Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Ich würde mir manchmal wünschen, bevor wir hier an den Mikrofonen immer das große Lob ausschütten − berechtigterweise! −, dass wir in dem einen oder anderen Falle auch Taten folgen zu lassen, zumindest bei den entsprechenden Debatten in den jeweiligen Parlamenten.

(Beifall bei der SPD)

Das geschieht leider nicht. Ich finde, die öffentlichrechtlichen Organisationen im Rettungsdienst haben in den vergangenen Jahren eine hervorragende Qualität bewiesen. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. In Bayern haben wir eines der besten Rettungswesen. Auch dem kann ich gern zustimmen. Das ist eben den öffentlich-rechtlichen Organisationen zu verdanken. Darauf will ich ausdrücklich hinweisen. Deshalb finde ich es nicht angemessen, dass man als Dankeschön für diese wunderbare Hilfeleistung für die Bürger dieses Landes sozusagen eine Öffnung auf dem freien Markt hinterherschiebt mit teilweise manchmal sehr schwierigen Angeboten, die von anderen Dienstleistungsunternehmen abgegeben werden. Das muss man auch sagen dürfen.

Bei der Frage der Helfergleichstellung schließe ich mich Ihren Ausführungen an, liebe Frau Kollegin Schorer. Das ist richtig.

Und jetzt noch ein Satz zu unserem Antrag. Sie wollen den Mindestlohn von 8,50 Euro nicht mittragen. Ich sage Ihnen unabhängig von der Grundsatzdebatte zum Mindestlohn: Wenn in diesem Bereich kein Mindestlohn eingeführt wird, schaden Sie den öffentlichrechtlichen Einrichtungen ganz gewaltig.

(Beifall bei der SPD)

Ich will das gern begründen. Wir haben beispielsweise beim Bayerischen Roten Kreuz sowie beim Arbeiter-Samariter-Bund und auch bei anderen Organisationen eine sehr gute tarifliche Bezahlung, die über dem Mindestlohn liegt. Das ist festzuhalten. Wenn sich jetzt sozusagen der Markt bei der Ausschreibung von Dienstleistungen im öffentlichen Rettungsdienst öffnet, dann können Sie darauf warten, wer die günstigeren Angebote abliefern kann. Nachdem nun einmal der große Teil der Kosten Personalkosten sind, werden Sie in kürzester Zeit deutlich günstigere Angebote privater Anbieter auf dem Tisch haben. Bei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit können Sie sich ganz

schnell ausrechnen, wer diese Ausschreibungen gewinnen wird,

(Volkmar Halbleib (SPD): So ist es!)

bestimmt nicht mehr die öffentlich-rechtlichen Rettungsdienste.

(Volkmar Halbleib (SPD): Dann ist der Ärger groß!)

Die werden dann folgendermaßen reagieren: Sie werden es mit der Erhöhung des ehrenamtlichen Anteils ausgleichen. Da frage ich mich schon, ob das in unserem Interesse ist. Ich sage: Nein. Deswegen wäre der Mindestlohn unabhängig von der Grundsatzdebatte sozusagen ein Schutzmechanismus gewesen. Aber leider wollen Sie das nicht mittragen. Der Arbeitgeberverband, der in der Tat gegründet wurde, wird sicherlich nicht so schnell reagieren können, obwohl wir uns in der Zielsetzung eines allgemein verbindlichen Tarifvertrages für diesen Bereich sehr einig sind.

Ich bedaure sehr, dass Sie diesen Weg nicht mitgehen können, obwohl − gestatten Sie mir diesen Seitenhieb − Sie überall im Lande herumlaufen und Lohnuntergrenzen fordern. Ich bin dabei, wenn Sie sagen: Gut, wir machen eine Lohnuntergrenze; denn wenn es nur am Wort liegt, können wir zustimmen. Wenn wir eine Lohnuntergrenze im Rettungsdienst von 8,50 Euro machen − das versprechen Sie überall -, sind wir auch dabei.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Hanisch von den FREIEN WÄHLERN. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rettungsdienst funktioniert in Bayern. Der Rettungsdienst ist allerdings im alten Gesetz in einigen Passagen nicht gut geregelt, und insofern begrüßen wir das neue Rettungsdienstgesetz. Wir werden ihm zustimmen.

