Protokoll der Sitzung vom 05.03.2013

Sie müssen einiges mehr tun, um die Mängel im Pflegebereich tatsächlich in den Griff zu bekommen. Deshalb ist die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor sowie zwischen den Berufsgruppen von Ihnen mit einem gewissen Forechecking zu betreiben. Herr Minister, Sie müssen der Motor sein und versuchen, Augenhöhe zwischen medizinischer und pflegerischer Versorgung herzustellen.

Ich habe das Gefühl, in der Gesundheitspolitik folgt die Staatsregierung immer noch dem Modell "Schwarzwaldklinik": Hier gibt es den Halbgott in Weiß und dort die Pflegekraft, die den Tupfer bereithält. So wird es nicht mehr laufen. Das wissen auch Sie genau. Daher müssen Sie entschieden für andere Lösungsansätze eintreten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch was die Substitution bzw. Delegation von Aufgaben angeht, sind Sie mir einfach zu still. Sie müssen auch einmal etwas anschieben. Es gehört sich, dass Sie Partei ergreifen und deutlich sagen, ob Sie dafür sind, dass die Wundversorgung durch spezialisierte Pflegekräfte ausgeführt wird. Wie stehen Sie zu den vom Gemeinsamen Bundesausschuss ermöglichten Modellvorhaben mit dem Ziel der Substitution, wenn es um die Anwendung von Heil- und Hilfsmitteln durch Pflegekräfte geht? Ich betone: In diesem Bereich müssen Sie etwas anschieben und dürfen nicht nur hineinschreiben, dass das bei uns alles so schön sei.

Hinsichtlich der Prävention haben Sie einige gute Ansätze entwickelt - das will ich gar nicht verhehlen -, auch wenn ich nicht mit allem zufrieden bin. Sie haben einige Modellprojekte ermöglicht. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von "Gesundheitskonferenzen", Sie von "Regionaler Gesundheitsförderung".

Ein weiterer Punkt: Herz-Kreislauf-Krankheiten und Diabetes gehören zu den Krankheiten, die wir durch Prävention mehr oder weniger eindämmen können. Insofern brauchen wir Strategien, die tatsächlich helfen.

Was fehlt mir noch? Im Stakkato: Es fehlt mir eine Stellungnahme zur Organspende. Die Skandale im Transplantationsbereich haben einen immensen Vertrauensverlust bewirkt. Die Zahl der Menschen, die sich bereit erklären, Organe zu spenden und einen Organspendeausweis zu erwerben, ist deutlich zurückgegangen. Auch wenn die Kassen dieser Entwicklung entgegenwirken, ist es zu einem Vertrauenseinbruch gekommen. Dieser betrifft sowohl die eigene Organspendebereitschaft als auch die Bereitschaft der Hinterbliebenen, entsprechende Regelungen zu treffen. Das verloren gegangene Vertrauen müssen wir wieder aufbauen. Dass Ihnen das nicht allein gelingen kann, ist mir klar. Dem Ausschuss muss endlich ein Bericht zu der Thematik vorgelegt werden. Wir müssen aber auch an die Neuordnung von Strukturen denken: Wie schaut es mit den Transplantationszentren aus? Dazu hätte ich gern noch etwas gehört. Das muss nicht heute sein, sollte aber in naher Zukunft nachgeholt werden.

Meine nächste Anmerkung betrifft die Methadonversorgung. Kollegin Sonnenholzner hat schon gesagt, dass in dieser Hinsicht gerade in Schwaben, aber auch in Niederbayern "die Hütte brennt". Das kann so nicht weitergehen. Auf dem bisher beschrittenen Weg können wir die Methadonversorgung nicht sicherstellen. Der Bayerische Ärztetag hat festgestellt, dass das Betäubungsmittelverordnungsgesetz nicht praktikabel ist. Es ist mir wichtig zu hören, welche Anstrengungen Sie zur Verbesserung der Situation unternehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch in der Psychiatrie gibt es Probleme.

Herr Minister, ich erwarte von Ihnen mehr Mut in der Gesundheitspolitik. Wir stehen vor einem Zielkonflikt: Einerseits wird betont, Gesundheit sei keine Ware. Auf der anderen Seite haben wir es mit einer Ökonomisierung zu tun. Der Kuchen ist nicht unendlich, aber die Zahl diejenigen, die im Verteilungskampf von diesem Kuchen etwas haben wollen, nimmt zu. Herr Minister, ich vermisse bei Ihnen den Mut und die Leidenschaft, Rahmen zu setzen, Fehlanreize abzubauen und dafür Qualitätsanreize zu setzen sowie die regionalen Unterschiede auszutarieren. Diese Aspekte müssen Sie noch mehr in den Mittelpunkt stellen. Es geht auch darum, die Rechte des Patienten zu stärken.

