Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Karl Vetter u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Unbürokratische Finanzhilfe für Krankenhäuser (Drs. 16/16741)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast jedes zweite Krankenhaus in Bayern schreibt rote Zahlen. Das ist allgemein bekannt.
Eine Tickermeldung von heute sagt aus, dass der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft Siegfried Hasenbein dies bestätigt und beklagt hat, dass der von der Bundesregierung angekündigte Zuschuss in keiner Weise ausreicht, die bei den Krankenhäusern aufgelaufenen Verluste aufzufangen. Deshalb müssen wir dringend nachbessern; denn die Menschen brauchen eine gut funktionierende, flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung in den Krankenhäusern, auf die sich in der Not alle Bürgerinnen und Bürger verlassen können. Die vom Bundeskabinett im April in Aussicht gestellte finanzielle Soforthilfe für Krankenhäuser ist jedoch eine echte Mogelpackung; das darf man hier einmal klar aussprechen.
Das gilt in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist die Ausschüttung von Geldern in Wahlzeiten zwar ein hinlänglich bekanntes Manöver, um die Wählergunst zu erringen, aber sie ändert nichts an den massiven strukturellen Problemen der Krankenhäuser und an den Mängeln und Fehlern des Systems. Zum anderen ist die Soforthilfe überhaupt nicht als solche zu definieren, weil bezüglich der Vorschläge des Bundeskabinetts, die es am 17. April angekündigt hatte, jetzt, vier Wochen später, eigentlich gar nichts passiert ist.
Das gewählte Verfahren ist langwierig und zäh. Zunächst einmal ist das Gesetz erforderlich; es muss noch geschaffen werden. Darüber hinaus möchte man die Finanzhilfen durch einen Änderungsantrag zum Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz auf den Weg bringen. Der Sachzusammenhang erschließt sich mir leider nicht. Vielleicht gibt es in der Diskussion eine Aufklärung. Wenn dieses drängende Problem aber schneller und unbürokratisch gelöst werden kann, bin ich damit einverstanden.
Für dieses Gesetz ist, wenn alles glatt geht, die Zweite Lesung im Bundestag für Mitte Juni geplant. Der zweite Durchgang im Bundesrat – das Gesetz ist zustimmungspflichtig – findet erst im Juli statt. Bis zum Sommer kann damit nicht mehr viel passieren. Geld kann bis zum Sommer auch nicht fließen. Im Anschluss an das Gesetzgebungsverfahren sind auch noch Verhandlungen mit den Krankenhausgesellschaften und den Kassen erforderlich. Es wurde kein fester Zuschlag pro Fall festgelegt. Das ist besonders wichtig. Damit könnte die Förderung unmittelbar an die Krankenhäuser gelangen.
Inhaltlich muss eine Einigung in zwei Punkten gefunden werden. Erstens ist die Höhe des voraussichtlichen Mehrleistungsvolumens für 2013 und 2014 ein
prognostizierter Wert. Aus diesem Mehrleistungsvolumen, das die Krankenhäuser individuell mit den Kassen vereinbaren, ergeben sich die Abschläge, die zu zahlen sind und die durch die Förderung ausgeglichen werden sollen. Der zweite Punkt ist die Förderung pro Fall. Bei den Krankenkassen stoßen die Finanzierungsvorschläge auf Kritik, sodass man von schwierigen Verhandlungen ausgehen muss. Diese Verhandlungen können dauern. Jeder, der sich mit Gesundheitspolitik schon einmal beschäftigt hat, weiß, wie zäh diese Verhandlungen laufen. Das Bundesgesundheitsministerium hat nur relativ wenig Einfluss auf die Selbstverwaltung der Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaften. Sogar ein langwieriges Schlichtungsverfahren könnte drohen. Was das bedeutet, wissen wir Fachleute ganz genau.
Der Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER liegt die Neuausrichtung der finanziellen Anreize in der Krankenhausfinanzierung besonders am Herzen. Es kann nicht sein, dass Krankenhäuser nahezu gezwungen werden, ihre Leistungen auf besonders rentable Eingriffe auszuweiten. Ohne diese Leistungsausweitung sind die Krankenhäuser aber kaum noch in der Lage, schwarze Zahlen zu schreiben. Die Kosten steigen, sowohl die allgemeinen Kosten als auch die Energiekosten, die Lohnkosten und so weiter. Diese Leistungsausweitungen führen über den kollektiven Haftungsmechanismus zu Abzügen vom Landesbasisfallwert. Dazu kommen noch krankenhausindividuelle Abschläge. Gerade die kollektive Haftung trifft alle Krankenhäuser, auch diejenigen, die gar keine Mehrleistungen mehr erbringen können. Das ist unsinnig und ungerecht.
