Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

Vielen Dank, Herr Kollege.

Bevor wir in der Debatte fortfahren, darf ich Gäste begrüßen. Auf der Ehrentribüne haben die Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses der Bremischen Bürgerschaft unter Vorsitz der Frau Abgeordneten Elisabeth Motschmann Platz genommen. Seien Sie uns herzlich willkommen.

(Beifall)

Erfahrungsaustausch ist immer gut. Sie sind seit gestern hier im Haus. Ich wünsche einen weiterhin guten Aufenthalt und alles Gute für Ihre Arbeit.

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Kollegin Tausendfreund. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Herr Innenminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese große Regierungserklärung wurde uns schon vor einigen Wochen als die Regierungserklärung über das vermeintliche Spezialthema unseres Innenministers, die innere Sicherheit, angekündigt. So wie es aussieht, hat sich der Spitzenkandidat der SPD, Christian Ude, bemüßigt gefühlt, die Gelegenheit zu ergreifen, seinerseits noch schnell vor dieser Regierungserklärung eine Grundsatzrede zur inneren Sicherheit zu halten. Wie dies abgelaufen ist, fand ich sehr interessant.

(Alexander König (CSU): Symptomatisch ist das!)

Allerdings war auch diese Rede nicht unbedingt der große Wurf. Bemerkenswert fand ich auch, dass Christian Ude dem Kollegen Ritter im Bereich der Videoüberwachung ausdrücklich widersprochen hat. Insoweit wird noch einiger Beratungsbedarf vorhanden sein.

(Zurufe von der SPD)

Aber dies nur als kleine Nebenbemerkung, bevor ich in meine Rede einsteige.

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Gut, dass ihr nicht zusammen regieren müsst!)

- Wenn wir dann zusammen regieren, werden wir uns schon zusammenraufen. Das kann ich Ihnen versichern, Herr Kollege Dr. Fischer.

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Das bleibt euch erspart!)

Wir waren jedenfalls sehr gespannt, welche Pflöcke vom Innenminister als Bilanz der bisherigen Tätigkeit hinsichtlich der inneren Sicherheit und als Ausblick für die nächste Legislaturperiode eingeschlagen werden, mit welchen Taten seiner Amtszeit sich Innenminister Herrmann rühmen wird und in welchen Bereichen wir

es seiner Meinung nach mit den meisten Problemen und den größten Gefahren für die Sicherheit im Lande zu tun haben, wie er sich – das ist ein uns sehr wichtiger Bereich – dazu äußert, aus welchen Gründen der fremdenfeindliche, rassistische Hintergrund der rechtsterroristischen NSU-Morde von den Sicherheitsbehörden nicht erkannt wurden, warum die Gefahren von Rechts unterschätzt wurden, welche Fehler gemacht wurden und welche Lehren aus diesem vielschichtigen Desaster zu ziehen sind. Auf eine Geste der Demut seitens des Innenministers warten wir ja bis heute. Natürlich hätte uns auch interessiert, welche grundlegenden Projekte Herr Innenminister Herrmann in den nächsten Jahren anpacken will, mit welchen Weichenstellungen wir zu rechnen haben, wenn er Innenminister bleiben sollte.

Mit der Regierungserklärung über die Internetkriminalität ist eine Regierungserklärung zu einem durchaus ernsten Thema herausgekommen, um das wir uns zunehmend kümmern müssen. Die steigenden Fallzahlen und die niedrige Aufklärungsquote, die natürlich auch systembedingt ist, sind erwähnt worden. Aber so, wie Sie, Herr Innenminister, die Problematik hier präsentiert haben, und so, wie die Internetkriminalität bisher in der Praxis bearbeitet wurde, kommen wir in der Sache nicht weiter. Das war ein Ausdruck der Hilflosigkeit und alles andere als ein großer Wurf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Inhaltlich haben Sie das Thema schwach unterfüttert und umso ideologischer verpackt. Das hat sich gezeigt, wenn man sich Ihre Rede durchgelesen hat – gestern Abend gegen 20 Uhr haben wir Sie doch noch zugestellt bekommen – und wenn man heute genau zugehört hat. Die von Ihnen dargestellten Maßnahmen sind altbekannt oder werden in ihrer Wirkung überschätzt oder sind aus rechtsstaatlichen Gründen nicht nur fragwürdig, sondern abzulehnen. Das gilt beispielsweise für die Vorratsdatenspeicherung und für die Verfestigung der Zuständigkeiten beim Landesamt für Verfassungsschutz. Stichwort: Cyber-Allianz-Zentrum.

