Erst hieß es Sozialcharta, dann hieß es Sozialcharta plus. Jetzt heißt es Sozialcharta XXL. Solche Sozialchartas lösen das Problem mitnichten. Jeder Rentner wird in zehn Jahren bei gleichbleibender Rente mit einer Mieterhöhung von 50 % insbesondere im Ballungsraum München rechnen müssen.
Er wird sich diese Wohnung nicht bis zu seinem Lebensende leisten können. Er wird große Schwierigkeiten haben, eine alternative bezahlbare Wohnung zu finden. Es ist eine Schande, dass die Mieterinnen und Mieter der GBW seit Jahren unsichere Zukunftsperspektiven haben. Sie wissen nicht, wie es weitergeht. Heute plädiere ich dennoch dafür, dem SPD-Antrag zuzustimmen. Die GBW-Anteile sollen in dieser Legislaturperiode nicht vergeben werden. Der Grund dafür ist, dass die Art und Weise, wie diese Regierung vorgeht, nicht haltbar und nicht akzeptabel ist. Sie kann nicht verantwortet werden.
Wir haben Ihnen einen Antrag vorgelegt, mit dem wir fordern, bei der Vergabe von GBW-Wohnungen das wohnungswirtschaftliche Konzept zu berücksichtigen. Wie werden die Wohnungen weitergeführt? Wie wird zukünftig mit den Wohnungen, den Mieterinnen und Mietern, der Instandhaltung verfahren? Ich möchte noch anfügen, dass die GBW im Jahr 250 Sozialwohnungen baut, die wir dringend brauchen. Vermutlich wird das ein privater Investor, der den höchstmöglichen Preis zahlt, nicht tun.
Wir brauchen eine Vergabe nach dem besten wohnungswirtschaftlichen Konzept. Wir haben Ihnen einen Antrag vorgelegt. Wir bitten Sie, dieses wohnungswirtschaftliche Konzept zu berücksichtigen. Berücksichtigen Sie bei der Ausschreibung, dass die Mieterinnen und Mieter zukünftig weiterhin bezahlbare Mieten haben. Berücksichtigen Sie ebenfalls, dass weiterhin Sozialwohnungen gebaut werden müssen. Vergeben Sie nicht einfach an den meistbietenden Investor.
Frau Kollegin Kamm, ist Ihnen bekannt, dass ein großer Investor in München Wohnungen mit einer Sozialcharta gekauft hat? Diese Sozialcharta taugt allerdings nichts, weil Wohnen ein langlebiges Gut ist und nicht wie ein Auto alle zehn
Jahre ausgetauscht wird. Das hat zur Folge, dass inzwischen mehr als 15 % der absolut Gesicherten herausgestorben sind. Ein Teil ist weggezogen. Aus diesem Grund sind bereits mehr als 20 % der Wohnungen in den freien Markt gewandert - trotz der Sozialcharta. Die Wohnung wird frei und kann zu einem neuen Preis vermietet werden, der beliebig ist. Der Preis ist aufgrund des neuen Mietverhältnisses nicht mehr abgesichert. Von daher ist der Hinweis auf die Sozialcharta und die Sozialcharta plus ein wildes Gerücht des Herrn Söder. Das ist Punkt eins.
Punkt zwei: Was mich noch mehr überrascht - Sie sicherlich auch -, ist, dass die Wohnungen der GBW so gut verwaltet werden, dass man nur 0,5 % über Verkäufe erwirtschaftet. Dieser Laden wird miserabel geführt - um kein anderes Wort zu gebrauchen. Jeder Investor, der Geld hat, geht heute in Beton. Der Freistaat Bayern hätte Geld. Es gäbe ein Modell, das es erlaubt, die Wohnungen zu kaufen, ohne dass es schädlich wäre. Das käme noch nicht einmal in den Haushalt. Das wird aber nicht gemacht, da nur 0,5 % erwirtschaftet werden können. Für jeden normalen Unternehmer wäre das der pure Irrsinn. Welche Überwachung erlaubt, dass einem Unternehmen, an dem der Freistaat indirekt beteiligt ist, so etwas ermöglicht wird?
Man stellt sich viele Fragen. Ich meine, dass der Kauf das bessere Konzept gewesen wäre. Wenn der Laden nur 0,5 % erwirtschaftet, muss der Kopf ausgebaut werden, statt die Mieter zu schädigen. Denen wäre damit gut geholfen.
Herr Kollege Wörner, ich stimme Ihnen zu, dass die Sozialcharta die Mieterinnen und Mieter nicht davor schützt, die Wohnungen zu verlieren. Auf der Grundlage der Sozialcharta können sich die Rentnerinnen und Rentner nicht darauf verlassen, ihren Lebensabend in den Wohnungen verbringen zu können. Das wünschen wir uns jedoch für die Mieterinnen und Mieter. Weiterhin stimme ich Ihnen zu, dass die GBW ein Unternehmen ist, das nicht allzu viel Rendite abwerfen kann, da es relativ hohe Verbindlichkeiten aufweist. Ein privater Investor, der die maximalen Gewinne aus den Wohnungen ziehen will, wird dafür sorgen, dass eine andere Zielgruppe als die bisherige zum Zuge kommt.