Die Auswirkungen dieser Regelungen auf Krankenhäuser im ländlichen Raum können Sie sich vorstellen. Gerade diese Häuser müssen ein breites Versorgungsspektrum anbieten und aufrecht erhalten, um die Menschen in strukturschwachen Gebieten zu behandeln. Sie können nicht so ohne Weiteres Mehrleistungen erbringen. Grundsätzlich muss sich die Bayerische Staatsregierung schon fragen lassen, Herr Staatsminister, warum sie nicht mehr für die bayerischen Krankenhäuser tut, warum sie sich nicht mehr für die bayerischen Krankenhäuser einsetzt.
Ich fasse zusammen: Die FREIEN WÄHLER fordern eine unbürokratische und echte Soforthilfe für die Krankenhäuser. Gleichzeitig fordern wir echte strukturelle Reformen, um die Krankenhäuser zu unterstützen. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Er braucht eine gute Krankenhausversorgung. Unser Gesundheitssystem ist zwischenzeitlich schwer erkrankt. Es braucht eine Kausaltherapie. Eine symptomatische Behandlung reicht nicht mehr aus.
Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Kollege Dr. Thomas Zimmermann von der CSU das Wort. Bitteschön, Herr Kollege.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bauer, Sie machen es mir nicht leicht. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass der gesundheitspolitische Sprecher der FREIEN WÄHLER diesen Antrag begründet. Ich weiß nicht, ob eine vielleicht doch nicht so starke Gewichtung dieses Themas der Grund dafür ist, dass der sozialpolitische Sprecher dazu spricht. Der amtierende Schriftführer Bertermann ist auch eine gesundheitspolitische Allzweckwaffe.
Ich will damit nicht sagen, dass der Inhalt des Antrags aufgrund des Beitrags des Kollegen Bauer – bitte verzeihen Sie mir, wenn ich es so direkt sage – an Gewicht verliert. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass wir genau vor vier Wochen im Gesundheitsausschuss, dem Sie nicht angehören, über einen Antrag der FREIEN WÄHLER zum gleichen Thema eingehend diskutiert haben. Dabei haben alle Fraktionen des Bayerischen Landtags festgestellt, dass nicht nur die Gesundheitspolitik im Allgemeinen, sondern speziell die Krankenhauspolitik ein wesentlicher Bestandteil der Politik im Freistaat Bayern ist. Die Krankenhauspolitik ist zur bedarfsgerechten flächendeckenden Versorgung wichtig. Aber siehe da, alle Fraktionen außer den FREIEN WÄHLERN, die damals Antragsteller waren, waren der Meinung, dass alle angeführten Argumente von der Staatsregierung schon längst aufgegriffen sind und dass es in der Sache gar keinen Handlungsbedarf gibt.
- Entschuldigung bitte, Herr Kollege, ich sage es Ihnen gerade. Sie sollten mir zuhören. Sie waren bei der Aussprache im Gesundheitsausschuss nicht anwesend. Wir alle haben feststellen können, dass die Bayerische Staatsregierung hervorragende Arbeit geleistet hat. Sie hat zeitgerecht bereits im Oktober vergangenen Jahres eine Bundesratsinitiative zu der Thematik, die Sie heute nochmals problematisieren, eingebracht.
- Sie werden es nicht glauben: Dieser Initiative der Bayerischen Staatsregierung sind alle anderen Bundesländer beigetreten. Genau das, was von Ihnen gefordert wird, ist bereits erledigt und auf den Weg gebracht. Jetzt geht es nur noch um die Facetten und um die Frage, wie die 1,1 Milliarden, die bereits locker gemacht worden sind, verteilt werden. Dieses Problem ist systemimmanent, weil man 1,1 Milliarden nicht mir nichts, dir nichts irgendwo hingibt. Darüber, wie diese Verteilung abzulaufen hat, muss mit den Krankenkassen und Krankenhausträgern verhandelt werden.
