Protokoll der Sitzung vom 18.07.2013

Wir beschleunigen den Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft. Wir beschleunigen den Weg von der Sach- zur Geldleistung. Diese Entscheidungen waren schon lange getroffen, bevor es zu dieser kriminellen Aktion – eine solche war der Hungerstreik in München – gekommen ist. Natürlich gibt es für jeden Asylsuchenden eine medizinische Behandlung. Die Versorgung bei psychiatrischen Erkrankungen haben wir längst verbessert. Wir haben Gutachterstellen für die Erkennung von traumatischen Belastungsstörungen eingerichtet. Das war eine Initiative der FDPFraktion. Momentan sind wir dabei, ein psychiatrisches Hilfsangebot in den Erstaufnahmeeinrichtungen aufzubauen. Keine dieser Verbesserungen, bis hin zu den Sprachkursen, die jetzt beginnen, wurde beschlossen, weil es zu einem Hungerstreik gekommen ist.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zacharias, Sie haben hier das Bild gezeichnet: Stacheldraht um die Bayernkaserne. Warum bringt denn Herr Oberbürgermeister Ude seine Obdachlosen genau hinter diesem Stacheldraht unter?

(Beifall bei der CSU)

Ich muss Ihnen schon sagen: Das Bild, das Sie hier zeichnen, ist infam. Sie zeichnen das Bild einer Inhaftierung. Dabei gibt es in Gemeinschaftsunterkünften in Bayern ein absolut freies Kommen und Gehen.

(Beifall bei der CSU)

Die Ausweitung der Residenzpflicht wird von München sogar abgelehnt. Wenn es die Residenzpflicht

nicht gäbe, wären alle Asylsuchenden Bayerns in München. Das weiß Herr Oberbürgermeister Ude ganz genau.

(Isabell Zacharias (SPD): Das ist falsch!)

Ich wünsche Ihnen dann viel Spaß bei der Wohnungssuche. Die Residenzpflicht hindert niemanden, sich frei zu bewegen. Wir haben sie auf den gesamten Regierungsbezirk und die anliegenden Landkreise ausgeweitet. Jeder, der diesen Bereich verlassen will, bekommt die entsprechende Genehmigung. Mir ist kein Fall bekannt, in dem dies nicht gestattet worden wäre. Tun Sie also nicht so, als ob irgendjemand daran gehindert würde.

(Beifall bei der CSU - Widerspruch bei der SPD)

Jetzt möchte ich kurz auf den Hungerstreik zu sprechen kommen. Dieser Hungerstreik am Rindermarkt wird von Ihnen für Ihre Forderungen instrumentalisiert. Das verurteile ich an Ihren Anträgen und Ausführungen. Dieser Hungerstreik hatte überhaupt nichts mit der bayerischen Asylsozialpolitik zu tun. Das wissen Sie ganz genau.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Hier wurden Menschen von einem Rädelsführer, der ein mehrfaches Vorstrafenregister hat und sich selbst nicht an diesem Hunger- und Durststreik beteiligt hat, in Geiselhaft genommen. Hier wurde auf zynische Art und Weise versucht, den Staat mit Menschenleben zu erpressen. Ich sage Ihnen: Jeder, der diese Aktion unterstützt und sie als Trittbrettfahrer nutzen will, ist unsozial und inhuman.

(Beifall bei der CSU)

Diesem Rädelsführer, der kriminell gehandelt hat, habe ich zugerufen, dass sofort dieser Hungerstreik zu beenden ist, dass die Asylsuchenden wieder essen und trinken sollen und dass sich der Rechtsstaat nicht durch diese Aktion oder andere Aktionen dieser Art erpressen lässt. Das war ein Akt der Empathie gegenüber denen, die dort in Geiselhaft genommen wurden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ganz kurz komme ich noch auf die Forderung zu sprechen, eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung zu schaffen. Wissen Sie was? Wir bräuchten zurzeit eine dritte, eine vierte, eine fünfte und eine sechste Erstaufnahmeeinrichtung. Und auch diese würden uns nicht helfen, wenn die Verfahren so lange dauern. Die einzige Möglichkeit, mit den Erstaufnahmeeinrichtungen zurechtzukommen, besteht darin, dass die Verfahrensdauer verkürzt wird. Unser Bundesinnenminister

hat zugesagt, die 140 Stellen, die für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – BAMF – vorgesehen sind, in kürzester Zeit zu besetzen.

