Fest steht: Wir müssen hier wesentlich mehr tun, und die Ausbildung muss ebenfalls stärker forciert werden. Auch ein Polizeibeamter bei einer Polizeiinspektion muss sich zumindest mit den Grundbegriffen der Internetkriminalität auskennen.
Der Ausbildungsstand in den einzelnen Präsidien ist sehr unterschiedlich. Während manche Präsidien zumindest schon für jede Inspektion einen Multiplikator ausgebildet haben, hinken andere noch hinterher. Es ist an der Zeit, ein bayernweit einheitliches Konzept zu entwickeln.
Ein großes Problem für die polizeilichen Ermittler ist die Zusammenarbeit mit der Justiz. Diese ist zwar durchaus willig aber oftmals nicht in der Lage, mit den Spezialsachverhalten umzugehen. Aus diesem Grund sollten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die sich mit der Computer- und Internetkriminalität auskennen. Mir ist zwar bekannt, dass Juristen alles können und vor allen Dingen zu allem fähig sind,
Ein Kollege hat mir erzählt, dass er in einem Strafverfahren bezüglich Kinderpornografie Bilder auf eine CD gebrannt hat. Er war dann beim Ermittlungsrichter, der nicht in der Lage war, die Bilder anzuschauen, weil er das CD-Fach seines Computers nicht öffnen konnte.
Aber es geht auch um das Erkennen sehr komplexer Sachverhalte. Wenn man den Schritt einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft nicht gehen will, Herr Staatsminister, dann sollte zumindest bei jeder Staatsanwaltschaft ein Staatsanwalt schwerpunktmäßig mit der Internetkriminalität befasst werden.
Überhaupt sind die Hindernisse bei den Ermittlungen vielfältig und für meine ehemaligen Kollegen sehr frustrierend. So hat das LKA keine Chance, in das sogenannte Darknet einzudringen. Dort werden die schlimmsten Bilder und Videos von Kindesmisshandlungen und Kindstötungen gehandelt und getauscht. Als "Eintrittskarte" muss ein neuer Aspirant für Darknet selbst schlimme Bilder einspeisen. Dies dürfen unsere Ermittler nicht.
Ein Riesenproblem ist der Zugriff auf Daten von Providern sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Ich möchte auch dies an einem Beispiel deutlich machen. Im Gericht in Dachau wurde vor nicht allzu langer Zeit ein Staatsanwalt erschossen. Das Gericht wollte, dass sofort die Facebook-Seite des Staatsanwaltes gelöscht wird, um Missbrauch zu verhindern. Dem LKA ist dies nicht gelungen. Mit amtlichen Schreiben und Stempeln wurden Gott und die Welt in Bewegung gesetzt, aber die Facebook-Seite konnte nicht gelöscht werden. Auch der Staatsanwaltschaft ist es erst nach vielen Wochen gelungen, die Facebook-Seite vom Netz zu nehmen. Die Polizei und die deutschen Behörden sind nur Bittsteller bei Facebook & Co. und können nur hoffen, dass die Provider in Amerika der Bitte nachkommen. Daran hat auch der 2010 geführte Privatkrieg von Ilse Aigner als Verbraucherschutzministerin gegen Facebook nichts, aber auch gar nichts geändert. Sie hat im Juni 2010 ihr Facebook-Profil medienwirksam gelöscht, aber mir ist nicht einmal bekannt, ob Mark Zuckerberg das überhaupt registriert hat. Lassen Sie die Finger vom Cyber-Allianz-Zentrum beim Verfassungsschutz, Herr Staatsminister! Sorgen Sie zunächst einmal dafür, dass die Ermittler ordentlich arbeiten können.
Im gesamten Bundesgebiet hat sich noch nie eine einzige Bank oder eine einzige große Firma an die Polizei gewandt, weil ihr Computer gehackt worden ist. Dies wird sich auch beim Cyber-Allianz-Zentrum im Verfassungsschutz nicht ändern.
