Protokoll der Sitzung vom 04.06.2013

nicht von dem Grundsatz verabschieden, dass jene, die die Inhalte liefern, auch die Möglichkeit haben müssen, die entsprechenden Werbeeinnahmen zu erwirtschaften. Die Annahme, dass die Unternehmen künftig weiterhin in den regionalen Zeitungen und den lokalen TV- und Radiosendern und zusätzlich über die bundesweit verbreiteten Sender regional werben, ist absolut unrealistisch. Würde diese Rechnung aufgehen, würde das bedeuten, dass die Firmen ihre Werbebudgets je nach Werbemöglichkeiten beliebig aufstocken. Das ist aber nicht zu erwarten. Deshalb sollten wir diesen Einbruch an Einnahmen nicht zulassen.

Wir brauchen gesetzliche Regeln für den Wettbewerb auf dem regionalen Werbemarkt. Diese sollten unserer Meinung nach bundesweit gelten. Übrigens war das auch Konsens zum Beispiel beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland, wo alle Experten ganz klar dieser Meinung waren, dass es gesetzlicher Regeln bedarf. Übrigens auch Herr Potthast als zuständiger Referent aus der Staatskanzlei war der Meinung, dass es gesetzlicher Regeln bedarf. Ich verstehe nicht, dass hier jetzt eine Trendwende erfolgt. Das heißt, ich kann es mir auch nur so erklären, wie Kollege Rabenstein: Seit Herr Stoiber Lobbyist bei ProSieben ist, hat sich das Fähnlein gedreht, und jetzt ist man auf einmal für das, was man vorher abgelehnt hat. So geht es aber nicht. Das ist keine vernünftige Medienpolitik. Deshalb stimmen wir dem SPD-Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Kollegin. Sind Sie fertig? – Dann hat sich zu einer Zwischenbemerkung Herr Kollege Sinner gemeldet. – Bitte.

Frau Kollegin Gote, im Ansatz sind sich alle darin einig, dass regionale Werbung nur mit regionalen Programmangeboten möglich ist. Sie sind Medienrätin. Es liegt ein konkreter Antrag von ProSieben/Sat1 vor, genau diesen Grundsatz nicht zu beachten und regionale Werbung zuzulassen, ohne dass regionale Programmangebote in dem Umfang erfolgen, wie es erforderlich ist. Ich vermute, dass Sie als Medienrätin diesen Antrag ablehnen werden.

Wenn ich Sie sagen höre, unabhängig von rechtstheoretischen Erwägungen muss die gesetzliche Grundlage erst einmal geschaffen werden, dann könnte man unterstellen, dass Sie ohne gesetzliche Grundlage diesen Antrag ablehnen wollen. Das ist genau der Punkt, um den es geht. Auf dieser Grundlage hat

auch die Kommission der Landesmedienanstalten entschieden. Dagegen läuft ein Gerichtsverfahren. Genau das, was wir nicht wollen, ist jetzt schon gegeben. Und da jetzt sowieso nicht entschieden wird, besteht keine Eile, mit einem Landtagsbeschluss festzustellen, dass offensichtlich eine Rechtsgrundlage fehlt, auf die Sie sich berufen wollen.

Das Zweite ist: Die Medienräte sind natürlich unabhängig. Es gehört eigentlich zum guten Stil, dass man es respektiert, dass Medienräte entscheiden und nicht durch einen Landtagsbeschluss in ihren Entscheidungen festgelegt werden.

Sie haben sich gerade selbst widersprochen. Sie haben recht: Für diesen Antrag könnte das rückwirkend gar nicht gelten. Also sind sowohl das Parlament als auch die Medienräte unabhängig. Klar ist doch, dass hier eine rechtliche Unklarheit in der Sache besteht. Das haben nicht nur wir in Bayern gemerkt, sondern die anderen Bundesländer auch. Andere Landesmedienanstalten sind mit ähnlichen Anträgen konfrontiert.

(Eberhard Sinner (CSU): Die lehnen Sie alle ab!)

