Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Ich eröffne dazu die Aussprache. Dafür wurde im Ältestenrat eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Aures. Ihr folgt Kollege Streibl. – Bitte schön, Frau Kollegin Aures. Ich bitte um Aufmerksamkeit.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es passt eigentlich wie die Faust aufs Auge, dass wir heute im Bayerischen Landtag einen Untersuchungsausschuss zum Fall Mollath einsetzen wollen. Ich freue mich, dass es letztlich gelungen ist, sich über alle Parteien darauf zu verständigen. Ich denke, dass wir die Sache gemeinsam aufklären werden. Die Gazetten sind heute voll von Artikeln zu Steuerhinterziehung und Schwarzgeldverschiebung in die Schweiz. Diese Themen füllen die Tageszeitungen und die Medien. Dort geht es aber um einen anderen Protagonisten, mit dem wir uns heute nicht befassen. Heute geht es um Herrn Mollath.

Herr Mollath ist in der forensischen Psychiatrie in Bayreuth praktisch weggesperrt, und zwar deshalb, weil er angeblich Wahnvorstellungen von Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz hatte. Im Nachhinein betrachtet, wurde im Prüfbericht der HVB bestätigt, dass viele dieser Punkte richtig sind; denn die Schwarzgeldverschiebungen sind bei einer Innenrevision festgestellt worden.

Damit sind wir beim Kernthema des heutigen Tages. Herr Mollath versucht seit Jahren, glauben zu machen, dass er die Wahrheit gesagt hat. Aber keiner hat ihm zugehört. Er musste sich erst über die Presse an die Öffentlichkeit wenden und sich Gehör verschaffen, damit ihm vielleicht doch noch geholfen werden kann.

Wir müssen heute einen Blick zurückwerfen: Es war der 13. Dezember 2011, an dem das ARD-Magazin "Report Mainz" über den Fall Gustl Mollath berichtete. Die SPD-Fraktion brachte umgehend einen Dringlich

keitsantrag ein, der am 15.12.2011 unter der Drucksachennummer 16/10699 hier im Plenum behandelt wurde.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Seitdem sind sage und schreibe 16 Monate vergangen. Wir befassen uns noch immer mit diesem Fall. Wenn man sich die Chronologie anschaut, dann tut es schon etwas weh; es hat bis zum 08.03.2012 gedauert, bis Ministerin Merk im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz zum ersten Mal Stellung genommen hat. Die SPD hatte einen langen Fragenkatalog eingereicht.

Fast ein halbes Jahr lang war dazu dann nichts mehr zu hören, bis die GRÜNEN am 14.11. einen Antrag eingebracht haben. Zu den Dringlichkeitsanträgen der SPD, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN wurden am 29.11. Beschlüsse gefasst. Wir hatten hier am 04.12. eine Aktuelle Stunde. Am 06.12.2012 hat die Ministerin dann zum Thema "Umgang mit Steuerhinterziehung, Geldwäsche und so genanntem Schwarzgeld" berichtet.

Am 28. Februar 2013 ging es weiter; die Ministerin war bei uns im Ausschuss und hat berichtet. Sie war in Begleitung der Herren Nerlich und Dr. Jüptner aus Nürnberg, die ihr zur Seite standen. Am 07.03. mussten die Herren erneut zu uns in den Rechtsausschuss kommen, weil die Aussagen nicht zusammengepasst haben.

Am 18.04. wurde im Rechtsausschuss über alle Parteien hinweg die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses befürwortet, den wir heute einsetzen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist gut und richtig so. Wir müssen aber schon einmal sehen, dass sich seit dem 23.11.2011, also über 17 Monate hinweg, überhaupt nichts getan hat. Ministerin Merk liegt ein Schreiben von Herrn Eduard Braun vor, und zwar seit dem 23.11. Sie hat nichts unternommen. Erst jetzt, als von uns im Landtag viele Fragen gestellt wurden, haben die Staatsanwaltschaft Regensburg und der Rechtsanwalt von Herrn Mollath, Herr Strate, mit der Beantragung des Wiederaufnahmeverfahrens wieder Bewegung in diesen Vorgang gebracht. Plötzlich wird auch Frau Merk munter. Der oder die Wiederaufnahmeanträge lesen sich wie ein Krimi.

