Karl Freller
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Gote, Sie kommen mir vor wie jemand, der sich gegen eine Tür stemmt, die schon längst offen ist.
Ich bin fest überzeugt -
- Bitte, bitte! Ich bin fest davon überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Studiengebühren in Bayern dank der CSU fallen werden.
- Herr Aiwanger, ich glaube, Sie haben nicht mehr wahrgenommen, was in den letzten Monaten gelaufen ist. Sie sind der Wirklichkeit hinterher. Das möchte ich ausdrücklich feststellen. Wissen Sie, in der Bibel heißt es im Buch Kohelet, dass alles seine Zeit hat.
Zweifellos hatten auch die Studiengebühren ihre Zeit.
- Also bitte, ich habe Ihnen auch zugehört! - Zweifellos hatten auch die Studiengebühren ihre Zeit. Zu dem Zeitpunkt, als sie eingeführt wurden, waren sie durchaus sinnvoll und richtig.
Nein, man muss auch einmal der Geschichte Genüge tun und Gerechtigkeit widerfahren lassen. Diese Studiengebühren haben den bayerischen Hochschulen ungefähr 800 Millionen Euro zusätzlich gebracht. Sie wurden in einer Zeit eingeführt, in der die Finanzlage schwierig und unüberschaubar war. 2008 hat es ohne Zweifel auch noch gute Gründe gegeben, an diesen Studiengebühren festzuhalten. Das Geld war und ist für unsere Universitäten und Hochschulen für angewandte Forschung wichtig.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass es auch Mittel und Wege geben wird, in den kommenden Jahren ohne Studiengebühren das Nötige, das Wichtige, das Dringende und darüber hinaus auch das Wünschenswerte an den Hochschulen zu sichern. Ich bin außerordentlich froh, dass bereits jetzt im Haushalt noch für dieses und auch für das nächste Jahr entsprechende Mittel vorgesehen sind, die einen Ausfall der Studiengebühren kompensieren, zwar nicht vollständig − diesen Anspruch erhebe ich im Moment nicht -, aber wir haben bereits jetzt deutlich zum Ausdruck gebracht, dass vor allem im personellen Bereich, in dem auch langfristig Verpflichtungen einzugehen sind bzw. Personal gehalten werden muss, das wir angeworben haben und das sehr gut arbeitet, die dafür benötigten Mittel gesichert sind. Die Arbeit an den Hochschulen kann also kontinuierlich weiterlaufen, wenn die Studiengebühren fallen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier ist von der CSU-Fraktion, hier ist von der Staatsregierung bereits das Nötige geschehen, um den Weg zu bahnen.
- Herr Aiwanger, Sie haben zwar ein sehr herzliches niederbayerisches Lachen, aber Sie helfen damit der Diskussion auch nicht viel weiter.
- Na ja, wenn Sie nicht mehr an Kommentaren liefern, dann muss ich ehrlich sagen −
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Aiwanger, ich sage jetzt nach halblinks: Wir als CSU haben für Bayern − und spätestens das nächste Wahlprogramm wird das vorsehen − die Abschaffung der Studiengebühren vor.
Ich weiß ganz genau, dass der Weg dorthin noch einige Unebenheiten aufweist. Ich weiß ganz genau, dass ein Volksbegehren, für das Sie heute werben wollten, liebe Frau Gote − - Es geht euch doch nicht darum, heute eine fachliche Debatte über die Kompensation zu führen, sondern der Anlass eurer heutigen Aktuellen Stunde ist doch, dass ihr noch werben wollt, um die 10 % zu erreichen; denn diese Rechnung ist bei euch noch nicht ganz aufgegangen. Das ist doch euer eigentliches Anliegen. Macht bitte niemandem im Lande etwas vor! Anlass der heutigen Aktuellen Stunde ist nicht die Kompensation, sondern die Frage: Wie kann ich einen Tag vor Schluss der Eintragungszeit noch entsprechend Aufmerksamkeit erregen?
Sagen wir es doch offen, seien wir in diesem Raum ehrlich!
Das ist besser für draußen.
Ich sage Ihnen noch einmal: Der Weg ist geebnet, dass die Studiengebühren fallen. Die Kompensation dazu muss auch kommen. Ich habe bereits angedeutet, dass Beträge vorgesehen sind. Wir werden uns sicherlich in einem geeigneten Gesetzgebungsverfahren überlegen, wie wir diese Mittel in anderer Weise noch anheben bzw. das Instrumentarium verfeinern und in welcher Form und wann dieses Geld dann staatlicherseits ausgereicht wird.
Ich habe mir das in Baden-Württemberg sehr genau angesehen. Die Baden-Württemberger haben ein Modell von 280 Euro pro Studierenden geschaffen. Darüber kann man diskutieren. Aber sagen Sie Ihren Kollegen in Baden-Württemberg doch bitte einmal, dass sie wenigstens anfangen sollten, die Verwaltungskosten abzuschaffen. Wir haben 2009 die Verwaltungskosten für die Studenten völlig gestrichen. Ihr habt in Baden-Württemberg diese Verwaltungsgebühren noch mit 40 Euro dabei.
Seien wir doch etwas ehrlicher, weil dann auch die Summen etwas ehrlicher werden. Dann sind es nämlich keine 280 Euro mehr, sondern nur noch 240 Euro. Nur, damit ihr das auch einmal etwas deutlicher seht!
Und noch etwas anderes: Ich weiß auch, dass Bayern in Kürze das letzte Bundesland sein wird, das noch Studiengebühren erhebt, weil Niedersachsen fällt.
Aber ich sage auch: In allen Bundesländern außer in Bayern sind die Studiengebühren nur gefallen, weil man sie auf Pump hat fallen lassen.
Meine Damen und Herren, man muss sich das einmal genau vor Augen führen. Nordrhein-Westfalen nimmt in diesem Jahr über 7,3 Milliarden Euro neue Schulden auf.
- Lieber Herr Rinderspacher, Sie geben vor, für die junge Generation zu handeln, aber in Ihrer Gesamtpolitik geben Sie das bereits aus, was diese Generation erst verdienen muss.
Wir werden auf Dauer nicht klarmachen können − das ist mir auch bewusst -, dass ein Student hier einige Hundert Euro im Semester zahlen muss, um dann über den Länderfinanzausgleich das ganze Geld für einen maroden Flughafen in Berlin auszugeben.
Das wird man auf Dauer unseren jungen Leuten nicht klarmachen können.
Ich weiß, dass der Länderfinanzausgleich etwas komplexer ist. Aber dennoch haben wir im Moment eine
Situation im Lande, in der die Menschen fühlen, dass hier junge Leute etwas bezahlen müssen und dass der Freistaat Bayern ungerechterweise Milliarden an Länder geben muss, die das Geld mehr oder weniger zum Fenster hinausschmeißen.
So, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir nicht miteinander handeln.
Meine Redezeit läuft, aber eines will ich doch noch erwähnen, dass nämlich die zukünftige Regelung unbedingt korrekt und sauber sein und die Bedürfnisse der Universitäten und Hochschulen für angewandte Forschung angemessen berücksichtigen muss. Wir haben uns dazu bereits intensive Gedanken gemacht. Wir haben mit Oliver Jörg einen Ausschussvorsitzenden, der das ganze Thema mit großer Sensibilität angegangen ist.
Kollege, was soll diese rückwärtsgewandte Diskussion?
Herr Aiwanger, Sie diskutieren inzwischen absolut rückwärtsgewandt.
Wissen Sie, warum?
Bei uns hat schon längst eine Diskussion begonnen, wie man künftig konstruktiv mit diesen Kompensationen umgeht.
Mit Sicherheit haben wir in den nächsten Monaten noch viel Diskussions- und Handlungsbedarf. Das will ich nicht abstreiten. Aber wir sind auf einem guten und vernünftigen Weg.
Die Diskussion um die Studiengebühren in den Hochschulen wird uns in den nächsten Monaten sicherlich weiterhin begleiten.
Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir einen Weg finden werden, der den Studentinnen und Studenten im Lande und ihren Eltern gerecht wird.
Ich bin fest davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass wir in Bayern mit den Studienbedingungen an unseren Universitäten − da widerspreche ich Frau Kollegin Gote enorm − in den letzten Jahren und Jahrzehnten dermaßen viel Gutes geschaffen und so viel investiert haben, dass viele Länder neidvoll auf Bayerns Universitäten und auf die Hochschulen für angewandte Wissenschaften schauen.
