für größere Ställe und die Empfehlungen der Landwirtschaftsämter nach dem Motto "Wachse oder weiche". Das ist Ihre Politik; das muss man so sagen.
All das führt zu immer größeren Ställen mit nicht länger, wie früher üblich, 20 oder 40 Kühen, nein, jetzt hat man 100 oder 200 Kühe, ja sogar 500 Kühe sind mittlerweile angesagt. Die kann niemand mehr auf die Weide treiben. Junge Bauern verschulden sich in schwindelerregender Höhe. Ich habe neulich mit einem 24 Jahre alten Bauern gesprochen, der eine Million Euro Schulden hat. Es ist anzunehmen, dass der Milchpreis beim Auslaufen der Quote 2015 sinkt. Dann kommt die Bank und kauft den Hof, und wieder gibt es einen Bauernhof weniger. Das nennt man dann Strukturwandel.
Meine Damen und Herren, das sind ganz entschieden falsche Anreize. Das sind unverantwortliche Empfehlungen, und davon müssen wir wegkommen.
Lieber Herr Minister, meine Damen und Herren, jetzt ist die Phase, in der die künftigen Agrarsubventionen bis 2020 auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene heiß diskutiert werden. Wir haben es vorher schon gehört, es geht zum Beispiel um Greening, Kappung und so weiter. Wir hören von den Bauern und Bäuerinnen immer wieder, dass sie am liebsten auf die Förderung ganz verzichten würden, wenn sie vernünftige Marktpreise für ihre guten Produkte erzielen könnten. Ich sage "erzielen könnten"; denn der Markt wird von den großen Playern beherrscht, die immer wieder Dumpingpreise durchsetzen. Weil der Markt nicht ausreichend funktioniert, brauchen wir, um die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten und eine umwelt-, tier- und menschengerechte Landwirtschaft zu fördern, Förder
gelder, die nicht wie bisher eine Agrarindustrie unterstützen, die seit 60 Jahren Chemikalien aller Art auf das Land ausbringt und damit Flüsse, Trinkwasser und Luft belastet, die langfristig auch die Bodenfruchtbarkeit verringert und fossile Ressourcen verschwendet, weil sie auf Erdöl basiert. Es sind übrigens nicht die Bäuerinnen und Bauern, die sich damit eine goldene Nase verdienen, nein, es sind allein die großen Chemie- und Biotech-Konzerne, die mit dieser Art von Landwirtschaft den großen Reibach machen.
Genau diese werden durch die bisherige gemeinsame Agrarpolitik gefördert. Diese Förderung hat in der Bevölkerung keine Akzeptanz mehr.
Die neue GAP - die Gemeinsame Agrarpolitik -, die wir jetzt diskutieren, muss hier radikale Änderungen bringen, sonst ist es 2020 zu spät. Nicht die Agrarindustrie, sondern die bäuerliche Landwirtschaft muss gefördert werden, eine Landwirtschaft, die gesunde Nahrungsmittel produziert, die in erster Linie regional vermarktet werden. Wir dürfen nicht die Produktion für den Weltmarkt fördern, mit der die Märkte aufstrebender afrikanischer und asiatischer Länder ruiniert werden.
Grundlegend ist festzustellen: Wir wollen nicht diejenigen fördern, die ohnehin schon viel haben. Jetzt ist es so: Wer die meiste Fläche hat, bekommt die meiste Förderung. Professor Heißenhuber, der an der TU Weihenstephan für Agrarförderung zuständig ist - Sie kennen ihn alle -, hat zu mir gesagt: Die Wissenschaft weiß längst, dass die Förderung nach Hektarzahlen völlig falsche Weichen stellt. Das ist also ein falsches Förderkriterium. Die Direktzahlungen nach Hektaranzahl erhöhen den Druck auf die Fläche; davon haben wir heute schon sehr viel gehört. Als Stichworte nenne ich Baumaßnahmen, Ausgleichsflächen usw.
Die Flächenförderung verstärkt auch die Rationalisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft, und das kommt hinzu - sie ist äußerst ungerecht. Ein großer Ackerbauer mit 500 ha bekommt am Tag 865 Euro, ein Milchbauer mit 20 ha und 25 Kühen bekommt gerade mal 27 Euro pro Tag. 865 Euro erhält der eine Betrieb und 27 Euro der andere.
- Die Degression wäre beim Arbeitsbedarf drin, darauf komme ich gleich zu sprechen. Da hilft auch die vorgeschlagene Deckelung oder Kappung nicht, in der auch der Aspekt der Arbeit enthalten ist. Wir brauchen aber einen grundlegenden Wechsel von der Fläche
hin zum Arbeitsbedarf; denn mit der Arbeit bleiben die Menschen auf dem Land, und hier geht es um Menschen. Das hat Herr Brunner gerade so schön klargemacht. Es geht darum, nicht dem Götzen Rationalisierung weiter hinterherzurennen, sondern eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, die für Mensch, Tier, Natur und Klima zuträglich ist.
