Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen sind bekannt. Bayern befindet sich bei praktisch allen Kennzahlen zur Personalausstattung der Finanzverwaltung auf dem letzten Platz in Deutschland. Fast bis zu 50 % der erforderlichen Stellen gegenüber der Personalbedarfsberechnung sind unbesetzt. Das gilt vor allem für Umsatzsteuersonderprüfer, Steuerfahnder und Betriebsprüfer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite, das sind keine Meinungsäußerungen dümmlicher Oppositionspolitiker, die den großen Finanzminister Söder nicht mögen. Das sind statistische Fakten, die der Bayerische Oberste Rechnungshof Jahr für Jahr bestätigt und in aller Schärfe kritisiert. Es geht um eine Milliardensumme mutwillig unentdeckter Steuervergehen in Bayern. Dass Sie vor diesem dramatischen Hintergrund nicht einmal bereit sind, die Wiederbesetzungssperre für Finanzbeamte abzuschaffen, zeigt, dass Sie es genauso wollen, so und nicht anders. Deswegen sage ich noch einmal: Wer sich so zum Säulenheiligen der Steuerbetrüger Deutschlands macht und in deren Interesse auch Bayern zu einem Steuerparadies machen will, der macht sich zumindest politisch der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig.
Finanziell könnte dieses Buhlen um reiche Deutsche und potenzielle Steuerbetrüger mit dem laxem Steuervollzug in Bayern vielleicht sogar aufgehen. Für einige andere Steueroasen in dieser Welt geht es auch auf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass die Beggar-my-neighbourpolicy innerhalb des Föderalstaats Deutschlands völlig verantwortungslos ist; denn die Nachbarn, auf deren Kosten Sie sich als innerdeutsche Steueroase Bayern bereichern, das sind wir letztlich alle hier in Deutschland. Herr Söder, bewerben Sie sich von mir aus als Finanzminister auf den Cayman Islands oder auf den Virgin Islands, aber verschonen Sie Bayern und Deutschland mit Ihrer Politik.
Vielleicht sage ich an dieser Stelle noch zwei Sätze zu Ihrer sehr durchsichtigen Verteidigungsstrategie. Zum einen gefallen Sie sich darin, dass die Pro-KopfErgebnisse der bayerischen Finanzverwaltung besser sind als in anderen Bundesländern. Das, meine Lieben, ist eine logische Folge der dramatischen Unterbesetzung. Das hängt mit dem abnehmenden Grenzertrag zusätzlicher Steuerbeamter zusammen. Das ist Mathematik Oberstufe. Vielleicht ist das nicht ganz Ihr Ding, Herr Söder. Zwar bedeuten mehr Steuerbeamte weniger Ertrag pro Kopf, aber sie bedeuten vor allem einen wesentlich höheren Gesamtertrag.
Zum Zweiten versuchen Sie immer wieder, die Kritik an der bayerischen Finanzpolitik, also an Ihnen und an den Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament, auf die Beschäftigten der Finanzverwaltung abzuleiten und sich dann in perfekt inszenierter Scheinheiligkeit vor diese zu stellen. Deshalb nochmals in aller Klar
heit: Die Kritik gilt Ihrer Person, Ihrer Politik und nicht den fleißigen Finanzbeamtinnen und -beamten in Bayern, die angesichts eines dramatischen Personalmangels eine super Arbeit machen, die wir sehr hoch schätzen.
Damit Sie mir nicht nachsagen können, ich hätte mich nicht klar genug ausgedrückt: Der Fisch stinkt vom Kopf.
Kommen wir zum deutsch-schweizerischen Steuerabkommen, das der bayerische Finanzminister sozusagen als internationale Verlängerung seiner steuerbetrügerschonenden bayerischen Politik bis heute unbedingt haben will und auf das CSU-Kumpel Hoeneß auch so optimistisch gesetzt hatte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer Steuerbetrug wirksam bekämpfen will, der muss sich für Transparenz einsetzen und gegen eine anonyme Abgeltungssteuer sein.
Deshalb ist es gut, dass dank der Grünen und der Roten das Steuerabkommen mit der Schweiz in Deutschland gestoppt werden konnte. Jetzt ist der Weg frei für den automatischen Informationsaustausch und ein steueroasenfreies Europa.