Ich bitte dringend, dass so zu sehen. Wir haben Hunderttausenden, wenn nicht Millionen junger Menschen einen optimalen Start in die Berufswelt gesichert. Dies anzuerkennen wäre das Mindeste, was Ihnen anstünde. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, Hohes Haus! Wer durch Bayern fährt und sich die Kulturschätze ansieht, ist begeistert. Er ist begeistert von der Vielfalt, er ist begeistert von vielen Einrichtungen und deren Präsentation.
- Er ist auch begeistert vom Bauzustand und von der Pflege, die diesen Gebäuden über Jahrhunderte hinweg bis zum heutigen Tag geschenkt wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bayern ist stolz auf seine Kulturdenkmäler und kann es sein. Wir sind die Letzten, die diese Kulturdenkmäler nicht in irgendeiner Weise pflegen würden oder gar dem Verfall preisgäben. Bayern tut wahnsinnig viel
für seine Kulturschätze. Bayern investiert seit Jahren und Jahrzehnten in Kunst und Kultur. Wer den Vergleich mit allen anderen Ländern Deutschlands oder Europas sucht, der wird feststellen, dass die unzähligen Projekte Bayerns in einem guten Zustand sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nur: Jeder, der ein altes Haus hat, weiß, dass es permanent renoviert werden muss. Wenn jemand ein altes Gebäude hat, muss er, wenn er damit hinten fertig ist, vorn wieder anfangen, Frau Zacharias. Das wissen wir.
Deswegen besteht natürlich immer ein Investitionsbedarf. Dass diese 700 Millionen Euro bei Hunderten von Bauwerken notwendig sind, wenn man das analysiert, liegt doch auf der Hand. Ich bin aber dankbar, dass der Landtag allein jetzt schon 350 Millionen Euro dafür genehmigt hat. Das Geld muss in der Tat permanent in die Bausubstanz gesteckt werden, weil es eben so viele Gebäude sind.
Haben Sie einmal nachgeschaut, welche Verantwortung allein im Bereich der Schlösser- und Seenverwaltung für Gebäude besteht? Wir haben 45 Projekte mit über 900 denkmalgeschützten Gebäuden allein im Bereich der Schlösser- und Seenverwaltung.
Und wenn Sie sehen, was hier im ganzen Land an prächtigen Bauwerken entstanden ist und wie gut sie gepflegt sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann ist, Frau Zacharias, das Wort vom "Sanierungsfall Bayern" deplatziert, schlicht und einfach deplatziert. Bayern ist kein Sanierungsfall; Bayern hat Denkmäler, die sich sehen lassen können und die auch in einem hervorragenden Zustand sind.
Dort, wo sie renoviert werden müssen, werden sie auch renoviert werden. Das kann ich Ihnen sagen: Keiner aus den beiden Regierungsparteien wird jemals daran denken, etwas verfallen zu lassen, was andere Generationen uns geschenkt haben. Das auch deutlich zu sagen, ist vielleicht die Chance aus Ihrem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren: dass man auch einmal darstellt, was geleistet worden ist; man sollte auch einmal darstellen, was in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten geleistet wurde.
Ich darf kurz auf München eingehen. Ich wäre Ihnen, Frau Zacharias, dankbar gewesen, wenn Sie auch einmal gesagt hätten, wo die Stadt München permanent etwas vom Freistaat Bayern verlangt und selber nichts geleistet hat.
Die Münchner sollten sich einmal ihre eigenen Bauten ansehen, sollten deren Zustand noch einmal prüfen,
und dann können Sie gerne wieder kommen und kritisieren.
Und wissen Sie was? Das Einzige, was mir stinkt, ist, dass wir sehr viel Geld nach München geben, obwohl die Münchner es selber bezahlen könnten. Dieses Thema sollten wir auch einmal intensiv diskutieren.
Was uns anstinkt, ist, dass wir für das Nürnberger Opernhaus weitaus weniger vom Freistaat bekommen, als die Münchner aus historischen Gründen nicht selber bezahlen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Diskussion, wie weit München von den staatlichen Bauwerken profitiert, aber nichts dafür leistet, können wir gerne auch einmal führen.
Diese Diskussion, was für München vom Freistaat geleistet wird, sollte man auch einmal führen unter dem Aspekt, wenn von Münchner Abgeordneten kritisiert wird, wir würden zu wenig zu tun. Klar ist München die Landeshauptstadt.
Ich selber komme aus Franken und habe sicherlich in den letzten Wochen mehr als üblich für dieses Frankenland gekämpft, wie der Kollege König und viele andere auch.
Wir sehen natürlich, dass eine Landeshauptstadt besondere Gebäude hat, die auch eine besondere Zuwendung brauchen. Jeder, der von Kultur etwas versteht, wird auch wissen, dass man in München in erhöhtem Maße manches auch in Schuss halten, pflegen und dort investieren muss. Nur hätte ich die Bitte, dass sich dann auch die Stadt München entsprechend beteiligt und man sich im Stadtrat von München nicht aufführt, als ob es angeblich nicht genügend Förderung gibt. Das kann nicht funktionieren, liebe Frau Kollegin Zacharias.
Ich will es jetzt auf den Punkt bringen. Der Antrag ist ein Berichtsantrag vonseiten der SPD. Ich verstehe zwar nicht, warum man einen Dringlichkeitsantrag da
raus macht; es wäre völlig unkompliziert gewesen. Denn dem Wunsch,
dass im Hochschulausschuss, im Kulturausschuss berichtet wird, haben wir uns noch nie widersetzt. Also braucht es keinen Dringlichkeitsantrag, um darüber zu diskutieren, was saniert werden muss. Wir hören uns das gerne an, und es mag vieles stimmen, was ja auch Minister Heubisch schon erwähnt hat.
Es ist keine Frage, dass wir uns über die Fälle unterhalten müssen. Das sind schwerwiegende Fälle, die kann man nicht aus der Hosentasche finanzieren.
- Ja, es sind auch dringliche Sachen dabei, da gebe ich Ihnen recht. Aber ich wehre mich dagegen, dass das Ganze hier so dargestellt wird - im Antrag der FREIEN WÄHLER noch stärker, darum lehnen wir diesen ab -, als sei Bayern ein Sanierungsfall. Wer Bayerns Schlösser, Bayerns Museen, Bayerns Theater ansieht, wird sagen: Das Land darf stolz darauf sein, was wir hier gebaut und wie wir es gepflegt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb bin ich der Auffassung: Wir schauen, was gemacht werden muss, aber wir wehren ab, was aus Dummheit kritisiert wird.
Frau Kollegin Tolle, ich hatte zeitlich leider noch nicht die Gelegenheit, die Presseunterlagen von damals nachzulesen. Aber aus der Erinnerung weiß ich, dass wir damals in aller Härte durchgegriffen haben, als die Eltern der Schulpflicht ihrer Kinder nicht nachkamen. Das hat dazu geführt, dass die Väter in Erzwingungshaft gekommen sind. Härter ging es nicht. Die Bilder im Fernsehen seinerzeit gaben Veranlassung - ich glaube mich da richtig zu erinnern - zu massiver Kritik aus den Reihen der Opposition über die Weise, wie wir hier eingegriffen haben.
Immerhin war damals das Homeschooling ein heißes Thema. Wir mussten Kritik über ein viel zu restriktives und hartes Handeln gegenüber den Eltern einstecken. Ich bitte, das in dieser Diskussion zu berücksichtigen. Wir haben dann im Laufe der Jahre nachgegeben, weil die Bilder von weggezerrten Kindern und ähnlichem im Fernsehen etwas auslösten, was auf Dauer letztlich keine Regierung durchhält. Die damalige Rolle der Opposition wäre zu hinterfragen.
Ich will aber nicht Vergangenheitsbewältigung betreiben.
Sie haben vorhin den Eindruck erweckt, als hätten wir die Gefahr nicht gesehen. Monika Hohlmeier und ich haben die Gefahr in aller Schärfe gesehen und damals wirklich hart durchgegriffen. Christa, Du warst damals im Kabinett. Ich erinnere nur an die Kritik der Medien: Wie kann man so mit den Vätern umgehen, sie einzusperren, wenn sie ihre Kinder nicht in die Schule schicken?
