Weiterhin hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag gestellt, erneut zu überprüfen, obwohl im September bereits eine entsprechende Überprüfung vonstatten gegangen ist, ob auch heute noch die Voraussetzungen für die Unterbringung vorliegen oder nicht. Das, meine ich, ist sowieso der wesentliche Teil dieser gesamten Überprüfung.
Meine Damen und Herren, hier wird vom Gutachter Simmerl gesprochen, der in einem Betreuungsverfahren zuständig war. Es trifft nicht zu, dass dieses Gutachten später überhaupt keine Berücksichtigung gefunden hat. Selbstverständlich wird jährlich überprüft, ob ein Mensch, der bei uns in der Psychiatrie untergebracht worden ist, auch weiterhin dort untergebracht werden soll.
Das Gutachten des Gutachters Simmerl ist selbstverständlich in die nächste Überprüfung eingeflossen; denn es wurde sofort vom entsprechenden Gericht an die Vollstreckungskammer gegeben. Ich kann Ihnen sagen: Drei Fachärzte waren im Hinblick auf diese Unterbringung einbezogen. Ich möchte das noch einmal sehr klar sagen: Drei Fachärzte, qualifizierte, hoch renommierte Fachärzte der Psychiatrie, Fachärzte, die zertifiziert sind, darunter ein Facharzt, der übrigens auch von der Verteidigung des Betroffenen M. gewünscht worden war. Dieser Facharzt hat im Jahr 2010 den Betroffenen M. mehrere Stunden lang exploriert und ein entsprechendes Gutachten geschrieben.
Es trifft also nicht zu, wie immer wieder suggeriert wird, dass ein Gericht einfach nur eine Entscheidung getroffen hat. Vielmehr ist diese Entscheidung auf der Grundlage fachärztlicher Gutachten getroffen worden. In diesen fachärztlichen Gutachten wurde festgestellt, dass der Betroffene M. eine Straftat begangen hat,
dass er psychisch krank ist und dass er für die Allgemeinheit gefährlich ist und deswegen untergebracht werden soll. Deswegen haben die Gerichte entsprechend entschieden.
Nichtsdestotrotz werden, wie ich es soeben schon gesagt habe, die Staatsanwaltschaften die Überprüfungen beantragen. Ich sage "beantragen"; denn die Entscheidung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ob die Wiederaufnahme ins Leben gerufen wird und ob jetzt die Überprüfung der Unterbringung unter Beiziehung eines externen Gutachters, so wie das die Staatsanwaltschaft beantragt hat, erfolgt, trifft niemand anders als die Gerichte. Das muss ich noch einmal ganz klar sagen. Das ist Rechtsstaat. Im Sinne dieses Rechtsstaats haben wir gehandelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Justiz und das Recht nicht so schnell sind, wie das inzwischen oftmals unsere Gesellschaft ist, das mag für den einen oder den anderen bedauerlich sein.
Ich denke aber, dass die Justiz und die Gerichtsverfahren in diesem Land Zeit brauchen, um ordnungsgemäß zu prüfen. So und nicht anders, Herr Aiwanger.
Herr Aiwanger, wenn ich eines noch sagen darf: Wenn Sie sich mit dem Verfahren befasst hätten, würden Sie feststellen, dass das, was Sie hier sagen, nicht stimmt. Es stimmt nicht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male hören wir immer wieder die gleiche Leier. Leider muss ich das so sagen. Eigentlich hat sich überhaupt nichts geändert, mit einer Ausnahme: Man versucht, der Ministerin in irgendeiner Art und Weise an den Karren zu fahren. Meine Damen und Herren, das wird wieder schiefgehen. Dadurch, dass Sie nur schreien, aber keine neuen Fakten bringen, werden Sie uns mit Sicherheit nicht aus der Ruhe bringen können.
- Herr Aiwanger, würden Sie sich mit diesen Sachen besser auskennen und dann reden, wären Sie draußen besser angesehen.
Meine Damen und Herren Kollegen, was hat die Ministerin falsch gemacht? - Sie hat sich nicht in die Rechtsprechung eingemischt. Sie hat keine Weisungen ausgegeben. In einer Zeit, als es wirklich fraglich war, wie es weitergehen soll, hat sie zunächst einmal diejenigen handeln lassen, die dafür zuständig sind. Das steht so im Grundgesetz. Laut unserer Verfassung haben wir drei Säulen. Die Justiz ist eine davon. Diese soll auch weiterhin unabhängig bleiben.
Herr Streibl, Sie müssen sich die Frage, was Sie eigentlich wirklich wollen, gefallen lassen. In den letzten zwei Jahren haben Sie zweimal beantragt, dass die Politik der Staatsanwaltschaft keine Weisungen zu erteilen habe. In den letzten Wochen und heute kam immer wieder der gleiche Vorwurf: Die Ministerin soll eine Weisung erteilen. Meine Damen und Herren, werden Sie sich darüber einig, was Sie eigentlich wirklich wollen.
(Beifall bei der CSU und der FDP - Markus Rinderspacher (SPD): Das war doch Ministerpräsident Seehofer!)
Der nächste Punkt: Eigentlich tut das nur noch weh. Wir haben − das wird natürlich gerne übersehen − Gott sei Dank von der Justiz selber, nämlich vom Bayerischen Richterverein, eine Pressemitteilung erhalten, die ich nur unterschreiben kann. Herr Aiwanger, hören Sie genau zu. Es geht nach Form und Inhalt zum Teil um indiskutable Äußerungen zum Unterbringungsverfahren M. Der Bayerische Richterverein mahnt zur Rückbesinnung auf die gebotene Sachlichkeit in der öffentlichen Diskussion. Diese täte gut.
