Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, "lieber früher investieren als später reparieren", muss die Devise lauten. Das gilt auch für die Jugendsozialarbeit an den Schulen. Sie hat sich sowohl als überaus wirksames Instrument zur Gewaltprävention als auch zur übrigen sozialen, schulischen und beruflichen Integration für junge Menschen mit schwierigen persönlichen oder familiären Rahmenbedingungen bewährt. Der weitere Ausbau und die Weiterentwicklung der Jugendsozialarbeit, die alle Schularten erfasst, sind daher dringend erforderlich. Auch eine Aufstockung der Zahl der Schulpsychologen und, damit einhergehend, eine Verkürzung der Wartezeiten in deren Sprechstunden muss bald erfolgen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, ich bin froh, dass Sie jetzt auch Kinder mit Migrationshintergrund in den Fokus rücken. Pisa hat uns gezeigt, dass gerade bei uns in Bayern der Schu

lerfolg besonders eng an die soziale Herkunft des Kindes geknüpft ist. Der entscheidende Baustein liegt doch schon in der Vorschulzeit; Frau Gottstein, Sie haben es angesprochen. Bereits im Vorschulalter muss die Sprachkompetenz individuell und nachhaltig gefördert werden. Der Erfolg an der Grundschule darf nicht an der Sprachbarriere scheitern.

Uns freut, dass Sie sich der Initiative für den Islamunterricht angenommen haben. Wir fordern aber klar, diese Initiative noch auszubauen und entsprechend mit Lehrern zu bestücken. Nur dann, wenn es uns gelingt, diese jungen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger für unsere Demokratie zu gewinnen, können wir künftig Parallelgesellschaften verhindern.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, Sie sagen auch, dass heute die UN-Konvention zum Schutz von Menschen mit Behinderung in Kraft trete und dass Sie diese Herausforderung der UNKonvention annehmen würden. Das begrüßen wir. Wir wollen neben den bestehenden sonderpädagogischen Förderzentren eine inklusive Beschulung und die Stärkung des Elternwillens.

Sie haben noch das Thema "Mädchen und Buben" angesprochen. Ganz aktuell hat das vom Aktionsrat Bildung in Auftrag gegebene Gutachten gezeigt, dass wir unser Augenmerk auch auf Mädchen und junge Frauen richten müssen. Sie sind zwar gut in der Schule und erfolgreich im Studium, aber leider gehen uns danach viele verloren. Wir können und wollen es uns nicht leisten, dass bestens ausgebildete junge Frauen ihre Kompetenzen nicht einsetzen können, weil die notwendigen Rahmenbedingungen fehlen.

(Beifall bei der FDP)

Stark benachteiligt sind auch die Buben; denn es fehlen - manchmal bereits im Vorschulalter - männliche Bezugspersonen. Deshalb werben wir für den Lehrerberuf auch für Männer, damit unsere Jungen im Vorschulalter und dann auch in der Schule geeignete Vorbilder und Ansprechpartner haben.

(Beifall bei der FDP)

Auch die ganz aktuell veröffentlichten Empfehlungen der Henzler-Kommission haben die von uns längst erkannte Notwendigkeit bestätigt, dass es überfällig ist, eine Neuorientierung der Lehreraus- und -weiterbildung endlich auf den Weg zu bringen. Dem BolognaProzess können wir uns nicht verweigern. Die Ressourcen an neu eingestellten Lehrern müssen wir für alle nutzen und somit die Weichen für eine zukunftsorientierte Schulentwicklung in Bayern für die nächsten Jahrzehnte stellen. Wir brauchen ein Gesamtkonzept für die

Aus-, Fort- und Weiterbildung für alle pädagogischen Berufe, vom Erzieher bis hin zum Lehrer, um die Qualität unserer Bildungseinrichtungen weiter zu verbessern. Die pädagogischen und praktischen Ausbildungsanteile müssen wir erhöhen. Den flexiblen, schulartergänzenden und übergreifenden Einsatz von Lehrern wollen wir gegebenenfalls über Weiterbildungsmodule ermöglichen.

Meine Damen und Herren, wir werden in den nächsten Jahren die Eigenverantwortung der Schulen stärken. Es ist die Aufgabe der Schulgemeinschaft, pädagogische Konzepte vor Ort selbstständig zu entwickeln und umzusetzen. Ziel ist die eigenverantwortliche Schule in Bayern.

(Beifall bei der FDP)

Dazu müssen wir die schulrechtlichen Bestimmungen ändern und die Entscheidungskompetenz der Schulleitungen stärken. Wir streben an, dem Schulleiter eine Weisungsbefugnis gegenüber allen an der Schule beschäftigten Personen einzuräumen.

(Eva Gottstein (FW): Die haben wir doch schon!)

Wir wollen den Schulen ein eigenes Budget zuweisen, damit sie Fortbildungsmaßnahmen vor Ort eigenständig organisieren und damit das Schulprofil stärken können.

(Beifall bei der FDP - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das haben wir doch alles schon!)

In Rahmen eines Pilotprojektes werden wir an großen Schulen die Einführung des Amtes eines Schulmanagers erproben, der die Schulen bei der Verwaltungsarbeit entlasten soll.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir brauchen aber kein überflüssiges Zahlenmaterial. Wir wissen, dass man für nationale und internationale Studien zu Schülerwanderungen Daten braucht. Dazu stehen wir. Mit uns wird es aber keine personalisierte, amtliche Schülerdatei geben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind eine Koalition, aber keine Fusion. Wir werden weiterhin für unsere bildungspolitischen Ziele in fairem Umgang miteinander kämpfen, aber wir werden die Konfrontation nicht scheuen; denn das Wohl der bayerischen Schülerinnen und Schüler ist unser Auftrag.

