Christian Magerl
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Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mit einem Dank beginnen, zuallererst an die SPD-Fraktion, die dieses Thema so umfassend auf die Tagesordnung gesetzt hat. Ich weiß, dass auch es eine erhebliche Arbeit ist, Fragen zu formulieren und sie auszuarbeiten. Ich habe selber schon Interpellationen gemacht. Eine steht noch aus. Ich möchte auch allen Beamten und Angestellten im Ministerium danken, die – ich hoffe, nach bestem Wissen und Gewissen – versucht haben, die gestellten Fragen zu beantworten und uns Auskunft zu geben.
Das ist mit Sicherheit – Herr Kollege Wörner, Sie haben es schon erwähnt – ein Steinbruch für zukünfti
ge Generationen, für die nächste Legislaturperiode. Daran müssen wir umfassend arbeiten.
Wir können Material und Informationen herausziehen, in den Antworten steckt aber auch – das ist ganz wesentlich, und das werden wir in Zukunft herausarbeiten müssen – eine Menge von Handlungsaufträgen. Das gilt einmal für den Teil, in dem die Antwort lautet: Wir können das nicht beantworten. Hier müssen wir nachfordern und sagen: Wir möchten aber ganz gerne noch die Antwort haben. Das gilt zum anderen aber auch in den Bereichen, wo es zu handeln gilt, weil die Situation eben nicht so ist, wie sie eigentlich sein müsste. Herr Kollege Wörner, das haben Sie an vielen Punkten herausgearbeitet und das möchte ich auch unterstreichen. Ich möchte nicht alles wiederholen; wir haben ähnliche Vorstellungen, was das Wasser anbelangt.
Das, was ich kritisieren muss, steht gleich im ersten Absatz der Vorbemerkungen. Das zeigt, woran es hier eigentlich hapert und warum wir in vielen Bereichen nicht so weit sind und nicht so weit gekommen sind, wie wir eigentlich kommen müssten. Ich zitiere:
Die in Bayern seit Jahrzehnten herausgebildeten und konsequent verfeinerten Strategien und Grundsätze eines integrierten Wasserressourcenmanagements sowie die wasserrechtlichen Grundlagen sind europa- und weltweit vorbildlich und stellen längst einen begehrten Exportartikel dar.
Ja, Kollege Halbleib, das Universum hätte eigentlich noch mit hineingehört. – Diese Überheblichkeit ist nicht mehr zu akzeptieren. Wir stehen sicherlich nicht schlecht da. Dass wir schlecht dastehen, möchte ich gar nicht sagen. Es gibt Bereiche, in denen wir viel erreicht haben. Aber es gibt auch enorm viele Bereiche, in denen wir nicht als Vorbild für die Bundesrepublik, Europa oder die Welt gelten können. Diese Überheblichkeit sollten Sie, auch wenn Wahlkampf ist, ablegen. Sonst sage ich wirklich einmal: Jetzt möchte ich das Benchmarking haben, sodass sie wirklich für alle 200 anderen Länder in der Welt die Vergleiche nennen müssen, was die Wasserversorgung, das Abwasser und ähnliche Dinge anbelangt.
Zum Glück kommen Sie gleich im ersten Punkt, bei den Oberflächengewässern, zu einer etwas realistischeren Einschätzung. Nehmen wir die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Wir haben wieder und wieder kritisiert, dass sie bei uns viel zu schleppend verläuft und dass Sie, ähnlich wie beispielsweise bei der FFH-Richtlinie oder bei der Vogelschutzrichtlinie, nicht da sind, wo Sie eigentlich schon sein sollten. Auch hierzu zitiere ich:
In Bayern erfüllen derzeit 169 von 813 Flusswasserkörpern die europäischen Vorgaben der Kriterien des guten ökologischen Zustands.
Das heißt: 169 von 813 erfüllen sie. Über 600, fast 700, erfüllen sie also nicht. Da muss ich sagen: Das, was hier an Leistungen erbracht worden ist, ist auch wieder ungenügend. Es muss zwingend Gas gegeben werden und wir müssen hierbei dringend weiterkommen.
Wenn man sich einmal die Funktionen und die Ansprüche anschaut, die die Gesellschaft teilweise an die Flüsse stellt, dann sieht man auch das Problem, Herr Staatsminister. Zu der Frage, welche Funktion die Flüsse haben, sagen die einen, das sei der Lebensraum, wir brauchten sie für den Naturschutz, andere sagen, wir brauchten sie für den Hochwasserschutz, für die Trinkwassergewinnung seien sie teilweise notwendig, wiederum andere sagen, die Flüsse brauchten wir für Freizeit und Erholung, andere sagen, sie seien wichtig für unsere Stromerzeugung, wir brauchten sie als Wasserstraße und wiederum andere sagen: Das ist unser Vorfluter für die Abwasserentsorgung.
Das heißt, unsere Flüsse und Gewässer müssen eine Riesenpalette an Funktionen erfüllen, und wir müssen schauen, dass wir diese unter einen Hut bringen. Die Eingriffe der Vergangenheit scheinen in dieser Interpellation teilweise auf. Diese Eingriffe erfolgten im Laufe von Jahrhunderten. Die Situation, bei der wir jetzt stehen, ist nicht erst ein Produkt der Jetzt-Zeit. Auch die Situation bei der Moorentwässerung ist kein Produkt der Jetzt-Zeit, sondern man muss dabei bis zu Max Emanuel und noch weiter zurückgehen. Wir haben Flusskorrekturen, Begradigungen, Eintiefungen, Eindeichungen, wir haben Wasserstraßenbau, wir haben die Versiegelung und die Verbauung generell, speziell auch in Hochwasserrückhaltegebieten und Überschwemmungsbereichen, wir haben Wasserentnahmen, wir haben Talsperren, wir nehmen Kühlwasser aus dem Ganzen heraus, wir leiten Unmengen von Schadstoffen wie Stickstoff und Phosphor ein, die zu Eutrophierungen führen, es gibt Belastungen durch toxische Stoffe, durch Medikamente und Ähnliches. Die Liste ist nicht vollständig. Sie ließe
sich sehr lange fortsetzen und zeigt bereits, welche Probleme wir in dem Zusammenhang haben. Ich habe mir angeschaut, was Sie getan haben, um diese Entwicklung zurückzudrehen. Zum Stichwort "Lebensraum Wasser und Renaturierung" schreiben Sie, dass 77 % der zu erstellenden Gewässerentwicklungskonzepte abgeschlossen sind. 77 % ist ein brauchbarer Wert. In der Beantwortung steht aber nicht, wie viele dieser Gewässerentwicklungskonzepte sich in der Umsetzung befinden oder bereits umgesetzt sind. Ein Konzept ist eine schöne Geschichte. Frau Kollegin Stewens, ich kann mich noch daran erinnern, dass Sie als Staatssekretärin im Umweltministerium zusammen mit dem Landesamt für Wasserwirtschaft – ich war selber dabei – das Konzept für die Isar von München bis Landshut vorgestellt haben. Es war ein sehr dicker Band.
Es war eine hervorragende Arbeit der Fachleute. Vieles davon ist aber nicht umgesetzt. Wir können gerne einmal von München nach Landshut radeln, dann zeige ich Ihnen, dass nur Bruchteile davon umgesetzt worden sind. Die Umsetzung scheiterte nicht an der Finanzierung, denn Eon muss dieses Konzept zu drei Vierteln aus Ersatzgeld mitfinanzieren. Auf die Frage, was getan wurde, um diese Konzepte umzusetzen, fehlt mir die Antwort. Nachdem ich viel an und auf Flüssen in Bayern unterwegs bin, weiß ich, dass von dem, was Sie hätten umsetzen müssen, bedauerlicherweise sehr wenig umgesetzt wurde. Auf der Seite 13 ziehen Sie unter der Ziffer IX ein Fazit. Über das Hochwasser werden wir anschließend diskutieren. Die Interpellation ist vor dem Hochwasser geschrieben worden. Wenn Sie an dieser Stelle schreiben, dass der Hochwasserschutz weit vorangeschritten ist, sind Sie etwas arg überheblich. Wir werden darüber noch diskutieren. An einigen Stellen ist der Hochwasserschutz sicher etwas vorangegangen. Sie können aber nicht sagen, dass der Hochwasserschutz an vielen Stellen weit vorangeschritten ist. Das muss man kritisieren.
Hochwasserschutz – Kollege Runge hat es heute Nachmittag bei der Regierungserklärung schon gesagt – ist für uns in erster Linie Renaturierung und ökologischer Hochwasserschutz. Investitionen in den Hochwasserschutz sind für uns rentable Investitionen. Wir müssen uns nur die von Ihnen ermittelten Schadenssummen anschauen. Beim Pfingsthochwasser 1999 waren es 345 Millionen, beim Hochwasser 2002 ca. 200 Millionen Euro und beim Augusthoch
wasser 2005 172 Millionen. Jedes Mal waren es dreistellige Millionenbeträge. Deshalb rentieren sich Investitionen in den Hochwasserschutz besser als manche andere staatlichen Investitionen. Das sollte uns in den Diskussionen über den Hochwasserschutz bewusst sein.
Ich möchte noch einige Punkte aus der Interpellation herausgreifen, um auch unsere Positionen klarzumachen. Ein Punkt ist die Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Da bin ich mit dem EU-Richtlinien-Vorschlag, über den auf EU-Ebene diskutiert wird, in keiner Weise einverstanden. Da frage ich mich schon, wie auf Bundesebene agiert wird. Ich muss mir nur die Protokolle der Debatten anschauen.
Ich zitiere jetzt ganz bewusst niemand von den GRÜNEN, von der SPD oder von den Linken, sondern ich zitiere Dr. Georg Nüßlein, seines Zeichens Bundestagsabgeordneter der CSU. Er sagte im letzten Jahr bei der Debatte über den Richtlinienentwurf:
Die Frontlinie gegen den Vorschlag steht auf nationaler wie auf europäischer Ebene wie selten in großer überparteilicher Einigkeit, mit einer kleinen Ausnahme: Das FDP-geführte Bundeswirtschaftsministerium, und damit leider auch unser Koalitionspartner, die FDP-Bundestagsfraktion, können sich mit der breiten Mehrheit im Deutschen Bundestag, im Bundesrat, ja auch im Europäischen Parlament sowie bei allen kommunalen Spitzenverbänden und sämtlichen kommunalen Wirtschaftsverbänden nicht anfreunden und zeigen sich dem Vorschlag der EU-Kommission gegenüber zumindest offen, wenn nicht sogar hörig.
Das hat Ihnen ein CSU-Bundestagsabgeordneter zu dem Thema ins Stammbuch geschrieben. An anderer Stelle sagt er:
Das ist politisch enttäuschend und in der Sache fahrlässig, wenn nicht gefährlich.
Ja, es ist gefährlich, die Trinkwasserversorgung zu privatisieren. Deshalb sollten wir alles tun, dass das nicht realisiert wird. Trinkwasser ist das wichtigste Lebensmittel, das wir haben, darin sollten wir uns einig sein.
Ja, bitte.
In diesem Gebiet gab es keinerlei Probleme mit dem Hochwasser. Die Isar ist nur für wenige Stunden über das Bett hinausgetreten.
Wir können gerne hinausgehen und eine Exkursion machen. Der Halsbandschnäpper hat übrigens während des Hochwassers ganz schön gesungen.