Ich möchte dazu nur ein paar Anmerkungen machen: Plötzlich werden Zeugen vernommen, zum Beispiel Herr Braun am 22.01.2013. Es stellt sich heraus, dass er die Wahrheit gesagt hat. Er hat genau das bestätigt, was er 17 Monate zuvor an Frau Ministerin Merk geschrieben hat. Aber keinen hat das interessiert. Es

stellte sich heraus, dass sich Herr Mollath selbst der Polizei gestellt hatte und er nicht, wie es im Gerichtsurteil steht, festgesetzt wurde. Und es stellte sich heraus, dass eine Frau Dr. R. aus N. die Patientin M. nie gesehen hat, geschweige denn das Gutachten geschrieben hat. Auch dieses Gutachten ist Gegenstand dieses Urteils. Und es stellte sich heraus, dass der Richter B. sehr wohl bei den Finanzbehörden angerufen hat. Dazu existieren sogar interne Aktenvermerke. Präsident Dr. Jüptner schreibt das selbst in einem Brief. Im Rechtsausschuss am 28.02. und am 07.03.2013 hatte er leider Erinnerungslücken. Erst als er noch einmal vorgeladen wurde, musste er zugeben, dass in seinem Brief zwei Aktenvermerke erwähnt werden, wonach sehr wohl Telefonate stattgefunden haben.

Ich will das heute nicht vertiefen; dazu haben wir im Untersuchungsausschuss noch genügend Zeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen wissen: Da ist einiges schiefgelaufen. Liebe Frau Ministerin, ich meine, da haben Sie noch einiges auszuräumen und Licht in das Dunkel zu bringen.

Der Wille zu diesem Untersuchungsausschuss ist gereift. Wir haben uns lange überlegt, ob er sinnvoll ist. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, und ich denke, das gilt für uns alle, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sein werden: Wir werden uns ausreichend Zeit nehmen, um alle Fakten vertieft und in aller Sachlichkeit zu prüfen. Wir wollen unseren Bericht noch vor der Sommerpause einbringen. Ob das dann ein gemeinsamer Bericht sein wird oder ob wir einen Minderheitenbericht vorlegen müssen, werden wir dann sehen. Wir wollen jedenfalls aufklären, was hinter den Kulissen gelaufen ist. Die Zeichen stehen gut dafür. Wir sind dazu bereit. Wenn der Untersuchungsausschuss heute eingesetzt wird, werden wir schon am Freitag die erste Sitzung haben. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte, wie angekündigt, zu Tagesordnungspunkt 2 zurückspringen. Ich darf das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf "Volksbegehren ‚Grundrecht auf Bildung ernst nehmen – Studienbeiträge abschaffen!’" nach Artikel 74 der Bayerischen Verfassung auf Drucksache 16/15921 bekannt geben. Mit Ja haben 124 gestimmt. Mit Nein haben 12 gestimmt. Es gab vier Stimmenthaltungen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Das Gesetz ist damit so angenommen. Es trägt den Titel: "Gesetz zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes".

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich darf bereits bekannt geben, dass zum Tagesordnungspunkt 13, Zweite Lesung zum Gesetzentwurf über den Ladenschluss im Freistaat Bayern (Baye- risches Ladenschlussgesetz) nicht gesprochen, aber namentlich abgestimmt wird.

Jetzt geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 4 zum Untersuchungsausschuss. Das Wort hat, wie angekündigt, Herr Kollege Streibl. Ihm folgt Herr Kollege Dr. Runge.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir heute so weit sind, dass wir gemeinsam diesen Untersuchungsausschuss einsetzen wollen. Frau Kollegin Aures hat bereits gesagt, dass am 13.12.2011 das Magazin "Report Mainz" über diesen Fall berichtet hat. Daraufhin haben wir, die FREIEN WÄHLER, sofort einen Dringlichkeitsantrag mit der Drucksachennummer 16/10687 eingereicht, um im Plenum darüber zu reden und zu fragen, was eigentlich alles dahintersteckt. Seitdem sind immer mehr Fragen aufgetaucht, als beantwortet worden sind. Dann folgte der Bericht im Verfassungsausschuss. Später, im November 2012, haben die FREIEN WÄHLER einen Untersuchungsausschuss gefordert. Leider war damals nicht die Bereitschaft vorhanden, diesen einzusetzen. Wahrscheinlich hätten wir mehr Zeit und bereits ein Ergebnis gehabt. Das musste in den anderen Fraktionen erst reifen, sodass wir erst jetzt dazu kommen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Es ist zwar spät, aber nicht zu spät. Es ist sportlich und ambitioniert, diesen Untersuchungsausschuss bis zum 18. Juli durchzuführen. Ich bin sicher, dass wir es schaffen werden. Ich habe jedoch bereits gesagt: Für die Wahrheit und für die Aufklärung ist es nie zu spät und darf es nie zu spät sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deswegen halte ich es für verfehlt, wenn manche sagen, dies sei Wahlkampfgetöse. Dieser Fall beschäftigt uns schon seit 2011. Wenn man früher aufgeklärt hätte oder die Bereitschaft dazu früher bestanden hätte, wäre es zu diesem vermeintlichen Wahlkampfgetöse erst gar nicht gekommen. Es geht nicht um Wahlkampf, sondern um Wahrheit und Gerechtigkeit. Die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen und die Fragen zu klären, ist unsere Aufgabe. Die Aufgabe müssen wir angehen.