Sie schieben immer wieder Argumente vor, die überhaupt nicht zutreffen. Sie tun so, als wären die Mieter jeden Moment gefährdet. Sie wissen genau, dass wir ein gutes Mietrecht haben und die Mieter von Haus aus einen gewissen Schutz genießen. Sie versuchen immer wieder zu suggerieren, dass dies nicht der Fall ist.
Das finde ich nicht richtig. Die Forderung, das nicht vor der Wahl, sondern hinterher zu machen, halte ich für scheinheilig. Hätten wir so etwas eingebracht und beschlossen, hätten Sie gesagt: Schaut her, die trauen sich das vorher nicht mehr. Die wollen die Mieter hinhalten. Das ist scheinheilig. Da spielen wir auf keinen Fall mit.
Sie wissen ganz genau, dass wir gezwungen sind, die GBW aufgrund des BayernLB-Verfahrens zu verkaufen.
Sie wissen das. Wir haben diese Auflage. Wir werden das tun. Es gibt Fristen, die einzuhalten sind. Die GBW soll bis zum Jahre 2013 einem neuen Besitzer zugeführt werden. Das ist inhaltlich so festgelegt.
Uns ist der Mieterschutz sehr wichtig. Als wichtiges Verhandlungsergebnis konnte der Finanzminister bei der EU erreichen, dass wir nicht an den Meistbietenden verkaufen müssen, sondern gewisse Kriterien aufstellen können. Die Sozialcharta, die Sozialcharta plus und die Sozialcharta XXL haben Sie selber genannt. Das ist uns bei den Verhandlungen gelungen. Dafür sind wir unserem Finanzminister dankbar. Das bedeutet, dass der Mieterschutz bestmöglich gewährleistet werden kann.
Sie wissen, dass wir diskriminierungsfrei ausschreiben müssen. Mit dem Rahmen, der durch die Sozialcharta abgedeckt ist, können wir den Schutz zusätzlich ermöglichen. Ich verstehe nicht, warum Sie das Bild einer Mieterhöhung um 50 % an die Wand malen. Ich weiß nicht, ob Sie gelesen haben, dass sich Nürnberg und München zusammengeschlossen haben,
um eine eigene GmbH zu gründen, damit sie als Mitbewerber antreten können. Ich weiß nicht, was Sie diesen Städten unterstellen. Ich halte es für gut - das war immer unser Vorschlag -, dass sich die Kommunen, die einen großen Teil der Wohnungen besitzen, beteiligen. Das ist eine gute Entscheidung.
Ich darf daran erinnern, dass wir in Bayern ein geordnetes Verfahren durchführen und uns dafür eingesetzt haben, dass der Mieterschutz gewährleistet ist. In Baden-Württemberg hat Rot-Grün seine Wohnungsgesellschaft an den Meistbietenden verscherbelt. So etwas wird bei uns nicht passieren. Wir sichern unseren Mietern zu, dass wir ein ordentliches Verfahren anstreben. Deshalb wird es Sie nicht wundern, dass wir wie im Haushaltsausschuss auch diese beiden Anträge ablehnen.
Mir liegen noch Wünsche nach Zwischenbemerkungen von Herrn Kollegen Güller und Frau Kollegin Kamm vor. Bitte, Herr Kollege Güller.
Erstens. Nicht die EU zwingt zum Verkauf der GBW, sondern die CSU, nämlich durch das von ihr verursachte Landesbank-Desaster, bei dem Sie zehn Milliarden Euro versenkt haben. Daran ist nicht Herr Almunia, sondern Ihre Regierung schuld.
Zweitens. Unser Mietrecht mag gut sein. Aber bisher gibt es bei der GBW keine Eigenbedarfskündigungen, weil die GBW solche Kündigungen nicht aussprechen kann. Ein zukünftiger Erwerber kann gegebenenfalls, wenn er die Wohnungen an Einzelne weiterverkauft und damit unterverteilt, Eigenbedarfskündigungen aussprechen.
Drittens. Die GBW führt heute keine Luxussanierungen durch. Ein neuer Käufer kann die Wohnungen luxussanieren.
Viertens. Die GBW schöpft die Möglichkeit von Mieterhöhungen nicht aus. Ein neuer Vermieter könnte dies tun.
Abschließend: Ein neuer Käufer ist bei neuen Mietverträgen, also wenn jemand auszieht und ein neuer Mieter einzieht, nicht gebunden. Er hat dann die Möglichkeit, deutliche Mietsteigerungen auch über die gesetzliche Kappungsgrenze hinaus vorzunehmen. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
Bei allem hektischen Geschrei der CSU führt dies trotzdem zu der Frage: Warum wehren Sie sich mit Händen und Füßen dagegen, die Rechte der Mieterinnen und Mieter in Zusatzmietverträgen festzuschreiben?
Warum wehren Sie sich mit Händen und Füßen gegen diese so einfache Lösung? Solange das so ist, müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie das Landesbank-Desaster auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter austragen.
Wir weigern uns, weil das nichts ändern würde. Mit der Sozialcharta haben die Mieter einen zusätzlichen Schutz. Sollte sich der neue Aktienbesitzer nicht daran halten, wäre dies sogar strafbewehrt.
Sie sagen immer, dass Wohnungen verkauft würden. Es werden Aktien verkauft. Deshalb wird auch künftig niemand als Eigenbesitzer seine eigene Wohnung herausklagen können. Das wissen Sie ganz genau. Mit solchen falschen Behauptungen schüren Sie die Angst bei den Mietern. Das ist einfach nicht in Ordnung.