Sie wissen auch, dass das erst einmal nur ein Einfallstor oder ein Testballon war, den wir hier hatten, und dass weitere folgen werden. Deshalb, meine ich, ist es nur allzu richtig, dieser Überzeugung rechtliche Festigkeit zu geben und in eine Gesetzgebung einzutreten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin Gote. – Für die FDP hat sich Frau Sandt zu Wort gemeldet. Bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Zukunftsfähigkeit unserer regionalen Medien liegt sicherlich sehr vielen von uns am Herzen. Aber gerade weil uns diese Zukunftsfähigkeit am Herzen liegt, lehnen wir den Antrag ab.

Herr Rabenstein, Sie haben vorhin gesagt, wir könnten heute beweisen, dass wir uns für die regionalen Medien starkmachen. Ich meine, das haben wir bewiesen. Wir haben die Zukunftsfähigkeit gesichert. Die regionalen Medien sind gut aufgestellt, sie haben gute Verbreitungswege. Was wir zum Beispiel jetzt haben, ist das neue Plenum TV. Das ist ein einzigartiges Angebot, bei dem Abgeordnete aus allen Regionen über verschiedene tagesaktuelle Themen befragt werden. Das ist wirklich toll, was sich hier entwickelt. Ich meine, dass das auch ein Erfolg dieser schwarzgelben Regierung ist.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Wir haben die gesellschaftliche Bedeutung der Medien vor Ort, die eine besondere Akzeptanz haben, wieder einmal betont, und wir haben mit Nachdruck die Medienvielfalt gefördert, die uns Liberalen auch sehr am Herzen liegt.

Der Antrag der SPD richtet sich gegen den Vorstoß von ProSieben, bundesweit in fünf regionalen, also nicht lokalen, sondern viel größeren, Verbreitungsgebieten Werbung zu senden – übrigens für maximal zehn Minuten am Tag. Wir nehmen die an uns herangetragene Befürchtung sehr ernst. Die regionalen Medien brauchen die Möglichkeit zur Refinanzierung durch Werbeeinnahmen.

Ich möchte auch das Argument hervorheben, dass Werbung und redaktionelles Umfeld auf das gleiche Sendegebiet ausgerichtet sein sollten. Ich teile die Argumentation von Herrn Sinner: Seit wann greifen wir hier Gerichtsentscheidungen vor? Seit wann macht das der Landtag? Das ist völlig absurd. Das Verfahren ist anhängig. In diesem Moment ist der Antrag klar abzulehnen. Wenn das demnächst klar sein wird, kann man sich am besten jenseits des Wahlkampfes, vielleicht danach, in Ruhe Gedanken über vernünftige gesetzliche Regelungen machen.

Was von der SPD hier gefordert wird, ist so kurz gesprungen, das ist überhaupt nicht visionär. Wir haben das digitale Medienzeitalter. Wir müssen überlegen, welche Chancen sich den Medien bieten, den lokalen und den großen. ProSieben/Sat1 argumentiert – das ist interessant –, dass sie eben kein Rundfunkanbieter mehr im klassischen Sinne sind, sondern ein digitaler Allrounder. Im Zuge der Digitalisierung können sich Google & Co., diese Konzerne, durch das Geo-Targeting ganz speziell auf einzelne Zielgruppen ausrichten.

Da haben ProSieben und Sat1 auch eine gewisse Konkurrenz. Das Gleiche gilt aber auch für die lokalen Medien. Auch die kleinen lokalen Medien haben Konkurrenz durch Google und durch die mittlerweile individualisierte Werbung. Deshalb muss man schauen, wo die Risiken für die Sender liegen, und zwar sowohl für die großen als auch für die kleinen Sender, und wo die Chancen sind. Auf der anderen Seite, wenn es die Möglichkeiten gibt, in einem Medienmix regional bei verschiedenen Sendern zu werben, wenn es Plattformen gibt, dann ist es für große Marken möglicherweise erst interessant, lokale Werbestrategien zu entwickeln und auf diesen Medienmix zu setzen. Eine große Firma wird dann vielleicht einen Spot für München und einen anderen für den ländlichen Raum in

Bayern gezielt mit regionalen Themen entwickeln. Davon könnten auch die lokalen Sender profitieren.