In diesem Fall ist Herrn Dr. Runge von den GRÜNEN zu danken. Sie haben sich in diesen Fall besonders reingehängt und mit dazu beigetragen, dass eine Mehrheit für den Untersuchungsausschuss zustande gekommen ist. Damit haben Sie den Weg für die Zustimmung aller Fraktionen hier im Hause bereitet.

Meine Damen und Herren, eine Sache müssen wir uns schon genau überlegen: Wieso ist es so weit gekommen? Mir ist aufgefallen, mit wie viel Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit man immer wieder an dieses Thema herangegangen ist. Das war vielleicht die Selbstgefälligkeit einer Mehrheit, die sich in vermeintlicher Sicherheit bewegt hat. Meine Damen und Herren, der größte Feind der Gerechtigkeit ist die Selbstgerechtigkeit. Darum ist es das Gebot der Stunde, selbstkritisch zu sein und die eigenen Handlungen immer wieder zu reflektieren. Dieser Aufgabe müssen wir uns alle stellen, egal ob in der Regierung, der Koalition oder der Opposition. Es ist unsere Aufgabe, aufzuklären, ob und was in diesem Fall falsch gelaufen ist. Diese Aufgabe haben wir uns auf das Panier geschrieben. Wir werden sie bewältigen.

Die Vorgespräche, die wir über die Fraktionen hinweg geführt haben, hören sich gut an. Man sieht, dass der Aufklärungswille bei allen vorhanden ist. Deshalb denke ich, wir sollten weitermachen. Die 19 laufenden Ermittlungsverfahren zeigen, dass es sich bei dem Ganzen nicht nur um Hirngespinste handeln kann. Es laufen Untersuchungen in Bezug auf Schwarzgeld. Den Fall kann man nicht weiter als Hirngespinst abtun. Es gilt nachzuprüfen, warum es die Schwarzgeldverschiebungen gegeben hat. Warum haben die Aussagen Mollaths gereicht, um diese Ermittlungen zu führen? Kamen noch andere Erkenntnisse dazu? Wurde ein Fehler begangen? Meiner Meinung nach lagen die Erkenntnisse für die Ermittlungsverfahren bereits im Jahre 2003 vor, nur in verschiedenen Behörden. Die Erkenntnisse hätte man damals zusammenführen müssen. Warum hat man das nicht getan? Das ist eine der großen Fragen, die wir hier zu klären haben.

Außerdem sollte man die Medien erwähnen und ihnen danken. Letztendlich waren die Medien in diesem Fall immer wieder dran. Die Medien haben immer wieder den Finger in die Wunde gelegt und Fragen gestellt. Sie haben Fragen an uns, an die Politik, gestellt, die wir beantworten und denen wir nachgehen müssen. Daher ist den Medien zu danken, dass sie des Falls nicht überdrüssig geworden sind, sondern immer wieder nachgelegt und nachgeforscht haben. Sie haben neue Dinge ans Tageslicht gebracht, die uns immer wieder angeregt haben, weiterzufragen, weiterzubohren und weiterzuforschen. Wenn diese Zusammenar

beit nicht gewesen wäre, wären wir nie so weit gekommen.

Noch ein Punkt: Ich halte es für richtig, dass der Untersuchungsausschuss jetzt kommt. Wir haben uns in mehreren Sitzungen des Verfassungsausschusses mit diesem Fall beschäftigt. Der Verfassungsausschuss ist quasi zu einem kleinen Untersuchungsausschuss geworden, weil immer wieder Fragen gestellt und nachgeschoben worden sind. Das ist nicht die Aufgabe des Verfassungs- und Rechtsausschusses. Das ist die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses. Daher ist es sinnvoll, dass wir diese Last vom Verfassungsausschuss nehmen und in die Hände des Untersuchungsausschusses legen. Ich bitte um ein einstimmiges Votum, das den Willen dieses Hauses zur Aufklärung deutlich zeigt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der nächste Redner in dieser Debatte ist Herr Dr. Runge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich werde meinen Beitrag in der gebotenen Kürze der Zeit ausführen, da wir noch eine lange Nacht vor uns haben. Ich möchte die Vorredner in zwei Punkten korrigieren bzw. ergänzen.