Erinnern wir uns: Bei der Anhörung zum deutschschweizerischen Steuerabkommen im Finanzausschuss des Bundestages waren 23 Sachverständige anwesend. Genau vier von Ihnen befürworteten das Abkommen uneingeschränkt: der Staatssekretär des Schweizer Finanzministeriums, UBS, die Schweizerische Bankiervereinigung und ein deutscher Steuerberater. Alle anderen warnten vor der Ratifizierung. CSU, FDP und CDU hakten sich aber bei UBS und beim Schweizer Finanzminister unter. Liebe Freundinnen und Freunde, das ist die unerträgliche Realität, für die Sie sich eigentlich heute noch schämen müssten.
Das Steuerabkommen mit der Schweiz war genau das Gegenteil einer guten Bekämpfung von Steuerhinterziehung – es war ein echter Sündenfall. Steuerhinterziehung wäre in der Dunkelheit der Anonymität geblieben. Der internationale Prozess des automatischen Informationsaustausches wäre direkt zum Erliegen gekommen. Davor hatten auch die USA gewarnt. Der Kampf gegen Geldwäsche wäre deutlich erschwert worden. Deshalb ist das, was der bayerische Finanzminister im Sinne der Schweizer Banken und
Erstens: Seit das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat gescheitert ist, ist die Zahl der Selbstanzeigen dramatisch angestiegen. Auch die Schweizer Banken raten mittlerweile zur Selbstanzeige. Uli Hoeneß ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Das Scheitern des Steuerabkommens ist ein Erfolg von RotGrün. Sie hielten es mehr mit den Steuerbetrügern und deren Interessen.
Zweitens. Richtig und wichtig für unsere großen Erfolge war und ist der Ankauf von Steuerbetrüger-CDs, den Sie bis heute ablehnen.
Drittens. Ganz entscheidend war das Scheitern des Schweizer Abkommens auch für die Strafverfolgung von Steuerbetrügern in Deutschland. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sagte dazu, es wäre die größte Begnadigung deutscher Straftäter gewesen, die die Geschichte je gesehen habe. Da ein hoher Anteil der Vermögensmassen in der Schweiz aus kriminellen Aktivitäten stammen dürfte, würde nun eine der größten Geldwäscheanlagen Europas legalisiert. In der Tat, das deutsch-schweizerische Steuerabkommen hätte so, wie es geplant war, unseren Steuerfahndern fast jedes Instrument aus der Hand geschlagen. Die Steuerfahnder können dank Rot-Grün aufatmen. Die Betrüger schlafen schlechter. Das ist gut, danke RotGrün!
Viertens. Nach dem Scheitern des Abgeltungssteuerabkommens mit der Schweiz hat der Finanzminister Luxemburgs Herr Frieden zugesagt, der EU-Zinsrichtlinie zuzustimmen und nicht länger die Ausweitung auf andere Einkommensarten zu blockieren. Auch die Schweiz und, wenn auch etwas zäh, Frau Fekter aus Österreich bewegen sich jetzt. Wir sehen einen Dammbruch in Richtung eines automatischen Informationsaustausches, den wir wollen. Das alles war nur möglich, weil wir gegen Söder und Kollegen den Stöpsel gesteckt und das Steuerabkommen verhindert haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hoeneß war nicht der einzige Vermögende, der offenbar berechnend darauf gebaut hat, unter die kuschelige Decke des Steuerabkommens schlüpfen zu können, das seine Anonymität gewahrt hätte. Söder hätte ihm gerne geholfen. Wir aber sagen: Zocken darf sich nicht loh
nen! Deshalb brauchen wir in Bayern eine Politik, die Steuerbetrug auf allen Ebenen bekämpft, auch wenn die Menschen in Bayern vielleicht noch bis zur Landtagswahl darauf warten müssen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Fall Hoeneß ist nur ein Fall, der aber aus aktuellem Anlass eine Auseinandersetzung mit der Bilanz von CSU und FDP erzwingt, der Bilanz über die Herstellung von Steuergerechtigkeit und Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Diese Bilanz von CSU und FDP kann man hier im Freistaat Bayern nicht anders als verheerend bezeichnen. Wer wirklich Steuergerechtigkeit und den Kampf gegen Steuerhinterziehung im Blick hat, der muss sagen, dass die Regierungsparteien in Bayern, insbesondere die CSU, nicht genügend tun, um klarzumachen, dass Steuerhinterziehung ein Raubbau an unserer Gesellschaft ist und deshalb mit allen legalen Mitteln bekämpft werden muss. Dazu sind Sie in diesem Freistaat leider nicht bereit.