Die Formulierungen in Ihrer Regierungserklärung bezüglich der Cyber-Angriffe, die von Nordkorea ausgehen, und über den immer heißer werdenden Krieg in der virtuellen Welt des Internets, der den Kalten Krieg abgelöst hat, sprechen doch Bände. Kommunistische Schurkenstaaten und böse Mächte sind verantwortlich für Cyber-Angriffe, denen die Bevölkerung ungeschützt ausgeliefert ist, als Ersatz für den Kalten Krieg. In diesem Bereich ist plötzlich ein neues Feindbild nötig.

Die von Ihnen ausgesprochene pauschale Warnung vor dem freien Internet als staats- und rechtsfreiem Raum, das zu Chaos und Anarchie führt sowie machtund geldgetriebene Verbrecher anzieht, ist eine Panikmache. Wir haben ausreichend rechtliche Regelungen für das Internet. Das Internet ist keine Krake, die die Rechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger bedroht. Vielmehr ist das Internet ein wesentlicher Garant für die freie Kommunikation als wesentlicher Bestandteil der Demokratie. Nicht ohne guten Grund schränken die Regime, die sich der Demokratie nicht im gleichen Maße verpflichtet fühlen, die Internetkommunikation regelmäßig ein.

Vor Extremisten und Terroristen im Netz und vor ihren Werbe- und Radikalisierungsmaßnahmen wird gewarnt. Es wird jedoch nicht weiter ins Detail gegangen, was genau gemeint ist. Wenn Islamfeinde in Foren wie "Politically Incorrect", "Pax Europa", "Nürnberg 2.0" und "Die Freiheit" oder rechtsradikale Netzwerke ihre Hetztiraden und fremdenfeindliche Aktivitäten im Netz verbreiten, haben sich die Sicherheitsbehörden bisher nicht gerade überschlagen, wenn sie diesen Phänomenen nachgehen sollen.

Nun zu den von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen des Fünf-Punkte-Programms: Bei näherer Betrachtung handelt es sich überwiegend um Zustandsbeschreibungen oder Selbstverständlichkeiten. IT-Sicherheit erreicht man selbstverständlich durch proaktives Absichern der Systeme und durch Prävention. Es ist eine Binsenweisheit, dass die Internetnutzer sensibilisiert werden müssen. Das ist doch klar. Sie sollten nicht mit ungeschützten Rechnern unterwegs sein und mit ihren Daten nicht unbedarft umgehen. Hinsichtlich konkreter Maßnahmen, wie das alles erreicht werden soll, gibt es von Ihnen nichts Neues im Maßnahmenkatalog. Das Landesamt für Datenschutzaufsicht ist von Ihnen erwähnt worden. Die machen ihren Job eigenverantwortlich. Deren Erfolge können Sie sich nicht unbedingt auf die Fahnen schreiben. Der Medienführerschein, der explizit erwähnt worden ist, war schon bei seiner Einführung eine PR-Aktion. Wir stellen uns Präventionsarbeit anders vor. Man muss Geld für Bildung und Forschung in die Hand nehmen, um voranzukommen.

Pikant ist die Förderung der Sensibilität der Nutzer vor dem Hintergrund der eigenen Netzaktivitäten der Staatsregierung. Sie können bei sich selbst anfangen. Kürzlich hat der Datenschutzbeauftragte Dr. Petri die Staatsregierung aufgefordert, nicht mehr über Facebook zu kommunizieren. Der Grund: Facebook und andere große soziale Netzwerke hätten mehrere Rechtsverstöße begangen. Über Facebook-Verknüpfungen auf den Internetseiten der Staatsregierung würden Nutzerdaten ohne Wissen der Betroffenen an

die Unternehmen übertragen. Haben Sie in diesem Bereich schon die Notbremse gezogen und gegengesteuert, damit die Nutzerdaten von Personen, die sich an die Staatsregierung wenden und die Internetseiten nutzen, nicht mehr ohne ihr Wissen an die Unternehmen übertragen werden?