Erstens. Herr Kollege Streibl und Frau Kollegin Aures, Ehre, wem Ehre gebührt. Es war nicht die Sendung von "Report Mainz" im Dezember 2011, in der zum ersten Mal der Sonderrevisionsbericht der HypoVereinsbank angesprochen worden ist. Es war ein bayerisches Organ, die "Nürnberger Nachrichten" einen Monat vorher im November 2011. Einen weiteren Monat vorher haben die "Nürnberger Nachrichten" auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn Braun aus Bad Pyrmont hingewiesen. Damals war in dem Artikel davon die Rede, dass dies möglicherweise ein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens sei. In dem Fall kann man etwas weiter zurückgreifen. Zu diesem Zeitpunkt gab es ebenfalls die erste parlamentarische Initiative. Ich sage jetzt nicht, von wem sie kam. Sie können es sich denken.

Der zweite Punkt. Herr Streibl, Sie haben gesagt: Leider erst jetzt, die Dinge mussten reifen. Das kann man noch konkreter benennen: Für einen Untersuchungsausschuss sind zunächst ein Untersuchungsgegenstand notwendig sowie ein vernünftiger Fragenkatalog. Letztendlich sind wir alle durch ein bestimmtes Verhalten leitender Beamter – ich mag es gar nicht werten – darauf gestoßen worden, dass etwas passieren muss. Sie haben bereits angesprochen, dass wir in den drei Sitzungen des Verfassungsausschusses im Dezember, am 28. Februar und

am 7. März, bedauerlicherweise von leitenden Beamten mehrfach mit der Unwahrheit bedient wurden. Zwei konkrete Punkte sind genannt worden. Man könnte das jetzt noch weiterspinnen. Der Präsident des Landesamtes für Steuern hat in der folgenden Sitzung im März wiederum die Unwahrheit gesagt. Er hat gesagt: Ich habe nicht gesagt, es gebe keine Aktennotiz, ich habe gesagt: Es gebe keine Aktennotiz, aus der hervorging, dass es einen unbotmäßigen Einfluss eines Richters gegeben hätte.

Wer das Band abhört – viele Journalisten haben mitgeschnitten -, kann ganz klar vernehmen, was hier gesagt worden ist. Auch der Verweis auf das Steuergeheimnis war alles andere als segensreich. Auch der Generalstaatsanwalt hat in einigen Punkten – ich drücke mich höflich aus – zumindest sehr geirrt, was sich sehr leicht belegen lässt, so zum Beispiel mit einer Definition durch den Richter Huber am Amtsgericht Nürnberg, der ein bestimmtes Schreiben als Strafanzeige gewertet, eine Zweitschrift davon veranlasst und die Weitergabe der Zweitschrift an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit der Überschrift "Strafanzeige" veranlasst hat. Diese Punkte haben uns veranlasst, den Fall näher zu untersuchen.

Ganz entscheidend sind auch neue Tatsachen und neue Beweismittel, die schon angesprochen worden sind. Diese Punkte finden sich auch in den Wiederaufnahmegesuchen, die schon angesprochen worden sind, wieder. Ich greife nur die Argumente der Staatsanwaltschaft Regensburg heraus, das andere wäre zu umfassend. Erstens wurde im Verfahren eine gefälschte Urkunde verwendet, zweitens ist die Hauptbelastungszeugin unglaubwürdig. Ihre Aussagen sind unglaubwürdig. Drittens wurde die Unterstellung der "Wahnausweitung" an beliebige Dritte ganz schnell auf eine einzige Person eingegrenzt, die aber auch selbstverständlich in Kontakt zu Leuten stand, die von Herrn M. schwer beschuldigt worden sind.

Diese Punkte sind definitiv nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses; denn das, was mit der Urteilsfindung und dem Urteil des Landgerichts vom August 2006 zusammenhängt, muss in einem möglichen Wiederaufnahmeverfahren geklärt werden. Auch das, was vorher das Amtsgericht gemacht hat, muss in diesem Wiederaufnahmeverfahren geklärt werden. Deshalb haben wir beim Fragenkatalog ganz bewusst darauf geachtet, dass es nicht um diese Punkte geht. Allerdings greifen wir schon die Zuständigkeiten, den Geschäftsverteilungsplan und die Frage, wer wen schon vorher kannte, auf. Wir wollen wissen, ob man dies einer beliebigen oder der siebten Strafkammer hätte zuordnen können.