Haben Sie Mut zu handeln! Die Feststellung, dass wir es hier wunderbar haben und dass vieles schön ist, reicht nicht. Allgemeinplätze kann auch ich unterschreiben; das hilft aber in der konkreten Politik meist nicht weiter. Sie müssen Ihren Ankündigungen endlich Taten folgen lassen. Geschieht dies nicht, wird

Ihre Regierungsbilanz ähnlich ausfallen, wie es Immanuel Kant einmal formuliert hat: Der gute Wille war da.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Harald Güller (SPD))

Danke, Frau Kollegin Schopper. − Für die FDP bitte ich Herrn Thalhammer an das Mikrofon.

Frau Präsidentin, Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorsitzende der CSU-Fraktion hat mich gebeten, kürzer zu reden. Aber wenn er erst einmal mitbekommt, welches Loblied ich auf unseren Minister singe, wird er an meinen Lippen kleben bleiben und sich wünschen, dass dieser Wortbeitrag nie vorbeigeht.

(Allgemeine Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an den schmächtigen Kritikpunkten der Opposition wird deutlich: Bayern steht in der Umweltpolitik hervorragend da. Das ist zum einen deshalb der Fall, weil wir uns angesichts unserer Wirtschaftskraft Umweltschutz leisten können; zum anderen hat die christlich-liberale Koalition, insbesondere unser sehr guter Umweltminister, kluge Entscheidungen getroffen. Lieber Marcel Huber, herzlichen Dank für Ihre, für deine Arbeit.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich möchte mit einem Thema beginnen, das immer wieder durch den Plenarsaal geistert. Wir haben es zwar schon in einem Antrag dokumentiert, aber ich sage es an dieser Stelle noch einmal ganz klar: Für die FDP-Fraktion wie für alle Fraktionen in diesem Hause gehört die Trinkwasserversorgung zur kommunalen Daseinsvorsorge.

Schauen wir in ein Land, das die Trinkwasserversorgung privatisiert hat, beispielsweise nach Frankreich: Dort ist das Wasser schlechter und teurer geworden. Das ist nicht der bayerische Weg, das ist nicht der Weg der Liberalen. Deswegen lehnen auch wir dies, wie gerade wieder auf unserem Parteitag beschlossen wurde, kategorisch ab.

(Zuruf von den GRÜNEN: Haben Sie das auch Ihren Kollegen im Bundestag gesagt?)

Ein sehr wichtiges Thema ist der Donauausbau. Es ist eine große Leistung, dass CSU und FDP es geschafft haben, einen jahrzehntelangen Streit zu beenden und einen guten Kompromiss zu finden. Die Umwelt wird geschützt, und ökonomische Aspekte werden berücksichtigt. Die Schifffahrt auf der Donau kann sich weiterentwickeln. Wir Liberale sind stolz darauf, dass

unser Wirtschaftsminister Martin Zeil auch in dieser Frage sehr erfolgreich agiert und gemeinsam mit dem Herrn Umweltminister einen vernünftigen Lösungsansatz entwickelt hat. Der sanfte Donauausbau, den wir von der FDP seit jeher fordern, ist einfach das beste Lösungskonzept. Eine vernünftige Partnerschaft von Ökologie und Ökonomie - dafür steht die FDP.

(Beifall bei der FDP - Unruhe)

Herr Kollege, einen Moment! − Darf ich Sie um etwas mehr Ruhe bitten? Es ist ein Grundgemurmel da, das angesichts der Rede nicht angebracht ist. - Bitte schön, Herr Thalhammer.

Es gibt wieder Grund zu feiern: Das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön wird erweitert. Das ist seit vielen Jahren ein Herzensthema der Liberalen. Die FDP hatte mit diesem Ziel mehrere gemeinsame Aktionen der Länder Bayern, Hessen und Thüringen gestartet. Diese Koalition hat das Thema vorangebracht. Es ist schön, wenn im Sinne des Umweltschutzes Lösungen gefunden werden können, die vor Ort mitgetragen werden. Die Menschen in der Region sind begeistert. Auch die Holzwirtschaft behält ihre Möglichkeiten. Das ist für uns Ausdruck einer vernünftigen Partnerschaft von Ökologie und Ökonomie. Wir freuen uns sehr über die Erweiterung des Biosphärenreservats Rhön. Glückwunsch an den Norden Bayerns!

