Protokoll der Sitzung vom 02.07.2013

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bezahlbaren Wohnraum erhalten: Mieterinnen und Mieter besser schützen! (Drs. 16/15754)

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bezahlbaren Wohnraum erhalten, Maklerkosten dürfen nicht zur zweiten Miete werden (Drs. 16/15755)

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bezahlbaren Wohnraum erhalten: Investitionen fördern (Drs. 16/15756)

Vorweg mache ich darauf aufmerksam, dass die SPD-Fraktion beantragt hat, zu ihrem Antrag auf Drucksache 16/15858 in namentlicher Form abstimmen zu lassen.

(Zuruf von der CSU: Gott sei Dank!)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Unter den Fraktionen wurde hierzu eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich darf als Erstem Kollegen Wörner das Wort erteilen. – Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema geistert seit 1980 durch die Säle dieses Hauses. Damals hat die Stadt München unter Dr. Mühlhäuser beschlossen, ein Umwandlungsverbot einzuführen und es auf dem Baurecht abzustützen. Das hat einige Jahre lang ganz gut funktioniert, bis im Jahr 1992 bundesgerichtlich festgestellt wurde, dass das so nicht möglich sei und mit dem Baurecht kein Mieterschutz betrieben werden dürfe.

Seit dieser Zeit versuchen wir hier in diesem Hause, Mieter besser gegen die Umwandlung von Wohnraum zu schützen. Ich kann mich noch daran erinnern, als selbst Kollege Unterländer Stein und Bein geschworen hätte: Jetzt haben wir es in trockenen Tüchern, jetzt bekommen wir es hin. – Es tut mir wirklich leid, Joachim. Es ist leider wieder schief gegangen. Es geht immer wieder schief. Diesmal geht es offensichtlich wegen einer komischen Vasallentreue schief. Anstatt die Mieter zu schützen, lassen wir sie wieder im Regen stehen. Wir könnten das ändern; die Hamburger haben es uns vorgemacht. Warum wir das nicht so in Bayern machen, kann ich überhaupt nicht verstehen. Alle reden an Samstagen und Sonntagen davon, wie wichtig der Mieterschutz ist.

(Joachim Unterländer (CSU): Und unter der Woche auch!)

Und unter der Woche auch. Das ist ja noch schlimmer. Im Ergebnis ändert sich diese mehr als bescheidene Situation in Ballungsräumen aber nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Zeitlang gab es noch ein zweites Instrument; das war das förmlich festgelegte Sanierungsgebiet. Damit sind Münchner Stadtteile gut gefahren, weil sie beschützt waren. Das hat man durch das Programm Soziale Stadt abgelöst,

was nicht dumm war. Das war eine gute Lösung. Die Soziale Stadt hat man inzwischen aber so gnadenlos ausgehöhlt, dass sie auch nicht mehr das ist, was sie eigentlich sein sollte. Damit stehen die Mieterinnen und Mieter zunehmend im Regen.

Bei den GBW-Wohnungen geht es so weiter. Wie Sie alle wissen, wurden diese Wohnungen veräußert, dank Ihrer Mithilfe. Wir wollten das nicht. Jetzt lassen Sie auch diese Mieter genauso im Regen stehen, wenn Sie unserem Antrag nicht zustimmen. Wie wollen Sie das mit ihrer christlich-sozialen Überzeugung vereinbaren? Zumindest sagen Sie das immer. Das steht auch in ihrem Parteinamen.

Wir meinen, es wäre höchste Zeit, dieses unsägliche Spielchen auf dem Rücken der Betroffenen heute Abend zu beenden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir lassen im Moment tausende Mieterinnen und Mieter im Regen stehen, wenn wir nichts daran ändern. Das wissen Sie so gut wie ich.

Ich will jetzt nicht noch tiefer einsteigen, aber einige Dinge müssen Sie sich schon sagen lassen: Sie haben eine Reihe von Forderungen abgelehnt, die wir beim Verkauf der GBW-Wohnungen erhoben haben. Jetzt hören wir, dass die Mieten dort bereits gnadenlos erhöht werden. Ich habe erwartet, dass damit zumindest bis nach der Landtagswahl gewartet wird. Aber nein, die fangen schon jetzt damit an, die Mieten so zu erhöhen, dass es ein wahre Pracht ist, immer an der Grenze dessen entlang, was gerade noch erlaubt ist. Jetzt kann man sagen: Das dürfen sie. – Das nützt aber den Mieterinnen und Mietern gar nichts, die ihre Miete nicht bezahlen können. Sie machen es sich zu leicht, wenn Sie sagen: Dann schicken wir die Leute eben zum Sozialamt. Wer hat das zu tragen? – Das sind die Kommunen.