(Beifall bei der FDP)

Die nationalen globalen Player haben eine Technologie, finanzielle Mittel und eine Markenbekanntheit. Auf der anderen Seite haben die lokalen Player eine hohe Flexibilität und lokales regionales Know-how. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass hier auch Chancen liegen, wenn man beispielsweise Interaktion ermöglicht, wenn man Kooperationen auf den Weg bringt. Dieser Mix wird es in Zukunft machen, davon können die Großen als auch die Kleinen durchaus profitieren. Ich würde deshalb nicht einfach alles ablehnen und mit rückwärtsgewandtem Verbotsdenken und Marktabschottung an Systeme herangehen, sondern ich würde überlegen, wie man alle Beteiligten an einen Tisch setzen kann und welche Potenziale die Digitalisierung der Werbemärkte hat. Diese Überlegungen erfasst der eindimensionale SPD-Antrag aber nicht einmal ansatzweise.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Ale- xander König (CSU))

Nutzen wir die Chancen, gestalten wir zukunftsfähige Win-win-Situationen für alle Beteiligten, für nationale TV-Anbieter wie für unsere regionale Medienlandschaft.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Ale- xander König (CSU))

Für die Staatsregierung hat Herr Kreuzer ums Wort gebeten. Bitte.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die moderne Technik in den Fernsehkabelnetzen ermöglicht es, die Werbung bundesweiter Fernsehsender regional auseinanderzuschalten. Die ProSieben/Sat1-Mediengruppe hat daraufhin ein Konzept entwickelt, das für fünf Regionen in Deutschland, darunter Bayern, Sachsen und Thüringen, in einer Region eine Auseinanderschaltung der Werbung vorsieht. Ende des vergangenen Jahres wurde von ProSieben/Sat1 bei der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien, BLM, eine befristete Schaltung dezentraler Werbespots im Rahmen eines Markttests beantragt. Dies ist die Ausgangslage.

Die BLM hat eine Analyse zu den möglichen Auswirkungen der Akquisition von Werbung durch bundesweite Sender auf regionalen Märkten erstellt. Dabei rechnet die BLM allein in Bayern mit Werbeerlöseinbußen für den lokalen und regionalen Hörfunk und für

die Printmedien in Millionenhöhe. Würde auch RTL die regionalisierte Werbung anstreben, wäre mit noch größeren Einbußen für die regionalen Medien zu rechnen. Das heißt, regionalisierte Werbung ist eine Bedrohung der finanziellen Grundlage der Zeitungs-, aber auch der Radiolandschaft Bayerns. Nach einer Einschätzung der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten ist die Regionalisierung der Werbung nicht von einer bundesweiten Sendelizenz gedeckt. Sie müsste von der jeweiligen Landesmedienanstalt genehmigt werden.

Meine Damen und Herren, alle Fraktionen im Landtag sind sich, wie wir eben gehört haben, darin einig, dass das vielfältige und hochwertige lokale und regionale Medienangebot in Bayern auch in der digitalisierten Medienwelt seinen festen Platz haben muss. Darum haben wir uns in diesem Haus auch mit großer Mehrheit für eine Fortführung der Förderung des lokalen und des regionalen Fernsehens in Bayern mit staatlichen Mitteln ausgesprochen.

Über den Antrag auf Genehmigung regionalisierter Werbung hat nun die dafür zuständige BLM zu entscheiden. Für die wirtschaftliche Tragfähigkeit der einzelnen Radio- und Fernsehsender in Bayern sind Werbeerlöse von größter Bedeutung. Dies wird die BLM bei den anstehenden Organisationsentscheidungen zu berücksichtigen haben. Im Übrigen steht eine gerichtliche Entscheidung zur Zulässigkeit regionalisierter Werbung bezüglich einer Bundeslizenz aus. Im Zuge des laufenden Verfahrens bei der BLM werde ich mich als Vertreter der Bayerischen Staatsregierung im Medienrat für die Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage unserer vielfältigen Medienlandschaft in Bayern einsetzen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aber nicht im Landtag?)