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, war der Beginn der ganzen Angelegenheit. Dass wir dann im Jahr 2006 nachgegeben haben, als vom Schulamt vor Ort die Meldungen kamen, es laufe gut, war eine Zwangsläufigkeit. Dass Sie jetzt erneut nachfragen,
ist in Ordnung. Wenn es tatsächlich so war, wie es jetzt wieder gesagt wird, heißt das allerdings auch, dass wir von Anfang an recht hatten, hart durchzugreifen.
Frau Präsidentin, Herr Staatssekretär, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch dem Staatssekretär einen Auszug aus einem Protokoll aus dem Plenarsaal zur Kenntnis geben. Aber ich nehme an, dass die Protokolle als Unterlage im Kultusministerium sein werden. Herr Pfaffmann hat sich damals zu diesem Thema geäußert. Dort heißt es wörtlich - ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin -:
Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass die Maßnahmen des Kultusministeriums eine Grenze erreicht haben. Es gab Polizeieinsätze, die Kinder wurden mit der Polizei in die Schule gefahren, und es wurden Bußgelder verhängt, die nicht bezahlt wurden. Das Kultusministerium hat bis zu einer gewissen Grenze alles gemacht, was machbar ist. Das möchte ich ihm gerne bescheinigen. Der nächste Schritt - da geht es ans Eingemachte - ist die Inhaftierung der Eltern und der Entzug des Sorgerechts für 33 Kinder und neun Jugendliche. Jetzt kommt das Wohl des Kindes ins Spiel.
Das ist ein Zitat von damals. So wurde argumentiert, dass wir nicht weitergehen und dass letztlich eine Kompromisslösung gefunden wurde.
Es wurde damals mit dem Wohl des Kindes argumentiert, um zu begründen, dass wir nicht weitergehen. Ich will nur darauf hinweisen, dass hier eine Wider
sprüchlichkeit besteht und dass wir jetzt den richtigen Weg einschlagen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gerade 11 Monate her, dass wir hier in einer würdigen Gedenkstunde und in Anwesenheit von Überlebenden der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung gedacht haben und der Sinto Hans Rosenbach über Angst, Folter und Mord, ausgelöst von der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten, berichtete.
Wir waren uns einig: Dieses verbrecherische Denken darf in unserem Land nie wieder Wurzeln schlagen. Umso mehr erfüllt es uns mit Entsetzen, dass seither kein Jahr vergangen ist und die Tatsache brutaler Nazimorde der Gegenwart jedem von uns zeigt: Es ist nicht vorbei. Die braune Saat geht immer wieder auf. Im Namen der CSU-Fraktion will ich unsere tiefe Trauer, tiefe Betroffenheit und tiefe Bestürzung über die erschreckende Serie von Morden und Anschlägen hoch krimineller neonazistischer Verbrecher zum Ausdruck bringen. Unser tiefstes Mitgefühl gehört den Familien und Freunden der Opfer, die geliebte Menschen verloren haben und die zusätzlich noch mit der
Verdächtigung leben mussten, dass ihre Angehörigen in kriminelle Aktivitäten verwickelt gewesen seien. Dieses fürchterliche Geschehen und die Tatsache, dass sich die Täter jahrelang unerkannt in unserer demokratischen Gesellschaft aufhalten konnten, sind für die Angehörigen der Opfer eine schwere Belastung, aber auch für uns, die wir politische Verantwortung tragen. Wir können und dürfen - darauf werde ich noch eingehen - es nicht bei unserer echten und tiefen Trauer belassen. Gemachte Fehler müssen aufgedeckt und natürlich auch beseitigt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will mir die Ruhe meiner Rede nicht nehmen lassen, auch nicht von Ihnen, Frau Kohnen, aber es hat weh getan. Sie hatten Schaum vorm Mund, als Sie gesprochen haben.
Sie haben Menschen schwer getroffen und beleidigt, die sich seit Jahrzehnten aktiv für diese Demokratie einsetzen.
Das tut dieser Debatte nicht gut. Ich sage es in diesem ruhigen Ton. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde mich nicht provozieren lassen, aber es tut einfach weh. Ich sage Ihnen auch warum. Jetzt ist die Stunde, wo wir Demokraten zusammenhalten müssen.
Es kann nicht angehen, dass wir streiten, und die Neonazis lachen sich ins Fäustchen. Das ist die Sorge, die mich bei dieser Thematik befällt.
- Darf ich in aller Ruhe weiterreden, Herr Kollege? Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns alle zusammen die politische Kultur Bayerns leben, bewahren und verteidigen. Die Verfassungsväter und -mütter haben Bayerns Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg in einem klaren Bewusstsein begründet: Nie wieder. Sie haben diese Motivation mit klaren Worten unserer Verfassung vorangestellt, ich zitiere:
Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten
Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschluß, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechts dauerhaft zu sichern …
Dieser Konsens gilt heute unverändert für alle Demokraten. Das klare Bekenntnis "nie wieder" ist viel wichtiger als tagespolitischer Streit. "Nie wieder", das war die Motivation, mit der sich ganz unterschiedliche politische Kräfte in allen demokratischen Parteien der Nachkriegsgeschichte eingebracht haben.
Ich weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren, und sage es im Wissen um den historischen Widerstand der SPD gegen die Machtübernahme der NSDAP: Ich habe hohe Achtung vor Menschen wie unserem früheren Landtagsvizepräsidenten Berthold Kamm, der mir vor zwei Wochen - Kollege Dr. Beyer war dabei - erzählte, er sei 17-jährig von den Nazis wegen Hochverrats angeklagt und inhaftiert worden, nur weil er der katholischen Jugend beigetreten war.
Lassen Sie mich bewusst auch an prominente Gründungsväter der eigenen Partei erinnern, an Alois Hundhammer, Josef Müller, Josef-Ernst Fürst Fugger von Glött, Michael Horlacher, Georg Meixner, Fritz Schäffer, Karl Scharnagl, Adam Steigerwald. Sie alle gehörten zu den Opfern der Verfolgung durch das NS-Regime und wirkten daran mit, dass die CSU in ihrer ersten programmatischen Erklärung vom 31. Dezember 1945 - ich zitiere - "die Ausmerzung der letzten Spuren nationalsozialistischen Denkens, die gerechte Bestrafung der wirklich Schuldigen und die Wiedergutmachung der vom Dritten Reich verübten Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten" zu einer ihrer zentralen Aufgaben machte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bayern bekennt sich zu seiner Geschichte und zu seiner Verantwortung aus dieser Geschichte. "Nie wieder" - diese Worte sind im KZ Dachau in Stein gemeißelt. Das ist eine mehrfache Aufforderung: ein Aufruf zum Gedenken, ein Auftrag zur Prävention, ein Auftrag zum Handeln. 260 sichtbare Gedenkorte in Bayern gemahnen an die Schrecken des NS-Terrors. Allein 2004 bis 2010 hat der Freistaat Bayern über 36 Millionen Euro für die Gesamtheit der Gedenkorte in Bayern ausgegeben. Ich danke dem Kultusminister, dass er veranlasst hat, dass jeder Schüler während seiner Schulzeit mindestens einmal eine Gedenkstätte besucht haben soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade in meiner Verantwortung für die bayerischen Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg sage ich: Die Erinnerung an die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft wachzuhalten und die geschichtlichen Erfahrungen,
die daraus gewonnenen Erkenntnisse weiterzutragen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ihr müssen wir uns in höchstmöglicher Weise stellen. Dies sind wir den Opfern und ihren Angehörigen ebenso schuldig wie unserer Jugend und dem Fortbestand unserer Demokratie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit gestern Abend weiß ich vom Präsidenten des Bayerischen Landeskriminalamts, dass auch mein Name auf einer der Listen steht, die bei den Nazis gefunden wurden. Dies bestärkt mich allenfalls in meiner Motivation. Barbara Stamm hat vorhin ein ganz wichtiges Wort gesagt: "Wir dürfen uns von neonazistischem Terror nicht einschüchtern lassen."
