Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen, zum Naturschutz, der einen breiten Teil dieser Regierungserklärung eingenommen hat. Von meiner Seite aus geht erst einmal der Dank an alle ehrenamtlich Aktiven in unserem Land, seien es diejenigen, die Arten erfassen und zählen, oder diejenigen, die im Biotopschutz aktiv sind. Ohne diese Menschen sähe es in unserem Land noch wesentlich düsterer aus, als es ohnehin schon aussieht.
Sie haben kurz das Thema Flächenverbrauch angerissen. Jährlich leisten wir uns nach wie vor den Verbrauch einer Fläche fast in der Größe des Chiemsees für Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen:
18 Hektar pro Tag, so die aktuellste vorliegende Zahl, das ergibt aufs Jahr gesehen fast die Fläche des Chiemsees. Dieser Wert stellt eine Schande für unser Land dar; denn hier wird mit der Landschaft geaast.
Sie haben hier keinerlei Ziele vorgegeben. Die Bundesregierung hat eine nationale Strategie und möchte den Flächenverbrauch deutschlandweit auf 30 Hektar reduzieren. Auf Bayern heruntergerechnet würde das 5 Hektar pro Tag bedeuten. Zu solchen konkreten Forderungen der Bundesregierung äußern Sie sich nicht, Sie sagen nur, der Flächenverbrauch sei zu hoch. Das ist zwar eine wichtige Feststellung, aber in diesem Zusammenhang arg dürftig. Wir brauchen eine deutliche Reduzierung. Verglichen mit den anderen Bundesländern liegen wir in Bayern beim prozentualen Anstieg des Verbrauchs an Fläche von 1992 bis 2011 an der fünften Stelle. Vier Länder liegen zwar vor uns, aber das sind alles ostdeutsche Länder, bei denen die Projekte der deutschen Einheit durchgeschlagen haben. Beim Flächenverbrauch stehen wir unter den westdeutschen Ländern leider an der Spitze. Ich sage noch einmal: Was hier in unserem Land passiert, ist in meinen Augen eine Schande.
Die nächste Keule, die Sie auspacken, ist die geplante Neuregelung für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Da verwenden Sie das schöne Wort der Flexibilisierung, ohne dass Sie das mit Fakten hinterlegen und sagen, wohin Sie wollen. Sie haben keinen Ton zu dem von der FDP vorgelegten Antrag gesagt, dass die Realkompensation mit der finanziellen Kompensation gleichgesetzt werden soll. Da schweigen Sie.
- Da redet die FDP, aber wo bleibt denn eine Aussage der CSU während der Regierungserklärung dazu? Man kann doch nicht einfach sagen, wir wollen das Ganze flexibilisieren, ohne zu konkreten Punkten eine Aussage zu treffen. Sie haben die schöne Worthülse verwendet: Naturschätze dürfen nicht zur reinen Handelsware werden. Richtig! Mit dem aber, was die FDP vorhat, mit der Gleichsetzung von Real- und finanzieller Kompensation wird unsere Landschaft zur reinen Handelsware, dann sind wir mitten im Ablasshandel, den wir nie haben wollten.
Sie kündigen groß an, Sie wollen erreichen, dass 50 % der auf der Roten Liste erfassten Arten um eine
Stufe weniger gefährdet sein sollen. Das ist zwar ein hehres Ziel, aber wenn ich sehe, wie Sie mit den elf Anträgen von uns im Umweltausschuss in der letzten Woche umgegangen sind − Sie haben alle elf Anträge zum Naturschutz abgelehnt -, dann frage ich mich, wie Sie es schaffen wollen, die Rote Liste zu kürzen. Sie hatten schon einmal das Ziel, den Artenschwund bis 2010 auf null zu bringen. Das haben Sie nicht geschafft, und jetzt sagen Sie, dann machen wir das bis 2020. Bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie, bei der Umsetzung des Werks, das Natura 2000 heißt und das bis 2000 hätte abgeschlossen sein sollen, haben Sie noch nicht einmal die Hälfte der Managementpläne erstellt. Bei der Umsetzung der in den Managementplänen enthaltenen Forderungen sind Sie fast noch beim Stand null. Das kann nicht sein!