Es geht noch weiter. Herr M. − das wird immer gerne übersehen − befindet sich nicht in Verwahrung, weil irgendjemand irgendetwas gesagt hat, sondern weil durchgängige Gerichtsentscheidungen, nicht nur bis zum Oberlandesgericht, sondern bis zum BGH ergangen sind.
Meine Damen und Herren, erkennen Sie das doch endlich einmal an. Ich finde es unerhört − eben fiel das Wort - unseren Kollegen und der Rechtsprechung
gegenüber, dass von Dilettanten, Nichtswissern oder − so hieß es vorhin einmal - in Bezug auf unsere Leute von Deppen gesprochen worden ist. Das ist weder sachlich noch richtig. Es ist eine vollkommene und umfassende Prüfung durchgeführt worden. Das hat sogar der BGH bestätigt. Jedes Jahr wird erneut überprüft, inwieweit tatsächlich eine entsprechende Situation vorliegt.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Selbst wenn er nicht ganz dicht sein sollte, kann die Aussage stimmen!)
Herr Aiwanger, es gibt einige Kollegen, von denen ich gerne Zwischenrufe entgegennehme, weil sie geistreich sind. Sie gehören nicht dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute geht es darum, zu fragen, wie es weitergehen soll. Wie soll es weitergehen? Wir wollen, dass die Untersuchungen durchgeführt werden. Frau Ministerin, ich stehe voll dazu, dass es zutreffend war, ein Wiederaufnahmeverfahren aufgrund der jetzt bekannten Tatsachen überprüfen zu lassen. Die anderen Fragen über die Berechtigung der Einweisung und ähnliche sollen nicht von uns geprüft und nicht von uns entschieden werden, sondern von unabhängigen Gerichten.
Dafür bin ich von Herzen dankbar. Diese Art und Weise der Diskussion ersparen wir uns bitte in Zukunft. Das hat weder etwas mit Demokratie noch mit der Beachtung der Verfassung zu tun.
(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FREIE WÄHLER): Das muss alles geklärt werden!)
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich kurz auf die Ministerin eingehen. Sie
behaupten gegenüber der Opposition, dass wir die Täter wären. Ihre Beschwerde müssen Sie zunächst einmal an den Ministerpräsidenten richten. Wir haben in aller Sachlichkeit darauf hingewiesen, dass wir aufgeklärt werden wollen, und zwar detailliert und sachlich. Wenn sich jemand aus der Regierung, sozusagen Ihr Chef, einmischen muss, um Bewegung in den Laden zu bringen, sollten Sie das beide untereinander ausmachen und nicht mit dem Finger auf die anderen zeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die SPD-Fraktion möchte ich feststellen, dass wir vollstes Vertrauen in die bayerische Justiz haben. Wir haben vollstes Vertrauen in deren Kompetenz. Wir haben vollstes Vertrauen in die Unabhängigkeit unserer Justizbehörden. Wir haben ebenfalls vollstes Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Wenn wir das Vertrauen nicht mehr hätten, könnten wir einpacken.
Wir von der SPD wünschen uns eine Stärkung unserer Justiz. Wir wünschen uns und fordern − dazu haben wir schon Haushaltsanträge eingebracht − mehr Richter und Richterinnen. Wir brauchen mehr Staatsanwälte und Staatsanwältinnen. Wir fordern mehr Justizbeamte und Unterstützung für die Finanzbehörden, damit diese gut ausstaffiert sind. Wir brauchen viele Steuerfahnder. Das haben wir schon gemerkt. An dieser Stelle blocken jedoch Sie, nicht wir. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen.
Heute und hier geht es nicht um die Justiz, vor die wir uns in aller Breite stellen. Liebe Frau Ministerin, das hätten vielmehr Sie tun müssen. Sie als Ministerin müssen sich vor Ihre Justiz stellen und nicht immer mit dem Finger auf die anderen zeigen und sagen: Die reden alle schlecht. Sie haben bisher keine Flagge gezeigt. Sie haben das letzte Mal stumm auf Ihrer Bank gesessen. Sie haben kein Wort zu dem gesagt, worüber diskutiert wird.
Deshalb müssen wir noch einmal deutlich sagen: Die Chronologie des Falls Mollath sieht wie folgt aus: Am 14. Dezember 2011 − fast auf den Tag genau vor einem Jahr − hat das Plenum getagt. Wir haben einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, den Fall Mollath im Hinblick auf den ARD-Bericht in "Report Mainz" aufzuklären. Dieser ist angenommen worden und das
Thema sollte dann am 08.03. im Verfassungsausschuss behandelt werden. Das ist auch geschehen, aber es sind drei Monate ins Land gegangen. Keine Aussage und keine Inhalte von der Ministerin und auch keine kompetenten Angaben, die man hätte nachvollziehen können. Das ging so weiter und der Vorgang wurde nicht aufgeklärt.
Der nächste Punkt: Dringlichkeitsantrag der SPD im Landtagsplenum − gemeinsam mit den GRÜNEN − am 14.11.: Bericht über den Umgang mit Steuerhinterziehung, Geldwäsche und der sogenannten Schwarzgeldaffäre. Auch hier wieder keine klare Aussagen, sondern nur ein Rumgeeiere.
Und so geht es weiter. Landtagsplenum der letzten Woche am 28. November: Wieder Anträge von SPD, FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN, und die Ministerin traut sich nicht einmal an das Mikrofon. Sie traut sich nicht, Flagge zu zeigen, einmal Rede und Antwort zu stehen und auch den Beschäftigten der Justiz zu zeigen: Ich stehe vor euch, und ihr braucht euch keine Sorgen zu machen.