Ich kann feststellen: In Bayern herrscht Gott sei Dank ein übergreifender gesellschaftlicher Konsens wider das Vergessen. Danke sage ich an dieser Stelle den engagierten Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen dieses Hauses. Doch das Erinnern an die Vergangenheit und der Einsatz von Polizei und Justiz gegen jegliche Form des neonazistischen Handelns wird nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn es uns gelingt, braunes, menschenverachtendes Denken gar nicht erst in einem jungen Menschen entstehen und groß werden zu lassen. Deswegen ist Prävention so ungemein wichtig.
Was heißt Prävention? - Prävention heißt, darauf hinwirken, dass es in der Zukunft niemals mehr Opfer gibt, hinwirken, dass es in der Zukunft niemals wieder Täter gibt. Prävention kann nur gelingen, wenn eine ganze Nation unbeirrbar zusammenhält; wenn Eltern schon ihren kleinen Kindern beibringen: "Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu"; wenn an den Schulen genügend Zeit für Herzund Charakterbildung in einem fundierten Geschichtsunterricht bleibt - nur wer die Geschichte kennt, kann aus ihr lernen -; wenn Menschen wegen ihres Glaubens, ihrer nationalen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Veranlagung, ihres Alters, ihrer Behinderung nicht nur nicht diskriminiert, sondern aktiv vor Diskriminierung geschützt werden; wenn Institutionen nicht dulden, dass in ihren Reihen Funktionsträger die Existenz der Konzentrationslager leugnen; wenn der Freistaat Bayern, seine Kommunen - ich nenne beispielhaft Herrn Beck, den tapferen Bürgermeister von Wunsiedel - und viele Bürgerinnen und Bürger weiterhin ihren Beitrag zum "Nie wieder" auf vielfältige Weise einbringen. Ich bin dankbar für die unzähligen Integrationsprojekte im Lande.
Ich nenne beispielhaft die aufrichtige Arbeit, die der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer, leistet. In der Lehrerfortbildung, zum Beispiel bei der Projektstelle gegen
Rechtsextremismus in Bad Alexandersbad, wird ebenso hervorragend gearbeitet wie bei der Medienerziehung an Schulen, der Jugendsozialarbeit und der politischen Bildung. Der Freistaat unterstützt Projekte wie "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", Pädagogik rund um das Dokumentationszentrum in Nürnberg oder die Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus. Auch im Schulalltag leisten unsere Lehrkräfte vieles, um zur Demokratie und zum "Nie wieder" zu erziehen. Eines ist klar: Nur starke, selbstbewusste junge Persönlichkeiten, die sich kritisch mit vielfältigen Inhalten auseinandersetzen, sind weniger anfällig für rechtsextremistisches Gedankengut.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, "Nie wieder" braucht eine wehrhafte Demokratie. Auftrag und Haltung der Polizei sind glasklar und müssen glasklar sein, nämlich hart und wirksam gegen Extremisten jeder Art vorzugehen. Bei uns sollte man auch nicht vergessen, dass bayerische Verfassungsschützer dazu beigetragen haben, Anschläge der Kameradschaft Süd, Martin Wiese, zu vereiteln. Wir erinnern uns: Die Gruppe hatte ein Sprengstoffattentat auf das jüdische Kulturzentrum am Jakobsplatz in München geplant. Lassen Sie mich an dieser Stelle an unzählige Polizistinnen, Polizisten und Ordnungskräfte erinnern, die zum Teil schwerste Verletzungen erlitten, als sie mutig die Anwendung von Gewalt durch Extremisten unterbanden. Vergessen wir nicht: Auch die junge Polizistin in Baden-Württemberg ist brutal von braunen Terroristen ermordet worden. Jede Gewalttat ist eine zu viel. Wir werden lange brauchen, bis wir über die Ermordung von fünf unschuldigen Mitbürgern türkischer bzw. griechischer Herkunft in unserem Bayernland hinwegkommen. Umso mehr müssen wir den Kampf gegen rechten Terror und rechte Gewalt unvermindert und entschlossener denn je fortsetzen.
Ich begrüße die Ankündigung von Staatsminister Joachim Herrmann, den NPD-Verbotsantrag zu stellen. Gleiches habe ich bereits im Rahmen der Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Dachau am 2. Mai 2010 - Frau Präsidentin Stamm, Sie waren dabei - gefordert. Es mag durchaus fachliche Gründe gegen ein Verbot geben. Aber es geht mir wie vielen im Lande zutiefst gegen den Strich, wenn widerwärtige Gestalten, Sprüche gegen unsere Demokratie skandierend, durch die Straßen ziehen und wir das aus Steuern, die als Wahlkampfkostenerstattung an die NPD gehen, mitfinanzieren müssen. Ich unterstütze ausdrücklich - ich habe das an dieser Stelle schon einmal erwähnt - die Initiative des Kollegen Dr. Christoph Rabenstein vom 9. Juli 2010 zu einem Verbot der NPD. Ich war froh, dass alle Parteien in diesem Landtag mitgestimmt haben, dass Gemeinsamkeit in
der Absicht gegeben war, ein klares Zeichen nach außen zu setzen, dass wir im Parlament uns von diesem braunen Gesindel nicht einschüchtern lassen.
Mein Dank geht an die Landtagspräsidentin, die zeitnah und in Abstimmung mit den Angehörigen der Opfer eine Gedenkveranstaltung abhalten wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns heute erneut gemeinsam ein starkes Signal gegen den Rechtsextremismus setzen. Träger rechtsradikaler Hetzparolen, antisemitischer Gedanken und fremdenfeindlicher Gewalt haben keinen Platz in unserer demokratischen Gesellschaft. Der braune Sumpf gehört ausgetrocknet, das dumpfe Denken abgeladen auf dem Müllplatz des vergangenen Jahrhunderts. Arbeiten wir in tiefster Überzeugung für unsere Demokratie, für die Wahrung der Menschenrechte! Das ist die sicherste Garantie, dass aus dem "Nie wieder" nie wieder ein "Schon wieder" wird. Wenn wir Demokraten zusammenhalten, haben die Neonazis keine Chance.
Herr Abgeordneter, können Sie bestätigen, dass die Bundesvorsitzende der GRÜNEN, Frau Roth, und dass die GRÜNEN im Münchner Stadtrat für die Bewerbung sind?
Können Sie diese Widersprüchlichkeit bei den GRÜNEN vielleicht auch analysieren?
Herr Präsident, Hohes Haus! Wer sich in der Bildungspolitik auskennt, der weiß, dass viele Faktoren für den erfolgreichen Bildungsverlauf bei einem Kind maßgebend sind. Die Lehrerbildung, die Lehrpläne, die Stundentafeln, die Klassenstärke, die Stundenzahl, die Lehrmittel, die Räumlichkeiten all das muss aufeinander abgestimmt sein, es muss passen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Schule ist ein komplexes System. Umso mehr muss man die Ergebnisse des aktuellen Ländervergleichs werten. Bayern hat im aktuellen Vergleich aller 16 Länder aller Schularten in allen getesteten Bereichen Platz eins belegt. Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Bayern hat im aktuellen Vergleich aller 16 Länder aller Schularten in allen getesteten Bereichen Platz eins belegt.
- Auf diesen Punkt komme ich noch zu sprechen, Herr Pfaffmann. - Das heißt ganz konkret, dass in Bayern die Bedingungen an vielen Stellen stimmen müssen, und zwar seit Jahren stimmen müssen, wenn wir so ein hervorragendes Ergebnis haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß noch, dass wir uns, bald nachdem wir das erste Mal bei Pisa vorn lagen, anhören mussten: Wir können nicht mehr hören, dass wir bei Pisa Erster sind; in der Schule ist noch viel zu ändern, damit es wirklich gut ist. Das ist bereits acht Jahre her. Immer wieder gab es seither Untersuchungen, und immer wieder lag und liegt Bayern an der Spitze. Jetzt liegt es in allen Bereichen aller Schularten an der Spitze. Dies ist ein Lob auch und gerade für die Bildungspolitik in diesem Lande. Dies ist ein Lob für die Lehrer, dies ist auch ein Lob für die Schüler. Das wurde von allen Sprechern gesagt. Aber es bestätigt uns vor allem, dass wir bei der Ausrichtung dieser bayerischen Schulpolitik richtig liegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der Letzte, der nicht weiß, dass es auch noch Dinge gibt, die verbesserungswürdig sind. Wer aufhört, besser
sein zu wollen, hat aufgehört, gut zu sein. Mir ist sehr wohl bewusst, dass es noch Bereiche gibt, in denen Nachbesserungen nötig sind. Ich weiß, dass es auch noch Bereiche gibt, in denen wir noch mehr Ressourcen brauchen. Aber ich erkenne wirklich an, was gerade in den zwei letzten Jahren an den Stellen geleistet worden ist, die man vielleicht nach den ersten Pisa-Untersuchungen noch als Schwachstellen bezeichnet hat. Wir können in manchen Übergängen noch Korrekturen vornehmen. Das ist mir völlig klar. Diesbezüglich ist allerdings in den letzten Monaten und Jahren sehr viel geschehen. Einige Punkte werde ich am Ende noch nennen, bei denen ich auch sage, dass vielleicht noch Handlungsbedarf besteht.