Bedarf es deshalb einer besonderen Hervorhebung der Datensicherheit bei der Polizei und der Steuerverwaltung? Das ist bei Ihnen auch ein Extrakapitel. Dabei ist es doch eine Selbstverständlichkeit. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Daten bei der Polizei und der Steuerverwaltung sicher sind. Müssen wir uns Sorgen machen, wenn Sie das extra betonen? Oder musste noch eine Seite Ihrer Regierungserklärung gefüllt werden?

Ein positiver Ansatz ist die Einstellung von IT-Spezialisten bei der Polizei. Im Jahre 2012 hieß es noch, 54 Spezialisten sollten die Arbeit aufnehmen. Nun haben Sie 25 Polizei-Informatiker. Davon haben drei bereits wieder ihren Dienst quittiert. Mit dieser Größenordnung an Personal werden wir nicht weiterkommen. Aufgrund der hohen Anzahl der Fälle, die bearbeitet werden müssen, werden die IuK-Kriminalisten gnadenlos in der Arbeit untergehen. Das Modell muss natürlich fortgeführt werden. Wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längerfristig bei der Polizei gehalten werden sollen, müssen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung nachgebessert werden. Wenn Leute eine Stelle antreten und diese nach kurzer Zeit wieder verlassen, ist das kein gutes Zeichen. So können wir kaum weitermachen. Zwar sind für die zwei Haushaltsjahre 100 zusätzliche Planstellen vorgesehen, jedoch frage ich mich, wie sie unter diesen Arbeitsbedingungen und dieser Bezahlung tatsächlich besetzt werden sollen.

Immer wieder, fast gebetsmühlenartig, kommt die Forderung nach der Vorratsdatenspeicherung. Es wird der Anschein erweckt, dass die Internetkriminalität wirksam bekämpft werden könnte, wenn die Sicherheitsbehörden alle Instrumente an die Hand bekommen würden, die sie sich wünschen. Fakt ist jedoch: Die Internetbetrüger werden den Sicherheitsbehörden immer einen Schritt voraus sein. Sie können von Servern aus agieren, auf die das deutsche oder europäische Rechtssystem keinen Zugriff hat. Das ist ein Fakt, mit dem man umgehen und auf den man regieren muss. Da helfen weder die Vorratsdatenspeicherung noch sonstige Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen.

Wenn es nach Kollegen Dr. Herrmann aus der CSUFraktion, den übrigen Kollegen aus der CSU-Fraktion und Herrn Innenminister Herrmann ginge, könnten mithilfe der Vorratsdatenspeicherung alle Straftaten

aufgeklärt werden. Im Januar letzten Jahres ist es richtig peinlich geworden. Innenminister Herrmann hat die mögliche Aufklärung der NSU-Morde im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung genannt. Da wird es wirklich absurd. Den Morden ist kein fremdenfeindlicher Hintergrund zugeordnet worden. In diese Richtung ist fast nichts ermittelt worden. Es ist absurd, zu mutmaßen, dass die Morde mit der Vorratsdatenspeicherung frühzeitiger hätten aufgeklärt werden können. Sie müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung einen massiven Grundrechtseingriff darstellt. Die Vorratsdatenspeicherung wird deshalb von uns als unverhältnismäßig abgelehnt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Innenminister Herrmann, wie Sie die TrojanerSoftware eingesetzt haben, ist im Hinblick auf die Grundrechtswahrung nicht vertrauenerweckend gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sind gefährlich unbedarft an die Sache herangegangen. Es hat rechtswidrige Einsätze gegeben. Die Software konnte mehr, als sie durfte. Sie hätte nachgeladen werden können. Das Landeskriminalamt hat nicht über die Kompetenzen und Möglichkeiten verfügt, diese Software zu überblicken. Sie hat sich nicht den Quellcode gesichert. Es wurde nicht überprüft, was diese Software überhaupt kann. Herr Innenminister, bis heute wird der Trojaner von Ihnen verteidigt. Das kann nicht sein. Auf der einen Seite sprechen Sie von Netzsicherheit, auf der anderen Seite haben Sie durch die Missbrauchsmöglichkeiten der TrojanerSoftware erst Netzunsicherheit produziert.