Die Hochwasserschutzmaßnahme ist nicht vollendet worden. Der wesentliche Teil der Hochwasserschutzmaßnahme, nämlich die Spundwand im Deich, die gehalten und Freising geschützt hat, war vorhanden. Insofern bestand keine Gefahr in Verzug. Fertig gestellt werden muss noch die Dammkrone. Das ist jetzt für einige Zeit ausgesetzt worden. Von der Dammkrone war das Wasser aber noch etwa vier Meter entfernt. Freising ist damit kein taugliches Beispiel dafür, dass eine Hochwasserschutzmaßnahme Probleme verursacht hat, weil der Naturschutz berücksichtigt worden ist. Man muss auch noch einmal schauen, warum diese Maßnahme nicht rechtzeitig vor der Brutzeit der Vögel fertig gestellt worden ist. Wir haben hier ein Vogelschutzgebiet.
Die stoffliche Belastung unserer Gewässer hat Kollege Wörner schon angesprochen. Wir haben in etlichen Trinkwassergebieten Probleme mit Nitrat und Pflanzenschutzmitteln oder Pestiziden. Wir haben immer noch das seit vielen Jahren verbotene Atrazin und seine Metaboliten als Problem in unseren Wasserversorgungsanlagen. Auch hier sehe ich sehr großen Handlungsbedarf. Das ist immer noch ein sehr großes Problem. Auch dabei sind wir noch nicht da angelangt, wo wir hinsollen.
In dem Zusammenhang – Kollege Wörner hat es erwähnt – ist auch die Belastung mit Medikamenten zu nennen, die zum Teil vom Menschen über den Stoffwechsel ausgeschieden werden. Teilweise gelangen hormonell wirksame Substanzen aus anderen Bereichen, zum Teil auch Antibiotika aus der Landwirtschaft ins Wasser. Von denen wissen wir teilweise nicht, was sie anrichten. Deshalb müssen wir verschärft über die Frage einer vierten Klärstufe an unseren Kläranlagen diskutieren. Zumindest müssen wir dort, wo es Probleme gibt, in Richtung einer vierten Klärstufe kommen. Wir wissen, dass dadurch Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen, aber unser Wasser sollte uns dieses Geld Wert sein.
Die Moore möchte ich auch noch ansprechen. Ich sehe den Grünlandumbruch, der teilweise auch in Moorgebieten stattfindet, nicht ganz so locker wie Kollegin Müller. Der Grünlandumbruch ist nach wie vor ein Problem. Dem sollten wir uns stellen. Die Versiegelung und die Flächeninanspruchnahme – da gebe ich Ihnen völlig recht – sind die größeren Probleme. Das sollten wir in die richtige Relation setzen. Der Grünlandumbruch ist in den Überschwemmungsgebieten, aber auch außerhalb der Überschwemmungsgebiete ein Problem. In der Antwort der Staatsregierung steht, wie viel Ackerland in Überschwemmungsgebieten liegt, was auch nicht ganz unproblematisch ist.
An der Antwort auf die Interpellation stört mich, dass bei den Mooren viel zu wenig vorangeht. Die Maßnahmen an den Mooren sind nicht nur wichtig für den Hochwasserschutz und den Wasserschutz, sondern auch eine Frage des Klimaschutzes. Nicht befriedigen kann es mich, wenn auf die Frage nach der Renaturierung der Moore geantwortet wird:
Besonders aufwändig stellt sich die Renaturierung von Mooren dort dar, wo sie seit langer Zeit entwässert und intensiv landwirtschaftlich genutzt sind, wie die großflächigen Nieder- und Anmoorböden z.B. im Donaumoos und Donauried, Erdinger und Freisinger Moos. Ein genauer Flächenumfang
- da zeigt sich wieder die mangelhafte Datenlage –
lässt sich im Moment nicht angeben, …
Wenn wir nicht wissen, was auf uns zukommt, können wir auch schlecht kalkulieren, was wir in den Haushalt einstellen müssen. Hier ist nachzuarbeiten. Hier sind noch Daten zu erheben und vorzulegen. Zur Frage, in wie viele Moore seit 1990 Dränagen eingebaut wurden, liegen der Staatsregierung keine Daten vor. Hier geht es um geschützte Lebensräume.
- Ja, das mag auch sein, Kollege Wörner. Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Biodiversität an unseren Gewässern. Die Frage, welche Tier- und Pflanzenarten in den letzten zwölf Jahren in den Süßwasser-Ökosystemen und Auenlandschaften ausgestorben sind, kann nicht beantwortet werden, da nur ein Bruchteil der Arten mit Gewässerbezug für die Erstellung der Roten Liste untersucht werden kann. Auch hier fehlt es. Das ist immer wieder zu kritisieren und anzusprechen. Es fehlt an den Datengrundlagen. Wie sollen wir politisch handeln, wenn uns in dem Zusammenhang in wesentlichen Teilen die Datengrundlagen fehlen?
Fließgewässer oder Gewässer insgesamt sind die artenreichsten Lebensräume. Das ist nicht nur in Bayern so, sondern auch in Mitteleuropa – das sage ich auch mit Blick über die Grenzen – sind das die Lebensräume, die wir in den vergangenen Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten am meisten verändert haben. Hier ist riesiger Handlungsbedarf für die Zukunft gegeben.
Sehr interessant fand ich die Antwort auf die Frage nach den Uferrandstreifen, lieber Ludwig. Die Untersuchungsergebnisse stammen teilweise von Ende der Neunzigerjahre, gab es also lange vorher, bevor wir über dieses unselige Bayerische Wassergesetz diskutiert haben. Aus den Ermittlungen geht klar hervor, dass der Oberflächenabfluss, teilweise auch die Speicherkapazität durch Uferrandstreifen entlang der Gewässer deutlich verbessert wird. Eine bessere, zusammenfassende Begründung für Gewässerrandstreifen kann man nicht hineinschreiben. Hier ist dringend Handlungsbedarf gegeben. Wir brauchen das, wie die anderen Bundesländer auch. Sie waren nicht so blöd, sondern sie haben mit Fug und Recht Gewässerrandstreifen festgelegt. Wir sollten den 15 anderen Bundesländern in Deutschland folgen und zum Thema Gewässerrandstreifen noch einmal Überlegungen anstellen und deren Realisierung dann angehen.
Ich komme zur Wasserrahmenrichtlinie. Das betrifft die Querverbauungen, die Querbauwerke. Wenn man sich die Zahlen bei den Wasserkraftanlagen anschaut, die Sie sehr akribisch geliefert haben – dazu liegen offensichtlich aktuelle Daten vor – liest man: 4.169 aktive Wasserkraftanlagen in Bayern, 6.958 Stauwehre in Bayern und 17.249 Querbauwerke an Fließgewässern. Bei rund 100.000 Kilometern Fließgewässern haben wir im Schnitt fast alle 2 bis 2,5 Kilometer Querbauwerke.
Von dem, was die Wasserrahmenrichtlinie vorsieht, nämlich die Wiederherstellung des Fließgewässerkontinuums, sind wir meilenweit entfernt. Auf Seite 60 steht, dass von den über 17.000 Querbauwerken 3.289 mangelhaft durchgängig und 3.232 nicht durchgängig sind. Das heißt: Wir haben von den 17.000 Anlagen fast 7.000 Anlagen, die mangelhaft oder nicht durchgängig sind. Da liegt eine riesige Baustelle noch vor uns, wenn wir die Wasserrahmenrichtlinie auch nur ansatzweise umsetzen wollen.
Zwei letzte Punkte, die ich noch kurz ansprechen möchte und die nicht direkt in der Interpellation stehen, aber natürlich eine Rolle spielen: Das ist zum einen das Zusammenstutzen des Kapitels Wasser im derzeit vorliegenden Entwurf des Landesentwicklungsprogramms.
Man muss eine Gesamtschau machen, Kollege Thalhammer! Mit Sicherheit werden wir das nächste Mal nicht nur einen oder zwei Sätze darüber verlieren, aber auch das weist in die völlig falsche Richtung.
Kollege Wörner hat zum anderen das Personal angesprochen. Wenn ich all die Maßnahmen, die noch nicht erledigt sind, umsetzen möchte, dann brauche ich dazu nicht nur Geld aus dem Haushalt für Investitionen, sondern ich brauche dafür auch das erforderliche Personal, das diese Investitionen dann plant, planfeststellt, bearbeitet und umsetzt. Daher müssen wir auch bei der nächsten Haushaltsberatung die Personalkosten im Bereich der Wasserwirtschaft berücksichtigen, damit wir unseren wichtigsten Lebensraum, aber auch unser wichtigstes Lebensmittel, das wir in Bayern haben, deutlich verbessern und unterhalten.
Herr Präsident, Hohes Haus! Die Debatte, die wir heute führen, ist wirklich eine dringliche, notwendige Debatte. Das Hochwasser ist ja noch nicht ganz durch. Ich hoffe, dass sich die Fluten nach dem erneuten Starkregenereignis in der Nacht von Sonntag auf Montag zurückziehen und dass wir das Gröbste wirklich hinter uns haben. Die Wetterberichte sind entsprechend. Wir fühlen mit den Betroffenen. Ich möchte sagen: Wir haben zur Genüge Berichte bekommen. Nach dem, was man mitbekommt, handelt es sich für diese Leute wirklich um existenzielle Bedrohungen. Das kann man nicht oft genug sagen. Ich möchte auch den Dank an die Helferinnen und Helfer, den die Vorredner gebracht haben, eindrücklich unterstreichen. Auch in Bayern sind immer noch viele, viele tausend Leute im Einsatz. Wir sollten auch denen danken und an die solidarisch denken, die momentan in den anderen Bundesländern zu Zehntausenden im Einsatz sind, wo es wirklich im wahrsten Sinne des Wortes noch um Existenzen geht, in Bundesländern, die als ehemalige DDR-Bezirke nicht immer zu den Gewinnern gezählt haben und die jetzt ein zweites Mal extrem heimgesucht werden. Auch mit ihnen sollten wir uns zumindest in Gedanken solidarisch erklären. Vielleicht spendet der eine oder andere in diese Richtung.
Weil der CSU-Antrag in Richtung Hilfe geht, wird ihm die gesamte Fraktion zustimmen. Er ist ein sinnvoller, ein notwendiger Antrag. Das ist etwas, was jetzt geboten ist.
Auch beim SPD-Antrag sind wir uns einig. Beim Antrag der FREIEN WÄHLER – das werde ich aber noch im Einzelnen ausführen – haben wir mit der Zustimmung etwas Probleme; wir werden uns enthalten. Ich werde ausführen, woran dies liegt. Es sind auch sehr viele Punkte enthalten, die ich unterschreibe.
Heute wurde schon gesagt – in diese Richtung geht die Debatte auch ein wenig –, dass wir nicht zurückblicken, sondern nach vorne schauen sollten. Nach vorne schauen ist sicherlich notwendig. Dringend und zwingend erforderlich ist aber eine ruhige und saubere Analyse des gesamten Geschehens der letzten Tage, um auch zu sehen, ob es gegebenenfalls Versäumnisse gibt und wie wir in Zukunft solche Versäumnisse vermeiden können.