Aber kommen wir zum Wesentlichen, nämlich zur Frage des gegliederten Schulwesens. Wer von Ihnen Kinder hat - es sind viele Zuschauer hier; ich bin sicher, viele Kinder haben auch Geschwister -, weiß, wie unterschiedlich die Neigungen, Begabungen und Fähigkeiten eines jeden einzelnen Kindes sind. Das zeigt sich schon bei drei Kindern. Ich habe drei. Alle drei waren unterschiedlich. Nun kann man sich vorstellen, in welcher Weise 1,7 Millionen Kinder und Jugendliche im Land unterschiedlich sind. Diesen 1,7 Millionen Kindern wollen Sie ein Schulsystem überstülpen, das in den Klassen eins bis zehn alle zusammenfasst, und wollen alle über einen Kamm scheren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Individualität eines Kindes, wer die Fähigkeiten, Begabungen und Neigungen eines einzelnen Kindes ernst nehmen will, kann und darf die Kinder nicht über einen Kamm scheren.
Das heißt, wir müssen achtgeben. Ich merke, was hier im Moment geschieht. Wir verfolgen die Diskussion in anderen Ländern, aber gestern Nacht sind auch in Bayern schwere Gewitterwolken aufgezogen, da möglicherweise auch ein großer Lehrerverband die Einheitsschule aller Klassen von eins bis zehn propagieren wird. Ich muss sagen: Jeder, der verantwortlich für ein Kind und für diese Jugend im Land ist, muss auch dafür kämpfen, dass dieses Kind so gefördert wird, dass es dessen Begabungen gerecht wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in der Presse großen Zuspruch für das bayerische Bildungssystem erhalten.
- Lieber Herr Pfaffmann, ob es Ihnen passt oder nicht, die "ZEIT", sicherlich über Jahre hinweg mit der bayerischen Bildungspolitik nicht unkritisch, hat in hohem
Maße anerkannt, was hier geleistet wird, und zwar sowohl mit dem differenzierten Schulsystem als auch für die Schwächeren dieser Gesellschaft.
Zwei Ergebnisse möchte ich an dieser Stelle noch nennen, die ebenfalls hochinteressant sind und die zeigen, wie individuell das bayerische Schulsystem auch auf die Leistungsschwachen ausgerichtet ist.
Erstens. Bayern hat neben Baden-Württemberg den geringsten Anteil an Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss. Man muss sich das einmal vorstellen: den geringsten Anteil an Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss. Das heißt, in den von Ihnen regierten Ländern haben weitaus mehr Kinder nicht einmal einen einfachen Hauptschulabschluss. Und Sie geben hier vor, Fürsprecher dieser Gruppe zu sein. Das stimmt nicht, meine Damen und Herren. Wir tun etwas für unsere leistungsschwächeren Kinder.
Wir tun zweitens auch etwas für diejenigen, die behindert sind.
Ich bin Georg Eisenreich und seiner Arbeitsgruppe sehr dankbar, schließe aber im Hinblick auf die Inklusion besonders die FDP mit ein. Wir lassen die Kinder mit besonderem Förderungsbedarf in diesem Land nicht allein, sondern fördern sie sehr gezielt. Lieber Herr Kollege Unterländer, wir haben sehr intensiv diskutiert, dass gerade auch die behinderten Kinder in diesem Land in jeglicher Form integriert werden, dass wir das Thema der Inklusion ernst nehmen und dass wir sie nicht allein lassen, auch was die spätere Vermittlung in ein Arbeitsleben angeht. Für ein Schulsystem ist es auch von eminenter Bedeutung, wie es mit seinen Schwächsten umgeht.
Die andere Frage lautet: Wie geht ein Schulsystem mit seinen Besten um? Dürfen wir Ressourcen brachliegen lassen? Dürfen wir jemanden ungefördert lassen? Es wäre fatal, würden wir das Gymnasium abschaffen bzw. es bei einer zehnjährigen gemeinsamen Schule auf zwei Jahre kappen.
Ich will noch eine Zeitung zitieren. Herr Pfaffmann, dieses Mal ist es der "FOCUS". Ich darf Frau Höhler aus der jüngsten Ausgabe zitieren. Die Literaturprofessorin Höhler warnt vor einer Gleichschaltung der Bildung zulasten der Leistungsstarken. Sie schreibt:
Der eine hat mehr Lust, viel zu machen, der andere weniger. Warum sollten wir den Leistungsnarren von seinem Vergnügen abhalten, wenn es allen zugute kommt? Einheitsschule organisiert Wohlstandsverluste. Warum? - Weil sie Leistung deckelt, um eine neue Lieblingsvokabel der Poli
tik zu verwenden. Einheitsschule und Überlastung des Gymnasiums sind Projekte der Neidkultur. Das Fatale: Sie schaden nicht nur Wenigen, sondern uns allen.
Dann schließt sie mit dem wichtigen Satz:
Die Welt ist zu kompliziert, um von einer Schule alleine für alle erschlossen zu werden. Wer gleichschaltet, betreibt Qualitätsvernichtung auf allen Ebenen.
Meine Damen und Herren, man sollte sich dieses Zitat wirklich vor Augen führen, wenn wir in den kommenden Wochen die entsprechende Diskussion im Lande führen.
Ich möchte auch dem Kollegen Wägemann noch etwas Zeit geben. Wir sind zu dritt, jedoch haben wir bewusst aufgeteilt, weil hier verschiedene Komponenten zur Sprache kommen sollen.
Zuvor will ich mich aber noch bedanken. Ich möchte dem Kultusminister ausdrücklich Dank sagen. Er macht eine Kärrnerarbeit an einer nicht leichten Front, an einer Diskussionsfront, die auch viel sachliche Kritik mit sich bringt. Herr Pfaffmann, Ihre Kritik lag heute wirklich oft daneben. Ich muss sagen, der Kultusminister hat es nicht verdient, so unqualifiziert und unsachlich angegriffen zu werden wie von Ihnen.
Ich sage allen Dank, die sich in der Bildungspolitik bemühen. In der Zusammenarbeit mit der FDP besteht ein hoch engagierter Arbeitskreis. Dies möchte ich ausdrücklich an Sie, Frau Will, und auch an die Fraktion sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Fraktionsvorsitzenden Georg Schmid haben wir auch an der Spitze dieser Fraktion jemanden, der sehr wohl etwas von Bildungspolitik versteht. Lieber Herr Pfaffmann, den diesbezüglichen Satz zu Beginn Ihrer Rede hätte ich mir deshalb an Ihrer Stelle erspart. Es war peinlich, wie Sie vorhin unseren Fraktionsvorsitzenden angegriffen haben. Es war peinlich, dass dieser Satz von Ihnen gekommen ist. Ich freue mich auch, mit einem Ministerpräsidenten an der Spitze in die Zukunft zu gehen, der Bildung als oberstes Ziel seiner Politik beschreibt. Wir werden sicherstellen, dass die Schwachpunkte, die die bayerische Bildungspolitik da und dort noch hat, in der Zukunft so verbessert werden, dass die Bevölkerung in diesem Lande sagt: Wir sind froh, in Bayern zu leben, damit unsere Kinder eine bayerische Schule besuchen können.