Heute kündigen Sie wieder schön an, dass Sie sich um die endemischen Pflanzenarten kümmern. Was ist denn mit den endemischen Tierarten? − Fehlanzeige! Haben Sie dafür keine Verantwortung, oder wie ist das?
Dann spricht Kollege Hünnerkopf zum Grünland, das mittlerweile in Bayern die galoppierende Schwindsucht hat.
− Kollege Füracker, es ist so. Ich habe wieder eine Anfrage zum Thema Flachlandmähwiesen gestellt. In manchen Bereichen sind nur noch 3 % vorhanden. Kollege Hünnerkopf hat von einem "wachsamen Auge" gesprochen. Kollege Hünnerkopf, ein wachsames Auge reicht nicht, sondern hier ist Handeln angesagt. Handeln ist hier dringend erforderlich.
Ich möchte noch einige Takte zum Thema Donau sagen. Natürlich ist das erst einmal grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung.
Sie haben sich dabei aber ein Hintertürchen, groß wie ein Scheunentor, offengelassen; denn Sie sagen zu einem wesentlichen Punkt, zu den entscheidenden letzten 16 Kilometern, Herr Seehofer: nicht während meiner Amtszeit.
Sie lassen das Ganze nach hinten offen. Die Naturschutzverbände haben das nicht ohne guten Grund kritisiert. Damit bleibt das Thema offen, und wir werden den Finger immer wieder in diese Wunde legen.
- Nicht geschimpft ist gelobt genug. Wir sollten ein bisschen in die Presse sehen, was sie zum Handeln der Staatsregierung geschrieben hat, Stichwort Raumordnungsverfahren. Da haben Sie die Variante A ausgeschlossen. Ich zitiere aus dem Raumordnungsverfahren vom 08.03.2006, das die Staatsregierung, nicht die Bundesregierung, zu verantworten hat: "Der Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen an der Donau entlang der Variante A entspricht nicht den Erfordernissen der Raumordnung." Das haben Sie gesagt.
- Damals waren Sie noch nicht Ministerpräsident. Das war die alte Regierung, aber ein paar davon sind schon noch dabei. Sie haben das so herbeigeführt. Ich trage einige Pressezitate dazu vor. So berichtet die "Mittelbayerische Zeitung" vom 03.03.2010: Die Staatsministerin − in dem Fall Frau Emilia Müller − hat am Rande des bayerischen Donauforums am Montagvormittag in Regensburg gesagt, dass der Fluss mehr als 280 Tage im Jahr offen sein müsse und sich die FDP, die in diesem Punkt innerhalb der Bayerischen Staatsregierung anderer Ansicht sei, sich schon noch auf Kurs bringen lasse. Während sich nämlich die CSU für die Errichtung einer Staustufe ausspricht, möchten die Liberalen die Donau naturnah und ohne Staustufe ausbauen.
Die Donauausbauvariante C 280 bleibt weiter im Rennen, das erklärte gestern Erwin Huber. Am Sonntagvormittag hätten die Spitzen von CDU/CSU und FDP entschieden, eine Formulierung des Umweltausschusses, wonach sich die neue schwarz-gelbe Bundesregierung gegen weitere Staustufen in der Donau ausspreche, nicht in den Koalitionsvertrag zu übernehmen. Damit war das Veto, das Ilse Aigner gegen diese Formulierung eingelegt hat, erfolgreich, so Huber. Der
Druck, den die Unionsverkehrspolitiker und die Niederbayern-CSU gemacht hätten, halte somit den Donauausbau für weitere Verhandlungen und Gutachten offen.