Wie kommen wir mit dem Hochwasserschutz weiter? Aus dieser Katastrophe müssen wir mit einem sauberen Rückblick und mit einer sauberen Analyse lernen, wie wir den Hochwasserschutz in Bayern voranbringen. Deshalb sage ich klar und deutlich: Der Rückblick ist jetzt notwendig. Kollege Perlak hat auch klar gesagt: Wir werden nicht durchgehen lassen, dass jetzt einige versuchen, die Schuld in Richtung Naturschutz zu schieben, so wie dies offensichtlich in Deggendorf in Diskussionen schon geschieht. Hier gibt es klar und deutlich etwas, was wir auch noch zeigen werden. Die FDP, die SPD, die FREIEN WÄHLER und die GRÜNEN haben klar gesagt: Wir wollen den sanften Donauausbau und den Hochwasserschutz möglichst sofort. Hier im Haus gibt es massenweise Anträge, in denen gefordert wurde, Hochwasserschutz bitte sofort, unabhängig von der Variante des Donauausbaus. Das werden wir noch einmal genau analysieren müssen.
Wir werden hinsehen. Wir werden Ihnen sagen, dass es nicht die Naturschützer waren, die das so lange blockiert haben. Den sanften Donauausbau haben nicht die Naturschützer, sondern hat überwiegend die CSU-Fraktion blockiert. Das muss man klar und deutlich feststellen. Momentan ist aber noch nicht der Zeitpunkt gekommen, um Schuldzuweisungen vorzunehmen. Wir brauchen noch eine umfassende Analyse.
Deshalb haben wir auch einen detaillierten inhaltlichen Antrag vorgelegt, insbesondere weil die Uhr tickt. Die Legislaturperiode geht zu Ende, und die eigentliche Arbeit des Landtags beginnt erst im Spätherbst oder im Winter wieder, wenn sich der Landtag neu konstituiert hat. Deshalb meinen wir auch, dass wir in der Sache bereits jetzt diskutieren und auch abstimmen müssen.
Wir haben einen Acht-Punkte-Katalog vorgelegt, zu dem ich um Zustimmung bitte. Der erste Punkt geht in Richtung Verstärkung der Anstrengungen im Klimaschutz, auch im Freistaat Bayern. Herr Staatsminister Dr. Huber hat vorhin völlig richtig gesagt, der Klimawandel sei da, wir müssten uns dem stellen. Wir sagen klar und deutlich, dass wir beim Klimaschutz
noch weiter vorangehen und ihn voranbringen wollen. Mit unseren Anstrengungen werden wir das Weltklima sicherlich nicht retten können. Unser Beitrag ist bei den Milliarden erst bei der zweiten Stelle hinter dem Komma merkbar. Wir befinden uns jedoch in einer Vorbildfunktion und müssen unsere Anstrengungen verstärken.
Wir müssen alles tun, um die Möglichkeiten der Hochwasserrückhaltung zu stärken, und sie auch verstärkt nutzen. Hier geht es um den ökologischen Hochwasserschutz, um die Renaturierung der Auen, die Wiederherstellung der natürlichen Überschwemmungsgebiete, wo dies möglich ist, die Renaturierung der Flüsse und Bäche, aber auch um eine schonendere Bewirtschaftung in der Land- und Forstwirtschaft. Das Stichwort ist hier die Bodenverdichtung, die wir nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in erheblichem Umfang in der Forstwirtschaft haben. Dieses Problem müssen wir angehen. Die Speicherfähigkeit der Böden am Ort der Niederschläge muss wiederhergestellt und verbessert werden. Wir brauchen außerdem dringend eine Renaturierung unserer Moore. Entwässerungsgräben in Feuchtgebieten sind, wo dies möglich ist, zurückzubauen.
Wir müssen die Schutzwaldsanierung deutlich intensivieren. Wald ist bei solchen Starkregenereignissen ein natürlicher Speicher. Hier besteht für den Forstminister und die Bayerischen Staatsforsten Handlungsbedarf.
Wir müssen Dämme zurückverlegen, wo dies machbar ist. Flussbaumaßnahmen müssen an allen bayerischen Flüssen auch am Hochwasserschutz ausgerichtet werden. Die geplanten Hochwasserrückhaltepolder müssen möglichst schnell realisiert werden, da sie in der Lage sind, die Spitzen gezielt zu kappen. In der Vergangenheit haben sich die Polder unfreiwillig selbst geöffnet, zum Beispiel beim Pfingsthochwasser in Neustadt an der Donau oder jetzt an der Donau im Bereich Deggendorf. Wir brauchen Polder, die wir gezielt öffnen können.
Wir müssen nachdrücklich auf die Kommunen einwirken, dass Planungen in potenziellen Überschwemmungsgebieten nicht mehr realisiert werden. Diese Flächen müssen von Bebauung freigehalten und auch für den Hochwasserschutz umgestaltet werden.
Wir werden im bayerischen Wassergesetz auf ein Verbot von Ölheizungen in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten drängen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Eine Analyse des Pfingsthochwassers 1999 und auch der anderen Hochwasserereignisse zeigt, dass 70 % der Schäden
durch ausgelaufenes Öl und durch Ölheizungen entstanden sind. Die Schäden würden wesentlich geringer ausfallen, wenn in diesen Gebieten auf andere Heizungsarten umgestellt würde.
Über die Verankerung einer Regelung zu den Gewässerrandstreifen haben wir schon bei der Beratung über die Interpellation hingewiesen. Wir brauchen dringend Handlungsprogramme für eine deutliche Reduktion des Flächenverbrauchs. Dem gesamten Hohen Haus ist klar geworden, dass der Flächenverbrauch und die Versiegelung der Flächen einen nicht unerheblichen Anteil an der Verschärfung der Hochwassersituation hatten. Nötig ist außerdem ein Stopp des Personalabbaus bei den Wasserwirtschaftsämtern.
Sowohl die Soforthilfemaßnahmen als auch die Maßnahmen im Rahmen künftiger Haushalte müssen mit ausreichenden Haushaltsmitteln unterlegt werden. Das wird keine billige Angelegenheit. In Bayern ist mit Milliardenschäden zu rechnen. Diese Schäden können nicht aus dem laufenden Haushalt allein finanziert werden, sondern müssen auch im Nachtragshaushalt berücksichtigt werden. Dieses Programm muss mit den nötigen Geldmitteln unterlegt werden.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Acht-PunkteKatalog. Beim Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER können wir die Forderung, dass die Debatte über eine Enteignung oder eine vorläufige Besitzeinweisung sofort gestoppt werden soll, nicht mittragen. Eine Enteignung ist für mich die Ultima Ratio. In der Vergangenheit wurden viele Planungsmaßnahmen verzögert. Der Staat möchte natürlich zu einer freiwilligen Vereinbarung kommen. Wenn eine solche Einigung nicht erzielt werden kann, muss auch das ungeliebte Wort Enteignung in den Mund genommen und muss eine Enteignung gegebenenfalls auch durchgezogen werden. Die FREIEN WÄHLER wollen diese Debatte bereits im Keim ersticken. Das ist nicht unser Ziel. Deshalb werden wir uns zum Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER der Stimme enthalten. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident! Bayern erlebt momentan wohl eine der größten Hochwasser
katastrophen seiner Geschichte. Ich glaube, das kann man so sagen, wenn man sich das Ganze anschaut. Als an Fronleichnam beim Bayerischen Fernsehen in der zweiten Rundschau von einem Meteorologen die erste Warnung gegeben wurde, man erwarte in den nächsten Tagen 150 und mehr Liter Niederschlag pro Quadratmeter, habe ich die Entstehung dieses Hochwassers von Fronleichnam bis Sonntag und Montag verfolgt. Ich habe mir regelmäßig auch die einzelnen Pegelstände angeschaut, die Ausuferungen und was geschieht. Es ist wirklich eine Katastrophe, wie wir alle sie zu Lebzeiten wohl noch nicht erlebt haben. Man muss wohl weit in der Geschichte zurückgehen, bis man wieder auf eine solche Katastrophe stößt.
Der Punkt ist aber der: Wenn man sagt, der Hochwasserpegel des Jahres 1501 ist überschritten, muss man bedenken, dass damals in dem Raum noch deutlich weniger Leute wohnhaft waren als heute. Die Betroffenheit ist heute unendlich höher. All den Betroffenen gebührt auch aus unserer Sicht – das haben die Vorredner schon betont – unsere Solidarität. Ich bin froh, dass wir uns heute darin einig sind, dass es dringend erforderlich ist, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Betroffenen, ob Privatpersonen, Firmen oder Kommunen, unter die Arme zu greifen und zu helfen.
Die jetzt genannten Summen sind sicherlich ein Anfang. Ich glaube, wir sind uns aber alle dessen bewusst, dass es bei 150, 200 oder 300 Millionen Euro nicht bleiben wird. Beim Pfingsthochwasser im Jahr 1999 waren die Schäden in der Größenordnung zwischen einer bis zwei Milliarden D-Mark. Wir werden dieses Mal deutlich über dieser Summe sein. Wir werden mit einem mehrfachen Milliardenschaden in Bayern konfrontiert sein, und zwar nicht nur in den Brennpunkten in Rosenheim oder in Passau an der Donau, sondern auch in den anderen Landkreisen. Die Millionenbeträge in den einzelnen Landkreisen werden sich aufsummieren. Wir müssen in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten dringend und unbürokratisch helfen.
Ich möchte mich dem Dank an die Helferinnen und Helfer aller genannten Organisationen anschließen, und zwar den ehrenamtlichen wie den hauptamtlichen, bis hin zu den Behörden und Kommunen. Ich möchte noch hinzufügen, ich glaube, denen ist noch nicht gedankt worden: Ich möchte den Firmen danken, die großzügig die ehrenamtlichen Helfer freistellen und das Ganze auch aushalten. Auch dafür ist ein deutliches Dankeschön zu sagen.
Auf uns werden große Aufgaben zukommen, um die Folgen dieser Hochwasserkatastrophe aufzuarbeiten. Ich möchte schon jetzt zu einer ersten Analyse kommen. Wir müssen unser Land in Zukunft besser vor diesen Katastrophen schützen. Es ist schon gesagt worden: Einen hundertprozentigen Schutz wird es nicht geben. Auch dessen bin ich mir voll bewusst, das unterstreiche ich. Wir werden mit Hochwassern leben müssen. Wir müssen aber schauen, wie wir speziell solche katastrophalen Hochwasser besser abwenden können.
Wir hatten nach der ersten Analyse ein extrem seltenes Niederschlagsereignis. In manchen Veröffentlichungen wurde von Niederschlagsmengen von 400 Litern pro Quadratmeter gesprochen. Das entspricht für den Raum München der Niederschlagsmenge eines halben Jahres, die innerhalb weniger Tage niederging. Das sind unvorstellbare Wassermengen. Ich habe mir einmal die Daten zusammensuchen lassen; es gibt eine Unzahl von Wetterstationen, bei denen die gemessene Niederschlagsmenge bei 150 oder 200 Litern pro Quadratmeter lag. Es war ein Extremereignis.
Wir müssen aber daran denken: Die Klimatologen sagen uns schon längst, dass derartige Extremereignisse in Zukunft in der Häufigkeit und in der Stärke zunehmen werden. Wir müssen uns darauf einstellen, ob wir das wollen oder nicht. Wir müssen uns dringend damit auseinandersetzen. Es ist seit Pfingsten 1999 das vierte sogenannte Jahrhunderthochwasser innerhalb von vierzehn Jahren. Das muss uns zu denken geben. Der Handlungsbedarf ist dringender denn je. Wir müssen uns auf den Klimawandel einstellen.