Wir sind der Auffassung, dass die richtigen Kriterien gewählt wurden: Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit. Auch wir sehen, dass die im Rettungsdienst tätigen Personen weitgehend ehrenamtlich tätig waren und eine gute Arbeit geleistet haben. Auch von uns ein herzliches Dankeschön!

Warum kommen nun die privaten Dienstleister mit hinein? Dazu zwingt das Urteil des Verfassungsgerichtshofes, ob wir es wollen oder nicht; wir müssen damit leben.

Meine Damen und Herren, eine kleine Schranke errichtet der Gesetzgeber schon dadurch, dass der Anbieter nachweisen muss, bei Großschadensereignissen die Leistung erbringen zu können. Das wird die Inflation privater Unternehmer sicherlich einengen. Ich glaube, dass wir damit eine kleine Schranke eingebaut haben. Ich gebe Ihnen recht, Herr Pfaffmann, es ist nicht die große Regelung, die verhindern wird, dass Private in den Markt eindringen können. Es werden sich auch unter dieser Prämisse Dienstleister anbieten.

Meine Damen und Herren, nun ein Wort dazu, weshalb die FREIEN WÄHLER einen eigenen Antrag gestellt haben. Es geht um die Helfergleichstellung. Da haben wir in Zukunft zwei Regelungen. Wir haben auf der einen Seite den Mann oder die Frau, die im Feuerwehrwesen Dienst ableisten. Die Kommune muss hier zu 100 % die Kostenerstattung auf sich nehmen. Auf der anderen Seite haben wir die Situation, dass jetzt über die Rettungszweckverbände Entschädigungen eingereicht werden und diese Leistungen letztendlich vom Freistaat Bayern und nicht von der kommunalen Ebene erstattet werden. Den Rettungszweckverbänden werden nicht 100 % erstattet, sondern anteilig zwischen 80 und 90 %. Das halten wir für nicht allzu gut. Wir hielten eine Gleichstellung hier für sinnvoll, und zwar alles in einer Hand beim Land: Wenn also auch der Feuerwehrmann eine Entschädigung zu bekommen hat bzw. der Arbeitgeber des Feuerwehrmanns, sollte diese vom Staat kommen. Wir würden so die kommunale Ebene gewaltig entlasten und hätten es in einer Hand. Von dort hat dann ebenfalls eine 100-prozentige Erstattung zu erfolgen, die den Rettungszweckverbänden jetzt nicht gewährt wird. Sie müssen aus ihren eigenen Mitteln noch einen Teil der Kosten aufbringen. - Das war unser Antrag. Es ist ein Punkt, der uns nicht dazu veranlassen wird, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Wir werden dem Gesetz, basierend auf dem Änderungsantrag der CSU und der FDP, zustimmen. Wir haben es im Ausschuss bereits gesagt: Bei dem SPD-Antrag stört uns die Mindestlohnregelung. Insofern können wir dem nicht zustimmen.

Grundsätzlich sind wir der Auffassung: Das ist ein sauber erarbeitetes Gesetz mit einer längst fälligen, klaren Regelung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege. − Für das BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN darf ich nun Christine Kamm das Wort geben.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hanisch, als das Rettungsdienstgesetz das letzte Mal novelliert worden ist, gab es schon Private im Markt. Private waren an den Rettungsdienstleistungen beteiligt. Damals wurde eine Novelle gemacht, die rechtlich nicht haltbar war, da sie die Beteiligung Privater auf unzulässige Weise regulieren wollte.

