Protokoll der Sitzung vom 04.12.2012

Dann habe ich zwei grenzwertige Fälle: Das ist Walsdorf/Stegaurach. Hier muss man nicht zu einer Auflösung kommen. Auch die Regierung von Oberfranken hat dies ebenso wenig befürwortet wie das zuständige Landratsamt. Dennoch stimmen wir dem Gesetzentwurf der Staatsregierung, die diese Gemeinde entlassen will, zu. Walsdorf hat über 2.500 Einwohner und eine knapp unterdurchschnittliche Steuerkraft. Hier kann man es rechtfertigen, man muss es aber nicht. Wir tun es trotzdem.

Grenzwertig ist auch der Fall Rain am Lech. Die Stadt Rain am Lech wäre fraglos leistungsfähig,

(Unruhe − Glocke der Präsidentin)

fraglos in der Lage, selbstständig zu existieren mit 8.500 Einwohnern und einer durchschnittlichen Steuerkraft. Allerdings sind vier kleine Gemeinden mit 1.000 bis 1.300 Einwohnern und einer durchschnittlichen Steuerkraft in dieser Verwaltungsgemeinschaft. Deswegen, wie gesagt, ist das grenzwertig. Wir folgen auch hier der Empfehlung der Staatsregierung und sprechen uns gegen einen Austritt der Stadt Rain aus.

Was wir aber überhaupt nicht nachvollziehen können, ist der Vorschlag der Staatsregierung im Fall Wolfertschwenden und der Verwaltungsgemeinschaft Bad Grönenbach. Die VG Bad Grönenbach, Herr Kollege Schwimmer, würde übrigens nicht aufgelöst, denn sie würde mit den Gemeinden Bad Grönenbach und Wolfertschwenden weiter bestehen. Beide Gemeinden sind in ihrer Steuerkraft überdurchschnittlich, über dem Landesdurchschnitt, liegen direkt an der A 7 zwischen Memmingen und Kempten, haben also durchaus positive Aussichten.

Bei der Gemeinde Wolfertschwenden muss man schon wirklich fragen, warum man keinen Austritt zulässt. Die Gemeinde Wolfertschwenden hatte damals 1.863 Einwohner. Herr Kollege Schwimmer, Sie sagen, sie würde die 2.000-Einwohner-Grenze erst im Jahre 2021 erreichen. Da sage ich Ihnen: Planung ist die Ersetzung des Zufalls durch den Irrtum. Sie hat jetzt schon aktuell über 1.900 Einwohner und wird in Kürze die 2.000 Einwohner überspringen. Sie wird Anfang nächsten Jahres wieder einen Betrieb mit über 100 Arbeitsplätzen ansiedeln und hat schon mehr Arbeitsplätze als Einwohner. Diese Gemeinde ist stark. Diese Gemeinde hat eine sensationelle Steuerkraft von 1.886 Euro pro Einwohner. Das ist singulär, da gibt es nur ganz wenige Gemeinden im Freistaat, die das übertreffen.

Deswegen sind wir der Auffassung, dass der Gemeinde Wolfertschwenden die Selbstständigkeit ermöglicht werden muss. Im Übrigen ist das auch im Sinne der Bevölkerung, im Sinne der Wirtschaft; denn die Ge

meinde kann, wenn sie selbstständig ist, natürlich ganz anders mit ihrer heimischen Wirtschaft, mit ihren Industrieunternehmen umgehen. Sie kann entsprechend Personal einstellen im Rahmen ihrer eigenen Personalhoheit und ist nicht auf die Verwaltungsgemeinschaft angewiesen, die ihren Sitz in Bad Grönenbach hat.

Hier haben wir eine falsche Rücksicht genommen, hier hätten wir rechtlich sauber entscheiden müssen. Wenn wir im Fall von Stegaurach und Walsdorf den Austritt befürworten, hätten wir es bei Wolfertschwenden auch tun müssen. In der nächsten Legislaturperiode wird es dann ganz sicher auch so passieren. Wir wollen es schon in dieser Legislaturperiode und bitten deshalb um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Dem Gesetzentwurf der Staatsregierung werden wir ebenfalls zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Frau Kollegin Kamm steht bereit. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bei uns in der Analyse der wirtschaftlichen Situation der Kommunen Bayerns festgestellt, dass Kommunen in demografisch schwierigen Regionen, Kommunen in Gebieten mit Strukturkrisen unter besonderen Finanzproblemen leiden. Man kann aber auch das Muster erkennen, dass es insbesondere kleine Kommunen und kleine Verwaltungsgemeinschaften schwer haben, ihre Aufgaben mit den vorhandenen finanziellen Mitteln zu erfüllen. Ich kann den Wunsch, selbstständig zu sein und selbstständig handeln zu wollen, sehr gut verstehen. Ich halte es für gut, wenn Orte so viel wie möglich selbst gestalten. Dennoch halte ich Verwaltungsgemeinschaften für sinnvoll, um den Kostendruck zu reduzieren und um Verwaltungsaufgaben sinnvoll zu bewältigen.

Daher möchte ich dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zustimmen und den Kommunen Bayerbach, Rain und Pleinting sagen, dass es wichtig wäre, noch einmal darüber nachzudenken, was an eigenständigen Aktivitäten unternommen werden kann, ohne die Verwaltungsgemeinschaft zu verlassen.

Wir haben ein Gespräch mit Vertretern aus Wolfertschwenden und Bad Grönenbach geführt. Dort besteht eine besondere Problematik; denn wir haben dort nicht das vorgefunden, was man sich von Verwaltungsgemeinschaften wünscht. Man wünscht sich, dass in den unterschiedlichen Orten ein angemesseneres Verwaltungsangebot dargestellt wird und Sprechstunden angeboten werden. Leider ist die Zusammenarbeit zwischen Wolfertschwenden und Bad

Grönenbach nicht in diesem Sinne erfolgt. Aus diesem Grunde − und nur aus diesem Grunde − stimmen wir dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER zu.