Gewiss ist der Diskussionsprozess auf EU-Ebene schon weit fortgeschritten, und sehr viele Dinge werden in Detailgefechten diskutiert. Da werden fälschlich ökologische Vorrangflächen als Stilllegung bezeichnet; da wird um Kappung und sozialversicherungspflichtige Löhne gestritten. Darin ist übrigens auch schon der Faktor Arbeit enthalten. Wir GRÜNE haben das Kriterium Arbeitsbedarf bereits in den 80er-Jahren favorisiert. Auch die ABL, die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft e. V., kämpft seit 1993 für ein Normarbeitszeitmodell. Jetzt stellt die Berufsgenossenschaft die Beitragsberechnung auf Arbeitsbedarf um. Jetzt stellt sich plötzlich heraus, dass die Umrechnung von den Mehrfachanträgen zum Arbeitsbedarf problemlos per Knopfdruck in Sekundenschnelle möglich ist. Jetzt geht das, was man jahrelang als zu bürokratisch bezeichnet und deshalb abgelehnt hat.
- Ja, dann muss man es auch machen. Ich danke Herrn Brunner ausdrücklich dafür, dass er ein offenes Ohr für unsere Vorschläge hatte. Sie haben schon einmal den Vorschlag der Normarbeitskraft aufgegriffen, eingebracht und diskutiert, aber das muss weitergehen. Wir GRÜNE, die ABL, Misereor, Brot für die Welt, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM -, Bund Naturschutz und viele andere Organisationen stehen inzwischen
- auch die SPD - hinter dem Kriterienwechsel hin zum Arbeitsbedarf und weg von der Berechnung nach der Fläche.
Deshalb appelliere ich an Sie: Nutzen Sie die wenigen Chancen, die sich jetzt noch bieten, um die GAP dahin zu bringen, dass sie die bäuerliche Landwirtschaft fördert. Ändern Sie auch die bayerischen Investitionsförderungen, um diesen Strukturwandel endlich zu stoppen!
Noch ist Bayern von einer Kulturlandschaft geprägt, die über Jahrhunderte von unseren Vorfahren geprägt
und von den Bäuerinnen und Bauern gepflegt wurde. Schon werden die Kühe rar, die noch auf die Weide getrieben werden. Ich wage nicht, daran zu denken, was passiert, wenn es nicht mehr unsere Bauernfamilien sind, die unsere Wiesen und Felder pflegen, sondern die Banken und Investoren. Deshalb brauchen wir jetzt dringend eine agrarpolitische Wende, eine Weichenstellung hin zu nachhaltigem Wirtschaften, wodurch dieses unbürokratisch und ohne komplizierte Berechnungen gefördert wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wir danken der SPD für diesen Dringlichkeitsantrag, dem wir selbstverständlich zustimmen werden.
Wir stoßen mit unserem Dringlichkeitsantrag in das gleiche Horn; uns geht es vor allem um die verhee
rende Informationspolitik, die hier betrieben wurde. Sie haben es alle gehört: Zweieinhalb Jahre lang gingen die Kontrolleure bei Müller-Brot aus und ein, haben eklige Zustände festgestellt, haben immer wieder einmal Waren zurückgerufen, haben letztlich sogar Gesundheitsgefährdung festgestellt und die Produktion gestoppt. Der Minister wusste ab Dezember 2010 Bescheid, aber die Verbraucherinnen und Verbraucher haben nichts davon erfahren, weder von den Behörden noch vom Herrn Minister. Letztlich war es die Presse, die durch eigene Recherchen die Vorgänge ans Licht brachte. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Skandal.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher wurden zweieinhalb Jahre lang hinters Licht geführt. Man hatte kein Interesse daran, die Steuerzahler, die die Kontrollen bezahlt haben, über die Ergebnisse zu informieren. Man verschanzte sich hinter der Gesetzeslage. Auch das noch geltende Verbraucherinformationsgesetz, das jetzt endlich novelliert wurde, hätte eine wesentlich frühere Information der Verbraucherinnen und Verbraucher ermöglicht.
Doch an dieser Stelle geben Sie, die Regierung und die Koalition, immer vor, Sie hätten Angst, Betriebe könnten pleitegehen, Arbeitsplätze könnten gefährdet werden. Genau das haben Sie jetzt erreicht. Mit Ihrer Nichtinformationspolitik halten Sie den Verbraucher für unmündig und bestrafen gleichzeitig alle vorbildlich wirtschaftenden Betriebe.
Was haben die jahrelangen Kontrollen und Bußgeldbescheide denn genützt? - Müller-Brot ist Ihnen auf der Nase herumgetanzt. Die Information der Öffentlichkeit wäre das Druckmittel gewesen, das wirklich geholfen hätte. Sie hätten damit eine Menge Kontrollen einsparen und die wenigen Lebensmittelkontrolleure zu anderen Betrieben schicken können, die seit Jahren nicht kontrolliert wurden. Eine Kontrolldichte von 1 % bis 2 % bei den Bäckereien ist wahrlich kein Ruhmesblatt. Wenn man weiß, dass von den kontrollierten Betrieben 10 % gravierende Mängel aufwiesen, dann kann man sich ausrechnen, wie viele mangelhafte Betriebe überhaupt nicht kontrolliert wurden.
Die Lebensmittelkontrolleure habe gute Arbeit geleistet, da kann man nichts anderes sagen. Sie haben sogar bis zum Anschlag gearbeitet. Aber es sind ein
fach zu wenige, wir haben es gerade von Frau Dittmar gehört: 493 Planstellen, die nur zu 70 % besetzt sind, für 232.000 zu kontrollierende Betriebe.