Ein weiteres Thema, das uns als Liberalen sehr am Herzen liegt, sind die Naturparke. Wir haben in Bayern 18 Naturparke. Sie stehen für nachhaltige Regionalentwicklung und umweltgerechte Landnutzung. Sie eröffnen Chancen für sanften Tourismus. Wir müssen wieder mehr Aufmerksamkeit auf die Naturparke legen und vielleicht sogar die Ausweisung neuer unterstützen. Wir Liberale unterstützen gern den Vorschlag für einen Naturpark im Fünfseenland. Naturparke sind ebenfalls Ausdruck einer wunderbaren Partnerschaft von Ökologie und Ökonomie. Dafür steht, wie Sie wissen, die FDP.

Was die Nationalparke angeht, sind wir kritischer. Mit uns wird es keinen Nationalpark im Steigerwald geben. Wir freuen uns sehr über die tollen Bildungsmaßnahmen, die im "Haus der Berge" im Nationalpark Berchtesgaden angeboten werden. Wir wünschen uns auch, dass eine entsprechende Ausstattung erfolgt. Vielleicht kann man die an der einen oder anderen Stelle überdimensionierte Personalausstattung des Nationalparks Bayerischer Wald abbauen und das Personal in den Nationalpark Berchtesgaden "umsiedeln". Ich betone: Es ist vorbildlich, wie im Nationalpark Berchtesgaden Natur zum Erlebnis wird. Wir wol

len, dass Natur erlebbar bleibt. Daher lehnen wir Betretungsverbote für Nationalparks kategorisch ab.

Loben möchte ich im Nationalpark Bayerischer Wald die Umsetzung unseres liberalen Engagements für das Grüne Band Bayern. Der ehemalige Todesstreifen zwischen Ost und West ist jetzt zu einer Lebenslinie geworden. Ich freue mich sehr, dass die Nationalparkverwaltung im Sinne der Umweltbildung diese Idee aufgegriffen hat. Lieber Herr Minister, wir müssen hier jedoch gemeinsam noch ein bisschen mehr anschieben. Das Grüne Band Bayern hat nicht nur ökologische Vorteile. Es ist auch eine wunderbare Möglichkeit für ökologische und geschichtliche Bildung.

Unser Koalitionspartner, die Christlich-Soziale Union, trägt die Aussage von der Bewahrung der Schöpfung immer wie eine Monstranz vor sich her. Wir Liberale möchten hinzufügen, dass zur Bewahrung der Schöpfung auch die Bewahrung unserer Mitgeschöpfe gehört. Der Tierschutz hat eine größere Aufmerksamkeit verdient. Ich freue mich immer auf die wunderbare Veranstaltung bei der Verleihung des Tierschutzpreises. Auf dieser hochkarätig besetzten Veranstaltung werden Ehrenamtliche für ihr Engagement ausgezeichnet. Ja, ein vernünftiger Tierschutz soll wieder mehr Aufmerksamkeit in diesem Haus genießen.

Ich möchte gleich ein konkretes Beispiel zum Artenschutz geben, liebe Claudia Jung, weil ich dich gerade sehe.

(Claudia Jung (FREIE WÄHLER): Bei mir denkst du an Artenschutz? Bin ich eine gefährdete Art?)

- Beim Thema Artenschutz stehe ich für die Bewahrung und den Schutz der Singvögel. Hier müssen wir Konzepte vorlegen. Ich möchte beispielhaft auf die "Vermaisung" eingehen, die für den Vogelschutz nicht gerade ideale ökologische Voraussetzungen bietet.

Wir würden gut daran tun, uns bei der Energieproduktion Alternativen zum Mais zu überlegen. Wir sollten nach Pflanzen suchen, durch die der Boden wieder eine bessere Beschaffenheit und einen besseren Wert erhält und die nicht so viel Stickstoff herausziehen, wie dies beim Mais der Fall ist. Ich nenne als Beispiel Kleegras und Miscanthus. Wir müssen uns hierüber noch mehr Gedanken machen. Über Rüben kann man auch besser hinwegsehen als über große Maispflanzen. Wir dürfen die nachwachsenden Rohstoffe für die Energieversorgung nicht auf den Mais reduzieren. Hier muss es eine Vielzahl an Varianten geben. Hier haben wir noch viel Arbeit vor uns.