Ich möchte der kommenden Rede zum Klimaschutzgesetz nicht vorausgreifen, aber zum Klimaschutz sind auch in Bayern Anstrengungen erforderlich. Wir werden damit die Welt zwar nicht retten, wir müssen aber unserer Vorbildfunktion in diesem Zusammenhang gerecht werden und unsere Anstrengungen deutlich erhöhen.
Herr Ministerpräsident, ich begrüße sehr Ihre Aussage, dass naturnahe Maßnahmen dringend forciert werden müssen. In der Vergangenheit ist dafür zu wenig getan worden. Das muss man klar und deutlich festhalten. Wenn ich mir eine Folie des Umweltministeriums aus dem Aktionsprogramm 2020 anschaue, sehe ich, dass angedacht wurde, im Zeitraum zwischen 2000 und 2020 10.000 ha Auenfläche zu renaturieren. Im Jahr 2010, in der Mitte des Programms, lagen wir bei 1.883 ha, also noch nicht einmal bei
20 %. Dazu muss ich klar und deutlich sagen: Dafür gebe ich ein Ungenügend.
Es war angedacht, 2.500 km Gewässerstrecke zu renaturieren. Geschafft wurden 764 km. Das sind Daten des Umweltministeriums. Auch das ist ungenügend. Anders kann man das Ganze nicht zusammenfassen. Daran müssen wir herangehen.
Aus der Praxis und meiner Arbeit als Naturschützer kommt mein Appell: Wir müssen ganz deutlich mit den Grundbesitzern und in erster Linie mit dem Bauernverband sprechen.
Zum großen Teil scheitert der Hochwasserschutz nicht an den zur Verfügung stehenden Geldmitteln, sondern sehr oft daran, dass der Eigennutzen über den Gemeinnutzen geht. In meinem Landkreis musste beispielsweise im Bereich Erching ein Deich saniert werden. Obwohl andere Vorschläge vorlagen, wurde der Deich auf der Trasse des alten Deiches saniert und nicht nach außen verlegt, obwohl weder Siedlungen, Straßen oder sonst etwas dagegen gestanden hätten. So etwas darf es in Zukunft in unserem Land nicht mehr geben; Gemeinwohl muss vor Eigensinn gehen.
Ich appelliere in Richtung der CSU-Fraktion. Wir haben am kommenden Donnerstag im Umweltausschuss zufälligerweise eine Debatte zum Hochwasserschutz an der Donau. Die Tagesordnung war schon fertig, bevor das Hochwasser gekommen ist. Auf der Tagesordnung steht ein entsprechender CSUAntrag. Ich appelliere an Sie, Ihren Antrag zu überdenken. Er lautet:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, beim geplanten Donauausbau im Rahmen des Sonderprogramms zum Hochwasserschutz
sicherzustellen, dass Beeinträchtigungen für Land- und Forstwirtschaft sowie die Inanspruchnahme von Flächen auf ein Mindestmaß reduziert werden; …
Naturnaher Hochwasserschutz und diese Aussage widersprechen sich nicht nur ein bisschen, Herr Ministerpräsident,
sondern das beißt sich ganz deutlich.
Kollege Wörner hat auch schon darauf hingewiesen: Wir müssen ran an die Flächenversiegelung. Jährlich wird eine Fläche in der Größe des Chiemsees versiegelt. So kann es nicht weitergehen.
Die Zuschriften der Leute und die Kommentare sind deutlich: Das hat die Hochwassersituation verschärft. Wir müssen da rangehen. Ich habe Zuschriften von Bürgern. Einer hat einmal ausgerechnet, dass in den letzten zehn Jahren so viel Fläche versiegelt wurde, dass bei einem 60-Liter-Ereignis und bei einem Ereignis mit wesentlich höherer Niederschlagsmenge 40 Millionen Kubikmeter Wasser auf diesen Flächen gestanden sind. Hierauf müssen wir in Zukunft schauen. Wir müssen hier eine neue Politik machen. Wir müssen den Hochwasserschutz auf neue Füße stellen.
Das gilt auch für die Sanierung der Schutzwälder, die für den Wasserrückhalt enorm wichtig sind, gerade im Gebirge. Es kann nicht sein, dass der Staatsforst die Melkkuh ist und 80 Millionen Euro Gewinn abgeführt werden, während die Schutzwaldsanierung nicht ausreichend vorangetrieben wird. Auch hier sehe ich einen enormen Handlungsbedarf.
Das geht weiter beim Moorschutz, und das gilt ganz besonders - und darüber werden wir uns in den nächsten Tagen noch unterhalten - für das Landesentwicklungsprogramm. Wenn ich mir beispielsweise ansehe, dass das Kapitel "Wasser" auf ganze vier kleine Punkte eingedampft wurde, stelle ich fest: Das genügt nicht, um den Aufgaben, die wir haben, gerecht zu werden. Das müssen Sie zurückziehen!
Das ist verantwortungslos, da sind wir uns in diesem Zusammenhang einig, Herr Kollege Wörner.
Wir müssen den Bereich Siedlungspolitik, vor allem was den Hochwasserschutz anbelangt, in den nächsten Jahren genau im Auge behalten, damit da nichts passiert.
Das waren einige Punkte einer Analyse. Wir müssen auch an die Personalsituation herangehen. Um zu demonstrieren, was Sie hier gemacht haben, nenne ich
zwei Zahlen: Sie haben die Wasserwirtschaftsbehörden von 1998 von 3.181 auf 2.552 Personen reduziert. Das sind 22 % Abbau. Da muss umgesteuert werden. Wir brauchen mehr Personal, wenn wir die ehrgeizigen Aufgaben erfüllen wollen.
Das waren einige Anmerkungen in diesem Zusammenhang. Wie gesagt, 100 % Schutz wird nicht möglich sein; in dieser Frage sind wir uns einig. Wir brauchen aber deutliche Verbesserungen im Hochwasserschutz in Bayern, und die sind möglich. Lassen Sie uns diese gigantische Aufgabe in den nächsten Monaten und Jahren gemeinsam anpacken.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eine erste Vorbemerkung machen: Ich bin in hohem Maße darüber erstaunt, dass das für die Thematik zuständige Staatsministerium während der gesamten Debatte durch Abwesenheit glänzt. Ich halte das für einen Affront gegenüber dem Hohen Haus.
Diejenigen, die hierfür zuständig sind, beteiligen sich an der Debatte überhaupt nicht. Sie kneifen schlicht und ergreifend, weil ihnen der Antrag im höchsten Maße peinlich ist. Das ist nämlich der Hintergrund der Geschichte.
Eine zweite Vorbemerkung. Wer regiert eigentlich in Berlin? Das frage ich mich, wenn ich den Antrag lese. Müssen Sie hier beschließen, was in Berlin zu tun ist? Haben Sie keine anderen Wege, als den Landtag als Podium zu benützen, oder kommen Sie vielleicht auch in Berlin beim Koalitionspartner nicht durch?
Der dritte Punkt geht in Richtung CSU: Sie knicken hier ein und kapitulieren im Bereich des Natur- und Umweltschutzes in ganz, ganz gewaltigem Umfang. Kollege Hünnerkopf, Sie haben es klar gesagt, wobei Sie ein bisschen falsch formuliert haben: Sie sagten, es ging um Vermeidung. Nein, im geltenden Bundesnaturschutzgesetz steht, es geht nach wie vor um Vermeidung. Denn das Gesetz lautet klar und deutlich: Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Das ist die erste Priorität. Da kommen Sie nicht weiter.
Ich habe eine Anfrage gestellt, wie sich die Staatsregierung zum Flächenverbrauch stellt, ob sie sich dem Bundesziel von 30 Hektar, heruntergebrochen auf Bayern, anschließt. Nein, hat das FDP-geführte Wirtschaftsministerium damals geantwortet. Das ist es: Sie kapitulieren beim Flächenverbrauch. Jährlich verbrauchen wir in etwa die Fläche des Chiemsees. Jetzt geraten Sie in einen Konflikt mit der Landwirtschaft und wollen auch noch den Ausgleich streichen. Es ist in höchstem Maße gefährlich für unser Land, wenn Sie hier in den Ablasshandel einsteigen und Billiglö
sungen favorisieren, wie das hier gemacht werden soll.
Der FDP-Vertreter Thalhammer hat von "überzogener Ausgleichsflächenregelung" gesprochen. Nennen Sie mir doch einmal wirklich konkrete Beispiele, in denen die Flächenfestlegung nicht nach Recht und Gesetz erfolgt ist und die Abwägung nicht nach naturschutzfachlichen Kriterien erfolgt ist. Da werden Sie passen müssen.
Sie haben ein einziges Beispiel genannt, die Windräder, aber Sie haben keine konkreten Beispiele genannt. Das sind alles abgewogene Bescheide, in denen klare und deutliche Festlegungen getroffen worden sind. Es gibt dafür keine Beispiele, Sie haben keine Beispiele!
- Er quengelt immer dazwischen; deshalb werde ich laut.
Ich habe die Thematik in Anfragen umfassend abgefragt. Die Eingriffsfläche pro Landkreis muss man der Ausgleichsfläche pro Landkreis gegenüberstellen. Beispielsweise stehen im Landkreis Miesbach einem Eingriff von 100 % ganze 0,5 % Ausgleich gegenüber. Selbst der Spitzenlandkreis Garmisch schafft nur einen Ausgleich von 40 %. Hier von überzogenen Maßnahmen zu reden, geht völlig an den Tatsachen vorbei.
Die nächste Aussage von Ihnen, Herr Thalhammer, Ersatzgeld müsse in Umweltschutzmaßnahmen fließen, zeigt genau, was Sie haben wollen. Ersatzgeld muss dazu dienen, um den Eingriff in den Naturhaushalt auszugleichen, nicht für allgemeine Umweltmaßnahmen. Hier ist ganz klar: Die Regelung des Eingriffs und des Ausgleichs stellt darauf ab, dass die zerstörten Lebensräume der Tiere und Pflanzen nach Möglichkeit wiederhergestellt werden. Sie formulieren: "… geht in Umweltschutzmaßnahmen". Umweltschutzmaßnahmen sind alles Mögliche. Das kann es nicht sein. Da wird die Biodiversität in unserem Land noch mehr auf der Strecke bleiben, als dies ohnehin bereits der Fall ist.
Der Antrag geht in eine völlig falsche Richtung. Er passt zu dem, was die FDP im Bereich des Naturschutzes offensichtlich denkt und haben will. Ich kann
nur hoffen, dass die CSU hier im Plenum endlich so vernünftig ist wie im Ausschuss, wo sich die große Masse bei diesem Antrag enthalten hat. Eigentlich sollten Sie dagegen stimmen. Ich weiß, dass es in dieser Fraktion genügend Abgeordnete gibt, die das, was die FDP hier fordert, nicht mittragen. Sie sollten den Mut haben, hier wirklich zu sagen: Nein, diesem Antrag stimmen wir nicht zu. Denn er steht unter anderem auch gegen das gültige Bundesrecht. Er ist nicht zustimmungsfähig, er ist schlecht für unser Land,
und er steht auch gegen Artikel 141 der Bayerischen Verfassung, in dem klar und deutlich steht: Eingriffe sind auszugleichen. Das hat Verfassungsrang in Bayern. Daran sollten Sie sich halten.