Aus aktuellem Anlass haben wir unseren Antrag zum Nachtragshaushalt für mehr Personal in diesem Bereich erneut gestellt. Es wäre ein Skandal, wenn Sie diesen Antrag wie in den Jahren zuvor wieder ablehnen würden.
Zurück zur Information: Hätten Sie rechtzeitig informiert, wären womöglich auch die betriebswirtschaftlichen Verfehlungen bei Müller-Brot eher zutage getreten, die nicht nur in diesem Fall mit Hygieneverfehlungen einhergingen. Dann wären die Franchise-Nehmer und Arbeitnehmer jetzt möglicherweise in einer besseren Lage. Auch diese Zusammenhänge haben System. Es gibt mehrere solcher Beispiele, bei denen beides zusammenhängt.
Damit Sie sich nicht weiter auf Abwägungs- und Ermessensspielräume hinausreden können, brauchen wir endlich einen Paradigmenwechsel im Gesetzesrahmen. Dafür reicht auch das novellierte Verbraucherinformationsgesetz nicht aus, das in § 40 des Lebensmittelgesetzbuches aus dem "Soll" ein "Muss" machte; denn der Grundsatz der Abwägung bleibt immer noch erhalten, auch wenn ab September bei Gesundheitsgefährdung informiert werden muss. Das Verbraucherinformationsgesetz - VIG - ermöglicht es zwar den Verbrauchern, nachzufragen, um Informationen über den Hygienezustand eines Betriebs zu erhalten, aber dieses Instrument eignet sich nicht für eine spontane Auskunft. Eine kurzfristige Information, zum Beispiel wenn ich abends ein Restaurant besuchen will, ist nicht möglich. Da muss ich schon zwei Monate vorausplanen; denn so lange dauert normalerweise die Auskunft. Ich muss mich über Behördenadressen schlau machen und muss mit Kosten rechnen. Das ist kein geeignetes Instrument, um den Verbrauchern die nötigen Informationen zu geben. Wir wollen, dass die Ergebnisse aller Kontrollen endlich bekannt gemacht werden.
Die Steuerzahler zahlen die Kontrollen, also möchten sie auch die Ergebnisse sehen, und sie haben ein Anrecht darauf. Auch für die Unternehmen ist das gerechter: Es werden nicht ein paar wenige herausgepickt und drangsaliert, sondern dann erfahren alle die gleiche Behandlung. Alle Ergebnisse, außer bei Nachbesserungen - darauf komme ich gleich noch zu sprechen -, werden automatisch veröffentlicht, ohne dass die Verbraucher aktiv nachfragen müssen. Die Verbraucherschutzminister aller Bundesländer haben schon im letzten Mai dafür gestimmt, die Ergebnisse
der Lebensmittelkontrollen transparent zu machen. Nur ein Bundesland hat dagegen gestimmt, das war natürlich Bayern.
Das war ein Schlag ins Gesicht des mündigen Verbrauchers. Sie sprechen immer von der Marktmacht des Verbrauchers und der Verbraucherin. Wo ist denn diese Macht, wenn er oder sie keine Informationen bekommt? - Setzen Sie sich endlich auf Bundesebene und bei der installierten ressortübergreifenden Arbeitsgruppe dafür ein, dass die Kontrollergebnisse routinemäßig veröffentlicht werden. Setzen Sie sich auch dafür ein, dass jeder Betrieb das Recht auf Nachbesserung bekommt, falls ein schlechtes Kontrollergebnis zutage kommt. In diesem Falle muss möglichst eine zweite, dann gebührenpflichtige Kontrolle möglich sein; denn auch uns liegt das Wohl der Unternehmen am Herzen. Wir wollen nicht, dass ein Betrieb unverschuldet an den Pranger gestellt wird. Unternehmensinteressen und Verbraucherschutz sind kein Gegensatz, sondern gehen in einer guten Verbraucherschutz- und Wirtschaftspolitik zusammen. Wenn Sie nicht informieren, schützen Sie damit nur die schlampigen Betriebe. Die sauberen, die sich Mühe geben und geschultes, teures Personal einsetzen, sind die gelackmeierten.
Das muss sich ändern. Das wollen wir ändern. Stimmen Sie bitte endlich für unseren Vorschlag, damit wir einen echten Verbraucherschutz in Bayern bekommen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es angesichts der fortgeschrittenen Zeit kurz. Auf Antrag von Frau Brendel-Fischer haben wir den Antrag "Ernährungsbildung" genannt. Wir haben jetzt gehört, dass 186 Ernährungsfachkräfte beschäftigt sind; davon haben 39 Arbeitskräfte einen auf ein Jahr befristeten Vertrag. Meines Erachtens schreit das zum Himmel. Von diesen 39 Stellen mit befristeten Arbeitsverträgen sind 36 mit Frauen besetzt. Man meint wohl, mit Frauen kann man das machen.