Damit komme ich zum Landverbrauch. Ja, der Landverbrauch ist in diesem Land noch viel zu hoch. Wir

müssen aber auch einen anderen Blickwinkel berücksichtigen, nämlich die Landnutzung. Durch Ausgleichsmaßnahmen und Biogasanlagen wird immer mehr Land aus der aktiven Nutzung herausgenommen. Wir müssen Lösungen finden, damit wir uns bei den begrenzten Flächen unser Korsett nicht noch enger schnüren. Ich freue mich sehr, dass wir mit unserem Koalitionspartner nach intensiven Diskussionen eine Lösung gefunden haben. In einigen Landkreisen gibt es de facto keine Fläche mehr, wo noch kompensiert werden könnte. In vielen Bundesländern besteht deshalb die Möglichkeit, die Kompensation für ökologische Maßnahmen finanziell vorzunehmen. Das ist eine sinnvolle Entscheidung; denn dadurch wird die Ökologie unterstützt, aber ökonomische Interessen werden nicht vergessen. Dafür steht die FDP.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Meine Damen und Herren, Holz gehört zu Bayern. Wir sind mit qualitativ hochwertigem Holz gesegnet.

(Harald Güller (SPD): Dazu fällt mir jetzt etwas sehr Unparlamentarisches ein!)

- Meine Aussage bezog sich auf die Ökologie. Ich weiß nicht, was Sie mit Holz in Verbindung bringen. Ich würde an so etwas nie denken.

Das Holz verdient in Bayern mehr Aufmerksamkeit. Wir haben hier ein riesiges Potenzial. Vom natürlichen Aufwuchs bleiben 39 % ungenutzt. Wir müssen das Holz wieder mehr nutzen, nicht nur für die Energieversorgung, sondern auch im Bau. Wir brauchen es aber auch für neue, innovative Energieproduktionsformen. Die Stadtwerke Rosenheim nutzen zum Beispiel in vorbildlicher Weise die innovative Form der Holzvergasung. Dieser Möglichkeit sollten wir in diesem Hohen Haus mehr Aufmerksamkeit schenken. In der letzten Woche habe ich im "Expertenkreis Energie" der FDP-Fraktion gesprochen. Bei der Holzvergasung kann bedarfsgerecht produziert werden. Die Energieeffizienz ist sehr hoch. Das ist noch weitgehend unbekannt. Die Holzvergasung hat eine große Zukunft. Wir sollten diese Möglichkeit weiter unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Auch die Wasserkraft gehört seit jeher zu Bayern. Sie ist die älteste der erneuerbaren Energien und liefert permanent Strom. Die Wasserkraft gehört zu Bayern: Das war so, das ist so, und das wird auch immer so sein. Durch wunderbare Innovationen, mit denen wir die Wasserkraft ökologischer betreiben können, haben wir neue Potenziale erhalten. Für die FDPFraktion ist die Wasserkraft die vernünftigste erneuerbare Energieform, die es gibt. Wir wollen die Wasserkraft weiter stärken.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen uns das EEG in seiner Gänze anschauen. Die Strompreise bereiten uns große Sorge.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Die vielen Ausnahmen!)

Wir müssen die effizientesten erneuerbaren Energien fördern, diejenigen, die das beste Resultat bringen. Deswegen müssen wir weg von der Förderung der Photovoltaik, die bereits die Marktreife erreicht hat, aber am lautesten schreit. Die Photovoltaik gehört nicht zu den Energieformen, die die besten Resultate bringen.

(Christine Kamm (GRÜNE): Aber die Atomenergie!)

- Liebe Kollegin Kamm, die Atomenergie ist ein gutes Stichwort. Die ganze Welt beäugt uns. Sie will sehen, wie wir als Industrieland einen vernünftigen Umstieg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien hinbekommen. Wir haben in diesem Land sehr viel Know-how. Wir sind das Innovationsland schlechthin. Wenn wir das in Bayern schaffen, werden wir eine weltweite Visitenkarte für Unternehmen der erneuerbaren Energien in diesem Land haben. Was Silicon Valley in den USA für die Computerindustrie ist, kann Bayern bei den erneuerbaren Energien werden. Daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten.