Sehr geehrtes Präsidium, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich unserem Staatsminister, Herrn Dr. Ludwig Spaenle, ganz herzlich für seine Ausführungen danken, zeugen diese doch davon, mit welchem Engagement und fachlicher Fundiertheit er sich der diversen politischen Themen im Bildungsbereich annimmt.
- Ah ja, er steht direkt vor mir. Ich bin mir ganz sicher: Der Ludwig Spaenle hört das; er ist multitasking-fähig, er hat das Lob verstanden.
Sie haben das Thema Koalitionsarbeit angesprochen. Wir wissen alle: Wir haben miteinander in harten, zähen Verhandlungen versucht, die besten Möglichkeiten zu erringen. Mit den Ergebnissen können wir zufrieden sein. In Bayern ist die Übertrittsphase verlängert und weiterentwickelt worden. Der vielfach angeprangerte Druck, der auf den Kindern lastet, wurde erheblich entschärft.
Immer wieder geistert die Behauptung herum, viele Kinder seien aufgrund der frühen Übertrittssituation psychisch beeinträchtigt. Die Studie der Universität Dortmund gibt an, dass lediglich 7,7 % der Schüler Sorge um den Übertritt haben. Die weit überwiegende Mehrheit der Schüler freut sich auf die neue Schulform.
Die verlängerte Grundschulzeit ist aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit keine Alternative. Solange wir nicht sicherstellen können, dass die Verlängerung der Grundschulzeit für unsere Kinder wissenschaftlich fundiert einen Vorteil bedeutet, sollten wir davon absehen und entsprechende Studien kritisch begleiten. Mir ist bewusst, dass es für beide Modelle jeweils Studien gibt. Dennoch sollten wir die Bedenken der Wissenschaftler nicht hinwegwischen, sondern uns kritisch damit auseinandersetzen. Wissenschaftler wie beispielsweise Professor Lehmann in seiner Elementstudie sprechen sogar davon, dass eine Verlängerung der Grundschulzeit allen schadet, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Selbst soziale Disparitäten werden durch längeres gemeinsames Lernen nicht abgebaut.
Professor Hasselhorn, der Entwicklungspsychologe, empfiehlt den Übertritt dringend vor dem elften Lebensjahr, weil, wie er sagt, die Entwicklung des Selbstkonzepts mit dem elften Lebensjahr beginnt.
Ich wünsche uns, dass wir so wie in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses, wo wir uns herrlich unaufgeregt mit den Argumenten inhaltlich auseinandergesetzt haben, fortfahren können. Wir müssen Anwälte der Kinder sein, nicht der Eltern; denn hier geht es um das Wohl unserer Kinder. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle dazu beitragen und bekannt machen, dass es 15 Wege gibt, um die Hochschulreife zu erreichen. Ebenso muss den Eltern klargemacht werden, dass das Gymnasium nicht das Alleinseligmachende ist, sondern dass man auf den Entwicklungsstand des Kindes schauen muss, um zu beurteilen, welche Leistungen es derzeit erbringen kann und wie man es fördern kann, damit es an seine maximalen Möglichkeiten herankommt. Unsere Stoßrichtung in der Bildungspolitik muss es sein, die Durchlässigkeit der Schularten, die individuelle Förderung jedes einzelnen Schülers sowie die Elternberatung sicherzustellen, damit für jedes einzelne Kind sein individueller Lebensweg gestaltet werden kann.
Frau Kollegin, Sie waren so schnell, dass ich nicht mehr dazugekommen bin, Ihnen erstens zu danken und Sie zweitens zu bitten, am Rednerpult zu bleiben; denn hier ist eine Zwischenfrage, wenn ich richtig unterrichtet bin, von Herrn Kollegen Gehring angemeldet. Bitte schön.
Frau Kollegin, Sie haben die Studien angesprochen. Es ist richtig, sie sehr nüchtern zu analysieren und anzuschauen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die meisten Studien sagen, dass eine kürzere Grundschulzeit nachteilig sei. Es gibt
kaum Studien, die sagen, eine vierjährige Grundschulzeit fördere die Kinder besser als die andere. Die Lehmann-Studie sagt am Beispiel Berlin-Brandenburg, es gebe keine Belege dafür, dass die sechsjährige Grundschule die Kinder besser fördere als eine vierjährige Grundschule. Das sind also allenfalls Negativaussagen, aber keine Positivaussagen für die vierjährige Grundschule. Bei den Pisa-Studien wird auch immer darauf hingewiesen, dass die Pisa-Studie vor allem etwas über die Unterrichtsqualität aussagt. Wir müssen vorsichtig sein mit Aussagen zur Schulstruktur. Ich finde, wir sollten hier die Beweislast umkehren und das Thema anders angehen, als Sie es bisher gemacht haben.
Sehr geehrter Herr Kollege Gehring, ich denke, unser Weg muss sein, alle Wissenschaftler ernst zu nehmen. Deshalb habe ich vorhin ausgeführt, dass wir verschiedene Studien haben. Wir müssen versuchen, gute Lösungen zu entwickeln und alle Themenfelder berücksichtigen.
Berlin und Brandenburg ist für mich jetzt kein Vorzeigefall im Bereich Pisa; daran würde ich mich jetzt weniger orientieren als vielmehr an dem Vorsatz, die wissenschaftlichen Studien gründlich durchzugehen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In der jüngsten Ausgabe der IHK-Zeitschrift "Wirtschaft am bayerischen Untermain" hat sich der IHK-Präsident, Herr Suffel, ausdrücklich zur Hauptschule bekannt. Er hat uns als Politiker auch dazu aufgefordert, dass wir uns engagiert für die Hauptschule einsetzen. Die IHK hat mit Abgeordneten aller Parteien und aller Fraktionen Gespräche geführt; einige Kollegen, die dabei waren, sind heute hier anwesend. Er sagt: Wir brauchen eine starke Hauptschule, weil die Hauptschüler wichtige Mitglieder unserer Gesellschaft sind. Sie üben Berufe aus, die unsere täglichen Bedürfnisse befriedigen. Das sind junge Menschen, die Bäcker oder Metzger lernen, damit wir etwas zu essen haben. Sie werden Autoschlosser, Fernsehmechaniker oder Elektriker, damit wir mit unseren Autos fahren können und es im Winter warm haben. Deshalb glaube ich, dass wir uns klar und deutlich für die Hauptschule aussprechen müssen.
Meine Damen und Herren, diese Hauptschüler sind vor allem wichtige Glieder unserer Gesellschaft; denn sie sind beim bürgerschaftlichen Engagement und im Ehrenamt vor Ort sehr stark vertreten. Sie sind Feuerwehrkommandanten, Feuerwehrleute oder nehmen Funktionen in den örtlichen Vereinen wahr. Ich glaube, dass die Hauptschüler über optimale Schlüsselqualifikationen verfügen. Deshalb müssen wir den Lehrerinnen und Lehrern danken, die diese jungen Menschen hervorragend fördern.
Wir haben deshalb die wohnortnahe Hauptschule gestärkt und werden sie weiter stärken. Die Fraktionen der CSU und der FDP haben einen konkreten Antrag gestellt, mit dem die Staatsregierung gebeten wird zu prüfen, ob die Klassengröße von 15 Schülerinnen und Schülern flexibler gehandhabt werden könnte, damit wir wohnortnahe Schulen erhalten können. Wir wollen Schulverbünde errichten, um auch den Hauptschülern kurze Wege zu ihrer Schule zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren, ich habe heute von der Opposition nicht viel Neues gehört, auch wenn es eine neue Oppositionsfraktion gibt. Im Prinzip ist es die alte Schallplatte, die immer wieder das Gleiche spielt, weil sie eine Macke hat.
Ich möchte etwas zum Thema Druck in der dritten Klasse der Grundschule sagen: Mein jüngster Sohn besucht zurzeit die dritte Klasse. Ich kann Ihnen versichern: Er geht jeden Morgen fröhlich aus dem Haus. Er trifft auf der Straße seine Kumpels und will mittags gar nicht heimkommen. Er steht mit seinen Freunden an der Bushaltestelle und sie reden und sind lustig. Herr Kollege Pfaffmann, Sie sprechen hier theoretische Dinge aus Ihrer komischen Münchner Sicht an. Gehen Sie einmal aufs Land und sehen Sie sich an, welch hervorragende Arbeit vor Ort geleistet wird. Ich habe immer das Gefühl, dass Sie sich in einem Elfenbeinturm befinden und gar nicht wissen, was draußen passiert.
Heute wurde auch die Frage gestellt, was gerecht sei. Ist eine hohe Übertrittsquote gerecht? Wir können darüber diskutieren und die Gerechtigkeit definieren. Wir müssen die Frage stellen, ob es gerecht ist, dass nicht alle jungen Menschen eine Arbeitsstelle bekommen. In Gebieten, in denen junge Menschen den Weg der beruflichen Ausbildung wählen, ist die Beschäftigungsquote sehr hoch. Deshalb sollten wir uns nicht ideologisch auf den Glauben versteifen, dass alle bayerischen Kinder das Abitur machen müssten.