Ich bin Ihnen dankbar für Ihren Hinweis; denn er gibt mir die Chance, darauf hinzuweisen, dass wir mehr haben als ein dreigliedriges Schulsystem. Ich habe immer formuliert, dass wir ein vielgliedriges Schulsystem haben. Sie müssen einmal sehen, welch hohes Maß an äußerer und innerer Differenzierung wir haben. Sie müssen einmal sehen, wie viele verschiedene Zweige an den Gymnasien und den Realschulen angeboten werden. Wir leisten uns in der Tat - übrigens durchaus auch finanziell ein vielgliedriges Schulsystem, das an die 20 verschiedene mittlere Bildungsabschlüsse ermöglicht. Wir versuchen, den jungen Menschen so gerecht zu werden, dass ihre Begabungen, Neigungen und Fähigkeiten bestmöglich gefördert werden. Es ist gut so, dass wir das machen; denn im Prinzip sind wir auf die Fähigkeiten der jungen Menschen angewiesen. Es ist unsere Aufgabe, den jungen Menschen zu helfen, ihre Fähigkeiten zu entdecken und sie entsprechend zu
fördern. Das ist ein wichtiger Maßstab. Für mich ist ein guter Lehrer ein Schatzsucher, der die Fähigkeiten und Begabungen eines Kindes entdeckt und fördert. Ich bin froh, dass wir sehr viele Lehrer haben, die - vielleicht an der Beratung der Eltern vorbei sagen: Der Junge ist so gut, er gehört auf das Gymnasium; den müssen wir fördern. Oft haben gerade die Eltern nicht den Mut, ihr Kind an eine andere Schule zu geben, werden aber dann von den Lehrkräften ermutigt. Wir haben in Bayern eine Vielfalt, wie es sie in keinem anderen Land gibt. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass das bayerische Schulsystem in seiner jetzigen Form durchaus weiterentwickelt werden kann, aber in seiner Gesamtheit nicht zerstört werden darf.
Wir wären unvernünftig: Wir schließen seit Jahren überall mit den besten Ergebnissen ab und würden unser eigenes Schulsystem zerstören. Wer kann denn so etwas verlangen? Wir können es weiterentwickeln, müssen es aber in dieser Differenziertheit belassen. Das kommt den Kindern zugute.
Herr Abgeordneter, während Ihrer Rede hat Ihre Kollegin Noichl die Politik des Kultusministers als "Dreckspolitik" bezeichnet. Teilen Sie meine Auffassung, dass dies eine niveaulose Äußerung ist und einer Entschuldigung bedarf?
Herr Präsident, Hohes Haus! Ich bin außerordentlich dankbar, dass Joachim Unterländer dieses Thema hat auf die Tagesordnung setzen lassen. Ich bin deshalb dankbar, weil ich in der Tat den Eindruck habe, dass nicht hier im Plenum - ich schließe da alle Fraktionen positiv ein - das Bewusstsein fehlt, aber mitunter in der breiten Öffentlichkeit, dass das Zeitfenster für Bildung und Erziehung im frühkindlichen Alter extrem weit geöffnet ist. Das birgt Chancen und Gefahren. Es birgt dann Gefahren, wenn in dieser prägenden Zeit eines Menschen nichts, zu wenig oder gar Schlechtes geschieht, und es birgt großartige Chancen, wenn in dieser Zeit Positives, Gutes geschieht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich müssten wir alle ein kleines Kind beneiden - beneiden um die Fähigkeit, in kürzester Zeit unwahrscheinlich viel aufzunehmen und zu lernen. Das kindliche Gehirn nimmt auf wie ein Schwamm. Es ist Wahnsinn, was in wenigen Tagen, Wochen, Monaten von einem kleinen Kind wahr- und aufgenommen wird.
Deshalb ist diese Zeit für Erziehung und Bildung von derart immenser Bedeutung, dass wir uns gesellschaftlich weit mehr Gedanken darüber machen müssten, als es derzeit geschieht.
Ich will in dieser Diskussion jetzt nicht ins Kleinkarierte gehen. Mir geht es darum, hier aufgrund der langen Erfahrung, die ich in der Pädagogik gesammelt habe, zu sagen, dass wir alle zusammen manches Mal Gefahr laufen, zu sehr auf Exzellenzuniversitäten und Ähnliches zu achten und dabei die frühkindliche Bildung etwas hintan zu stellen.
- Lassen Sie mich das hier doch einfach einmal positiv darstellen. Ich möchte zum Ausdruck bringen, wie wichtig es für die Entwicklung eines Menschen ist, wenn ihm in der Phase nach der Geburt liebevolle Zuwendung zuteil wird.
Dies bedeutet ein großes Lob an alle Mütter, alle Väter, auch an alle Großeltern und andere Bezugspersonen. Ich grenze hier nicht ein. Es ist ein Lob an alle Menschen, die einem Kind nach der Geburt eine höchst liebevolle Zuwendung schenken. Diese Zuwendung halte ich für wichtig, weil sie das Urvertrauen legt. Wenn dieses Urvertrauen in die Welt bei einem Kind nicht in den ersten Lebensmonaten geschaffen wird, wird der Mensch - das kann Ihnen jeder
Psychoanalytiker bestätigen - zeitlebens Probleme haben, die dann aber auch uns Probleme machen; dies ist nämlich die Kehrseite.
Übrigens hat Bayern sehr früh, nämlich unter Kultusminister Hans Maier, als es um die Kindergärten ging, erkannt, dass diese keine reinen Betreuungseinrichtungen sein dürfen, sondern Einrichtungen zur Erziehung sein müssen.
Das Prägen des Kindes in diesem Alter ist etwas Irreversibles. Die Charakterprägung ist mit dem zwölften Lebensjahr abgeschlossen. Wir können noch so viel im 14. oder 18. Lebensjahr an den Schulen zu korrigieren versuchen, prägen können wir den Jugendlichen dann nicht mehr. Wer als Kleinkind keine Regeln lernt, für den wird es später viele Stunden schulhausinterner Erziehungshilfe brauchen.
- Ich hetze hier nicht gegen die SPD und die Freien Wähler. Ich will lediglich einen Gedankengang klar zu Ende bringen. Dieser Gedankengang heißt: Das Thema ist so wichtig, dass wir uns in vielen Beratungen noch intensiv damit beschäftigen müssen, was wir tun müssen, damit ein Kind in dem betreffenden Alter die richtige Betreuung erhält.
Ich sehe auch den klaren Auftrag an die Politik, darüber nachzudenken, ob wir unser Bildungssystem vielleicht ein bisschen auf den Kopf gestellt haben, wobei ich auch an die Investitionen denke.
Es ist besonders wichtig, für den frühkindlichen Bereich, auch was das Personal und seine Schulung, was die Ausbildung und die Anerkennung in der Gesellschaft angeht, mehr zu tun. Was unsere Erzieher draußen leisten und was Menschen in Kinderkrippen und anderen Institutionen leisten, die sich um Kinder kümmern, deren Eltern sich vielleicht nicht um sie kümmern, wo zum Teil Elternersatz stattfindet, ist einfach enorm. Da ist auch an Rahmenbedingungen zu denken. Was in den genannten Einrichtungen geleistet wird, verdient Anerkennung gerade auch durch die Gesellschaft, damit diese Einrichtungen das ihnen gebührende Ansehen erhalten.
Es macht dieses Parlament manches Mal so billig, dass praktisch nur über Geld diskutiert wird. Geld ist zwar wichtig, wir brauchen es, und das Geld, das hier investiert wird, ist gut investiert. Aber wenn man alles nur noch auf das Geld, auf mehr Geld, auf Haushaltsansätze und Sonstiges reduziert, ohne über die Inhalte zu diskutieren, dann bedeutet das ein Armuts
zeugnis in den Augen aller, die in unserer Gesellschaft weiterdenken.
Herr Präsident, Hohes Haus! Vor exakt 20 Jahren haben wir in dieser Republik gezittert, weil wir nicht wussten, wie es drüben in der DDR weitergeht. Vor fünf Tagen hat der Bundespräsident eine exzellente Rede gehalten und den Mut der siebzigtausend Menschen in Leipzig gewürdigt. Er hat den Einsatz dieser Menschen für Freiheit und Demokratie gewürdigt. Wir sind verpflichtet, die Erinnerung an diese Zeit wach zu halten, an eine Zeit, in der unseren deutschen Landsleuten im anderen Teil des Landes immens viel Unrecht geschehen ist. Viele sitzen hier im Raum, die noch die alte DDR kannten. Sie wissen, mit wie viel Angst wir uns selbst als Bundesbürger dort aufgehalten haben und wie froh wir waren, wenn wir in Hof wieder auf bundesdeutschen Boden zurückgekehrt sind.