Ein Wort zu Ihrem kleinen Koalitionspartner, der Sie in Sachen Vorratsdatenspeicherung wie einen Tanzbär am Nasenring durch die Arena führt. Sie, die Damen und Herren der FDP, tragen die Hauptverantwortung
Ein Kollege vom LKA hat ein schönes Bild gezeichnet, wie es ist, wenn man nicht auf Daten zurückgreifen kann. Es ist so, wie wenn im Straßenverkehr alle Autos ohne Kennzeichen herumfahren. Welch ein Aufschrei ginge hier durch die Bevölkerung!
Ein Appell zum Schluss, Herr Innenminister: Nutzen Sie die Zeit bis zur Frühjahrskonferenz der Innenminister vom 22. bis 24. Mai 2013 in Hannover, um etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Sorgen Sie für ordentliche Rahmenbedingungen, für genügend Personal und eine gute Ausstattung, dann ist wirklich allen geholfen; und schicken Sie den, der Ihnen den Floh mit dem Cyber-Allianz-Zentrum ins Ohr gesetzt hat, auf Fußstreife in München.
Vielen Dank. – Für die CSU-Fraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Dr. Herrmann das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, lieber Herr Kollege Schneider: Man merkt, dass der Wahltag immer näher rückt
und Sie sich in erster Linie darin üben, die üblichen Oppositionsreflexe zu schulen. Ich muss sagen, das ist sehr bedauerlich, und ich finde es wirklich schade, dass Sie ein so ernstes Thema dazu nutzen,
relativ einfach – schwarz-weiß – ein kompliziertes Thema anzupacken. Sie negieren ganz pauschal all das, was im Bereich Cyber-Sicherheit in den letzten Jahren geschehen ist, und ignorieren völlig, was in der Regierungserklärung steht. Alles, was wir jetzt gehört haben, war das pflichtgemäße Nörgeln und Schlechtreden, das wir von der Opposition kennen.
Ich hingegen sage auch für unsere ganze Fraktion, dass diese heutige Regierungserklärung ein wirklich großer Wurf ist.
Sie ist ein großer Wurf, weil sie dafür richtungsweisend ist, wie wir die sicherheitsrelevanten Herausforderungen der Digitalisierung anpacken.
Einen Augenblick, Herr Kollege Dr. Herrmann. Ich bitte, die Gespräche an der Regierungsbank draußen stattfinden zu lassen.
Sie müssen sich einmal vorstellen, wie es ist, wenn sich alle Mitglieder der Staatsregierung in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen befinden. Ich weiß, dass viel zu besprechen ist, aber ich bitte, dies nach draußen zu verlegen. – Bitte schön, Herr Kollege.
weil sie dafür richtungsweisend ist, wie wir die sicherheitsrelevanten Herausforderungen der Digitalisierung klug anpacken. Sie formuliert einen vernetzten Ansatz, der Bürger, Staat, Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen im Blick hat und in die Verantwortung nimmt. Und weil wir von der CSU eben nicht nur reden, sondern gleich handeln, hat der Innenminister ganz konkrete Maßnahmen dargestellt, die unverzüglich in die Tat umgesetzt werden.
Es ist richtig: Bayern belegt seit Jahren den Spitzenplatz bei der inneren Sicherheit in Deutschland. Die Menschen leben in Bayern am sichersten, weil wir die geringste Zahl von Straftaten haben und gleichzeitig bei deren Aufklärung einen Spitzenplatz einnehmen.
Die innere Sicherheit ist ein hohes Gut für die Menschen, weil sie sich in Bayern subjektiv sicherer fühlen und objektiv sicherer sind als anderswo. Diesen hohen Sicherheitsstandard, den Bayern in der realen Welt hat, erwarten die Menschen auch in der virtuellen Welt. Sie wollen die großen Chancen der Digitalisierung für sich persönlich oder für ihre Unternehmen nutzen und dabei nicht Opfer von Straftaten werden. Wir alle in Bayern, die Menschen, die Unternehmen, der Staat, stehen vor einem tiefgreifenden Struktur
wandel. Die digitale Revolution wird das Kommunikationsverhalten, die Geschäftsmodelle und Produktionsverfahren völlig umkrempeln. Dafür brauchen wir übrigens die Digitalisierungsoffensive.