Die neuen Maßnahmen enthalten nichts Neues und eröffnen keine neuen Zuständigkeiten. Was soll der neue schnittige Name "Cyber-Allianz-Zentrum" beim Landesamt für Verfassungsschutz? Vielleicht wollen Sie erreichen, dass eine Evaluation der Koordinations- und Beratungsarbeit für die Wirtschaft durch das Landesamt für Verfassungsschutz gar nicht durchgeführt werden kann, weil beim Verfassungsschutz alles unter strenger Geheimhaltung stattfindet. Eine schöne Strategie! Ist es denn wirklich Aufgabe des Verfassungsschutzes, die Interessen von Wirtschaftsunternehmen zu wahren? Ist denn ein Hacker-Angriff, der die mangelnde Datensicherheit eines Unternehmens offenbart und einen finanziellen Schaden verursacht, bereits ein Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung? Dafür ist der Verfassungsschutz zuständig. Ist das schon ein Angriff auf unsere Demokratie, auf die Grundfesten unserer Ordnung? Dies sind doch wirklich Aufgaben der Polizei im Rahmen

der Kriminalitätsbekämpfung. Aufgabe des Wirtschaftsministeriums ist es, bei der Beratung aktiv zu werden.

Herr Staatsminister, in Ihrem Maßnahmenkatalog ist ein Punkt sehr blumig dargestellt, nämlich der dauerhafte Dialog zwischen den Sicherheitsbehörden, dem IT-Beauftragten der Staatsregierung und den anderen Ressorts, also die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten im Bereich der Cyber-Sicherheit. Ich habe schon lange keine so schönen Leerformeln gehört. Und dann erst die Schaffung des neuen Sachgebiets "Cyber-Sicherheit" im Innenministerium. Die Schaffung eines neuen Sachgebiets ist wirklich eine grandiose Leistung. Das müssen wir schon sagen.

Herr Innenminister, Sie haben die Wertigkeit der politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit etwas verschoben dargestellt, indem Sie die Sicherheit im Internet als Herausforderung für Staat und Gesellschaft bezeichnet haben, wie sie in jeder Gesellschaft nur einmal vorkomme. Das ist ebenfalls eine wunderbare Leerformel. Wenn wir die anderen Herausforderungen unserer Zeit betrachten, zum Beispiel die Klimakatastrophe, die Armutsfalle, den Pflegenotstand, den Rechtsextremismus sowie die Krisen und Kriege in der Welt, dann stehen wir vor Herausforderungen mit ganz anderen Dimensionen.

Herr Innenminister, Ihre Regierungserklärung kann man so zusammenfassen: Der Berg kreißt und gebiert eine Maus, wenn es in diesem Fall nicht sogar ein Mäuschen gewesen ist. Wir brauchen durchgreifende Ansätze. Wir brauchen eine gute Ausbildung bei der Polizei und bei der Staatsanwaltschaft. Wir brauchen eine gute personelle Ausstattung und eine bessere Bezahlung. Herr Hanisch, ich würde nicht unbedingt kriminelle Hacker anheuern, meine aber, dass man bei den Computerspezialisten des Chaos-ComputerClubs fündig werden könnte. Wir brauchen auf den Dienststellen bessere Internetzugänge, damit auch dort Recherchen durchgeführt werden können. Die technische Ausstattung ist hier völlig unzureichend.