Hinzu kommt, dass es sich meist um Kettenarbeitsverträge handelt, das heißt, die Arbeitskräfte werden für drei Monate ausgestellt, um dann wieder für ein Jahr eingestellt zu sein. Da frage ich mich schon: Wo sind wir denn? Arbeitgeber ist die öffentliche Hand, ist das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Welches Bild gibt das in der Öffentlichkeit, wenn das bekannt wird? Die öffentliche Hand soll ein Vorbild sein. Hier ist alles andere als ein Vorbild gegeben.
Man müsste auch einmal prüfen, ob es überhaupt erlaubt ist, in dieser Form Kettenarbeitsverträge zu machen. Ich fände es wesentlich wichtiger, juristisch zu überprüfen, ob das überhaupt Hand und Fuß hat, als auf einen Haushaltsvorbehalt zu drängen.
Wir stimmen diesem Antrag natürlich zu.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die chemische Industrie in Westeuropa produziert jährlich rund eine Million Tonnen Phthalate. Wir reden hier also nicht von Peanuts. Wir fordern mit unserem Antrag nicht das Verbot von Phthalaten, wie man meinen könnte, wenn man das Abstimmungsergebnis im Ausschuss anschaut. Wir fordern im ersten Punkt unseres Antrags lediglich das Allermindeste und Allernotwendigste, nämlich Information und Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher über diese gesundheitsgefährdenden Stoffe und den Hinweis auf Alternativen. Alternativen
sind Produkte, die ein Umweltzeichen wie zum Beispiel den Blauen Engel tragen. Daneben gibt es aber auch Alternativen stofflicher Art wie zum Beispiel Fliesen, Parkett, Kork, Linoleum oder Polyethylen statt PVC-Böden. Statt einer Vinyltapete könnte eine Papiertapete verwendet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der in diesem Hohen Hause mittlerweile bekannten gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung, insbesondere der Kinder und Jugendlichen, die von den PhthalatWeichmachern ausgeht, ist es völlig unverständlich, dass die Regierungskoalition es ablehnt, die Bevölkerung wenigstens über die Gefahren aufzuklären. Im Ausschuss haben Sie auf das Verbraucherinformationsportal verwiesen. Das wäre eine aktive Informationsbeschaffung. Die wäre aber nur möglich, wenn man schon weiß, dass Gefahr droht, oder wenn man es zumindest ahnt. Wenn es schon über die 2008 in Kraft getretene Chemikalienrichtlinie REACH nicht möglich war, die gefährlichen Phthalate aus dem Stoffkreislauf herauszuhalten, wenn die Verbesserung sich weiter hinzieht und selbst die LGL-Studie nach Ihren Aussagen noch nicht abgeschlossen ist, dann muss in der Zwischenzeit zumindest Gesundheitsund Verbraucherschutz in Form von Aufklärung und Information betrieben werden. Mir ist völlig unverständlich, mit welcher Begründung und mit welchem Recht Sie es zulassen, dass unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger sich unwissentlich mit gesundheitsschädigenden Stoffen umgeben.
Dass die Aufklärung nicht ausreichend ist, zeigen auch die genannten Zahlen. Eine Million Tonnen Phthalate landen nicht nur in der Industrie, sondern zum großen Teil direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern. Diese eine Million Tonnen landen jährlich über den Stoffkreislauf auch in Boden, Wasser und Luft und vergiften zunehmend unsere Umwelt. Dort werden sie längere Zeit Schaden anrichten. Sie häufen sich von Jahr zu Jahr immer mehr an. Das können wir so weiter nicht hinnehmen. Ein Verbot dieser Stoffe ist natürlich überfällig. Dies aber nur am Rande.
Mit unserem zweiten Punkt fordern wir, die Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen dahin gehend zu ändern, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Verwendung von Produkten, die gesundheitsgefährdende Phthalate enthalten, untersagt wird. In den Umwelt- und Gesundheitsrichtlinien für das öffentliche Auftragswesen kann und muss dies ähnlich dem Verbot der Nutzung von nicht FSC-zertifiziertem Holz untersagt werden. Da ging es doch auch. Warum soll es hier nicht gehen? Da Bayerns Kommunen bei der Vergabe von Bau- und Ausstattungsleistungen gerade auch im besonders sensiblen Bereich von Schulen
und Kindergärten Auftraggeber sind, müssen die Ausschreibungsrichtlinien zwingend geändert werden.
Die Kommunen müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Es ist mir unverständlich, wie Sie angesichts der erlangten Kenntnisse über die negativen Einwirkungen einiger Phthalate auf das Hormonsystem insbesondere von Kindern und die fruchtbarkeitsschädigende Wirkung unsere Forderung ablehnen können. Halten Sie es wirklich für notwendig, die Industrie derartig zu schützen und zu unterstützen, dass sie die nötigen Schritte für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung vernachlässigen? Ich halte das den unwissenden Bürgerinnen und Bürgern gegenüber für unverantwortlich. Wie wir vorher gehört haben, wollen Sie diese noch nicht einmal aufklären.
Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass wir den Anträgen der FREIEN WÄHLER sowie der CSU und der FDP selbstverständlich zustimmen.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ungerechtigkeiten beseitigen ja, aber gerade deshalb müssen wir den Antrag ablehnen. Gerade die Berechnung nach dem Arbeitszeitmodell, nach der standardisierten Arbeitszeit ist dazu
geeignet, kleine bäuerliche Betriebe zu erhalten. Wir wollen von der Flächenberechnung wegkommen, die eher ungerecht ist, weil das bedeutet: Der Bauer, der viele Flächen hat, bekommt noch mehr. Das kann nicht gerecht sein. Das weiß jeder. Aber danach wird jetzt die Hauptsache berechnet. Davon wollen wir wegkommen.