Ich möchte noch etwas zu der Gemeinde Rain am Lech sagen. Natürlich könnte Rain am Lech eine gute eigenständige Kommune sein. Allerdings sind die Kommunen Holzheim, Münster, Niederschönenfeld und Genderkingen, die rund um Rain am Lech liegen und jeweils um die 1.000 Einwohner haben, nicht in der Lage, eine vernünftige Verwaltungsgemeinschaft zu bilden. Ich glaube, insgesamt lebt man doch zusammen besser als allein. Deshalb sollte auch die Stadt Rain ihr Begehren noch einmal überdenken.

(Jörg Rohde (FDP): So ist es!)

Daher bitte ich um Zustimmung zum Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER und zum Gesetzentwurf der Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat noch Herr Kollege Rohde das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schwimmer von der CSU hat schon das Wesentliche gesagt und die Fakten vorgetragen. Natürlich stimmt die FDP-Fraktion diesem Gesetzentwurf zu, der besagt, dass sich die Gemeinden Walsdorf und Stegaurach trennen. Beide Gemeinden haben jeweils mehr als 2.000 Einwohner und können damit eigenständig sein. Wir wünschen den beiden selbstständigen Gemeinden alles Gute für die Zukunft, die sie jetzt selbst gestalten können.

Die Gemeinden Wolfertschwenden und Bayerbach haben weniger als 2.000 Einwohner. Ich möchte an uns appellieren, die 2.000-Einwohner-Grenze strikter zu handhaben, da wir die demografische Entwicklung in Bayern im Blick haben müssen. In den Jahren 2030 und 2050 werden wir ein paar Bayern weniger sein. Dann werden wir die Strukturen in die andere Richtung anpassen müssen. Deshalb sollten wir bei jedem Schritt, den wir gehen, sehr vorsichtig sein. Für die Gemeinden Bayerbach und Wolfertschwenden bedeutet dies, dass sie in der Verwaltungsgemeinschaft bleiben. Herr Kollege Pohl, wenn die Dynamik positiv ist, werden diese Gemeinden eben bei der nächsten Überprüfung dabei sein. Ich bitte deshalb die Gemeinden um Geduld. Wenn der Weg gut ist, wird er zum Erfolg führen.

Ich möchte noch an die Petition der Gemeinde Pleinting erinnern, die ebenfalls die Freiheit fordert. Diesem Wunsch können wir jedoch aufgrund der Einwohnerzahl nicht entsprechen.

Mir verbleiben noch ein paar Minuten, die ich auf die Verwaltungsgemeinschaft Rain und den Antrag der SPD verwenden möchte. Liebe Frau Kollegin SchmittBussinger, der Schlüssel zur Freiheit der Stadt Rain ist die Gemeinde Niederschönenfeld, die nur 1.400 Einwohner hat und signalisiert, dass sie keinen Partner in einer anderen Verwaltungsgemeinschaft bekommt. Eine Gemeinde würde übrig bleiben. Die vier Gemeinden sind räumlich nicht verbunden. Die Stadt Rain liegt in der Mitte, zwei Gemeinden liegen im Norden, zwei Gemeinden im Süden. Deswegen müssen wir eine Lösung finden, was mit der Gemeinde Niederschönenfeld passieren soll. Wenn wir diese Lösung haben, sind wir dem Schritt zur Freiheit für Rain näher. Da diese Lösung nicht auf dem Tisch liegt, können wir dem Änderungsantrag nicht nähertreten und müssen ihn ablehnen.

Ich bitte also um Zustimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung und um die Ablehnung der beiden Änderungsanträge.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/13462, der Änderungsantrag auf Drucksache 16/13866 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf Drucksache 16/14940 zugrunde.

Vorweg lasse ich über den vom federführenden Ausschuss zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsantrag auf Drucksache 16/13866 abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 16/13866 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. − Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. − Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Stimmenthaltungen? − Keine. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/13462 empfiehlt der federführende Ausschuss zur unveränderten Annahme. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. − Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der SPD, der FREIEN WÄHLER, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. − Keine. Stimmenthaltungen? − Auch keine. Damit ist dem Gesetzentwurf zugestimmt worden.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. − Das sind alle Fraktionen des Hauses und Frau Kollegin Dr. Pauli. Gegenstimmen? − Keine. Stimmenthaltungen? − Auch keine. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel "Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften".

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 2)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 2)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. − Danke schön. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. − Stimmenthaltungen? − Keine. Damit übernimmt der Landtag einstimmig diese Voten.

Der Tagesordnungspunkt 14, das ist der Antrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Renate Will, Julika Sandt und anderer und Fraktion (FDP), Modellversuch "Wirtschaftsschule ab der 6. Jahrgangsstufe"

starten, Drucksache 16/13196, hat sich erledigt. Er wurde im letzten Plenum noch abschließend beraten.

Ich rufe noch Tagesordnungspunkt 15 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Fluglärmgesetz ändern und Bundesregierung und Bundesrat zur sofortigen Umsetzung der Erkenntnisse über Fluglärm und Flugzeugabgase als Gesundheitsrisiko anhalten (Drs. 16/13092)

Ich brauche die Aussprache nicht zu eröffnen, da man sich geeinigt hat, keine Aussprache durchzuführen.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen damit gleich zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/14682 die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen der Beschlussempfehlung dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. − Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. − Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Stimmenthaltungen? − Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schließe ich die Sitzung. Herzlichen Dank und einen schönen Abend. Die Sitzung ist geschlossen.