Die heutige Novelle wurde erforderlich, da die bisherige Fassung des Gesetzentwurfs wettbewerbsrechtlich unzulässig war. Es gab eine Öffnung bei der Dienstleistungsvergabe an Private, und der Bayerische Verfassungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig, dass die Beteiligung der Privaten nachrangig geschehen solle, sondern er schrieb vor, dass sie gleichberechtigt am Auswahlverfahren beteiligt werden müssen. Der Punkt war: Es gab bereits eine Öffnung − und das ist das Problem.

Mit dem heutigen Gesetzentwurf wird die Grundlage für ein rechtlich zulässiges Auswahlverfahren geschaffen, aber damit werden keineswegs alle Probleme gelöst. Wie bei anderen Marktöffnungen und Ausschreibungen von Dienstleistungen im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge besteht hier die Gefahr eines Niedriglohnwettbewerbs, da bei Dienstleistungen, wie schon ausgeführt worden ist, die Personalkosten der entscheidende Kostenfaktor sind.

Wir wollen aber keinen Wettbewerb zulasten qualitativer und sozialer Standards. Wir wollen nicht, dass Unternehmen, die faire Löhne zahlen, aus dem Geschäftsfeld gedrängt werden, und wir müssen verhindern, dass es zu einem Dumping-Wettbewerb um die niedrigsten Löhne und die schlechtesten Arbeitsbedingungen im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge und heute im Bereich des Rettungsdienstes kommt. Wenn es ein Wettbewerb ist, dann muss er fair sein. Daher halten wir es nach wie vor für richtig, dass unabhängig von tarifvertraglichen Regelungen ein Mindestlohn in das Gesetz aufgenommen wird. Wir werden die Entwicklungen genau beobachten und gegebenenfalls wieder gesetzlich initiativ tätig werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. − Für die FDP-Fraktion hat nun Kollege Dr. Andreas Fischer das Wort, bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In weiten Teilen sind wir uns alle einig, aber einige Bemerkungen möchte ich doch noch machen,

insbesondere zu dem, was Sie vorgetragen haben, Herr Kollege Pfaffmann.

Es ist nicht so, dass wir uns über eine Öffnung des Marktes unterhalten, die die Regierungskoalition oder gar die FDP veranlasst hat, sondern wir unterhalten uns über ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Das oberste bayerische Gericht hat am 24. Mai 2012 entschieden, dass der Vorrang für die Hilfsorganisationen ein Eingriff in die Berufsfreiheit ist. Damit sind Änderungen notwendig geworden. Diese Änderungen müssen nun einerseits gewährleisten, dass es nicht wieder einen Eingriff in die Berufsfreiheit gibt. Sie müssen also eine Rechtsgrundlage für ein verfassungsmäßiges Auswahlverfahren schaffen, mit dem sich private Unternehmen und Hilfsorganisationen bewerben können. Andererseits müssen sie aber − das ist sehr wichtig − dafür sorgen, dass das hohe Niveau der rettungsdienstlichen Versorgung, das wir in den vergangenen Jahrzehnten hier erreicht haben, aufrechterhalten bleibt. Dieses hervorragende Niveau verdanken wir dem Engagement und Know-how der Hilfsorganisationen. Ihnen möchte ich an dieser Stelle für die hervorragende Arbeit, die sie tagtäglich leisten, meinen Dank aussprechen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb muss vermieden werden, dass es Rosinenpickerei gibt. Auch wir wollen keinesfalls eine Regelung, bei der sich die Privaten sozusagen die Wurst schnappen und die Hilfsorganisationen dann bei der trockenen Semmel bleiben. Das darf es nicht geben, sondern wir wollen, dass beide vor gleichen Voraussetzungen stehen. Deshalb sieht das Gesetz vor, dass künftig jeder, der am Rettungsdienst teilnimmt, gleich, ob Hilfsorganisation oder Privater, auch in der Lage sein muss, bei Großschadenslagen einen relevanten Beitrag über die Regelversorgung hinaus zu leisten. Diese Fähigkeit, Kapazitäten zusätzlich zur Verfügung zu stellen, ist eine wesentliche Zugangsvoraussetzung, und nur Bewerber, die diese Fähigkeit besitzen, sind geeignet, teilzunehmen. Das ist, meine ich, ein gelungener Weg, der beide Interessen berücksichtigt.