Gerade jetzt, wo die Unfallversicherung für die Landwirtschaft auf das standardisierte Arbeitszeitmodell umsteigt, haben wir gute Gründe, auch die Berechnungen umzustellen. Die Umstellung der Unfallversicherung führt dazu, dass besonders die kleinen bäuerlichen Betriebe noch höhere Unfallversicherungsprämien zahlen müssen und dadurch noch weiter in die Knie gezwungen werden. Es ist höchste Zeit, die Prämienberechnung auf die standardisierte Arbeitszeit umzustellen.
Jeder weiß, dass insbesondere die kleinen bäuerlichen Betriebe, die Milchvieh haltenden Betriebe und die Almwirtschaft wesentlich mehr Zeit pro Einheit als ein Großbetrieb, als ein agrarindustrieller Betrieb brauchen. Die Arbeitszeitberechnung kommt den kleinen Betrieben zugute. Zum Beispiel braucht ein Betrieb mit 25 Kühen pro Kuh mehr Arbeitszeit als ein Betrieb, der 1.000 Kühe im Stall stehen hat. Ich glaube, das leuchtet jedem ein. Gerade um die kleinbäuerlichen Betriebe zu erhalten, stimmen wir gegen Ihren Antrag.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorschlag, eine Regulierung wie in Österreich einzuführen, ist zwar ganz nett, aber sicherlich nicht zielführend. Die Situation stellt sich doch wie folgt dar: Fünf Konzerne beherrschen den Benzinmarkt und treiben mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern ihr längst bekanntes Spiel: Zu Ferienbeginn, an den Wochenenden und zu bestimmten Feiertagen gehen die Preise hoch.
Neu ist nur, dass das Kartellamt - nach fünf Jahren Eruierung! - einen Bericht vorgelegt hat und darin wieder nicht klar von Preisabsprachen spricht. Wir alle wissen doch längst, dass sich die Tankstellen gegenseitig beobachten. Ich habe neulich bei meiner Tankstelle die Auskunft bekommen: Wir sehen, was die anderen machen, und melden das nach Hamburg. Bald danach bekommen wir die Erlaubnis, den Preis anzugleichen, das heißt, zu erhöhen oder zu senken. - Man spricht zwar offiziell nicht von Preisabsprachen, aber wir alle wissen, was es ist. Damit nutzen die fünf großen Konzerne ihre marktbeherrschende Stellung zur Erhöhung ihrer Gewinnmargen aus. Wenn die Rohölpreise sinken, reagieren sie erst einmal nicht.
Es gibt in Deutschland in diesem Bereich keinen funktionierenden Markt. Wir haben fünf Konzerne, die den Wettbewerb behindern. Deren Gesamtmarktanteil liegt bei über 70 %. Angesichts dessen muss man sich fragen, warum das Kartellamt das zugelassen hat.
Es muss gesetzlich alles getan werden, damit der Wettbewerb wieder zu funktionieren beginnt. Wir brauchen vor allem mehr Transparenz. Dazu gehört eine Offenlegung der Preiskalkulation. Auch müssen wir uns ein Stück weit unabhängiger von den Öllieferanten zu machen. Wir GRÜNE sind seit Jahren der Auffassung, dass der heutige Verbrauch von fossilen Energieträgern nicht zukunftsfähig ist. Diese Einschätzung gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Rohstoffvorräte begrenzt sind.
Wir wollen intelligente Nutzung und intelligente Organisation von Mobilität, und das in einem funktionierenden Wettbewerb. Dafür müssen wir alle zielführenden gesetzlichen Möglichkeiten nutzen, um den Wettbewerb im Tankstellenbereich zu stärken.
Wir werden uns zu beiden Anträgen der Stimme enthalten, da wir die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht für wirklich zielführend halten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg kann ich sagen, dass wir dem Berichtsantrag der CSU und der FDP zustimmen werden. Selbstverständlich stimmen wir auch der Forderung nach Entschädigung betroffener Gemüseerzeuger zu. Wir werden auch dem Berichtsantrag der SPD zustimmen.
Meine Damen und Herren, das reicht jedoch angesichts der völlig unkoordinierten Vorgehensweise der Behörden und der verzögerten sowie lückenhaften Untersuchungen und Befragungen nicht aus. Die daraus entstandenen falschen Verdächtigungen und Warnungen durch das Bundesverbraucherschutzministerium haben zu hohen Ausfällen bei den Gemüseerzeugern geführt.