Damit sind wir beim eigentlichen Kern der Sache. Manche Kolleginnen und Kollegen verstehen offensichtlich nicht den Unterschied zwischen Objektförderung und Subjektförderung. Ein Objekt fördere ich einmal, nämlich den Bau preiswerten Wohnraums. Dafür nimmt der Staat oder wer auch immer einmal Geld in die Hand, dann hat man preiswerten Wohnraum. Wenn man aber Subjektförderung betreibt, dann zahlt eine Kommune in der Regel lebenslänglich für diese Menschen. Ich weiß nicht, was billiger ist. Man muss nicht einmal sozial sein, sondern einfach nur haushalterisch denken, dann kommt man darauf, dass das der falsche Ansatz ist, dem manche aus ideologischer Verblendung anhängen. Was in dieser Frage getan wird, ist Ideologie pur.

Es wundert mich, wenn manchmal so getan wird, als würde man das alles nicht verstehen. Ich glaube es

sogar, dass manche das nicht verstehen, weil man sich in diesem Geschäft nicht auskennt. Man muss wirklich tief einsteigen.

Wir meinen, ein Umwandlungsverbot ist der einzig richtige Weg, um Wohnraum in Ballungsräumen zu sichern. Wir fordern Sie auf: Machen Sie mit! Wir verlangen deswegen heute eine namentliche Abstimmung dazu, weil wir den Menschen draußen zeigen wollen, wer daran mitwirkt und wer nicht. Man muss deutlich machen, dass manchmal Sonntagsreden gehalten werden und am Montag oder einem anderen Tag ganz anders gehandelt wird. Wir bitten Sie darum: Stimmen Sie im Interesse der Mieterinnen und Mieter und stellen Sie damit sicher, dass das Notwendige getan wird! Ihren Koalitionspartner brauchen Sie nicht mehr lange. Das hat sich dann sowieso erledigt.

(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Sie werden sich freuen, uns in der nächsten Legislaturperiode wieder mit dabei zu haben!)

Vielen Dank. – Frau Kollegin Kamm macht sich bereit. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben jetzt die letzte Chance, in dieser Legislaturperiode zu zeigen, dass Sie eine Neuorientierung Ihrer Wohnungspolitik einläuten wollen, um den momentan immer größer werdenden Problemen entgegenzuwirken.

Viele Mieterinnen und Mieter, vor allem Familien, Normalverdiener und Geringverdiener, aber auch Seniorinnen und Senioren sind Opfer der immer größeren Wohnungskrise. Das Problem wird sich nicht von selbst lösen. In den nächsten Jahren wird die Zahl der Rentnerinnen und Rentner steigen. Insbesondere für Wohnungen mit kleinerem Grundriss steigen die Mietpreise überdurchschnittlich. Die Renten steigen nicht so schnell oder gar nicht, die Mieten aber sehr. Die jetzige Wohnungskrise wurde im großen Umfang durch politisches Nichthandeln in den letzten zehn Jahren verursacht, und schon kleine Versäumnisse, meine Damen und Herren, zeigen eine große Wirkung. So sind beispielsweise die Mieten in den bayerischen Universitätsstädten überdurchschnittlich stark gestiegen, weil man es versäumt hat, vor dem doppelten Abiturjahrgang die Mittel für den studentischen Wohnungsbau zu erhöhen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sorgen Sie dafür, jetzt ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um die Wohnungsnot und die dadurch verursachten überdurchschnittlichen Mietsteigerungen einzubremsen.

Eine Maßnahme, die Kollege Wörner dargelegt hat, zielt auf den Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Mietwohnraum in Eigentumswohnungen in Erhaltungssatzungsgebieten. In München beispielsweise – die Zahlen von anderen Städten habe ich leider nicht – ist die Zahl der Mietwohnungen in den letzten zehn Jahren allein wegen der Umwandlung in Eigentumswohnungen um 8 % gesunken. Häufig sind es dann andere Menschen, die sich diese neuen, vielleicht schön sanierten Eigentumswohnungen leisten können. Die ehemaligen Mieterinnen oder Mieter werden aus den betroffenen Stadtteilen verdrängt.

Tun Sie etwas dagegen! Wir haben Ihnen die Möglichkeiten genau erläutert. Wir hatten etliche Petentinnen hier im Landtag, die ihre Situation eindringlich geschildert haben. Nehmen Sie sich ihre Situation zu Herzen. Das wäre die einzige der von uns vorgeschlagenen Maßnahmen, die nichts kostet. Es wäre schon etwas, zunächst die Maßnahmen anzugehen, die nichts kosten, mit denen aber das Problem gelindert werden könnte.

Im Antrag auf Drucksache 16/15752 schlagen wir Ihnen die Senkung der Kappungsgrenze vor. Im darauffolgenden Antrag Drucksache 16/15753 schlagen wir Ihnen vor, die Handlungsmöglichkeiten in Satzungsgebieten auszuschöpfen und einerseits die Umwandlung vom Zustimmungsvorbehalt der Kommune abhängig zu machen, und andererseits sich auch auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Mieterschutz in den Sanierungsgebieten gestärkt wird und eine Regulierung der Wiedervermietung erfolgt.