Wir waren froh darüber, dass wir nicht dort drüben leben mussten, wo es die Todesstrafe gab, die auch vollstreckt wurde, wo es einen Schießbefehl gab, der über 1.100 Menschen das Leben gekostet hat, wo Kinder ihren Eltern genommen wurden - ich erinnere an einen aktuellen Film - und wo vieles andere mehr geschehen ist. Dort wurde zutiefst gegen Menschenrechte verstoßen. Ich war vor einigen Jahren in Hohenschönhausen und kann Sie nur ermutigen, dorthin zu gehen. Wer sich Zeitzeugen anhört, die dort inhaftiert waren, wird gar nicht anders können als die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die DDR ist ein Teil unserer deutschen Geschichte, und die Erinnerung daran wach zu halten, ist Aufgabe des Geschichts- und des Sozialkundeunterrichts. Nichts anderes fordern wir mit diesem Antrag. Ich möchte Frau Sandt ein Kompliment dafür machen. Es ist ein guter Antrag. Wir hatten hier schon im Mai eine Debatte über dieses Thema geführt, bei der es auch sehr viel Übereinstimmung gab. Es gab in der Koalition sehr viel Übereinstimmung, aber auch mit den Freien Wählern, die ich hier ausdrücklich mit einbinden will. Wir müssen die Notwendigkeit erkennen, dass dieser Teil deutscher Geschichte nicht einer möglicherweise bewussten Vergesslichkeit preisgegeben wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Forderung, Zeitzeugen den Besuch in Schulen zu ermöglichen, bedeutet nicht, dass es bisher verboten wäre, dass sie in den Schulen sprechen. Vielmehr möchte das bayerische Parlament, das auch für die Schulen in
diesem Land verantwortlich ist, ein Zeichen dafür setzen, dass Besuche von Zeitzeugen an den Schulen zu begrüßen sind und dass sich die Schulen noch intensiver als bisher mit diesem Thema befassen müssen. Wir wollen, dass sie die Möglichkeit nutzen, Zeitzeugen anzusprechen und einzuladen. Der Antrag enthält nicht die geringste Kritik an den Schulen. Er stellt vielmehr die Aufforderung und den Wunsch eines Parlaments dar, sich dieses Themas in Zukunft noch mehr anzunehmen, damit nicht die im Moment noch bestehende Chance verlorengeht, die Menschen zu hören, die diese Zustände noch erlebt haben. Sie müssen ihnen einmal zuhören.
- Entschuldigung, Frau Pranghofer hat beckmesserisch so gesprochen, als wenn das Kultusministerium solche Besuche verbieten würde.
Hier geht es um viel mehr.
Mir missfällt, dass Sie nicht über die großen Zusammenhänge diskutieren, sondern klein klein -
- Hören Sie doch auf. Das Wort "ermöglichen" kann man so oder so interpretieren. Wenn man sich aber vor dem Thema drücken will, kann man sich bewusst in Wortklauberei verzetteln. Nichts anderes wollen Sie.
Liebe Frau Pranghofer, in der deutschen Geschichte hat die SPD wirklich -
- Ich kenne den Brief schon. Lassen Sie mich bitte ausreden. Die deutsche Sozialdemokratie hat im Umgang mit Diktaturen eine große und hervorragende Vergangenheit, die auch bei mir alle Achtung hervorruft. Ich habe höchsten Respekt vor den SPD-Abgeordneten, die im Berliner Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben, mit all den Konsequenzen, die für sie persönlich damit verbunden waren. Ich werde, wo immer ich das kann, diese bewundernswerte historische Rolle der Sozialdemokratie erwähnen und nie außen vor lassen. Das Tragische ist: Im Kampf gegen
den Extremismus hat die SPD eine große Vergangenheit, aber eine blamable Gegenwart.
Diese Gegenwart ist so blamabel, dass Sie nicht einmal einem so selbstverständlichen Antrag zustimmen können. Ich verstehe nicht, warum Sie diesen Antrag mit so seichten Begründungen ablehnen. Sie haben gesagt, das sei Quatsch. Haben Sie sich bewusst gemacht, was Sie sagen? Es sei Quatsch, dafür zu plädieren, Zeitzeugen aus der ehemaligen DDR in unsere Schulen zu holen.
- Ich habe es doch mitgeschrieben. Frau Pranghofer hat das Ganze als Quatsch bezeichnet. Ich habe es wörtlich mitgeschrieben. Frau Kollegin Sandt hat vernünftigerweise gefordert, dass die Staatsregierung ermöglichen sollte, Zeitzeugen an die Schulen zu holen, weil diese aktiv ihre Erfahrungen schildern könnten.
Diese vernünftige Forderung bezeichnen Sie als Quatsch. Dafür habe ich kein Verständnis. Frau Kollegin Pranghofer, das ist geschichtspolitisch so daneben, dass mir die SPD leid tut.
Wenn Sie glauben, Sie könnten von der miserablen Rolle, die die SED gespielt hat und die in der Folge die Linken spielen, ablenken, haben Sie sich getäuscht. Sie haben genau das Gegenteil dessen bewirkt, was Sie eigentlich wollten. Der Antrag ist gut.
Diese Frage dürfen Sie gern stellen. In meiner Zeit als Staatssekretär gab es eine große bundesweite Untersuchung darüber, wo die Jugend am besten über das informiert ist, was in der DDR geschehen ist. Das Ergebnis war sehr erfreulich: Bayern wurde
als das Bundesland identifiziert, in dem die Jugend am besten über das DDR-Unrecht Bescheid wusste. Ich kann mit Stolz auf eine Zeit zurückblicken, in der wir dies thematisiert haben. Trotzdem sage ich: Wer aufhört, besser sein zu wollen, hat aufgehört, gut zu sein. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir hier weitermachen müssen. Wir müssen auch die Möglichkeit nutzen, Zeitzeugen hereinzuholen, was zunehmend schwieriger wird. Diese Zeitzeugen können von dem berichten, was sie selbst erlebt haben. Diese Möglichkeit ist jedoch durch das Lebensalter dieser Menschen begrenzt. Deshalb sollten wir die Nutzung dieser Möglichkeit anregen. Damit setzen wir einen bewährten Weg in der Zukunft fort.
Das haben wir doch gemacht. Ich muss mich wiederholen: Wir haben eine gute Aufklärungsarbeit gemacht. Wir machen immer noch eine gute Aufklärungsarbeit. So gut, wie wahrscheinlich in keinem anderen Land. Die Schulbücher wurden untersucht. Wir haben in Bayern gezielt den Auftrag erteilt, in den Schulbüchern die Geschichte fortzuschreiben und die Bücher entsprechend zu überarbeiten. Wir haben dafür gesorgt, dass in den Schulbüchern auch das DDR-Unrechtsregime genannt wird. Auch der Bürgerwiderstand in der DDR wurde dabei hervorgehoben. Ich sage noch einmal: In Sachen politische Bildung kann man nicht zu viel tun. Wir haben bei der politischen Bildung einen permanenten Auftrag. Die CSU und die FDP werden diesen Auftrag, solange sie Verantwortung tragen, exakt und gewissenhaft erfüllen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Wort "dringlich" wird manchmal verwendet, obwohl eine Angelegenheit nicht dringlich ist. Im Augenblick diskutieren wir über einen Antrag zu einer Angelegenheit, die extrem dringlich ist und die uns hier im Hohen Hause einen muss. Wir müssen dort helfen, wo Hilfe dringend notwendig ist, um nicht Gefahr zu laufen, dass in einer Region ein Unternehmen endet, welches für diese Region seit acht Jahrzehnten von entscheidender und maßgeblicher Bedeutung war und ist. Es handelt sich um ein Unternehmen, das viele schwierige Zeiten überstanden hat, sich jetzt eigentlich wieder bestens aufgestellt hat und dennoch aufgrund vieler Faktoren, die ich hier nicht diskutieren will, in Gefahr gerät. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht um ein Urgestein der fränkischen Wirtschaftsgeschichte. Es geht um die Quelle, ein Unternehmen, das jedem bekannt ist. Für die Region Mittelfranken und insbesondere für den Ballungsraum Fürth und Nürnberg ist Quelle von erheblicher und existenzieller Bedeutung.