EU-Kommissar Dalli hat erst gestern Bündelungen und Koordinationen der Behörden gefordert. Das, was Herr Dr. Hünnerkopf über die Koordination gesagt hat, stimmt nicht. Deshalb fordern wir mit unserem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag die Bayerische Staatsregierung auf, sich für eine bessere Koordination der zuständigen Bundes- und Landesbehörden einzusetzen. Eine schnelle und umfassende Untersuchung aller relevanten Verdachtsmomente muss durch eine kompetente und klar strukturierte Einsatzleitung auf Bundesebene gewährleistet sein. Es kommt darauf an, dass die relevanten Ämter und Institute gut vernetzt sind. Die Gründe sind gerade von Herrn Dr. Vetter ausgeführt worden. Wir wollen keine neue Behörde, wie Herr Söder befürchtet hat. Wir fordern lediglich eine Vernetzung. Diese ist dringend notwendig.
Fünf Wochen nach der ersten Ehec-Infektion gibt es immer noch keine Erkenntnisse über die Infektionsquelle. Möglicherweise wird die Quelle nach einer so langen Zeit nicht mehr identifiziert werden können. Zum Beispiel vergingen drei Wochen, bis die Patientenproben in den Ehec-Speziallabors ankamen. Die Patientenbefragung ist viel zu spät und begrenzt angelaufen. Auch die Auswahl der Lebensmittel, nach denen gefragt wurde, war zu eingeengt. Nach dem Verzehr von Sprossen, die in der Vergangenheit schon als Träger von Ehec aufgefallen waren, wurde gar nicht erst gefragt. Die fehlende klare Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern hat sich fatal bemerkbar gemacht. Sie kennen die Zahlen. Sie wurden schon erwähnt. Die beiden zuständigen Bundesministerien haben sich lange weggeduckt. Es gab
Kommunikationsprobleme, und es fehlte eine echte Entscheidungskompetenz.
Leider bleibt die Gewissheit, dass der jetzige EhecAusbruch nicht der letzte sein wird. Deshalb brauchen wir möglichst bald eine krisenfeste, schlagkräftige Organisationsstruktur. Deshalb haben wir zu dem Berichtsantrag einen zusätzlichen Antrag gestellt. Zu dieser Beschlussfassung müssen wir den Bericht nicht abwarten. Da wir gesehen haben, woran es hapert, können wir diese Forderung jetzt schon beschließen.
Die Kompetenz der Ärztinnen und Ärzte und der Fachleute aus der Biomedizin, Tiermedizin und der Lebensmittelüberwachung muss gebündelt werden, und dabei muss der vorsorgende Verbraucherschutz stets absolute Priorität vor wirtschaftlichen Interessen haben.
- Das hat sie gewusst. Sie hat es durchgeführt und den Verbraucherschutz an erste Stelle gesetzt. Das wissen Sie. Bundesverbraucherschutzministerin Aigner stellt den Verbraucherschutz an die letzte Stelle.
Die Koordination der wissenschaftlichen Nachforschung, der Risikoabschätzung im Ernstfall, der gesundheitlichen Vorsorge und der wirtschaftlichen Schadensbegrenzung in solchen Situationen muss an zentraler Stelle in Bundeskompetenz verankert und von allen Ländern mitgetragen werden.
Und die Länder müssen kontrollieren. Damit bin ich bei dem zweiten Punkt. Die Zahl der Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure, der Veterinärärztinnen und -assistentinnen, -ärzte und -assistenten an den Landratsämtern und am Landesamt für Gesundheit in Bayern muss, wie seit Langem gefordert, dem gestiegenen Bedarf endlich angepasst werden. Sie wissen, dass seit Langem nur eine Mangelverwaltung stattfindet. Nur in den dringendsten Fällen und in den riskantesten Betrieben wird kontrolliert. Mittlerweile tragen fast alle Rinder den Ehec-Keim in sich. Verstärkte Kontrollen werden in Zukunft nötig sein. In Kliniken und an Lebensmitteln werden verstärkte Kontrollen nötig sein, damit neue Entwicklungen früh erkannt werden.
Immer wieder in den letzten Jahren und erst kürzlich bei der letzten Haushaltsdebatte haben wir die längst fällige Aufstockung der Stellen für Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure sowie Laborassistentinnen und -assistenten gefordert. Die Staatsregierung hat die Forderung abgelehnt. Auch die Stellen der Ve
terinärärztinnen und -ärzte sowie der -assistentinnen und -assistenten wurden nicht, wie von uns gefordert, durch weitere Stellen ergänzt. Wir halten dies angesichts der wichtigen und wachsenden Aufgaben im Rahmen des vorsorgenden Verbraucherschutzes für dringend nötig und bitten deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir danken den Freien Wählern erst einmal, dass Sie uns ermöglicht haben, unseren Antrag heute noch einzubringen, gerade noch rechtzeitig vor der morgigen Bundesratssitzung. Wir kündigen schon einmal an, dass wir Ihrem Antrag und auch dem Antrag der SPD zustimmen werden.
Im Bundesrat geht es morgen ganz einfach darum, ob in Bayern auch künftig gentechnikfreier Anbau möglich sein wird. Morgen soll die derzeit geltende Nulltoleranz für Gentechnik im Saatgut durch Beschluss im Bundesrat aufgeweicht werden, indem als sogenannte praktikable technische Lösung eine Verunreinigung von 0,1 % zugelassen werden soll. Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf: Stimmen Sie gegen den Beschluss des Agrarausschusses vom 28.02.2011!