Ich werde mich gegen das Abschöpfen von Werbeerlösen durch isolierte regionale Werbeblöcke in bundesweiten Fernsehsendern aussprechen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Warum nicht im Landtag?)

Auch die übrigen Mitglieder des Medienrats stehen für den Erhalt eines vielfältigen Medienangebots in Bayern.

Meine Damen und Herren, ich werde gefragt: Warum nicht im Landtag? – Was beantragen Sie hier? Sie beantragen, dass wir den Rundfunkstaatsvertrag ändern beziehungsweise eine Änderung anstreben sollen.

(Inge Aures (SPD): Da kann man in Ruhe darüber reden!)

Das bedeutet aber, wir müssten eine vertragliche Änderung von 16 Ländern herbeiführen. Wann ändert man Rechtsvorschriften? – Wenn man etwas verhindern will. Man ändert sie dann, wenn man der Auffassung ist, dass die gegenwärtigen Rechtsvorschriften nicht ausreichen, um ein solches Ansinnen ablehnen zu können.

(Volkmar Halbleib (SPD): Weil Sie unsicher sind!)

Das ist ganz automatisch. Ich gehe nicht in ein Rundfunkstaatsvertragsverfahren, wenn ich der Auffassung bin, dass ich nach heute bereits geltendem Recht entscheiden kann. Wir sind der Auffassung, die Gerichtsentscheidung in Berlin ist richtig, dass die Ausstrahlung von der bundesweiten Lizenz nicht gedeckt ist. Ich habe bei mir im Haus auch prüfen lassen, ob wir die Möglichkeit haben, in Bayern aufgrund der bestehenden Rechtsgrundlagen in unserem Rechtsystem diesen Antrag rechtlich einwandfrei abzulehnen.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, wer heute eine Rechtsänderung als Voraussetzung der Ablehnung fordert, erweckt nach außen den Eindruck, dass das Recht zur Ablehnung heute nicht ausreicht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wir sprechen uns wieder!)

Ich halte diesen Antrag deshalb im Moment für nicht hilfreich, Herr Kollege Halbleib. Ich will aber nicht ausschließen, dass man im Rahmen einer sowieso immer wieder fälligen Änderung des Rundfunkstaatsvertrags eine Klarstellung vornimmt. Ich bin aber dezidiert der Auffassung, dass es einer Rechtsänderung zur Ablehnung dieses Antrags zum jetzigen Zeitpunkt nicht bedarf. Die Gremien müssen entsprechend entscheiden. Ich halte diesen Antrag, der zumindest nach außen den Eindruck erweckt, es müsste eine Rechtsänderung vorgenommen werden, in der jetzigen Form nicht für hilfreich.

Das unterscheidet uns, Herr Dr. Rabenstein. Wir sind in der Zielsetzung einig. Ich glaube aber nicht, dass Ihr Antrag hilfreich ist. Ich sage auch, diese Lösung kommt für den jetzigen Fall des Antrags viel zu spät. Die Überarbeitung eines Rundfunkstaatsvertrags ist eine langwierige Angelegenheit, weil alle zustimmen müssen, sogar alle Landtage. Ich bitte deshalb, sich unserer Auffassung anzuschließen, wonach unsere Rechtsgrundlagen ausreichen. Das Ergebnis wollen wir alle nicht. Ich bitte deshalb, diesen Antrag abzulehnen und abzuwarten, bis wir in eine Diskussion zum nächsten Rundfunkstaatsvertrag kommen. Dann können wir eventuell eine Klarstellung vornehmen.

Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Ja.

(Alexander König (CSU): Warum? Er spricht doch als Staatsminister!)

Wir können eine Klarstellung angehen, wenn die entsprechende Gerichtsentscheidung vorliegt. Wir sind uns im Ziel einig, aber, meine Damen und Herren, wir halten Ihr Ansinnen nicht für hilfreich. Ich bitte deshalb, den Antrag abzulehnen.