Danke für diese kleine Korrektur. Das geltende Bundesrecht schreibt in diesem Zusammenhang eine ganz andere Regelung vor, nämlich eine ganz klare Abfolge: Eingriffe zu vermeiden und dann auszugleichen, und die Ersatzzahlung steht als Ultima Ratio an allerletzter Stelle. Insoweit gebe ich Ihnen recht. Der Antrag zielt darauf ab, diese sinnvolle Regelung im Bundesrecht zu ändern. Deshalb können wir ihm nicht zustimmen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Lassen Sie mich zuerst eine Vorbemerkung machen. Die extrem knappe Zustellung der Regierungserklärung um zehn Uhr während der Arbeitskreissitzung ist ein unfreundlicher Akt, Herr Staatsminister. Andere Ministerien bringen die Regierungserklärungen früher, zumindest am Abend zuvor. Dann hat man noch eine Nacht zum Durcharbeiten. Dass man sie während einer Fraktionssitzung oder eines Arbeitskreises durcharbeiten muss, sind keine optimalen Arbeitsbedingungen.
- Auf das komme ich gleich, Kollege Wörner. Diese Regierungserklärung ist wie schon gewohnt der Auftakt zur üblichen inflationären Entwicklung von Regierungserklärungen vor der Wahl. Das kennen wir. Ich bin schon länger hier im Hohen Hause. Andere Minister stehen bereits in den Startlöchern. Für die nächste Sitzung ist auch schon wieder eine Regierungserklärung angekündigt. Das wird sich bis zum Juli fortsetzen.
Die vorliegende Regierungserklärung ist eine Ansammlung von kaum zu überbietender Schönfärberei und Selbstbeweihräucherung. Sie ist ein Sammelsurium von nichtssagenden Worthülsen und enthält kaum etwas Konkretes.
Das Zauberwort heißt Flexibilisierung. Danach kommt nichts mehr. Optimieren statt maximieren, heißt es. Was bedeutet das? Ökonomisch stark und zugleich ökologisch reich sein − das sind wohlklingende, aber nichtssagende Parolen. Wesentliche Brennpunkte, zu denen wir eine Aussage erwartet hätten, werden ausgeklammert. Nur ein Stichwort: Die Zeitungen sind
voll von Berichten über Stickoxide, Feinstaub und Strafzahlungen, die uns seitens der EU drohen. Dazu gibt es keine Aussage. Bei der Umsetzung der Wasserrahmenlinie herrscht Fehlanzeige. Das Kataster für Pumpspeicherkraftwerke wurde für Ende letzten Jahres groß angekündigt. Bis heute Fehlanzeige. Ich könnte noch Weiteres aufzählen, was fehlt. Bei der Gesundheitspolitik ist es schon aufgezeigt worden. Kollegin Schopper, die für uns zur Gesundheitspolitik redet, wird noch weitere fehlende Punkte aufzeigen.
Nun zu den einzelnen Punkten, erstens zum Klimawandel. Das, was Sie gesagt haben, ist identisch mit dem, was Ihr Vorgänger Söder im Jahr 2010 gesagt hat. Im Prinzip herrscht Stillstand. Kollege Fahn, das ist absolut richtig. Sie sagten, der energiebedingte CO2-Ausstoß liegt bei sechs Tonnen pro Kopf und so weiter. Bis 2020 wollen Sie trotz gleichzeitigen Kernkraftausstiegs den Wert auf deutlich unter sechs Tonnen reduzieren. Bis 2030 könnten Sie sich sogar fünf Tonnen vorstellen. Ihr Vorgänger hat 2010 gesagt, dass bis 2030 die energiebedingten CO2-Emissionen Bayerns auf unter fünf Tonnen pro Einwohner und Jahr reduziert werden. Er ist also sogar noch ein bisschen weiter gegangen und hat unter fünf Tonnen gesagt. Sie sagen nur, fünf Tonnen könnten Sie sich vorstellen. Ich sage nur das, was Ihr Vorgänger gesagt hat, und was Sie erklären. Sie haben keine ehrgeizigen oder ambitionierten Ziele.
Sie sparen genau die Ursachen aus, die dazu geführt haben, dass der CO2-Ausstoß sogar leicht auf 6,2 oder 6,4 Tonnen pro Einwohner und Jahr gestiegen ist. Sie sparen den Verkehr aus, der in Bayern mit über 40 % zum CO2-Ausstoß beiträgt. Dazu kommt keine Aussage. Da müssen Sie aber ran. Sie sparen die Landwirtschaft aus. Sie beschränken sich in dieser Regierungserklärung auf die regenerativen Energien, gehen aber an die wesentlichen Punkte in diesem Zusammenhang nicht ran.
Bei den regenerativen Energien erwähnen sie den Zwölf-Punkte-Aktionsplan. Berichten Sie doch über die Verwirklichung der Pläne. Pläne sind recht schön und gut, aber es fehlt die Realisierung.
Die Energiekommission hat die Sanierung kommunaler Gebäude gefordert. Die Mehrheit im Haus hat sie aber wieder abgelehnt. Etwas schön aufs Papier zu schreiben, ist gut. Wir sollten sie aber an ihren Taten erkennen, so heißt es an anderer Stelle.
Mit einem Anteil der erneuerbaren Energien von 33 % am Stromverbrauch steht Bayern zwar relativ gut da.
Man muss aber sagen, woher das kommt, nämlich daher, dass wir die Alpen haben und es im Stau der Alpen viel regnet. Wir haben viel Wasser und viel Gefälle und damit viel Wasserkraft. Das haben andere Regionen aufgrund ihrer topografischen Verhältnisse leider nicht zu bieten.
Das Zweite: Wir haben hoch engagierte Bürgerinnen und Bürger, die die Energiewende vollzogen haben. Das war doch nicht in erster Linie die Staatsregierung. Die CSU und die Staatsregierung haben versucht, das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu blockieren und zu torpedieren, so gut es nur ging. Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern sind vorausmarschiert. Deshalb gibt es bei uns so viele Photovoltaikanlagen und einen so hohen Anteil an erneuerbaren Energien.
Die Hausaufgaben haben Sie nicht gemacht. Das Pumpspeicherkataster haben Sie angekündigt, aber nicht geliefert. Der dreidimensionale Windatlas fehlt. Damit fehlt auch eine anständige Kulisse für die Windkraft. Die Gebietskulisse für die Wasserkraft fehlt. Die Oberfrankenleitung kommt nur schleppend voran. Sie haben kein eigenes Konzept für Kapazitätsmechanismen. Hochmoderne Gaskraftwerke sind von Stilllegung bedroht. Das kann doch nicht sein. Das Einzige, was von der Bundesregierung kommt, sind die Preise. Sie reden über die hohen Preise und wollen damit erneut die Energiewende torpedieren. Das Problem sind weder die EEG-Umlage noch die Stromspeicher, das Problem sind die gesunkenen Börsenpreise, die nicht an die Kunden weitergegeben werden. Die EEG-Umlage steigt nur, weil der Börsenpreis sinkt. Da müssen wir letztlich ran.
Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen, zum Naturschutz, der einen breiten Teil dieser Regierungserklärung eingenommen hat. Von meiner Seite aus geht erst einmal der Dank an alle ehrenamtlich Aktiven in unserem Land, seien es diejenigen, die Arten erfassen und zählen, oder diejenigen, die im Biotopschutz aktiv sind. Ohne diese Menschen sähe es in unserem Land noch wesentlich düsterer aus, als es ohnehin schon aussieht.
Sie haben kurz das Thema Flächenverbrauch angerissen. Jährlich leisten wir uns nach wie vor den Verbrauch einer Fläche fast in der Größe des Chiemsees für Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen:
18 Hektar pro Tag, so die aktuellste vorliegende Zahl, das ergibt aufs Jahr gesehen fast die Fläche des Chiemsees. Dieser Wert stellt eine Schande für unser Land dar; denn hier wird mit der Landschaft geaast.
Sie haben hier keinerlei Ziele vorgegeben. Die Bundesregierung hat eine nationale Strategie und möchte den Flächenverbrauch deutschlandweit auf 30 Hektar reduzieren. Auf Bayern heruntergerechnet würde das 5 Hektar pro Tag bedeuten. Zu solchen konkreten Forderungen der Bundesregierung äußern Sie sich nicht, Sie sagen nur, der Flächenverbrauch sei zu hoch. Das ist zwar eine wichtige Feststellung, aber in diesem Zusammenhang arg dürftig. Wir brauchen eine deutliche Reduzierung. Verglichen mit den anderen Bundesländern liegen wir in Bayern beim prozentualen Anstieg des Verbrauchs an Fläche von 1992 bis 2011 an der fünften Stelle. Vier Länder liegen zwar vor uns, aber das sind alles ostdeutsche Länder, bei denen die Projekte der deutschen Einheit durchgeschlagen haben. Beim Flächenverbrauch stehen wir unter den westdeutschen Ländern leider an der Spitze. Ich sage noch einmal: Was hier in unserem Land passiert, ist in meinen Augen eine Schande.
Die nächste Keule, die Sie auspacken, ist die geplante Neuregelung für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Da verwenden Sie das schöne Wort der Flexibilisierung, ohne dass Sie das mit Fakten hinterlegen und sagen, wohin Sie wollen. Sie haben keinen Ton zu dem von der FDP vorgelegten Antrag gesagt, dass die Realkompensation mit der finanziellen Kompensation gleichgesetzt werden soll. Da schweigen Sie.
- Da redet die FDP, aber wo bleibt denn eine Aussage der CSU während der Regierungserklärung dazu? Man kann doch nicht einfach sagen, wir wollen das Ganze flexibilisieren, ohne zu konkreten Punkten eine Aussage zu treffen. Sie haben die schöne Worthülse verwendet: Naturschätze dürfen nicht zur reinen Handelsware werden. Richtig! Mit dem aber, was die FDP vorhat, mit der Gleichsetzung von Real- und finanzieller Kompensation wird unsere Landschaft zur reinen Handelsware, dann sind wir mitten im Ablasshandel, den wir nie haben wollten.
Sie kündigen groß an, Sie wollen erreichen, dass 50 % der auf der Roten Liste erfassten Arten um eine
Stufe weniger gefährdet sein sollen. Das ist zwar ein hehres Ziel, aber wenn ich sehe, wie Sie mit den elf Anträgen von uns im Umweltausschuss in der letzten Woche umgegangen sind − Sie haben alle elf Anträge zum Naturschutz abgelehnt -, dann frage ich mich, wie Sie es schaffen wollen, die Rote Liste zu kürzen. Sie hatten schon einmal das Ziel, den Artenschwund bis 2010 auf null zu bringen. Das haben Sie nicht geschafft, und jetzt sagen Sie, dann machen wir das bis 2020. Bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie, bei der Umsetzung des Werks, das Natura 2000 heißt und das bis 2000 hätte abgeschlossen sein sollen, haben Sie noch nicht einmal die Hälfte der Managementpläne erstellt. Bei der Umsetzung der in den Managementplänen enthaltenen Forderungen sind Sie fast noch beim Stand null. Das kann nicht sein!