Gleichwohl habe ich die Regierungen angewiesen, die Verfahren so zu gestalten, dass auch dann, wenn das Erstverfahren noch nicht beendet ist, die Erstaufnahmeeinrichtung bereits verlassen werden kann. Das ist nicht einfach, weil es eigentlich wichtig ist, sich in der Erstaufnahmeeinrichtung aufzuhalten, damit diese Verfahren schnell durchgeführt werden können. Dennoch gehen wir derzeit so vor, dass die Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung auf ein Mindestmaß verkürzt wird und wir dann dezentral Asylsuchende den Kommunen, den Landkreisen oder auch den Gemeinschaftsunterkünften zuweisen.

Es ist also eine reine Augenwischerei, eine dritte Aufnahmeeinrichtung zu fordern. Ich bin dafür, dass die Menschen kurz in der Aufnahmeeinrichtung bleiben und dann in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen unterkommen. Damit ist ihnen viel mehr geholfen.

Zuletzt bemerke ich etwas zu der Forderung in Ihrem Antrag, den letzten Satz in § 7 der Asyldurchführungsverordnung zu streichen. Es ist ja schön, dass Sie meine Ministerratsvorlage abgeschrieben haben, die sich schon längst in der Ressortabstimmung befindet.

(Lachen bei der SPD - Volkmar Halbleib (SPD): Viereinhalb Jahre fordern wir das! Viereinhalb Jahre!)

- Sie haben das in den letzten Jahren auch nicht gefordert; ehrlich gesagt, Sie brauchen sich jetzt nicht zu brüsten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Doch, doch!)

Sie wissen, dass ich bereits vor drei Jahren der Meinung war, dass dieser Halbsatz zu Recht gestrichen werden soll. Aber wissen Sie was? Das ändert nichts an unserer tatsächlichen Politik; denn wir haben den Vollzug und unsere Politik von Anfang an nicht an diesem Halbsatz ausgerichtet.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Trotzdem ist es mir wichtig, dass der Halbsatz gestrichen wird, und ich freue mich darüber. Das liegt an der Tatsache, dass dieser Halbsatz sehr wohl ein Verhetzungspotenzial aufweist und dazu gedient hat, unsere gute Politik schlechtzureden. Im Übrigen hat dieser Halbsatz gar nichts mit der Unterbringung zu tun. Das Lesen erhellt manchmal die Geister; darin geht es nur um die Verteilung. Dennoch freue ich mich über die Streichung und halte sie für richtig. Aber es

fällt in die Zuständigkeit der Staatsregierung, eine Verordnung der Staatsregierung zu verändern. Das geschieht ohnehin. Es handelt sich also um eine billige Schaufensteraktion, wenn Sie sich jetzt anhängen; aber nichts anderes kennen wir von Ihrer Art und Weise, Politik zu betreiben.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Frau Staatsministerin, zu Ihrem Beitrag hat sich eine Zwischenbemerkung ergeben. Frau Kollegin Ackermann, bitte.

Frau Ministerin, wenn man Sie so reden hört, überlegt man sich schon, ob die CSU-Fraktion vielleicht falsch abstimmt, wenn sie gleich unserem Antrag zustimmt.

Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie nicht wissen, wie es in den Aufnahmeeinrichtungen aussieht; denn als Sie dort einmal in Würzburg waren, sind Sie noch nicht einmal aus dem Auto ausgestiegen, um sich mit Flüchtlingen zu unterhalten.

(Lachen bei der CSU - Staatsministerin Christine Haderthauer: Danke für die Steilvorlage!)