Wichtig ist – das, glaube ich, ist aber schon herausgekommen – das Verhalten der Finanzbehörden. Warum wird dort laufend die Unwahrheit gesagt? Da muss man die Frage stellen, ob dort ohne Not gelogen wird oder ob es eine Notwendigkeit dafür gibt. Dann gehen wir langsam zurück in die Vergangenheit und fragen, warum damals nichts passiert ist. Frau Merk, Sie haben uns dankenswerterweise dargestellt, dass die Finanzbehörden weitaus größere Möglichkeiten haben als die Staatsanwaltschaft. Es gab konkrete Sachverhalte. Es gab Buchungsanordnungen zu Nummernkonten, die mit schönen Fantasienamen versehen waren, wie es bei solchen Geschäften üblich ist. Es gab Anlage- und Vermögensverzeichnisse und vieles mehr. Es ist schon sehr beachtlich, dass erst achteinhalb Jahre nach Bekanntwerden der ganzen Geschichte die entscheidenden Akten angefordert worden sind. Bei achteinhalb Jahren denke ich mir, dass man schon hätte eher zugreifen können.

Einen zweiten Punkt hat der Kollege Streibl genannt. Es ist die Frage, weshalb erst eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden neuer Tatsachen und Beweismittel für ein Wiederaufnahmeverfahren gekämpft wird. Deshalb werden wir in die Vergangenheit zurückgehen und das Verhalten der Staatsanwaltschaft überprüfen. Waren die Hinweise doch konkret genug? Ja oder nein?

Der Fragenkatalog ist tatsächlich ehrgeizig. Wir haben uns schon verständigt. Wir werden sehr intensiv tagen. Wir werden teilweise vier Sitzungen in der Woche abhalten. Wir hoffen, das eine oder andere aufzuklären. Ich greife der Aufklärung aber nicht vor und mache keine Wertung. Es kann so oder so gehen. Wir können in dem einen oder anderen Punkt durchaus davon überzeugt werden, dass die Behörden richtig gehandelt haben. Herzlichen Dank noch einmal an alle Beteiligten dafür, dass wir den Fragenkatalog so schnell zustande gebracht haben. Es ist noch nicht allzu lange her, dass in einigen Zeitungen stand: Wir könnten frühestens in einem Monat beginnen. Wir beginnen jetzt voller Tatkraft am Freitag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CSUFraktion hat nun der Kollege Dr. Florian Herrmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 16. April haben die Kollegen der Opposition von ihrem Minderheitenrecht Gebrauch gemacht und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses für den Fall Mollath beantragt. Die verbleibende Zeit bis zum Ende dieser Legislaturperiode, spätestens bis zur letzten Plenarsitzung am

18. Juli, beträgt nur noch knapp drei Monate oder, wie man feststellen muss, lediglich sieben Sitzungswochen. Das lange Zuwarten zeigt, dass sich die Opposition offensichtlich uneins darüber war, ob es wirklich zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll ist, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, zumal gleichzeitig die Wiederaufnahmeanträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft beim Landgericht Regensburg zur Entscheidung liegen. Andererseits können wir darüber froh sein, dass die Erkenntnis bereits über Ostern gekommen ist und nicht erst zu Pfingsten, wo man es eher erwarten könnte.

Wie dem auch sei, der Untersuchungsausschuss wurde nun beantragt. Der zeitliche Druck ist enorm. Dennoch möchte ich für die CSU-Fraktion festhalten, dass auch wir der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen. Dadurch soll eine intensive Aufarbeitung der dem Fall Mollath zugrunde liegenden Verwaltungsvorgänge ermöglicht werden. Es ist eine wichtige Aufgabe des bayerischen Parlaments, auf diese Weise, also durch objektive und sorgfältige Aufarbeitung sine ira et studio – ohne Zorn und Eifer – die Besorgnisse der Bevölkerung aufgrund der bisherigen Presseberichterstattung ernst zu nehmen und zur Gänze auszuräumen.

Ich möchte allerdings bereits an dieser Stelle anmerken, dass aus Sicht der CSU-Fraktion schon im Rahmen diverser Berichte im Rechtsausschuss umfassende Aufklärungsarbeit geleistet worden ist.