Die CSU hat als erste Fraktion in Deutschland mit der Initiative "Bayern 3.0" die Bausteine für eine solche Digitalisierungsstrategie erarbeitet. Zweifelsfrei brauchen wir ein Mehr an Digitalisierung. Wir brauchen es, weil die Menschen es wollen und weil die globalisierten Wirtschaftsabläufe es bedingen. Neben dem Bedürfnis der Menschen, immer mehr digital zu kommunizieren, sich zu informieren und teilzuhaben, liegt die Zukunft unserer Unternehmen darin, sich noch internationaler aufzustellen und dabei die Geschäftsmodelle, Unternehmensstrukturen und Wertschöpfungsketten dieser hybriden Logik anzupassen. Dies setzt ein hohes Maß an Vernetzung mit schnellem und umfangreichem Datentransfer und damit eine leistungsfähige und weltweit vernetzte IT-Infrastruktur voraus.
Dieses Mehr an Digitalisierung muss jedoch durch ein Besser in Sachen IT-Sicherheit flankiert werden. Politik und Staat müssen dazu beitragen, dass das Internet ein sicherer Raum ist - ein sicherer Raum, in dem die Menschen kommunizieren und sich aufhalten können, ohne Opfer von Straftaten wie Verleumdung, Identitätsdiebstahl, Fishing, Mobbing oder Betrug, Arzneimittelstraftaten oder gar Kinderpornografie, zu werden, ein sicherer Raum, in dem Unternehmen agieren können, ohne Opfer von Erpressung, Spionage, Sabotage, Diebstahl von geistigem Eigentum oder Betrug zu werden, und ein sicherer Raum, in dem kritische Infrastrukturen wie Energieversorgung oder staatliche Verwaltung nicht einfach per Mausklick außer Gefecht gesetzt werden können. Es geht dabei nicht zuletzt um das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates. Diesen virtuellen Raum dürfen wir nicht nationalen und internationalen Straftätern überlassen.
Die Antivirenspezialisten z. B. des Kaspersky Lab gehen bereits jetzt davon aus, dass eine Ausweitung der Angriffsziele auf Unternehmen aus der Rohstoff-, Energie-, Verkehrs-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie auf Internetservices und IT-Sicherheitsunternehmen unmittelbar bevorsteht. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik - BSI - geht bereits heute davon aus, dass weltweit pro Sekunde zwei Virenprogramme ins Netz geschleust werden. Pro Minute werden in Deutschland die Identitäten von zwei Internetnutzern gestohlen. Pro Tag werden vier bis fünf gezielte Trojaner-E-Mails in Regierungsnetze gestellt. Pro Monat erfolgen 30.000 Angriffe auf Netzwerke der Bundesregierung. Mehr als 13.000 infizierte Webseiten werden täglich ins Internet geladen.
Während also in den letzten zehn Jahren die Zahl der Diebstähle in Bayern um 25 % zurückgegangen ist, ist die Computerkriminalität um 64 % gestiegen, Tendenz steigend. Der jährliche Schaden durch Computerkriminalität in Deutschland beträgt 50 Milliarden Euro, Tendenz steigend, weltweit 400 Milliarden Dollar.
Man sieht, leider ist Computerkriminalität ein gutes Geschäft. Es wird damit mehr Geld verdient als mit Drogenhandel.
Dies alles stellt große Herausforderungen an das technische Know-how und das Instrumentarium des Staates dar. Es erfordert aber auch ein neues, weil vernetztes dialogisches sicherheitspolitisches Denken, das diesen Herausforderungen gerecht wird. Für mich sind dies drei zentrale Aspekte:
Erstens. Es geht um ein Mehr an Sensibilisierung und Eigenschutz der Bürger ebenso wie der Unternehmen. Sensibilisierung betrifft Bürger ebenso wie Unternehmen. Dazu gehören Bildung und Qualifizierung. Zur Fähigkeit, sich des Internets zu bedienen, gehört auch die Fähigkeit, dort sicher zu agieren. "Medienkompetenz" nennt man das, und der Medienführerschein Bayern leistet hier bereits seit einigen Jahren sehr gute Dienste.