Begründet wird dieser angeblich notwendige Schwellenwert damit, dass unsere Messtechnik nicht genau genug sei. Meine Damen und Herren, wo sind wir denn? - Wir leben in einem hoch technologisierten Land, wir beschäftigen uns mit kompliziertesten Regelmesstechniken und machen höchst komplizierte gentechnische Versuche. Da sagen Sie, die Messtechnik würde nicht ausreichen, um gentechnisch veränderte Saaten in kleinsten Mengen aufzuspüren. Das ist eine Diffamierung des Stands der Messtechnik, eine Diffamierung der deutschen Labors, in denen genau dies seit Jahren praktiziert wird. Sie wissen genauso wie wir, dass sich die Messgenauigkeit in den letzten Jahren auf 0,01 % erhöht hat, also genau um eine ganze Dezimalstelle, als Sie sie festlegen wollen. Bisher brauchen Züchter keine Untersuchungswerte, sondern nur sogenannte Qualitätsanalysen. Das bedeutet, das Saatgut wird auf GVO untersucht mit dem Ergebnis Ja oder Nein. Wenn ein Grenzwert von 0,1 % GVO festgelegt werden sollte, müssten Züchter bei jedem Saatgut eine Quantitätsanalyse durchführen. Das heißt, sie müssten feststellen lassen, ob die gentechnische Verunreinigung unter oder über 0,1 % liegt. Dieses Verfahren ist komplizierter, weil wesentlich genauer gearbeitet werden muss, und kommt deshalb wesentlich teurer. Eine solche Analyse kostet dann circa 350 Euro, und die Kosten muss der Landwirt oder Saatgutzüchter zahlen. Ich frage mich: Ist es in Ihrem Sinne, die Kosten für den Landwirt zu erhöhen?
Ich stelle also fest, es gibt keine technische Notwendigkeit für den Schwellenwert 0,1 %, und ich frage mich: Warum wollen Sie die Nulltoleranz-Regelung überhaupt kippen? Es bleibt eigentlich nur folgende Vermutung: Von der Einführung eines Schwellenwertes würden die Saatgutfirmen massiv profitieren. Ihr Umsatz würde sich quasi sprunghaft verdoppeln. In Europa würden die Anpflanzungen aus eigenem Anbau, die bisher rund 50 % betragen, schlagartig aufhören.
Wenn ein Schwellenwert eingeführt wird, kann der Landwirt nicht mehr abschätzen, wie viele GVO-Anteile sein Erntegut enthält. Wollte er nachbauen und sicher sein, dass sein selbst erzeugtes Saatgut unter dem Schwellenwert liegt, müsste er erst teure Analysen durchführen. Dies würde zwangsläufig dazu führen, dass Landwirte jedes Jahr neues Saatgut kaufen müssten. Das wäre also das Ende des Nachbaues. In den USA ist es schon längst der Fall.
Die zweite Folge wäre eine teure Lizenzpflicht. Der Schwellenwert in Verbindung mit der sogenannten Harmonisierung des europäischen mit dem amerikanischen Patentrecht, die vorbereitet wird, würde unweigerlich dazu führen, dass wir früher oder später ame
rikanische Rechtsverhältnisse und eine GVOLandwirtschaft hätten. Dort reicht schon eine gentechnisch veränderte Pflanze, um ein ganzes Feld lizenzpflichtig zu machen. Zugelassene Genkörner in eigenen Zuchtlinien würden dann auch unsere Saatzüchter in die Fänge von Monsanto & Co treiben. Sie kennen alle den Fall von Percy Schmeiser, der jahrelang gegen Monsanto gekämpft hat.
Meine Damen und Herren! Saatgut steht am Anfang der Lebensmittelkette und ist die Grundlage für gesunde Futter- und Lebensmittel, und eine alte Weisheit sagt: "Wer die Kontrolle über das Saatgut hat, hat damit die Macht über die Menschen." Da sich aber die Bürger heute nicht mehr alles einreden lassen, geht man nun heimlich vor und kontaminiert das Saatgut mit Gentechnik. Der Vorsitzende eines kanadischen Saatgutunternehmens sagte vor einigen Monaten ich zitiere -:
Es gibt weltweit so viel Widerstand gegen jede weitere Freisetzung von genveränderten Pflanzen, dass die einzige Möglichkeit ist, die Kontamination, also die heimliche Auskreuzung, zu fördern. Dann breitet sich die Gentechnik selbstständig aus und die Menschen haben keine Wahl mehr. Dann beherrschen wir die Nahrungsmittel.
Meine Damen und Herren, darin scheint mir der wahre Grund zu liegen, warum Sie Gentechnik "durch die Hintertür" zulassen wollen. Die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln wäre aber Aufgabe des Staates. Grundlage dafür ist sauberes Saatgut, und das wiederum sichert die Nulltoleranz von GVO bei Lebensmitteln.
Vor zwei Wochen haben Sie das Ende der Nulltoleranz bei Futtermitteln beschlossen. Heute ist das Saatgut dran, morgen wahrscheinlich die Lebensmittel. Das scheint Ihre Strategie zu sein. Die Bundesländer Hessen, Bremen und Brandenburg haben bereits angekündigt, dass sie morgen gegen diesen Beschluss stimmen werden. Die spannende Frage ist: Wie wird Bayern stimmen?