So haben selbstverständlich die Bayerische Krankenhausgesellschaft, aber auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft zu Recht angemahnt, dass das Gesetzgebungsverfahren schnell und rasch verlaufen muss. Im Bundesrat ist diese Initiative aufgegriffen worden. Dort wird versucht, das Verfahren etwas rascher abzuwickeln, um das Geld möglichst schnell dort hinzubringen, wo es gebraucht wird.
Meine Damen und Herren, die Problematik, die sich aus Ihrem Antrag von heute ergibt, ist die gleiche, über die wir vor vier Wochen schon diskutiert haben. Der Sinn dieses Antrags ist zweifelhaft, denn vor vier Wochen haben die Fraktionen Ihren Antrag im Gesundheitsausschuss auch schon abgelehnt. In der Zwischenzeit ist das eingetreten, was wir damals schon angekündigt haben. Die Vertragsparteien sind bereits zusammengetreten. Auch die Bundesregierung macht Dampf, damit die Verteilungsmodalitäten rasch festgesetzt und unbürokratisch abgewickelt werden.
Meine Damen und Herren von den FREIEN WÄHLERN, es ist von Ihnen vielleicht gut gemeint, dieses Thema heute noch einmal aufzugreifen. Das ist aber auch das Einzige, was ich dazu sagen kann. In der Sache ist Ihr Antrag nicht hilfreich, und deswegen bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, den Antrag auch heute abzulehnen, wie schon vor vier Wochen im Gesundheitsausschuss.
Dankeschön, Herr Kollege. Als Nächste hat Frau Kollegin Kathrin Sonnenholzner von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist, dass fast die Hälfte der bayerischen Krankenhäuser in einer finanziellen Schieflage ist. Richtig ist, dass daran zum einen die zu geringen Zuweisungen der Krankenkassen und zum anderen auch die zu geringen Investitionsmittel des Landes
schuld sind. Wenn die Kollegen von den FREIEN WÄHLERN dieses Thema aufgreifen, sollten Sie sich auf die Zuständigkeiten dieses Hauses konzentrieren. Was ist bei der Krankenhausfinanzierung bereits geschehen? Der Kollege Dr. Zimmermann hat es schon gesagt. Die Bayerische Staatsregierung hat dieses Sofortprogramm beantragt. Es ist auch so beschlossen worden. Das ist auch gut so. Herr Kollege Professor Dr. Bauer, ich kann Ihnen einen Vorwurf nicht ersparen, weil Sie auf der einen Seite richtigerweise sagen, die Krankenhäuser sind in Schieflage, und auf der anderen Seite dann, wenn eine Milliarde Euro verteilt werden soll, behaupten, es handelte sich um eine Mogelpackung. Man muss sich irgendwann entscheiden, was man will. Es mag sein, dass in der konkreten Verteilung das Gießkannenprinzip, das jetzt angedacht ist, nicht das ist, was man sich wirklich vorstellt. Aber dass es sich um eine Mogelpackung handelt, kann man von diesem Sofortprogramm nicht sagen.
Im Bundesrat gibt es einen zweiten bereits erledigten Tagesordnungspunkt. Dabei handelt es sich um eine Entschließung auf Initiative der SPD-Länder. Herr Kollege Dr. Zimmermann, ganz so einig waren wir uns im Ausschuss nicht hinsichtlich der Auffassung, dass nur die Bayerische Staatsregierung so segensreich zur Lösung dieses Problems beiträgt. Tatsächlich kommt diese vor Kurzem beschlossene Entschließung aus dem Bundesrat, von den SPD-geführten Ländern. Sie bezieht sich vernünftigerweise auf die Regelung der Krankenhausfinanzierung nach der Bundestagswahl. Herr Kollege Professor Dr. Bauer, wenn dieser Antrag eine Doktorarbeit gewesen wäre, hätte man Ihnen den Doktortitel sofort wieder entzogen.
Er ist nämlich eins zu eins aus genau dieser Entschließung der SPD-Länder im Bundesrat abgeschrieben. Erstaunlicherweise haben Sie genau die zwei Punkte, die im Freistaat Bayern essenziell sind, nicht übernommen. Dabei handelt es sich zum einen um die Sicherstellungszuschläge, über die richtigerweise im Bundestag ein Beschluss gefasst wurde.
