Protokoll der Sitzung vom 16.04.2013

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir auch!)

Wir haben in den letzten vier Jahren daran mitgearbeitet, das G 8 zu optimieren, weil es natürlich nicht optimal war, als es eingeführt wurde. Das weiß aber hier im Hohen Haus jeder. Seitdem mussten Konzepte entwickelt werden mit der Schulfamilie vor Ort und mit dem Herrn Ministerpräsidenten. Es ist nicht negativ, sondern es ist positiv, wenn man alle an einen Tisch holt und dann zu einem Konzept kommt.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Was ist mit Spaenle?)

Im Gegensatz zu dem, was Herr Felbinger gesagt hat, dass es nur Modellversuche gibt, ist im Haushalt 2013/2014 eine integrierte Lehrerreserve für alle staatlichen Gymnasien in Bayern vorgesehen.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP) - Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sagen Sie seit zehn Jahren!)

- Nicht seit zehn Jahren. Das ist jetzt so beschlossen und wird den Schulen helfen. Es muss bei den Schulen ankommen und umgesetzt werden.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bitte! Sie regieren! - Thomas Hacker (FDP): Aber doch nicht seit zehn Jahren! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Im Übrigen kann sehr viel mehr Freiheit an den Schulen bereits jetzt durch Gestaltung, Rhythmisierung des Unterrichts und neue Unterrichtsmethoden entstehen. Das kann alles schon passieren. Aber wir schreiben es nicht von oben vor, sondern lassen es von der Schulfamilie vor Ort entscheiden und entwickeln.

Und ein Gymnasium mit zwei Geschwindigkeiten – das ist wirklich absoluter Schwachsinn, sage ich jetzt einfach einmal.

(Beifall bei der FDP)

Liebe FREIE WÄHLER, dass Sie neu auf dieses Pferd Aiwanger aufspringen, der jetzt eine Idee für den Wahlkampf hat, darüber bin ich natürlich enttäuscht. Enttäuscht bin ich besonders von Ihnen, Herr

Felbinger – ich glaube, ich habe das in der letzten Woche bereits gesagt –; denn wir haben zu dem Thema eine Expertenanhörung durchgeführt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Idee ist von den Gymnasiallehrern, von den Philologen!)

In dieser Anhörung waren sich alle einig – Verbände und auch die Parlamentarier –, dass niemand zum G 9 zurückwill,

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sind Sie sicher?)

dass man auch kein Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten braucht. Herrn Felbingers Wortmeldung war nur ganz allgemein. Er hat gar nichts zum G 8 gesagt. Ich habe es auch im Ausschuss nie so empfunden, als ob Sie mit dem G 8 etwas Besonderes vorhätten oder zum G 9 zurückwollten,

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir binden euch nicht immer gleich alles auf die Nase!)

sondern so, dass Herr Aiwanger und Herr Piazolo irgendwann beschlossen haben -

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das haben mir die Philologen gesagt! Die Fachleute haben mir gesagt: Aiwanger, setze dich dafür ein, weil es da brennt! - Zuruf von der CSU: Kann er einmal mit dem Dazwischenrufen aufhören?)

- Der Philologenverband hat am G-8-Gipfel teilgenommen und saß auch mit am Runden Tisch. Es gibt in der Tat Philologen – das weiß ich; ich spreche ja auch mit Leuten -, die sagen: Im G 9 war es ganz schön; da können wir unsere alten Klausuren wieder herausnehmen und sie vielleicht wiederverwenden.

Es stimmt auch nicht, Herr Güll, dass nichts getan worden wäre. Gleich im Jahre 2009 wurden die Lehrpläne vom unabhängigen Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen in Berlin, das für alle 16 Bundesländer zuständig ist, unter Leitung von Professor Köller überarbeitet. Und jetzt wurden die Lehrpläne vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung – ISB - gemeinsam mit dem Herrn Staatssekretär noch einmal maßvoll reduziert. Wir müssen das Gymnasium nun tatsächlich zur Ruhe kommen lassen; denn jetzt ist die Zeit für die Umsetzung.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jetzt kommt das Flexi-Jahr!)

Ja, wir haben viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, die individuell an der Schule beschlossen werden müssen. Ich denke da zum Beispiel an das Früh

warnsystem oder das Flexibilisierungsjahr für diejenigen, die es brauchen und unbedingt wollen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wie Sie es wollen! So machen Sie es!)

Individuell und jedem seine Zeit, wie er es braucht.

Frau Kollegin, achten auch Sie bitte auf Ihr Zeitbudget.

Ja, mache ich. Wir schauen nicht zurück, wir schauen nach vorn. Wir brauchen in der Tat mehr Ganztagsgymnasien.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir müssen Ruhe reinbringen und nicht immer was Neues! - Thomas Hacker (FDP): Natürlich bringen wir Ruhe rein, Herr Aiwanger, Sie müssen sich nur mit der Bildungspolitik einmal auseinandersetzen!)

Als FDP haben wir immer gesagt, G 8 ist optimal umzusetzen, wenn man den Unterricht rhythmisiert und wenn man die jungen Menschen zu Persönlichkeiten heranwachsen lassen will. Um dieses Ziel zu erreichen, muss man den Jugendlichen auch am Nachmittag genügend Zeit geben, um ihre Hausaufgaben zu erledigen.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit!

