Protokoll der Sitzung vom 18.07.2013

(Zurufe von der SPD)

Jetzt hat Frau Kollegin Ackermann das Wort.

Herr Kollege Seidenath, auch hier bleiben Sie wieder meilenweit hinter Ihrem eigenen Ministerpräsidenten zurück;

(Beifall bei den GRÜNEN)

denn er hat schon lange begriffen, dass es durchaus einen Zusammenhang zwischen Hungerstreik, der ein Hilfeschrei war, und der verfehlten Asylpolitik der Regierung gibt. Genau deswegen hat er nach dem Hungerstreik und in diesem Zusammenhang gesagt, dass sich in der Asylpolitik jetzt etwas ändern wird. Er hat es verstanden, Sie nicht. Möglicherweise muss er noch etwas deutlicher werden, damit sich auch die Politik der CSU-Fraktion ändern darf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Seidenath, Sie haben das Wort.

Frau Ackermann, danke für diese Zwischenbemerkung. Ich darf Ihnen sagen, dass dem eben nicht so ist. Die Veränderungen, die in der Asylsozialpolitik erfolgt sind und weiter erfolgen

werden, sind mitnichten auf den Hunger-und-DurstStreik zurückzuführen. Das darf auch niemals der Fall sein; denn – das wiederhole ich – der Staat ist nicht erpressbar.

Es ging den Streikenden übrigens nicht um Erleichterungen im Rahmen der Asylsozialpolitik. Entscheidend ist die Feststellung, dass es sich letztlich nicht um einen Streik handelte, sondern um eine Geiselnahme. Ein Einzelner hatte Menschen in seine Gewalt gebracht, um strategische Ziele durchzusetzen.

Ich möchte die Möglichkeit nutzen, auf Herrn Dr. Beyer zu replizieren, der sich vorhin echauffiert hat, was die Begründung angeht. Herr Dr. Beyer, möglicherweise haben Sie die Begründung Ihres eigenen Antrags auf der Drucksache 16/17931 nicht gelesen. Darin heißt es:

Die bayerische Asylpolitik hat sich bisher an dem Ziel einer Förderung der Rückkehrbereitschaft von Flüchtlingen orientiert … Von diesem Prinzip ist unverzüglich Abstand zu nehmen...

So verfahren wir bereits seit fünf Jahren. Dieser Halbsatz steht zwar noch in der Verordnung; danach wird aber längst nicht mehr gehandelt. Die Maßnahmen, die wir in den vergangenen Jahren ergriffen haben, zeigen, dass eine Umkehr nicht nötig ist. Das war der erste Kritikpunkt an Ihrer Begründung.

Den zweiten habe ich schon ausgeführt: Sie stellen einen direkten Zusammenhang mit dem Hungerstreik am Rindermarkt her. Das ist, wie schon erläutert, falsch. Deswegen war die Begründung Ihres Antrags für uns nicht akzeptabel, und sie ist es weiterhin nicht. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sich von ihr distanziert haben.

Danke schön, Herr Kollege Seidenath. – Ich stelle fest, dass die Begründung nicht Gegenstand der Beschlussfassung ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie wird von der SPD-Fraktion zurückgezogen.

Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, möchte ich Sie davon unterrichten, dass die SPD-Fraktion namentliche Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/17931 beantragt hat.

(Zurufe von der SPD: Ohne Begründung!)

Jetzt hat Frau Kollegin Meyer das Wort. Bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Acker

mann, in der Tat begleitet uns im Ausschuss die Asylpolitik seit fünf Jahren sehr intensiv. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte Ihre plastische, bildreiche Sprache und könnte Ihnen damit erwidern. Aber ich denke, das ist nicht nötig, weil wir in der Sache massiv einiges entgegengesetzt haben.

Sie haben noch einmal Anträge gestellt. Das war zu erwarten. Es ist gut, dass wir das noch einmal thematisieren.

An der Heftigkeit der Diskussion, die wir hier führen, sieht man, wie schwierig es für manche Menschen ist, auf diesem Weg mitzugehen. Ich betone, dass sich die FDP-Fraktion für viele der Veränderungen, die die Koalition herbeigeführt hat, seit Jahren massiv eingesetzt hatte.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Manchmal ging es um ein Komma oder um das Finden eines Wortes. Es war nicht immer einfach, aber wir haben etwas erreicht.

Angesichts dessen finde ich es bedenklich, Herr Pfaffmann, wenn Sie hier behaupten, es sei insgesamt ein erbärmliches Vermächtnis. Wir brauchen heute, am Ende der Legislaturperiode, doch nur das, was wir erreicht haben, mit der Situation am Anfang zu vergleichen. Ich hätte mir vor fünf Jahren nicht vorstellen können, dass so viel Bewegung in die Asylpolitik kommt. Aus welchen Gründen das auch passiert ist, ich bin dankbar, dass es passiert ist.