Ich weiß, dass euch das peinlich ist. Zuletzt trage ich noch aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 05.11.2009 vor:
Vermutlich war die Gleichzeitigkeit Zufall, dem Streit um den Donauausbau verlieh sie trotzdem Wucht. Am Mittwoch bekannte sich Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer erstmals eindeutig zum Bau einer Staustufe und dem Durchstich der Mühlhamer Schleife. Er sei dezidiert für diese Lösung, sagte Seehofer der Mittelbayerischen Zeitung.
Gut, Sie haben sich eines Besseren belehren lassen, und insofern sage ich in gewisser Hinsicht: Hut ab! In der Regierungserklärung − das ist durchaus erfreulich − heißt es, dass die frei fließende Donau für unsere Heimat ein großer Schatz ist und dass die Bevölkerung vor Ort dafür kämpfen wird. Was ist denn mit der Bevölkerung in anderen Landesteilen, die für ihre Heimat genauso berechtigt kämpft, im Isental, wo der Umweltminister zum Spatenstich für die Autobahn hinfährt, im Erdinger Moos, wo Sie uns ab 20. März in einen Prozess vor dem VGH reinzwingen?
Die Leute kämpfen dort mit gleicher Überzeugung für ihre Heimat wie die Bevölkerung an der Donau, aber dort ziehen Sie Ihre Planungen durch. Was Sie hier gemacht haben, ist in Ordnung, aber das sollten Sie an anderer Stelle in Bayern auch bringen.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER − Zuruf des Abgeordneten Al- bert Füracker (CSU))
Ich gehe noch kurz auf das Thema Wasser ein. Zur Wasserrahmenrichtlinie findet sich in der Regierungserklärung nichts, Fehlanzeige! Das ist aber eine der wichtigsten Richtlinien in der Europäischen Union. Da geht in Bayern sehr wenig weiter. Wir sagen ein klares Nein zur Privatisierung des Wassers. Ich habe jetzt nicht mehr viel Redezeit, sondern sage nur ganz klar: Wir stehen dazu. Wir sagen auch ein klares und deutliches Nein zum Fracking. Wir als Fraktion sagen zur Schiefergasförderung ein klares und deutliches Nein.
Ich habe jetzt nicht mehr die Zeit, die ich gerne hätte, um zum Lebensmittel- und Futtermittelskandal zu sprechen. In den letzten Wochen sind in unserem Land wieder mehrere Skandale aufgeschlagen, und sie zeigen den Wahnsinn in der Ernährungsindustrie und den Wahnsinn dessen, was wir da treiben. Beim Pferdefleisch sind Strukturen der organisierten Kriminalität unterwegs. Man muss klar und deutlich sagen: Das System der Eigenkontrolle durch die Industrie ist gescheitert.
Wir müssen das Kontrollsystem in diesem Zusammenhang auf neue Füße stellen und müssen mit einem starken Staat die Kontrollen zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger durchziehen.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sie haben von Bayern als einem Land der Schönheit gesprochen. Diese Schönheit wird bedauerlicherweise täglich Stück für Stück weniger, und das wird durch diese Bayerische Staatsregierung verursacht. Dies muss dringend geändert werden.
Die nächste Rednerin hatte ich schon angekündigt. Frau Sandt, Sie bekommen jetzt das Wort. Ihnen folgt dann Herr Dr. Zimmermann. Bitte schön, Frau Sandt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im Glücksatlas, den die Deutsche Post jedes Jahr ermitteln lässt,
wird die Lebenszufriedenheit der Menschen in verschiedenen Bundesländern erhoben. Wen wundert’s, die Bayern sind besonders zufrieden. Allerdings ist die Zufriedenheit zurückgegangen. In den Jahren 2001 bis 2009 wurde nicht gemessen. Aber 2009 wurde gemessen, und seit 2009 steigt das Glück der Bayern kontinuierlich an. Gemessen wird unter anderem die Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen, aber auch mit dem Einkommen und mit der Arbeit. Unsere Bürger fühlen sich also im Gesundheitsland Bayern wohl. Wir wollen, dass das so bleibt.