Ferner schlagen wir Ihnen vor, die überdimensionierten Maklerkosten zu begrenzen, die sich insbesondere für junge Familien oder Erwerbstätige, die häufig den Wohnort wechseln müssen, wie eine zweite Miete auswirken. Auch schlagen wir Ihnen vor, das Mietrecht zu regionalisieren und den Kommunen mehr Kompetenzen zuzugestehen. Zur Stärkung des Wohnungsbaus reicht es nicht, nur darüber zu jubeln, Herr Minister, dass die Zahl der Baugenehmigungen etwas gestiegen ist. Wir sind noch lange nicht auf dem Niveau, das wir haben müssten.

Weil ich vorhin über die Rentnerinnen und Rentner gesprochen habe, möchte ich Ihnen noch Folgendes sagen: Es gibt Entwicklungen bei uns, die ungut sind. Man entdeckt sie allerdings erst bei genauerem Nachbohren. So gab es beispielsweise bisher ein Förderprogramm zum barrierefreien Umbau in Bayern, wenn zum Beispiel ein Senior einen solchen Umbau benötigte. Und was ist jetzt die Situation? Früher konnte der Mieter selber Fördermittel beantragen, jetzt kann es nur noch der Vermieter tun. Er muss für das Darle

hen haften mit der Folge, dass es ganz viele Vermieter nicht mehr tun und nur noch die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen diese Mittel in Anspruch nehmen.

Das Ganze hat zur Folge, dass ganz viele Mieterinnen und Mieter, die nicht in Wohnungen von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen wohnen, nun darauf angewiesen sind, einen Altenheimplatz in Anspruch zu nehmen, nur weil dieses Darlehen seit dem Jahre 2012 durch die Oberste Baubehörde so umständlich gehandhabt wird. Beenden Sie das doch bitte, Herr Minister!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. Das Wort hat nun der Kollege Lorenz. Bitte sehr.

(Vom Redner nicht autori- siert) Werte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Leben in der Großstadt muss bezahlbar sein und bleiben. Da ist das Thema hohe Mieten mit Sicherheit eines der entscheidendsten Probleme in München, aber auch vielfach anderswo. Allerdings ganz so einfach, wie es sich Kollege Wörner bzw. die SPD insgesamt macht, ist die Thematik nicht, als dass man das auf eine einzige Maßnahme reduzieren könnte.

(Ludwig Wörner (SPD): Das weiß ich selber!)

Es gibt vielerorts Zusammenhänge, die mit der Beziehung vom Mieter zum Vermieter nichts zu tun haben. Ich nenne stichwortartig nur die Eurokrise. Viele Menschen aus Südeuropa ziehen heute nach München, um dort Geld in Immobilien anzulegen.

(Ludwig Wörner (SPD): Da gibt es riesige Zuzüge!)

Das steigert die Preise, was natürlich auch dem wirtschaftlichen Erfolg Bayerns geschuldet ist. Es ist eine Abstimmung mit dem Umzugswagen, und das hat damit zu tun, dass wir gute Rahmenbedingungen bieten. Die Bürger haben bei uns Zukunftsperspektiven und ziehen wegen der Arbeitsplätze gerne nach München.

Diese im Grunde positiven Erscheinungen haben natürlich auch eine Kehrseite, nämlich die hohen Mieten in München. Ich habe immer ein bisschen das Gefühl, dass Sie gar kein Interesse an der Lösung dieses Problems haben und das Ganze auf das einzige Thema Genehmigungsvorbehalt reduzieren.

Sie haben vom Umwandlungsverbot gesprochen. Wir reden hier vom Genehmigungsvorbehalt und nicht

vom Umwandlungsverbot. Und weil dem so ist, könnten wir diesem Antrag auch zustimmen.

(Ludwig Wörner (SPD): Wunderbar! Machen Sie es!)

Meine Damen und Herren, eine vernünftige Wohnungsbaupolitik basiert auf zwei Säulen.

(Ludwig Wörner (SPD): So was kennen Sie doch gar nicht!)

Die erste Säule heißt: Neuen Wohnraum schaffen, und die zweite Säule lautet, preiswerten Wohnraum erhalten.

Ich kann es Ihnen nicht ersparen, die erste Säule, die Sie überhaupt nie erwähnen, nämlich neuen Wohnraum zu schaffen, in Bezug auf die konkret betroffene Landeshauptstadt München einmal zu betrachten. Die Landeshauptstadt München setzt sich zum Ziel, jedes Jahr 7.000 neue Wohnungen zu bauen. Über Jahre hinweg wurde etwa die Hälfte davon gebaut, also gut dreieinhalbtausend neue Wohnungen. Nun rühmen Sie sich, dass Sie erstmals in diesem Jahr ganz knapp an das selbst gesteckte Ziel kommen.

(Ludwig Wörner (SPD): Wie viele Wohnungen hat denn der Freistaat gebaut? Erzählen Sie das auch mal!)