Heute kündigen Sie wieder schön an, dass Sie sich um die endemischen Pflanzenarten kümmern. Was ist denn mit den endemischen Tierarten? − Fehlanzeige! Haben Sie dafür keine Verantwortung, oder wie ist das?
Dann spricht Kollege Hünnerkopf zum Grünland, das mittlerweile in Bayern die galoppierende Schwindsucht hat.
− Kollege Füracker, es ist so. Ich habe wieder eine Anfrage zum Thema Flachlandmähwiesen gestellt. In manchen Bereichen sind nur noch 3 % vorhanden. Kollege Hünnerkopf hat von einem "wachsamen Auge" gesprochen. Kollege Hünnerkopf, ein wachsames Auge reicht nicht, sondern hier ist Handeln angesagt. Handeln ist hier dringend erforderlich.
Ich möchte noch einige Takte zum Thema Donau sagen. Natürlich ist das erst einmal grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung.
Sie haben sich dabei aber ein Hintertürchen, groß wie ein Scheunentor, offengelassen; denn Sie sagen zu einem wesentlichen Punkt, zu den entscheidenden letzten 16 Kilometern, Herr Seehofer: nicht während meiner Amtszeit.
Sie lassen das Ganze nach hinten offen. Die Naturschutzverbände haben das nicht ohne guten Grund kritisiert. Damit bleibt das Thema offen, und wir werden den Finger immer wieder in diese Wunde legen.
Sie lassen sich momentan für die ganze Geschichte feiern.
- Nicht geschimpft ist gelobt genug. Wir sollten ein bisschen in die Presse sehen, was sie zum Handeln der Staatsregierung geschrieben hat, Stichwort Raumordnungsverfahren. Da haben Sie die Variante A ausgeschlossen. Ich zitiere aus dem Raumordnungsverfahren vom 08.03.2006, das die Staatsregierung, nicht die Bundesregierung, zu verantworten hat: "Der Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen an der Donau entlang der Variante A entspricht nicht den Erfordernissen der Raumordnung." Das haben Sie gesagt.
- Damals waren Sie noch nicht Ministerpräsident. Das war die alte Regierung, aber ein paar davon sind schon noch dabei. Sie haben das so herbeigeführt. Ich trage einige Pressezitate dazu vor. So berichtet die "Mittelbayerische Zeitung" vom 03.03.2010: Die Staatsministerin − in dem Fall Frau Emilia Müller − hat am Rande des bayerischen Donauforums am Montagvormittag in Regensburg gesagt, dass der Fluss mehr als 280 Tage im Jahr offen sein müsse und sich die FDP, die in diesem Punkt innerhalb der Bayerischen Staatsregierung anderer Ansicht sei, sich schon noch auf Kurs bringen lasse. Während sich nämlich die CSU für die Errichtung einer Staustufe ausspricht, möchten die Liberalen die Donau naturnah und ohne Staustufe ausbauen.
In der "Passauer Neuen Presse" vom 19.10.2009 heißt es:
Die Donauausbauvariante C 280 bleibt weiter im Rennen, das erklärte gestern Erwin Huber. Am Sonntagvormittag hätten die Spitzen von CDU/CSU und FDP entschieden, eine Formulierung des Umweltausschusses, wonach sich die neue schwarz-gelbe Bundesregierung gegen weitere Staustufen in der Donau ausspreche, nicht in den Koalitionsvertrag zu übernehmen. Damit war das Veto, das Ilse Aigner gegen diese Formulierung eingelegt hat, erfolgreich, so Huber. Der
Druck, den die Unionsverkehrspolitiker und die Niederbayern-CSU gemacht hätten, halte somit den Donauausbau für weitere Verhandlungen und Gutachten offen.
Ich weiß, dass euch das peinlich ist. Zuletzt trage ich noch aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 05.11.2009 vor:
Vermutlich war die Gleichzeitigkeit Zufall, dem Streit um den Donauausbau verlieh sie trotzdem Wucht. Am Mittwoch bekannte sich Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer erstmals eindeutig zum Bau einer Staustufe und dem Durchstich der Mühlhamer Schleife. Er sei dezidiert für diese Lösung, sagte Seehofer der Mittelbayerischen Zeitung.
Gut, Sie haben sich eines Besseren belehren lassen, und insofern sage ich in gewisser Hinsicht: Hut ab! In der Regierungserklärung − das ist durchaus erfreulich − heißt es, dass die frei fließende Donau für unsere Heimat ein großer Schatz ist und dass die Bevölkerung vor Ort dafür kämpfen wird. Was ist denn mit der Bevölkerung in anderen Landesteilen, die für ihre Heimat genauso berechtigt kämpft, im Isental, wo der Umweltminister zum Spatenstich für die Autobahn hinfährt, im Erdinger Moos, wo Sie uns ab 20. März in einen Prozess vor dem VGH reinzwingen?
Die Leute kämpfen dort mit gleicher Überzeugung für ihre Heimat wie die Bevölkerung an der Donau, aber dort ziehen Sie Ihre Planungen durch. Was Sie hier gemacht haben, ist in Ordnung, aber das sollten Sie an anderer Stelle in Bayern auch bringen.
Ich gehe noch kurz auf das Thema Wasser ein. Zur Wasserrahmenrichtlinie findet sich in der Regierungserklärung nichts, Fehlanzeige! Das ist aber eine der wichtigsten Richtlinien in der Europäischen Union. Da geht in Bayern sehr wenig weiter. Wir sagen ein klares Nein zur Privatisierung des Wassers. Ich habe jetzt nicht mehr viel Redezeit, sondern sage nur ganz klar: Wir stehen dazu. Wir sagen auch ein klares und deutliches Nein zum Fracking. Wir als Fraktion sagen zur Schiefergasförderung ein klares und deutliches Nein.
Ich habe jetzt nicht mehr die Zeit, die ich gerne hätte, um zum Lebensmittel- und Futtermittelskandal zu sprechen. In den letzten Wochen sind in unserem Land wieder mehrere Skandale aufgeschlagen, und sie zeigen den Wahnsinn in der Ernährungsindustrie und den Wahnsinn dessen, was wir da treiben. Beim Pferdefleisch sind Strukturen der organisierten Kriminalität unterwegs. Man muss klar und deutlich sagen: Das System der Eigenkontrolle durch die Industrie ist gescheitert.
Wir müssen das Kontrollsystem in diesem Zusammenhang auf neue Füße stellen und müssen mit einem starken Staat die Kontrollen zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger durchziehen.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sie haben von Bayern als einem Land der Schönheit gesprochen. Diese Schönheit wird bedauerlicherweise täglich Stück für Stück weniger, und das wird durch diese Bayerische Staatsregierung verursacht. Dies muss dringend geändert werden.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag im federführenden Wirtschaftsausschuss abgelehnt und werden dies auch heute hier wieder tun. Er enthält zwar einige Forderungen, über die man diskutieren kann, aber insgesamt geht er uns zu wenig weit. Kollege Beyer hat erwähnt, dass wir schon einen Antrag zu dieser Problematik gestellt haben. Wir brauchen endlich ein bayernweites Luftverkehrskonzept.
Es kann nicht angehen, dass der Freistaat Bayern in München mit 51 % beteiligt ist, in Nürnberg mit 50 % und dass Nürnberg − wir haben das schon mehrfach gesagt − seit Jahren im Sinkflug ist, dass wir draufzahlen müssen und alles versucht wird, den Flughafen München zulasten des Flughafens Nürnberg zu mästen.
- Herr Kollege Huber, ich darf hier nichts hochhalten, aber ich kann es Ihnen dann gern zeigen. Aus den Gutachten, die vorliegen, geht hervor, dass München vor Frankfurt und Stuttgart der bedeutendste Konkurrent des Flughafens Nürnberg ist. Das besagen die Gutachten, die in diesem Zusammenhang − das ist schon angesprochen worden − in Auftrag gegeben worden sind. Dort steht das ganz klar drin.
Der Flughafen Nürnberg schafft es nur, Fluggäste aus der unmittelbaren Umgebung zu generieren. 80 % kommen aus Erlangen und Nürnberg, nur 20 % kommen woanders her. Wenn Sie sich das mögliche Einzugsgebiet des Flughafens Nürnberg anschauen, aus dem der Flughafen innerhalb einer Stunde mit dem Auto oder mit dem Zug erreichbar ist, stellen Sie fest, dass Ingolstadt näher am Flughafen Nürnberg als am Flughafen München liegt. Regensburg ist vom Flughafen München und vom Flughafen Nürnberg gleich weit entfernt. Das heißt, das Potenzial wäre deutlich größer, wenn Sie wirklich einmal sagen würden: Wir
wollen beide Flughäfen gleichberechtigt vielleicht unter einem Dach und mit einer gemeinsamen Werbung betreiben. − Das wäre der Punkt. Wir müssen zu einem gemeinsamen Luftverkehrskonzept kommen.
Der Aufsichtsratsvorsitzende beider Flughäfen, Minister Söder, und sein Ministerium glänzen durch Abwesenheit. Das Wirtschaftsministerium ist anwesend, vielen Dank, aber für die Beteiligungen ist Herr Söder zuständig.
Was tut der Kollege Staatsminister Söder? Er schwingt sich zum Schutzpatron der Billigflieger auf. Das, was er sozusagen als Conclusio aus der Misere in Nürnberg gemacht hat, ist ein Antrag im Bundesrat, der zum Inhalt hat, dass die Luftverkehrsteuer abgeschafft werden soll. Das dient in erster Linie − und das geht klar und deutlich aus der Begründung des Antrags im Bundesrat hervor − der Förderung der Billigflieger. Eigentlich habe ich gemeint, dass in diesem Hohen Haus Einigkeit darüber besteht, dass wir die Billigflieger nicht noch weiter subventionieren wollen. In dieser Richtung müssen wir arbeiten.
Herr Staatsminister, das Faktum, das Sie gerade geschildert haben, ist sehr traurig. Es müsste wesentlich schneller gehen. Wenn Sie gerne Greenpeace auf der Fläche im Spessart haben, dann machen Sie so weiter. Dass die Konzepte der Staatsforsten nicht rechtzeitig vorgelegt werden, ist genau das Einfallstor, durch das diese Organisation hereinkommt. Sie als Aufsichtsratsvorsitzender müssten das im Übrigen kontrollieren.
Aber ich möchte noch zu einem anderen Thema, nämlich zu unserem Antrag kommen. Sie sagen, alles werde nachhaltig bewirtschaftet, es sei alles in Ordnung und bestens. Dann erklären Sie doch einmal dem Hohen Haus, warum der arf-Bericht, den die Staatsforsten selber in Auftrag gegeben haben, zu dem Ergebnis kommt, dass langfristig eine Gewinnentnahme von 20 Millionen bis 25 Millionen nachhaltig ist. Sie ziehen in den nächsten Jahren sogar 70 Millionen Euro an Gewinn heraus. Insoweit besteht ein eklatanter Widerspruch zwischen diesem Bericht und
dem Handeln dieses Staatsministeriums und der Mehrheit hier im Bayerischen Landtag.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde für meine Fraktion zum Bereich Umwelt sprechen, Kollegin Schopper wird den Bereich Gesundheit übernehmen − wir könnten auch tauschen; das ginge schon auch.