Herr Kollege Gehring hat über die Lehrerversorgung der gymnasialen Oberstufe gesprochen. Die ersten Rückmeldungen haben gezeigt, dass für über 80 % der Gymnasiasten die Wunsch-Fächerkombination realisiert werden konnte. Das sind noch keine 100 %. Deshalb freue ich mich, dass der Minister in seiner Rede angekündigt hat, sich dafür einzusetzen, dass alle Ressourcen zur Verbesserung dieser Situation genutzt werden. Das Budget für die Gymnasien wurde um 2 % erhöht. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass sich die bayerische Bildung auf einem guten Weg befindet. Ich möchte Sie alle einladen, weiterhin engagiert mitzuarbeiten. Sie sollten jedoch weniger durch die ideologischen Scheuklappen blicken, sondern darauf, was praktisch vor Ort passiert. Dort gibt es viele gute Beispiele.
Herr Kollege Rüth, Herr Staatsminister Dr. Spaenle, Herr Eisenreich und Frau Will haben es bis jetzt nicht geschafft, uns zu erklären, wie die Hauptschulen im ländlichen Raum durch Kooperationsmodelle am Leben erhalten oder gar gestärkt werden können. Vielleicht können Sie mir erklären, wie das durch die Kooperationsmodelle erreicht werden soll.
Herr Kollege Güll, es gibt ein Papier des Kultusministeriums, wo dies genau beschrieben ist. Es gibt eine KMBek, also eine kultusministerielle Bekanntmachung, die Sie lesen können. Herr Kollege Güll, ich halte Sie für einen guten Schulleiter. Sie müssen aber wissen, dass darüber nicht wir als Landtag entscheiden, sondern dass dies vor Ort entschieden wird. Das entscheiden der Schulleiter, die Schulfamilie, der Elternbeirat, der Bürgermeister und der Landrat. Die Kompetenz sitzt vor Ort. Wir als Landtag müssen das nicht entscheiden. Wir müssen die Kompetenz vor Ort einfordern.
Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Kollege Georg Eisenreich, Frau Kollegin Kerstin Schreyer-Stäblein und Herr Kollege Berthold Rüth
haben für die CSU-Fraktion inhaltlich exzellent geantwortet. Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass auf die wichtigen Themen sachlich und inhaltsreich eingegangen wurde. Ergänzen will ich nur noch, dass die CSUFraktion auch die Kinder mit Behinderungen nicht aus dem Auge verlieren wird. Ich sage das, weil dieses Thema im großen Komplex der Bildungspolitik selten im Vordergrund steht. Deshalb muss deutlich gemacht werden, dass dies ein besonderes Anliegen der CSUFraktion ist. Frau Barbara Stamm und Herr Joachim Unterländer bemühen sich sehr um dieses Thema.
Für die Fraktion möchte ich noch zwei Anmerkungen machen. Herr Kollege Pfaffmann, zunächst ein Wort zu Ihnen: Es gibt zu viele Menschen, die nur kritisieren und zu wenige, die Hoffnung machen. Ihre Rede hat mich fatal an das Wetter erinnert, das wir seit Wochen haben: grau, trüb, hoffnungslos.
Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass Sie in Ihrer Rede fast ausschließlich die Worte hätten, sollten und wollten benutzt haben? Wissen Sie, was unsere Bürger auf solche Reden geben, in denen ausschließlich die Worte hätten, sollten und wollten verwendet werden? Wir können mit Sicherheit in der Zukunft nicht bestehen, wenn wir ständig die Worte hätten, sollten und wollten verwenden.
Die CSU mag in der Vergangenheit nicht alles perfekt gemacht haben. Es wäre nicht gut, wenn wir heute den Eindruck vermitteln wollten, dass bei uns alles nur hundertprozentig gut gelaufen wäre. Selbstkritik ist eher ein Zeichen der Stärke als ein Zeichen der Schwäche. Lieber Herr Pfaffmann, Sie haben erklärt, dass das Thema Bildung wahlentscheidend gewesen sei. Dann verstehe ich aber nicht, dass die SPD bei der Wahl nicht zugenommen, sondern eher abgenommen hat. Was war die Antwort der Bevölkerung auf die Bildungspolitik der SPD? - Sie bestand darin, dass Sie noch weniger Stimmen als zuvor erhalten haben!
Sie haben Gott und die Welt gefordert und versprochen. Trotzdem haben Sie bei dieser Wahl noch verloren. Das war eine klare Antwort der Wähler auf Ihre Bildungspolitik.
- Sie haben schon wieder nicht zugehört. Sie haben meine selbstkritische Äußerung offenbar nicht wahrnehmen wollen.