Wir brauchen mehr Forschung an unseren Hochschulen in Richtung auf sichere Internetsysteme. Wir brauchen außerdem verstärkte Aktivitäten bei der Prävention. Mich hat es gewundert, wie sich sowohl der Wirtschaftsminister als auch die Justizministerin bei diesem Thema in ihre Ressorts hineinregieren ließen; denn bei diesem Thema steht der Verbraucherschutz, Frau Dr. Merk, ganz vorn. Herr Zeil, auch die Wirtschaft steht hier ganz vorne. Diese beiden Ministerien sind gefordert, sich mehr zu engagieren.

Insgesamt ist diese Regierungserklärung kein großer Wurf und nicht richtungsweisend. Auf diesem Weg

werden wir die Problematik der Internetkriminalität sicher nicht in den Griff bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat für die FDPFraktion Herr Kollege Dr. Fischer das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei manchen Wortbeiträgen hätte man heute beinahe denken können, das Internet sei ein Werk des Teufels. Ich halte dagegen: Das Internet ist eine der größten Erfindungen in der Geschichte der Menschheit.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Das Internet ist heute Kaufhaus, Stammtisch, Marktplatz und Info-Börse. Im Internet werden Geschäfte und Politik gemacht, Freundschaften und Verträge geschlossen. Für die Mehrzahl der Menschen ist das Internet inzwischen ein fester Bestandteil ihres Lebens. 71 % aller Deutschen über 14 Jahre haben einen Internet-Anschluss. Im Schnitt verbringt jeder von ihnen täglich 100 Minuten im Netz.

Man muss aber auch sagen: Durch die Komplexität und seinen Umfang spielt das Internet auch bei der Begehung von Straftaten eine immer größere Rolle. Im Internet ist es möglich, schnell, anonym und grenzüberschreitend zu handeln. Das birgt natürlich ein erhebliches Gefährdungspotenzial. Straftaten im Internet sind neben Terrorismus und organisierter Kriminalität wohl die größte Bedrohung unserer Gesellschaft. Allein im vergangenen Jahr wurde laut der aktuellen Kriminalstatistik eine Steigerung von Straftaten im Internet um 6,6 % auf 21.963 registriert.

Man braucht nicht abscheuliche Dinge wie das Verbreiten pornografischer Schriften zu bemühen; auch Computer-Sabotage, Software-Piraterie und Erpressungsdelikte beschäftigen die bayerischen Ermittlungsbehörden. Zu Recht hat der Präsident des Landeskriminalamts, Peter Dathe, gesagt, dass es mittlerweile kaum mehr ein Verbrechen gebe, das keine Komponente im Internet habe. Besonders auffällig ist die hohe Steigerung bei den Erpressungsdelikten von 130 auf 170 oder bei der Computer-Sabotage, wenn Internetnutzer mit einer E-Mail mit Schadsoftware zur Überweisung eines Geldbetrags aufgefordert werden, den sie angeblich schuldig sind.

Ja, die Dunkelziffer ist hoch. Das liegt aber nicht daran, dass die Menschen kein Vertrauen in die Aufklärung hätten, sondern daran, dass viele Opfer gar nicht merken, dass sie angegriffen werden, und die Tat deshalb nicht zur Anzeige bringen. Es liegt auch daran, dass es vielen Unternehmen peinlich ist, Opfer

einer solchen Straftat geworden zu sein. All das macht ein intensives polizeiliches Tätigwerden erforderlich.

Ich kann nur sagen: Bayern hat reagiert. Herr Kollege Schneider, Sie haben gesagt, endlich werde das Internet richtig wahrgenommen. Ich frage mich schon: Wo leben Sie? Wo haben Sie die letzten Jahre verbracht? Offensichtlich nicht in Bayern; denn Bayern ist das erste Bundesland gewesen, das gegen diese Entwicklung mit der Einrichtung eigener Schwerpunktkommissariate und spezieller Netzwerkfahnder vorgegangen ist. Beim Landeskriminalamt wurde bereits im Jahre 1995 ein Sachgebiet "Netzwerkfahndung" eingerichtet, in dem dreizehn Polizeibeamte das Internet anlassunabhängig durchforsten.