Sie können nicht wissen, wie es dort aussieht. Das tut mir leid für Sie.

Ich sage noch ein Wort zu den Essenspaketen. Sie haben es gerade so dargestellt, als würde es sich bei der Versorgung mit Essenspaketen um einen exklusiven Cateringservice handeln. Ich muss Ihnen darauf entgegnen: Die Essenspakete werden zentral verpackt, zentral verschickt und dann verteilt. Das ist sehr viel teurer, als wenn sich die Flüchtlinge selbst versorgen würden. Aber das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist die minderwertige Qualität der Essenspakete, die von den Flüchtlingen sehr oft entsorgt werden, weil man den Inhalt nicht essen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schreiben Sie es auf, es kommt noch mehr.

Für mich stehen diese Essenspakete für Ihre Politik. Sie bedeuten eine Entmündigung der mündigen Menschen, die zu uns kommen, und sie sind der Ausdruck einer menschenverachtenden Abschreckungspolitik, die Sie bis zum heutigen Tag – jetzt spreche ich in der Gegenwart – in allen Gemeinschaftsunterkünften aufrechterhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Frau Staatsministerin, bitte bleiben Sie danach noch am Redepult, es folgt noch eine weitere Zwischenbemerkung. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Vielen Dank, dass Sie mir mit meinem Besuch in Würzburg eine Steilvorlage gegeben haben. Sie waren nicht dabei, und es ist immer blöd, wenn man über ein Ereignis redet, bei dem man nicht dabei war, Frau Ackermann. Wir waren an diesem Tag in Würzburg zwei Stunden in der Gemeinschaftsunterkunft und haben mit den asylsuchenden Familien und den Asylsuchenden, die dort gelebt haben, ausführlich gesprochen.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE) – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir haben außerdem mit denen, die diese Asylsuchenden unterstützen, ausführlich gesprochen. Es kann nicht angehen, dass dann, organisiert von anderen – ich sage gar nicht, von wem -, politisch Motivierte von außen, die gar nicht in der Gemeinschaftsunterkunft gewohnt haben, herbeigekommen sind und versucht haben, die Landtagspräsidentin und mich an der Wegfahrt zu hindern. Das war eine Erpressung, der man sich tatsächlich nicht stellen muss, liebe Frau Ackermann.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Das stimmt doch gar nicht, Frau Ministerin! Sie haben sich geweigert, mit den Leuten zu reden, und das ist die Wahrheit!)

Ganz kurz komme ich noch auf die sogenannten Essenspakete zu sprechen. Selbst Ihre Beschreibung eines Caterings beinhaltet, dass das Essen zentral verpackt und geliefert wird. Das bedeutet doch überhaupt keinen Nachteil. Bevor es aber zentral verpackt und geliefert wird, wird es nach Listen individuell bestellt und dann individuell zusammengepackt und geliefert. Ich sehe darin keinen Nachteil. Ich erkläre Ihnen auch, warum es nicht ganz falsch ist, diesem Vorrang des Sachleistungsprinzips zumindest für die erste Zeit nachzukommen. Wir wollen, dass mithilfe der Steuergelder, die wir investieren, Lebensmittel bei den Asylsuchenden ankommen und dass die Steuergelder sich nicht als Bargeld in irgendwelchen Gängen verlieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Die nächste Zwischenbemerkung kommt von Herrn Kollegen Dr. Fahn. Bitte schön.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

- Es folgt dann noch eine Zwischenbemerkung. Ich kann Ihnen das nicht ersparen.

Frau Ministerin, Sie haben gerade die Steuergelder angesprochen. Ich habe einmal auf eine schriftliche Anfrage die Antwort bekommen, dass durch diese zentrale Belieferung ungefähr 20 % an Verwaltungskosten entstehen. Statt zehn Millionen Euro bräuchte man sonst nur etwa acht Millionen Euro. Wissen Sie, dass wir 20 % einsparen könnten, zumindest dann, wenn wir nur Essensgutscheine hätten?