Bezüglich der Ganztagsschulen werden wir uns weiter anstrengen, wenn die Schulen das wollen. Wir wollen nichts überstülpen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Will. Nächster Redner ist Kollege Rüth. Er hat sich schon auf den Weg gemacht. Sie haben das Wort, Herr Kollege. Ihm folgt Herr Professor Piazolo.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn gleich mit einem Märchen von Herrn Güll aufräumen. Herr Güll sagte, die CSU habe Unruhe in die Gymnasien gebracht.

(Lachen bei der SPD)

Die Wahrheit ist folgende. Herr Güll hat den Bildungsausschuss zum Besuch eines Gymnasiums in Oettingen animiert, das sehr fortschrittlich agiert. Das war eine sehr interessante Fahrt. Auf dem Weg dahin hat der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl eine Pressemitteilung losgelassen, um gegen das G 8

zu schießen. Das war parteitaktisch sicherlich clever, geht aber zulasten der Kinder. Das ist zunächst einmal hier im Hohen Hause festzuhalten. Da werden immer solche Geschichten erzählt. Aber wie gesagt, es war parteitaktisch von der SPD nicht schlecht gemacht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Danke sehr!)

Meine Damen und Herren, Bayern ist beim Thema Bildung top. Alle nationalen und internationalen Vergleichsstudien sagen, dass Bayern an erster Stelle steht. Es gibt eine Reihe von Gründen, warum wir an erster Stelle stehen. So bieten wir unseren Kindern nicht nur die Möglichkeit, sich zu bilden, sondern wir stärken auch Herz und Verstand. Außerdem lernen die Kinder beispielsweise bei Schullandheimaufenthalten soziale Kompetenz. Wir fördern den Forscherdrang; es können Experimente gemacht werden, Stichwort: Jugend forscht. Außerdem haben die bayerischen Kinder hervorragende Berufschancen.

Es wird immer gesagt, die Übertrittsquoten seien in Bayern sehr unterschiedlich. Ja, das sind sie. In der letzten Zeitschrift des Philologenverbandes ist eine Landkarte Bayerns mit den Übertrittsquoten zu finden. Die spiegelt das Bild wider, das hier angesprochen wurde.

Ich habe mir die Mühe des Vergleichs gemacht, wie sich das Verhältnis der Übertrittsquoten zur Jugendarbeitslosigkeit darstellt. Die Quoten sind überall gleich niedrig. Sie liegen überall unter 2 bis 3 %. Das zeigt, dass die Frage des Übertritts nicht für den Erfolg der Menschen im Berufsleben entscheidend ist, entscheidend ist vielmehr das Angebot vor Ort: Gibt es Betriebe, gibt es Mittelständler, gibt es Handwerker, bei denen die jungen Menschen lernen können? Aus dieser Perspektive ist es wichtig, ein differenziertes Schulsystem zu haben, das allen Kindern die Chance gibt, sich begabungs- und neigungsgerecht zu bilden.

Für die jungen Menschen bietet das Gymnasium die Möglichkeit, den akademischen Weg einzuschlagen. Mittlerweile entscheiden sich 40 % der Schülerinnen und Schüler für diesen Weg. Es gibt Kinder, die möglicherweise Probleme in den Sprachen Latein oder Französisch haben, aber diese Jugendlichen haben die Chance, den Weg über die Fachoberschule oder die Berufsoberschule zu gehen. Die jungen Menschen, die diesen Weg nehmen, werden später möglicherweise hervorragende Ingenieure. Wir haben damit passgenaue Angebote für die jungen Menschen, das heißt passgenau für alle, die am Bildungssystem teilhaben. Es sind aber auch Chancen für die bayerische Wirtschaft, das bayerische Handwerk,

sowie für die bayerische Industrie, bei denen diese Menschen dann arbeiten sollen.

Wenn 40 % der Kinder aufs Gymnasium gehen, ist festzuhalten, dass einerseits die Kinder zwar von der Masse her gesehen insgesamt heterogener sind, aber andererseits eben deswegen einer individuellen Förderung und einer Berücksichtigung ihrer Talente bedürfen. Deshalb gibt es auch sehr viele Möglichkeiten der Intensivierung. Wir haben die Ganztagsangebote bedarfsgerecht ausgebaut. Wir stülpen das Ganztagsangebot den Kindern nicht über, sondern wir sagen, es kann vor Ort entschieden werden, was gemacht werden soll. Wenn jemand eine Ganztagsschule will, kann er den entsprechenden Antrag stellen; bisher wurden alle Anträge genehmigt.

Meine Damen und Herren, die FREIEN WÄHLER haben für die Aktuelle Stunde das Thema "Dauerbaustelle G 8" gewählt. Ich sage Ihnen: Das G 8 ist eine gute neue Straße, die bestens funktioniert. Die große Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer, nämlich die Gymnasiasten, ist auf diesem Weg unterwegs. Es ist eine echte Verbesserung; es ist der direkte Weg zum Abitur. Der Verlauf der Trasse der neuen Schnellstraße G 8 ist mittlerweile in allen Karten eingezeichnet. Alle Menschen kennen diese Karte.

Wir haben mittlerweile den zehnten Jahrgang im G 8.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Seit zehn Jahren wird herumgedoktert!)

Seit zehn Jahren gibt es bei uns das G 8. Und jetzt kommen Sie daher und sagen, wir wollen das verändern.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie verändern doch dauernd!)

- Herr Aiwanger, wenn dem einen oder anderen Verkehrsteilnehmer die Richtgeschwindigkeit auf dieser neuen Straße zu hoch ist, kann er in eine Parkbucht einbiegen, in das Flexibilisierungsjahr, und kann dort Kräfte sammeln.