Ich darf das an mehreren Beispielen deutlich machen. An erster Stelle darf ich das deutsch-schweizerische Steuerabkommen ansprechen. Uli Hoeneß bezieht sich darauf, dass er sich nach dem Scheitern des Steuerabkommens zur Selbstanzeige entschlossen hat. Was hat das deutsch-schweizerische Steuerabkommen bedeutet? Sie von Schwarz-Gelb hätten sich von der Schweiz die Steuergerechtigkeit abkaufen lassen. Das hätte stattgefunden. Dadurch wäre nicht nur der Kampf gegen Steuerhinterziehung deutlich erschwert worden, sondern noch schlimmer, der Kampf gegen Schwarzgeldbarone, die völlig unversteuertes Geld in der Schweiz anlegen, und der Kampf gegen Geldwäsche – Geld aus allen kriminellen Aktivitäten und von wohlhabenden Steuerhinterziehern – wäre gescheitert. Die Schwarzgeldbarone und die Geldwäscher hätten Sie, die hier im Freistaat für Law and Order eintreten, mit Ihrem Steuerabkommen mit der Schweiz geschützt. Das ist die Wahrheit, dafür tragen Sie die Verantwortung.
Das Steuerabkommen mit der Schweiz hätte im Ergebnis deutsche Steuerhinterzieher, deutsche Schwarzgeldbarone und deutsche Geldwäscher aus allen Kriminalitätsbereichen vor dem legitimen Informationsanspruch der deutschen Steuerverwaltung ge
schützt. Das war der Inhalt des Schweizer Abkommens. Wer sich die Details dieses Steuerabkommens anschaut, kann darüber nur den Kopf schütteln. Schwarz-Gelb hat unter ganz maßgeblicher Bestimmung aus Bayern dafür gesorgt, dass die Auskunftsersuchen der deutschen Steuerverwaltung an die Behörden in der Schweiz auf eine absurd niedrige Zahl begrenzt werden. Nicht der Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden stand im Mittelpunkt, sondern das Gegenteil davon.
Der zentrale Fehler, den wir, aber nicht nur wir – die Anhörung im Bundesrat hat es gezeigt – Ihnen vorwerfen, lautet, dass Schwarz-Gelb auf den automatischen Informationsaustausch zwischen der Schweiz und Deutschland verzichtet hat. Das war der gravierendste Fehler. Das zeigen auch die aktuelle Diskussion über Offshore-Leaks und die klaren Forderungen der EU zum Informationsaustausch seit dem Scheitern dieses Steuerabkommens. Diese Forderungen haben neue Brisanz gewonnen. Die EU-Kommission wird mit Luxemburg, Österreich und der Schweiz über den automatischen Informationsaustausch von Steuerdaten verhandeln. Der bayerische CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach lässt heute, wie dpa sagt, verlautbaren: Wir werden die Schweiz zwingen, am automatischen Informationsaustausch der EU-Länder teilzunehmen.
Die Politik von Schwarz-Gelb hat aber genau anders ausgesehen. Sie wollte die Schweiz vor diesem Informationsaustausch und damit auch die Steuerhinterzieher, die Schwarzgeldbarone und diejenigen, die mit illegalem Geld unterwegs sind, schützen. Mittlerweile signalisieren selbst maßgebliche Schweizer Politiker die Bereitschaft zum automatischen Datenaustausch. Das beweist, dass Sie dieses Steuerabkommen zulasten des Fiskus und zum Schutz von Steuerhinterziehern ausgehandelt haben und dass es erst jetzt aufgrund des Widerstands von Rot-Grün eine Chance gibt, endlich ein vernünftiges Steuerabkommen mit der Schweiz zustande zu bringen. Man fragt sich schon, warum gerade die CSU und Seehofer und Söder am vehementesten und verbittertsten zulasten der Steuergerechtigkeit für dieses Abkommen gekämpft haben. Herr Staatsminister Söder hat dieses Abkommen noch vor zwei Wochen vehement im Landtag verteidigt, obwohl neue Sachverhalte bekannt waren. Bei dieser vehementen Verteidigung des Abkommens muss man vermuten, dass sich CSU und FDP speziell in Bayern den Interessen prominenter und weniger prominenter wohlhabender und reicher Bayern besonders verpflichtet fühlen. Eine andere Erklärung habe ich eigentlich nicht.
Dafür spricht auch die Nähe und manchmal die Verquickung von politischen und wirtschaftlichen Interessen. Das zeigt auch der Fall Hoeneß. Hoeneß hat darauf vertraut, dass CDU, CSU und FDP das mit dem Schwarzgeld und der Anonymität schon richten werden. Genau mit dieser Begründung hat er seine Selbstanzeige verfasst, nämlich mit dem Scheitern des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens.