Ich möchte drei Schwerpunkte herausgreifen. Eigentlich müsste man über den Umwelthaushalt viel länger debattieren, nämlich über die Schwerpunkte Klimaschutz, Energiewende und Schutz der Biodiversität, darüber, wo wir stehen und was Sie in diesen Bereichen nicht machen und was Sie nur mangelhaft berücksichtigen. Ich möchte etwas den Blick darüber hinaus auf das werfen − Umweltschutz ist eine Querschnittaufgabe −, was denn die anderen Ressorts gegen die Bestrebungen des Umweltministeriums so alles treiben, gerade im Bereich der Landwirtschaft, im Bereich des Verkehrs und ähnlicher Dinge sowie bei der Eingriffsverwaltung. Wenn man bei einer solchen Haushaltsrede eine Gesamtbilanz zieht, muss man die gesamte Lage durchaus etwas berücksichtigen.
Heute ist in diesem Haus schon viel Weihrauch hinausgeblasen worden, so viel, wie ich es in meiner langen Zeit in diesem Hause selten erlebt habe. Lassen Sie mich deshalb mit dem Thema Abgase und insbesondere mit klimawirksamen Abgasen beginnen.
Wir in Bayern befinden uns diesbezüglich nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Ich lasse die letzte Debatte kurz vor dem Klimagipfel in Cancún 2010 Revue passieren. Wir sind nicht übermäßig weit heruntergekommen. Einer der Bereiche, bei dem wir in Bayern bundesweit eine unselige Spitzenrolle innehaben, ist der Verkehrsbereich. Von knapp 80 Millionen Tonnen Gesamt-CO2-Ausstoß in Bayern gehen fast 40 % auf den Verkehr zurück, bundesweit sind es nicht einmal 20 %. Wir sind bedauerlicherweise weiter Spitzenreiter, und die Tendenz ist eher steigend.
Die Bayerische Staatsregierung − nicht Sie als Minister oder Ihr Ministerium, sondern die Vertreter der Bayerischen Staatsregierung im Bundesrat − will sogar, dass der CO2-Ausstoß noch weiter steigt − siehe den unseligen Vorstoß Ihres Amtsvorgängers und jetzigen Finanzministers Söder zum Thema Luftverkehrssteuer. Da ist endlich einmal eine Steuer eingeführt worden, die im ökologischen Sinne durchaus steuernd wirkt, nämlich zum ganz großen Teil gegen die Billigfliegerei wirkt. Was aber macht dieser Minister? − Kaum kommt aus der entsprechenden Branche das Gejammer, unternimmt er einen Bundesratsvorstoß zur Abschaffung der Luftverkehrssteuer. Ich muss sagen: Das ist unsäglich, sowohl umweltpolitisch als auch finanzpolitisch unsäglich.
Es gibt einen ewigen Kampf der Branche. Der Chef der hoch defizitären Air Berlin, Hartmut Mehdorn, hat in grob beleidigender Art und Weise gegen diese Steuer und gegen die Politik polemisiert. Er hat die Luftverkehrssteuer als Unzucht mit Abhängigen bezeichnet. Was macht Herr Söder? − Er verwahrt sich nicht dagegen, sondern er stellt einen Antrag im Bundesrat, und leider Gottes folgt ihm der Bundesrat auch noch und beschließt mit Mehrheit die Abschaffung dieser ökologisch so sinnvollen Luftverkehrssteuer.
Wenn man sich die Beschlussdrucksache des Bundesrates ansieht, sieht man klar und deutlich: Dies kommt in erster Linie den Billigfliegern zugute. Dahinter steckt eine Initiative der Billigflieger. Ich habe mir gedacht, wir werden uns einig, wenigstens diese Auswüchse zu bekämpfen. − Aber mitnichten. Ihnen und allen voran und speziell Staatsminister Söder ist die Billigflieger wichtiger als der Klimaschutz in unserem Lande.
Sie sollten sich einmal die Steuern in anderen Ländern ansehen. Dort, wo sich der größte Flughafen Europas befindet, nämlich in England, beträgt die Steuer bis 6.000 Meilen 81 Britische Pfund, über 6.000 Meilen 92 Britische Pfund, also deutlich mehr als bei uns. Die Briten stehen hinter dieser Steuer. Wir bräuchten diese Steuer auch zur Sanierung des Bundeshaushaltes ganz, ganz dringend.
Kürzlich fand der Klimagipfel statt. Zuerst wurde in London ein Bericht vorgestellt, dann fand der Gipfel in Doha statt. Die Ergebnisse sind klar: Die Zwei-GradCelsius-Grenze − manche Forscher sagen, die ZweiGrad-Grenze sei zu hoch; die Klimaerwärmung müsste eigentlich auf 1,5 Grad beschränkt werden − werden wir aller Voraussicht nach, so wie es aussieht, reißen. Was machen Sie? − Dort, wo sinnvoll gesteuert wird, arbeiten Sie dagegen. Man muss sich die Prosa von Herrn Söder ansehen. Am 1. Dezember 2010, kurz vor Cancún, hat er noch gesagt: Wir handeln aus ethischer Verantwortung und Verpflichtung zur Bewahrung der Schöpfung; wir wollen einen klaren Beitrag leisten, um das international anvisierte Ziel, die Zwei-Grad-Celsius-Grenze einzuhalten, zu erreichen. Wie diese wundervolle Prosa mit der Abschaffung der Luftverkehrssteuer zusammenpasst, vermag wohl nur ein Markus Söder zu erklären. Mir fehlt hier, Herr Dr. Huber, eine klare Stellungnahme von Ihnen, vom jetzt für das Klima zuständigen Minister, wie Sie zu diesem Unfug im Bundesrat von Herrn Söder und von der Bayerischen Staatsregierung insgesamt stehen.
Wir haben zum Klimaschutz Anträge gestellt. Ich greife einen heraus, dessen Inhalt auch vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen ganz klar gefordert wird, nämlich unseren Antrag zur Renaturierung von Mooren zum Zwecke des Klimaschutzes. Der Wissenschaftliche Beirat sagt klar und deutlich und schreibt dies der Bundesregierung und letztlich auch Ihnen ins Stammbuch: Moore gelten als äußerst effektive Ökosysteme für Kohlenstoffspeicherung und spielen damit eine wichtige Rolle für den Klimaschutz; die Fixierung einer Tonne CO2 kostet 5 bis 75 Euro. Das ist einer der billigsten Beiträge zum Klimaschutz. Sie lehnen auch diesen einfachen Antrag ab.
Die Energiewende − das hat Kollege Glauber vorher schon gesagt − findet in der Regierungserklärung von Herrn Seehofer praktisch nicht statt − einige wenige kurze Zeilen, und das war es.
Sehen wir uns kleinere Anträge an, zum Beispiel den fraktionsübergreifenden Antrag zur Erprobung fischfreundlicherer Wasserkraftwerke. Sie sind nicht einmal bereit, lediglich 2,5 Millionen Euro dafür zu geben. Sie sollten sich schämen.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen und komme zum Bereich Artenschutz. Der Flächenverbrauch ist nach wie vor ungebremst auf einem hohen Niveau. Wir lagen im letzten Jahr bei 18 Hektar pro Tag und 6.570 Hektar pro Jahr. Ich habe mir die Zahlen von 1984 bis 2011 geholt. In diesem Zeitraum haben wir in Bayern über 210.000 Hektar Land verbraucht. Das entspricht 26-mal der Fläche des Chiemsees, die wir unter Beton, unter Asphalt und Ähnlichem haben verschwinden lassen. In Ihrem Haushaltsentwurf fehlen mir die entsprechenden Punkte und auch die entsprechenden Zielvorgaben.
Nächster Punkt: die Artenvielfalt. Da gibt es immerhin eine positive Meldung, die wir in den letzten Tagen der Presse entnehmen konnten. Die Leuchtkäfer, gemeinhin auch als Glühwürmchen bekannt, haben offensichtlich deutlich zugenommen.
Aber bei dieser positiven Meldung muss man es leider bewenden lassen. Im Ranking des Naturschutzbundes Deutschland NABU stehen in der Bewertung hinsichtlich des Waldprozessschutzes, der Ausweisung von Managementplänen, von Naturschutz- oder Vogelschutzgebieten sowie von FFH-Gebieten und des
Ökolandbaus in Bayern alle Ampeln auf Rot. Bayern ist Schlusslicht bei dieser Bewertung. Das ist der bayerische Standort. Ich möchte dabei nur einen Bereich aufgreifen, nämlich den Grünlandumbruch. Die Grünlandfläche leidet in Bayern an der galoppierenden Schwindsucht. Anders kann man es nicht sagen. Der zuständige Landwirtschaftsminister aber macht in heiler Welt. Ich zitiere aus einem Schreiben des Ministeriums vom 26.11. dieses Jahres an die Lehrkräfte der dritten und vierten Jahrgangsstufen. Es heißt da:
Sie werden sich vielleicht verwundert fragen: Warum bekomme ich in einem Päckchen Heu zugeschickt? Heu stammt von einem Bauernhof. Wir möchten Ihnen mit diesem Erlebnispaket mit allen Sinnen das Programm "Erlebnis Bauernhof" vorstellen, und das Heu mit dem besonderen Duft, der Farbe, dem Knistern und der Zerbrechlichkeit soll Sie an das Leben in einem Dorf auf einem Bauernhof erinnern.
Das ist eine Prosa, die es möglicherweise noch vereinzelt gibt, aber sowohl diese Situation als auch das artenreiche Grünland stehen in Bayern längst auf der roten Liste.
Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, zu den Großschutzgebieten. Stichwort: Steigerwald. Es gehörte heute bei einigen Rednern zum guten Ton, auch auf das Nachbarland Baden-Württemberg einzugehen.
Ich will es kurz ebenfalls tun. Dort gibt es eine hervorragende Erklärung "Christdemokraten pro Nationalpark Schwarzwald".
Deren letzter Satz lautet: Wir setzen uns daher für die Errichtung eines Nationalparks Schwarzwald ein aus Verantwortung für die Schöpfung und als Beitrag zur Förderung der Wirtschaft im Schwarzwald. Sehr vernünftig, aber was machen die Vertreter unserer Staatsregierung? Der irrlichternde Innenstaatssekretär Gerhard Eck fährt in den Schwarzwald, um dort zu missionieren und zu polemisieren gegen Nationalparke im Steigerwald und im Schwarzwald. Das ist die rückwärtsgewandte Politik zu den bayerischen Schutzgebieten.
Ich hätte noch gern etwas zur Wasserrahmenrichtlinie gesagt. Aber nur noch kurz: Wir werden uns selbstverständlich für den Erhalt der frei fließenden Donau einsetzen sowie für den Erhalt unserer Heimat. Ich danke − nicht nur, was den Haushalt anbelangt - dem Kollegen Eike Hallitzky für seinen Einsatz für die Donau und ich danke auch der Kollegin Claudia Stamm. Albert Einstein hat einmal gesagt: Phantasie ist alles. Sie ist die Vorschau auf die künftigen Attraktionen des Lebens. Wir haben diese Phantasie und werden sie ab Herbst 2013 auch realisieren.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Antrag wollen wir einen endgültigen Verzicht auf die dritte Startbahn am Flughafen München erreichen und die Staatsregierung auffordern, über ihre Mehrheit in der Gesellschafterversammlung − der Freistaat Bayern hält 51 % − dafür zu sorgen, dass umgehend der Antrag auf Planfeststellung für die geplante und durch den Münchner Bürgerentscheid abgelehnte dritte Startbahn zurückgezogen und auf das Vorhaben endgültig verzichtet wird.