Viele verschiedene Organisationen haben bereits angekündigt, das Abstimmungsverhalten der einzelnen Politiker genau unter die Lupe nehmen zu wollen und bei den nächsten Wahlen zu veröffentlichen. Wir haben deshalb bereits namentliche Abstimmung zu unserem Antrag gefordert und sind gespannt, ob Sie von der CSU zu den Worten Ihres Umweltministers vom gentechnikanbaufreien Bayern stehen oder ob bei Ihnen wieder einmal Welten zwischen hehren Worten und konkreter Abstimmung liegen. Jetzt wird
sich zeigen, ob Sie es mit einem gentechnikanbaufreien Bayern ernst meinen. Wir sind gespannt.
Herr Füracker, eine Frage -
Ich habe eine Frage zur Konkretisierung: Herr Füracker, Sie haben gesagt, Sie stimmten morgen im Bundesrat nicht zu. Was heißt das? Wollen Sie sich der Stimme enthalten, oder wollen Sie dagegenstimmen?
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum ist unser Antrag "Bayern wird gentechnikfreie Region in Europa" gerade heute so dringlich? - Ich nenne drei Gründe dafür:
Erstens. Letzte Woche wurde auf EU-Ebene die Nulltoleranz für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen - GVO - in Futtermitteln gekippt. Der Wegfall der Nulltoleranz für GVO, die zwei Drittel der Menschen in Europa ablehnen, in Futtermitteln und die Einführung eines Grenzwertes sind absolut inakzeptabel.
Die Nulltoleranz ist ein ganz zentraler Punkt. Es geht darum, die Verbraucherinnen und Verbraucher vor dem Eindringen von Gentechnik in die Nahrungskette, in Boden, Wasser und Luft zu schützen.
Sie glauben doch selbst nicht, dass GVO isoliert in Futtermitteln bleiben. Mehrere Mitgliedstaaten hatten verlangt, Saatgut und Nahrungsmittel mit in die Verordnung aufzunehmen. Die Aufhebung der Nulltoleranz für GVO in Futtermitteln soll also erst der Anfang sein. Den gentechnikfreien Anbau in Bayern, für den Sie von der CSU und ganz besonders der nicht anwesende Herr Dr. Söder immer wieder eintreten, können Sie sich dann an den Hut stecken, weil dann die hier nicht erlaubten gentechnisch veränderten Organismen schleichend Einzug halten werden. Die Bio-Bauern und die Bauern, die ohne Gentechnik wirtschaften, beispielsweise im Netzwerk "Unser Land", können dann ihre Höfe zusperren, weil sie ihren Kunden die Gentechnikfreiheit ihrer Produkte nicht mehr garantieren können.
Es gibt kein einziges stichhaltiges Argument, das den Wegfall der Nulltoleranz begründen könnte. Es ist nicht wahr, dass ständig ganze Schiffsladungen in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden - die letzte Ladung wurde 2009 zurückgewiesen -, man kann nämlich schon vor der Verschiffung kontrollieren. Selbst die USA haben eine Nulltoleranz für nichtzugelassene GVO. Das Argument, beim Festhalten an der absoluten Nulltoleranz würde ein Engpass bei Eiweißfuttermitteln drohen, muss ich als Erpressungsversuch werten.
Wenn überhaupt, ist das eher ein Argument für die Stärkung des einheimischen Anbaus von Eiweißfuttermitteln, der ohnehin durch die Eiweißstrategie gefördert werden soll.
Ohne Not hat Frau Aigner diesen Beschluss unterstützt. Aber es besteht noch eine winzige Hoffung: Das Parlament oder der Ministerrat kann innerhalb von drei Monaten den Beschluss kippen und die Nulltoleranz wieder herstellen. Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf: Setzen Sie sich auf allen Ebenen für die Wiederherstellung der Nulltoleranz ein.
Ich nenne den zweiten Grund. Zweifelsohne naht der Frühling - man sieht es heute schon etwas. Dann wird es hier wieder spannend in Bayern. Bleibt Bayern dieses Jahr gentechnikanbaufrei oder können die Flächen, die vor Kurzem in Mainfranken für den Anbau von MON 810 beantragt wurden, doch mit GVO bebaut werden, obwohl das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eine Ruhensanordnung für den Anbau von MON 810 erlassen hat? Der letzte Antrag zum Anbau von MON 810 wurde am 21. Februar gestellt, also gerade erst vor einer Woche. 15 Anträge insgesamt wurden zwischen dem 25. Januar 2011 und dem 21. Februar 2011 gestellt. Es geht um eine Anbaufläche von 90 Hektar, also keine kleine Fläche, obwohl der Anbau von MON 810 in Deutschland momentan verboten ist. Der Hersteller Monsanto wartet wohl auf eine Neuzulassung und/ oder auf das Berufungsverfahren, das die Ruhensanordnung, wenn es nach Monsanto geht, aufheben soll.
Ich mache jetzt einige Bemerkungen zu Amflora. Die Tatsache, dass die gesamte Ernte der einst so gepriesenen gentechnisch veränderten Kartoffel in Mecklenburg-Vorpommern wegen Pilz- und Bakterienbefall vernichtet werden musste, beweist zum wiederholten Male, dass die Gentechnik nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein ökonomischer Fehlschlag ist.