(Beifall bei der FDP)

Auch ich möchte deutlich sagen, dass ich den Hungerstreik, so wie er stattgefunden hat, nicht nachvollziehen kann und nicht für unterstützenswert halte. Der Staat darf sich nicht erpressen lassen, damit Einzelne ihre Anliegen durchsetzen können. Dass es Not gibt, ist unbestritten; das wissen wir. Aber in diesem Fall war eine Situation herbeigeführt worden, die wir als Staat nicht hinnehmen konnten. Das möchte ich für die FDP-Fraktion deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Nun stehen die Anträge zur Abstimmung, und ich freue mich, dass wir uns in einem wichtigen Punkt einig sind. Dieser hat uns in den Diskussionen lange begleitet. Das ist durchaus ein Erfolg, aus welchen Gründen er auch zustande gekommen ist. Ich finde es gut, dass Sie von der SPD-Fraktion sich von Ihrer Begründung distanzieren können, damit wir eine gemeinsame Position finden. Es ist ein wichtiges Signal nach außen, dass wir Ihrem Antrag gemeinsam zustimmen.

In dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN sind Forderungen enthalten, die wir gar nicht umsetzen können. Wir können das Asylbewerberleistungsgesetz nicht abschaffen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Sie können sich dafür einsetzen! Auf Bundesebene!)

- Auch nicht auf Bundesebene. Was soll dann passieren?

(Zuruf von den GRÜNEN: Sie sind doch an der Regierung!)

Sie haben die geltende Regelung damals mitbeschlossen. Ich betone: Die Regelung stammt aus Ihrer Regierungszeit. Sie hatten damals lange Zeit die Möglichkeit, eine Änderung herbeizuführen. Warum haben Sie das nicht getan?

Wir können das Asylbewerberleistungsgesetz in seiner geltenden Fassung nicht einfach abschaffen, ohne eine echte Alternative zu haben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Bundesrat!)

Deswegen ist Ihr Antrag für uns nicht zustimmungsfähig.

Ich bitte zudem darum, Folgendes zu sehen: Auch die Essenspakete fallen unter die bundespolitische Regelung. Sie sind im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehen. Wir können sie in Bayern nicht abschaffen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Was wir ändern können, werden wir ändern; das hat die Sozialministerin angekündigt. Es wird dazu noch eine Ministerratsvorlage und eine Abstimmung im Kabinett geben.

Ich bitte die Opposition, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Koalition, insbesondere unser Partner, die CSU, massiv bewegt hat.

Wir können auf Landesebene auch nicht die Residenzpflicht abschaffen. Wir wünschen uns, dass sich die betroffenen Menschen in ganz Bayern frei bewegen können. Einen ersten Erfolg konnten wir als FDP durch die Ausdehnung auf den Regierungsbezirk erzielen. Die Ausdehnung auf ganz Bayern wäre ein weiterer wichtiger Schritt. Hinsichtlich der Ausdehnung auf ganz Deutschland verweise ich jedoch auf die Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz.

Ferner bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Leistungen im Rahmen der Asylsozialberatung aufgestockt wurden. Wir haben sehr viel Geld investiert, auch wenn Sie einwenden werden, das sei dringend

notwendig gewesen, und wir bräuchten noch mehr. Wir wissen, welcher Bedarf vor Ort besteht. Die Menschen wollen sich einbringen und am Leben vor Ort teilhaben können; das ist unbestritten. Auch deswegen wollen wir die Asylsozialberatung weiter ausbauen.

Die Betreuung von Asylbewerbern in dezentralen Einrichtungen ist ein weiterer wichtiger Schritt, damit Integration und Akzeptanz vor Ort gelingen. Die Kreisverwaltungen und die kreisfreien Städte erhalten entsprechende Unterstützung.

Sie aber behaupten, das sei alles nichts. Folgender Satz in unserem Antrag ist sehr wichtig:

Das bislang geltende 4-Stufen-Konzept ist dahingehend zu überarbeiten, dass alle minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge in Jugendhilfeeinrichtungen unterzubringen sind.

(Beifall bei der FDP)

Das ist mir ein Herzensanliegen gewesen. Ich freue mich, dass diese Forderung in unserem Antrag steht. Das wird so passieren. Nehmen Sie von der Opposition das doch einfach zur Kenntnis! Sagen auch Sie einmal etwas Positives zu unserer Politik!