Zum anderen sind in der Fläche, in den ländlichen Gebieten Bayerns, die Anreize für sektorenübergreifende Versorgung ganz wichtig, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Warum Sie genau diese bei uns entscheidenden Punkte weggelassen haben, das müssen Sie beantworten. Darüber möchte ich jetzt keine Spekulationen anstellen.
Sie gehen auch nicht auf die Frage ein, wie eine nachhaltige, dauerhafte, vernünftige Finanzierung der Krankenhäuser bezahlt werden soll. Dazu brauchen
wir in der Tat auch eine Änderung der Finanzierungsgrundlage auf Berliner Ebene. Ich rede gar nicht von der "sozialen Gesundheitsversicherung" der FREIEN WÄHLER, weil sie es sicher nicht sein wird. Aber die Aussagen der Bertelsmann-Stiftung von vorgestern, dass die Trennung von privater Krankenversicherung und gesetzlicher Krankenversicherung nicht sinnvoll ist, haben dieser Diskussion mindestens eine neue Dynamik gegeben.
Angesichts der Tatsache, dass wir nicht nur hier in Bayern, sondern auch in Berlin vier Wochen vor dem Ende der Legislaturperiode stehen, kann ich nur sagen: Der Antrag, den Sie hier stellen, hat bestenfalls Schaufenstercharakter. Denn eine Realisierung der Überschrift "Unbürokratische Finanzhilfe für Krankenhäuser" wird wohl nicht gehen. Wir sind uns doch darüber einig, dass ich, wenn ich die Krankenhäuser dauerhaft vernünftig finanzieren und jetzt vorhandene Fehlanreize beseitigen will, das Sozialgesetzbuch V ändern muss, und das geht nicht mit einem Handstreich durch einen Antrag der FREIEN WÄHLER im Bayerischen Landtag. Das geht auch sicher nicht mehr in dieser Legislaturperiode in Berlin.
Trotzdem tun wir uns natürlich schwer, diesen Antrag abzulehnen, weil er eins zu eins von uns abgeschrieben ist. Das heißt, wir werden ihm zustimmen müssen, wenngleich er deswegen obsolet ist, weil all das, was Sie hier fordern, bereits Beschlusslage des Bundesrates ist. Aber wir deuten ihn als gutes Zeichen Ihrerseits, dass Sie die SPD-Positionen in der Gesundheitspolitik auch über den Wahltag 15. September hinaus unterstützen. Ich habe dem Kollegen Dr. Vetter im Ausschuss schon gesagt: Wenn Sie das Gesundheitsministerium der SPD überlassen, dann wird in Bayern alles gut.
Alles klar, in Ordnung. – Als Nächste hat Frau Kollegin Theresa Schopper von den GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Professor Dr. Bauer sitzt da wie auf einem Büßerstuhl; jetzt wird er noch einmal abgebürstet. Das tut mir schon fast leid.
Mein Punkt ist die unbürokratische Finanzhilfe für Krankenhäuser. Als Zahnarzt und als in der Gesundheitspolitik tätiger Abgeordneter wissen Sie,
dass wir vielfach die Bürokratie im Gesundheitswesen beklagen. Wesentlich ist, dass die 1,1 Milliarden Euro und die 165 Millionen Euro, die daraufhin den bayerischen Krankenhäusern zufallen, natürlich nicht in einem Füllhorn ausgegeben werden können, sondern dass auch die Gremien der Selbstverwaltung darauf achten müssen, wie sie die Verteilung schaffen. Dabei können wir uns nicht einmischen. So ist das System. Ich habe auch nicht das Gefühl, es wird gerne verlangt, auch wenn Sie heute die Pressemeldung der Großkrankenhäuser zitieren, die sich heute in Landshut zusammengetan haben. In dieser Pressemeldung beklagt Herr Hasenbein die Verhältnisse. Aber letztlich werden wir einen Modus finden müssen, oder es wird in der Selbstverwaltung ein Modus gefunden werden müssen, wie man die Gelder verteilt.
Ich bin allerdings froh, dass es diese Gelder gibt, das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Denn es handelt sich um genau das Geld, das wir in den Krankenhäusern brauchen.