Sie alle wissen, die Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt München haben im Sommer klar und deutlich entschieden, dass sie keine dritte Start- und Landebahn im Erdinger Moos haben wollen. Daraufhin hat die Landeshauptstadt München gesagt: Uns bleibt gar nichts anderes übrig; der Bürgerentscheid wird akzeptiert. Die Landeshauptstadt München hat anschließend vier Anträge in der Gesellschafterversammlung gestellt, die zum Teil in die gleiche Richtung gehen wie unser Dringlichkeitsantrag. Diese Anträge wurden alle mit Mehrheit vom Freistaat Bayern − 51 % − und der Bundesrepublik Deutschland − 26 % − abgelehnt. Mittlerweile gibt es keine Möglichkeit mehr, diese Startbahn zu bauen, weil für den Bau der Startbahn ein einstimmiger Beschluss in der Gesellschafterversammlung notwendig ist. Dieser einstimmige Beschluss ist momentan und auf lange Zeit hinaus, wenn nicht auf immer, nicht herbeizuführen. Alle Fraktionen der Landeshauptstadt München haben auch im Stadtrat, soweit mir das bekannt ist, erklärt, dass sie die Bindungswirkung dieses Bürgerentscheids weit über die gesetzliche Bindungsfrist hinaus einhalten und beachten wollen.
Es gibt keine Möglichkeit. Trotzdem beharren die Flughafen München GmbH, der Freistaat Bayern und die Bundesrepublik darauf, dass der Prozess beim Verwaltungsgerichtshof durchgezogen wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat letzte Woche mit Augenscheinterminen zu einer optimalen Zeit bei Nebel −
heute bei Schneetreiben − im Erdinger Moos begonnen. Der Prozess wird für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und die betroffenen Gemeinden, die an diesen Verfahren gezwungenermaßen teilnehmen müssen, eine Unmenge an Kosten verursachen. Sie können es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Dabei wird eine Unmenge an Verwaltungskosten entstehen. Ich war bei allen drei Augenscheinterminen dabei. Dort mussten Heerscharen von Beamtinnen und Beamten des Freistaats Bayern durch Nebel und Schneetreiben ins Erdinger Moos stapfen. Diese gigantischen Kosten werden niemals über den Prozess wieder reinkommen. Es wird Geld verschwendet ohne Ende. Die Beamtinnen und Beamten hätten auf allen Ebenen Sinnvolleres zu tun, als dieses Verfahren voranzutreiben.
Die Staatsregierung ist jedoch wie ein trotziges Kind und beharrt weiterhin auf der dritten Start- und Landebahn. Sie möchte diese sogar als Ziel in das Landesentwicklungsprogramm hineinschreiben. Bisher war die dritte Start- und Landebahn nicht im Landesentwicklungsprogramm enthalten. Jetzt, wenn der Bürgerentscheid kommt, schreibt man sie, um die Leute zu ärgern, rein. Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, das kann es nicht sein.
Sie müssen sich einmal die Fakten anschauen. Die Flugbewegungen sind deutlich rückläufig. Die Flughafen München GmbH gibt für die ersten zehn Monate dieses Jahres einen Rückgang von 2,6 % an. Die Deutsche Flugsicherung − es liegen Werte bis zum 25. November vor − gibt einen Rückgang um 3 % an. Wir werden dieses Jahr − das kann man heute, Ende November sagen − auf das Niveau des Jahres 2005 zurückfallen. Es gibt keinen Bedarf für diese dritte Start- und Landebahn. Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diese Planung heute, hier und jetzt beerdigen.
Das Einzige, was Ihnen einfällt, ist die offensichtliche Förderung der Billigfliegerei. Der Vorstoß im Bundesrat zur Abschaffung der Luftverkehrssteuer ist am Freitag bedauerlicherweise mit Mehrheit angenommen worden. Sie wollen auf Biegen und Brechen die Fliegerei weiterhin mit Steuergeldern fördern. Sie wollen, dass der Bund die knapp eine Milliarde Euro an Steuern, die von der Fliegerei in den Bundeshaushalt zur Schuldensanierung fließen − das ist ohnehin wenig −, abschafft. Sie sollten sich in diesem Zusammenhang am Vereinigten Königreich und dessen Luftverkehrsabgaben orientieren. Dort gibt es meines Wissens den größten europäischen Flughafen. Das
Vereinigte Königreich verlangt deutlich mehr als die Bundesrepublik Deutschland: Für Flüge bis 2.000 Meilen 13 Pfund, für Flüge bis 4.000 Meilen 65 Pfund, bis 6.000 Meilen 81 Pfund und darüber hinaus 92 Pfund. Das ist die Luftverkehrsabgabe in Großbritannien. Dort steht der größte Flughafen Europas. Das ist wirklich eine steuernde Abgabe. Das geht zulasten der Billigfliegerei.
Momentan findet die Klimakonferenz statt. Dazu sollten Sie einen Beitrag leisten. Sie sollten die Luftverkehrssteuer beibehalten und vor allem auf den Ausbau des Flughafens in München, auf dieses Riesenteil, verzichten. Das sollten Sie heute mit uns zusammen beerdigen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Tierschutz in der Bundesrepublik und in Bayern auf Verfassungsebene verankert. Zum einen ist in Artikel 20 a des Grundgesetzes folgendes Staatsziel formuliert: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung …" Zum anderen ist das in Artikel 141 unserer Bayerischen Verfassung
geregelt. Dort steht der Satz: "Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt."
Wir haben also auf beiden Ebenen, Bund wie Land, den Tierschutz in Verfassungsrang erhoben und sind aufgrund dessen verpflichtet, den Tierschutz in unserem Lande umfassend zu realisieren. Dies geschieht jedoch nicht in dem Umfang, wie es wünschenswert und notwendig wäre, um wirklich Tierschutz zu betreiben; denn es gibt keine Möglichkeit für Verbände oder auch Privatpersonen, das Recht für die Tiere vor Gerichten in Deutschland einzuklagen. Das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf ändern.
Wenn auf der anderen Seite eine Behörde eine Anordnung gegen einen Tierhalter erlässt, dann kann dieser Tierhalter, der möglicherweise Verstöße gegen den Tierschutz begeht, durch drei Instanzen Widerspruch einlegen und gegebenenfalls sogar durch drei Instanzen klagen. Auf der Gegenseite kann momentan niemand klagen. Das ist keine Waffengleichheit, sondern auf der einen Seite hat man sehr wohl das Klagerecht, wenn es um Verstöße geht, auf der anderen Seite haben diejenigen, die Verstöße anzeigen, die die Behörden vielleicht nicht sehen, kein Recht, eine Klage einzureichen.
Deshalb sehen wir dringenden Handlungsbedarf und haben diesen Gesetzentwurf eingebracht. Ich sage gleich dazu, weil jemand aus den Regierungsfraktionen das sicherlich vorbringen wird, dass wir uns sehr eng an den Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen angelehnt haben, der dort momentan beraten wird. Es ist sinnvoll, hierbei gemeinsam vorzugehen und ähnliche Formulierungen zu wählen. Wir haben das der bayerischen Ebene angepasst. Es könnte also jemand sagen, wir hätten das von dort übernommen. Deshalb sage ich gleich vorab, dass das bewusst so gemacht worden ist. Das war von unserer Seite aus Absicht.
Der Tierschutz ist auf der Bundesebene in den letzten Tagen wieder einmal gescheitert. Die Politiker kommen da nicht vom Fleck. Sie führen in ihren Sonntagsreden zwar immer auf den Lippen, wie wichtig ihnen der Tierschutz ist. Wenn er aber konkret werden soll, passiert nichts.
Wir wollen mit dem Gesetz eine umfassende Mitwirkung der Tierschutzverbände erreichen. Diese Mitwirkung ist, glaube ich, auch geboten. Wenn wir sagen, wir wollen mehr Transparenz in unserem Land, wir wollen mehr Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung in unserem Land, dann sollte man auch in einem so wichtigen Punkt − und Tierschutz ist ein Anliegen, das Millionen Leute in Deutschland beschäftigt, die auch
in Verbänden engagiert sind − den Leuten Mitwirkungsmöglichkeiten in den Verfahren geben und ihnen auch das Recht zur Klage vor den Verwaltungsgerichten einräumen.
Wir haben dieses Klagerecht in einem anderen Bereich bereits eingeführt, nämlich im Naturschutzrecht. Ich kann mich noch gut an die Diskussionen erinnern, die geführt worden sind, bevor das Verbandsklagerecht in das Naturschutzrecht eingeführt worden ist. Man hat von einer ewigen Blockade geredet. Es würde nichts mehr durchgehen, die Verbände würden gegen jeden Bescheid prozessieren. Das ist mitnichten der Fall. Das wird bei den Tierschutzverbänden genauso sein. Die Verbände werden sehr genau überprüfen, wo eine Chance besteht, wo wirklich ein Verstoß vorliegt und wo Aussichten auf Erfolg bestehen; denn Klagen kostet viel Geld, insbesondere wenn man seinen Prozess verliert.
Im Naturschutzrecht hat das nicht zu einer Klagelawine geführt. Vielmehr suchen die Verbände sehr gut aus, in welchen Fällen sie klagen und in welchen nicht.
Ich bin seit über 30 Jahren Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Freising und kann sagen: Ich habe das Instrument nur einmal verwendet. Das war eine Klage nach dem Verbandsklagerecht im Naturschutzrecht gegen eine Mastanlage mit 40.000 Hähnchen im Ampertal, bei der die Behörde den Stickstoffausstoß dieser Anlage und den Einfluss auf das FFH-Gebiet nicht gewürdigt hat. Wir haben den Prozess gewonnen.
Es geht darum, dass man Fehler, die in Behörden gegebenenfalls vorkommen, vermeidet. Ich sage jetzt nicht, dass unsere Behörden vorsätzlich, grob fahrlässig und immer fehlerhaft arbeiten. Aber gelegentlich passieren auch einmal in einem Landratsamt oder in einer Bezirksegierung Fehler. Auch im Tierschutzbereich sollte man mit einem eigenen Verbandsklagegesetz ermöglichen, dass dies vor Gericht entsprechend kontrolliert und überprüft wird.
Wir werden den Gesetzentwurf in den Ausschüssen ausführlich diskutieren. Für die Erste Lesung, für die Einbringung möchte ich es erst einmal dabei bewenden lassen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Antrag geht es uns darum, dass für Bayern endlich ein Luftverkehrskonzept erstellt wird. Die Lage ist so, dass sowohl in Bayern als auch in der Bundesrepublik in dem durchaus nicht unwichtigen Luftverkehrssektor ohne eine übergeordnete Konzeption gearbeitet wird. Jeder Flughafen wurschtelt mehr oder weniger alleine vor sich hin, jeder Flughafen versucht, Fluggesellschaften an Land zu ziehen, betreibt Akquise und schaut, wie er durchkommt. Es gibt für einzelne Flughäfen Prognosen, aber es gibt kein zusammenhängendes Konzept für die Luftverkehrsinfrastruktur in Bayern.