Wir haben schon Fragen zum Einzelfall, die wir noch geklärt haben wollen. Welche Gespräche wurden vor und nach dem Scheitern des Abkommens mit Mitgliedern der Staatsregierung bzw. Bundestagsabgeordneten von CSU und FDP über das Inkrafttreten des Abkommens geführt? Auch zum Fall Hoeneß haben wir vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses die Frage: Wer wurde wann, wie, weshalb und in welcher Form über den Steuerfall informiert, und wer ist für Indiskretionen verantwortlich? Wir wollen, dass reiner Tisch gemacht und die Wahrheit zu den Kontakten der Staatsregierung sowie der CSU und der FDP im Fall Hoeneß gesagt wird.
Sie verteidigen nach wie vor Ihre Haltung, Steuerdaten nicht anzukaufen. Ich frage Sie: Sie treten für Recht und Ordnung, für Law and Order und für konsequentes Vorgehen ein. Bei der Steuergerechtigkeit wollen Sie davon nichts wissen. Konsequentes Vorgehen: Fehlanzeige! Recht und Ordnung: Fehlanzeige! Law and Order: auch Fehlanzeige!
Das ist Ihre Haltung dazu. Sie ist widersprüchlich. Selbstanzeigen sind ein äußerst wirksames Instrument, insbesondere, wenn man die mittelbare Wirkung einbezieht. 630 Millionen Euro an hinterzogenen Steuern wurden seit Beginn des Ankaufs von Steuerdaten 2010 allein in Bayern eingenommen. Es handelt sich um eine ziemlich scheinheilige Argumentation, wenn CSU und FDP den Datenankauf zwar geißeln, aber die sich daraus ergebenden Einnahmen ohne mit der Wimper zu zucken einstecken, und wenn der Finanzminister Dr. Söder Journalisten auffordert, die Daten aus Offshore-Leaks herauszugeben, sich aber dem Ankauf von Steuerdaten verweigert. Als besonderes Argument wird vorgebracht, der Ankauf von Steuerdaten erfolge nach dem Zufallsprinzip und müsse deshalb abgelehnt werden. Wenn es danach geht, brauchen wir uns über die Bekämpfung der Steuerhinterziehung überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, weil vieles, was die Steuerfahndung aufgreift, natürlich auf dem Zufallsprinzip beruht. Wenn diese Haltung dahintersteht, ist klar: Sie wollen tatsächlich die Steuerhinterzieher mit Ihrer Politik schützen. Es tut mir leid, eine andere Erklärung kann man bei so einem Verhalten nicht mehr haben.
Abschließend komme ich zur Steuerverwaltung. Dazu muss man wirklich nichts mehr sagen. Die Berichte des Rechnungshofes der letzten Jahre sprechen bis zum letzten Bericht für sich. Sie offenbaren einen Abgrund von Staatsversagen und eine systematische Zerstörung der Steuergerechtigkeit durch höchstes Regierungshandeln und systematische CSU-Politik über lange Jahre. Ich muss Ihnen sagen, Herr Finanzminister: Wenn Sie so dreist sind, die Kritik des Rechnungshofes als Kritik an den Steuerbeamten zu denunzieren, dann nehmen wir hier in diesem Landtag den Rechnungshof und die Beschäftigten der Steuerverwaltung gegen Ihre Frechheiten in Schutz. So geht es nicht!
Die Arbeit der bayerischen Steuerverwaltung ist gut, die Mitarbeiter sind gut und fleißig, aber die Steuerverwaltung arbeitet seit Jahrzehnten bis zum Anschlag und verfügt durch Ihr Versagen, das Versagen der CSU, über zu wenig personelle Ressourcen. Deshalb sage ich als Ergebnis – das ist heute schon einmal deutlich geworden -: Seit der Strauß’schen Spezlwirtschaft und dem schwarzen Amigofilz, mit dem die CSU Bayern in den Griff genommen hatte, hat sich beim Steuervollzug einiges geändert. Im Ergebnis aber feiert die alte CSU gerade bei der fehlenden Bekämpfung -
Herr Kollege, einen Augenblick bitte. Ich habe heute schon im Ältestenrat gesagt, dass ich hier im Plenum das Wort "Amigo" nicht mehr hören möchte. Sie können weiterreden.