Besonders wichtig ist mir aber eine gemeinsame Initiative der Koalitionsfraktionen. Wir haben gesagt, wir wollen diese Neuregelung zum Anlass nehmen, dafür zu sorgen, dass bei der Freistellung die gleichen Bedingungen für Rettungsdienstleistende gelten wie für Feuerwehrdienstleistende. Es gibt keinen Grund, den ehrenamtlich im Rettungsdienst Tätigen hinsichtlich Freistellungs-, Lohnfortzahlungs- oder Erstattungsanspruch schlechter zu behandeln als den Feuerwehrdienstleistenden. Deshalb bin ich froh, dass diese Initiative, die die Ungleichbehandlung in diesem Bereich

beseitigt, von allen Fraktionen in diesem Haus unterstützt wird.

Ich sehe aber keinen Anlass, wie es der Änderungsantrag 16/15662 der FREIEN WÄHLER vorsieht, diese Rettergleichstellung im Feuerwehrgesetz und nicht im Rettungsdienstgesetz zu regeln. Dann hätten wir ein zweites Gesetz ändern müssen,

(Unruhe − Glocke des Präsidenten)

und ich denke, das hätte uns nicht weitergebracht.

Ich möchte auch noch etwas zum Änderungsantrag der SPD sagen. Ein Mindestlohn ist die eine Sache. Die Frage ist, wie man eine angemessene Bezahlung erreicht. Wir wollen auch eine angemessene Entlohnung. Aber anders als SPD und GRÜNE in ihren Änderungsanträgen sind wir der Meinung, dass Lohnuntergrenzen zwar absolut sinnvoll sind, dass wir diese Einigung aber auf tarifvertraglicher Ebene wollen und nicht durch eine gesetzliche Regelung.

(Beifall bei der FDP - Dr. Paul Wengert (SPD): Die Tarifvertragsparteien können Sie nicht zwingen, Herr Kollege!)

Vielen herzlichen Dank. − Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. damit ist die Aussprache geschlossen und wir kommen zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 16/14915, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/15386, 15616, 15617 und 15662 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf der Drucksache 16/15939 zugrunde.

Vorweg lasse ich über die vom federführenden Ausschuss zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/15386 und 15662 abstimmen.

Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion auf der Drucksache 16/15386 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. − Vielen herzlichen Dank. Das sind die Kollegen von der SPD-Fraktion und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. − Vielen herzlichen Dank. Das sind die Kollegen der CSU- und der FDP-Fraktion sowie der FREIEN WÄHLER und Kollegin Pauli (fraktionslos). Gibt es Stimmenthaltungen? − Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf Druck

sache 16/15662 zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. − Danke schön. Das sind die Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli (fraktionslos). Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. − Danke schön. Das sind die Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP. Enthaltungen? − Das sind die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Den Gesetzentwurf 16/14915 empfiehlt der federführende Ausschuss zur Annahme, allerdings mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Im Einzelnen verweise ich insoweit auf Drucksache 16/15939. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Das sind alle Fraktionen des Hauses sowie Kollegin Dr. Pauli (fraktions- los). Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. − Enthaltungen? − Jeweils keine. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wird, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben.

(Alexander König (CSU): Haben wir die namentliche Abstimmung zurückgezogen?)

− Ah. Vielen Dank für die Übung. Das war nur ein Test. Einige Kolleginnen und Kollegen haben aufgepasst. Vielleicht können wir auf die namentliche Abstimmung verzichten. − Nein, wir verzichten nicht darauf. Dann führen wir sie durch. Wir haben die Stimmkarten; ich eröffne die Abstimmung; Sie können jetzt über den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/14915 in der vom federführenden Ausschuss vorgeschlagenen Fassung abstimmen. Wir haben fünf Minuten Zeit.