Dabei spielen die Verbände eine große Rolle. Nur mit ihnen und nicht gegen sie wollen wir arbeiten. Wir machen aber keine Politik für die Verbände.

(Beifall bei der FDP)

Die Schule der Zukunft muss eine Schule sein, in welche die Kinder gerne gehen, in der Sozialkompetenz und Persönlichkeitsentwicklung eine zentrale Rolle spielen und in der auch Sport, Musik, Kunst und Medienkompetenz nicht vernachlässigt werden. Es muss sich etwas an der Unterrichtsgestaltung, an der Methodik und an der Atmosphäre ändern. Schule muss zum Lebensraum Schule werden. Wir müssen weg von der reinen Wissensvermittlung hin zur Vermittlung von Kompetenzen und Werten.

(Beifall bei der FDP)

Mit dem Ausbau von Ganztagsschulen kann das am besten gelingen, welche die Möglichkeit mit sich bringen, den starren 45-Minuten-Unterricht aufzubrechen und den Unterricht zu rhythmisieren.

Herr Pfaffmann, wir bleiben auch am konsequenten Abbau der großen Klassen dran. Vor allem an Schulen, an denen der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund 50 % übersteigt, wollen wir die Klassenhöchstzahl bereits ab dem Schuljahr 2009/10 generell auf 25 senken.

(Beifall bei der FDP)

Es geht nun einmal nicht alles auf einmal.

(Georg Schmid (CSU): Das ist richtig!)

Meine Damen und Herren, unser gemeinsames Ziel ist es, die Zahl der Schulabbrecher und Wiederholer deutlich zu reduzieren, möglichst vielen Schülerinnen und Schülern den Abschluss zu ermöglichen, der zu ihnen passt; denn wir brauchen sie alle mit ihren unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten. Wir wissen: Es gibt noch viel zu tun, weil wir bei Pisa das nächste Mal vorne dabei sein wollen.

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der CSU: Das sind wir doch schon!)

Frau Kollegin, vielen Dank. Ich erteile zu einer Zwischenbemerkung dem Herrn Kollegen Pfaffmann das Wort.

Liebe Frau Kollegin Will, Sie sagen, Sie seien in einer Koalition. Gestatten Sie mir die etwas despektierliche Feststellung: Nach Ihrer Wortmeldung habe ich eher den Eindruck, Sie hätten eine Konfusion, nicht eine Koalition. Können Sie mir denn erklären, wie Sie das machen wollen? Sie haben gesagt, Sie wollten eine neue Schulform mit neuem Namen, Sie wollten eine Orientierungsstufe,

eine pädagogische Vorschule, gleichzeitig wollen Sie aber alles beim Alten lassen. Vielleicht erklären Sie uns mal, wie das funktioniert, Frau Kollegin.

Zum Zweiten. Vielleicht können Sie sich innerhalb Ihrer "Konfusion" mal einigen: Herr Eisenreich sagt, der Bildungshaushalt steigt seit Jahren. Darauf ist er ganz stolz. Sie haben gerade gesagt, die Bildung sei deutlich unterfinanziert gewesen, bis Sie gekommen seien. Vielleicht können Sie das miteinander absprechen, damit wir hier Klarheit haben.

Zum Letzten: Frau Kollegin Will, könnten Sie mir vielleicht die Frage beantworten, wann wir mit den Segnungen -

Ist das jetzt eine Frage, Herr Pfaffmann, oder wie? Vorher waren es Statements.

Frau Kollegin, nach der Geschäftsordnung ist das eine Zwischenbemerkung. Herr Pfaffmann hat zwei Minuten Redezeit. Diese verlängere ich jetzt ein bisschen, um das zu erklären. Deswegen können Sie dann auch zwei Minuten antworten.

Können Sie uns vielleicht mitteilen, damit wir einen groben Anhaltspunkt haben, welchen zeitlichen Horizont Sie für folgende Ziele vorsehen: Bessere Privatschulfinanzierung, eine neue Lehrerausbildung, mehr und schneller Ganztagsschulen, mehr Lehrer für den Förderunterricht, Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen, Budgets sollen für die Schulen eingerichtet werden usw. usw. Könnten Sie mir Ihren Zeithorizont nennen, wann Sie das alles in der Regierungsverantwortung umsetzen wollen?

Zum Schluss darf ich Sie daran erinnern: Sie sind nach Ihren Äußerungen bereits seit vielen Jahren Pisa-Sieger; Sie brauchen gar nicht mehr Pisa-Sieger zu werden.

(Beifall bei der SPD )

Frau Kollegin.

Herr Pfaffmann, wir haben gerade erst angefangen. Sie wissen das; Sie sind ja seit vielen Jahren hier im Landtag. Sie haben auch viele Vorstellungen gehabt. Ich frage Sie zurück - Sie müssen mir nicht antworten -: Was haben Sie erreicht? Wir fangen gerade erst an. Wir nehmen uns fünf Jahre Zeit. Sie haben vorhin gesagt, was alles nicht im Koalitionsvertrag steht; ich habe hier gesagt, was der Koalitionsvertrag alles enthält. Genau daran werden wir uns halten. Wir haben natürlich auch deutlich gemacht, dass wir

uns diese Dinge erarbeiten müssen, weil wir von unterschiedlichen Positionen ausgehen. Das ist wohl wahr. Natürlich war die Ausgangslage der Wahlkampf. Wir sind in den Landtag gekommen und haben Regierungsverantwortung mit übernommen. Das heißt: Wir wissen sehr wohl, dass wir damit auch verantwortlich umgehen müssen und uns mit dem Koalitionspartner in fairer Weise auseinandersetzen müssen, von unterschiedlichen Positionen kommend, um dahin zu gelangen, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Schreyer-Stäblein. Bitte schön.