Meine Damen und Herren, wir haben den Dringlichkeitsantrag deswegen eingereicht, weil wir der Auffassung sind, dass wir den Menschen in dieser Region ein klares Signal senden wollen. Das Unternehmen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegen uns so am Herzen, dass wir alles tun möchten, um zu helfen.
Betroffen sind vor allem Kolleginnen und Kollegen aus dem Nürnberger Raum. Zu nennen sind Petra Guttenberger und Hans Herold, die die Fürther Stimmkreise direkt vertreten, aber auch die Nürnberger Günther Beckstein, Hermann Imhof und Markus Söder. Das Gleiche gilt gleichermaßen für die Kolleginnen und Kollegen von der SPD, den GRÜNEN und den anderen Parteien. Die Sorge um die betroffenen Menschen eint uns.
Sorgen haben die Region und ihre Arbeitnehmer. Sorgen haben aber auch viele andere Unternehmen in Bayern, die mit dem Konzern eng verbunden sind. Ich habe mir die Zahlen geben lassen, die zeigen, welchen Einfluss Quelle auf Bayern hat.
Herr Beyer, bitte lassen Sie mich schildern, wie wichtig dieses Unternehmen für diese Region ist. Ich möchte der Öffentlichkeit sagen, warum wir hinter einem Unternehmen stehen.
Lassen Sie mich bitte daran erinnern, dass dieses Unternehmen 700 Zulieferbetriebe in Bayern hat. Bayerische Unternehmen machen aufgrund der Quelle eine Milliarde Euro Umsatz.
Lassen Sie mich weiter ausführen: 200 Unternehmen sind mit über einer Million Euro beteiligt. Im wahrsten Sinne des Wortes ist die Quelle auch für Bayern eine Quelle. Denken Sie bitte auch daran, dass wir Betriebe haben, die von der Quelle abhängig sind. Zu nennen ist zum Beispiel ein Küchenhersteller aus dem Raum Neuburg an der Donau, der 90 % seiner Einrichtungen an Quelle veräußert. Auch dieser Küchenhersteller sowie die Holzwirtschaft dort sind nachhaltig betroffen. Ich möchte schildern, was alles an diesem Unternehmen hängt, damit die Leute wissen, dass uns in der Politik bewusst ist, wie eng alles miteinander zusammenhängt.
Jetzt geht es um die entscheidende Frage. Ich habe mit der Betriebsratsvorsitzenden, Frau Ulonska, telefoniert. Sie ist eine sehr aktive und rührige Frau, der ich großen Respekt ausspreche, da sie in den letzten Wochen sehr viel ausgestanden und viele Diskussionen geführt hat. Sie und Ernst Siebel, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende, haben glaubhafte Diskussionen geführt. Ich muss sagen: Hohen Respekt vor der Personalvertretung von Quelle, die großen Einsatz gezeigt und überzeugenden Kontakt zur Politik aufgenommen hat.
Das ist auch sehr wichtig. Günther Beckstein hat mit Frau Ulonska Gespräche geführt. Sie ist sehr dankbar dafür, dass sich der Landtag intensiv bemüht. Frau Ulonska hat natürlich eine ganz große Sorge. Wenn heute oder morgen keine entsprechenden Entscheidungen hier oder in Berlin fallen, könnte dies das Aus für viele Teile des Unternehmens und die Arbeitslosigkeit vieler Menschen bedeuten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das möchten wir und alle, die den Antrag eingebracht haben - danke der FDP, die hier mitgezogen hat -, ansatzweise verhindern.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin kein Wirtschaftsexperte. Doch mir ist vollkommen bewusst, dass wir nicht jedem Unternehmen helfen können. Wir können vor allem kein Geld zur Verfügung stellen, das nach einem Vierteljahr wieder verschwindet. Steuergelder würden damit auch vernichtet. Diese Verantwortung tragen wir generell in dieser Debatte. Wenn es eine Möglichkeit gibt, dass mit geringer Hilfe viel gerettet und zum Guten gewendet werden kann, dann sollten wir das unbedingt tun. Für mich war es eine erfreuliche Erkenntnis -ich wusste es nicht im Detail -, dass die Neuformierung von Quelle gerade im E-Commerce, also Internethandel, so hervorragend gelaufen ist, dass Quelle auf Platz 3 des Internethandels steht. Das ist eine enorme Leistung, die sich auch in den Zahlen ausdrückt. Nach Amazon und eBay ist Quelle inzwischen auf Platz 3. Quelle hatte letztes Jahr ein Plus von 24 % bei den Onlinenachfragen und hat über 13,4 Milliarden Euro an Waren und Dienstleistungen über das Internet erwirtschaftet. Das heißt, dass Substanz vorhanden ist. Die Betriebsratsvorsitzende sagte zu mir, sie komme sich vor wie bei einem Marathonlauf, bei dem bei Kilometer 40 möglicherweise die Kraft und die Unterstützung ausgehen.
Deshalb bitten wir darum, dass die Staatsregierung ihren Weg fortführt, den sie schon sehr positiv und mit persönlichem Einsatz des Herrn Ministerpräsidenten eingeschlagen hat. Ich sage an dieser Stelle ausdrücklich: Herr Ministerpräsident, herzlichen Dank auch vom Betriebsrat. Für die intensiven Gespräche, die geführt worden sind, hat es ein großes Lob gegeben. Durch die Gespräche ist ein großes Vertrauen entstanden, und wir haben die Hoffnung, dass die Staatsregierung die Entwicklung wohlwollend begleitet und mithilft, entsprechende Hilfen zu veranlassen. Dass dies nur begrenzt möglich ist, ist jedem bewusst, der sich mit der schwierigen Materie auseinandersetzt.
Ich möchte noch einen interessanten Punkt ergänzen. Im Versandhandel ist alles noch erheblich komplexer und schwieriger als im normalen Verkauf, da viel mehr vorfinanziert werden muss. Deswegen hat Quelle im Gegensatz zu anderen Unternehmen doppelte Schwierigkeiten, in dieser Komplexität verstanden zu werden. Es ist dringend notwendig, dass ein neuer Katalog aktuell - heute, morgen oder übermorgen - gedruckt werden kann. Nur wenn der Katalog rausgeht, können auch Bestellungen eingehen und Ware eingekauft sowie verkauft werden. Dann läuft der Geldfluss wieder an. Das sind die Anliegen, die wir haben. Ich bin sehr dankbar, dass sich die Staatsregierung dafür einbringt und die Kolleginnen und Kollegen so mitziehen.
Ich betone noch einmal: Diese Quelle, dieses Unternehmen mit all den anderen Tochtergesellschaften, die hier noch dranhängen, ist von großer Bedeutung. Wir
sollten alles tun, um dieses Unternehmen zu retten. Wir sollten vor allem dort helfen, wo die Steuergelder sinnvoll verwendet werden können. Vielleicht werden aus Steuerausgaben jetzt erheblich mehr Steuereinnahmen in der Zukunft.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eines der verlogensten Bilder der deutschen Geschichte ist zweifellos das von den ineinander verschränkten Händen, das Symbol der SED, die Ende April 1946 in Ostberlin gegründet wurde und die sehr bald zur alles beherrschenden Staatspartei der DDR mutierte. Die verschränkten Hände standen für die damaligen Vorsitzenden der KPD und der SPD in der sowjetischen Besatzungszone, für Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl. Diese verschränkten Hände standen auch für die Unterdrückung zahlreicher aufrechter Christdemokraten und Liberaler wie auch Sozialdemokraten in der sowjetischen Besatzungszone, die sich dem Trend einer totalitären Entwicklung nicht fügen wollten. Nicht wenige litten und starben in sowjetisch geführten Internierungslagern.
Anfang 1990, wenige Monate nach dem Fall der Mauer, wurden die verschränkten Hände von der Wand des Gebäudes des Zentralkomitees der SED in Ostberlin abgenommen. Wie wir heute wissen, war noch nicht alles zu Ende. Im Gegenteil. Das kommunistische Regime der DDR entfaltet heute einen nostalgischen Glanz, wie es zum Zeitpunkt der Wende 1989/1990 die wenigsten für möglich gehalten hätten. Es wird relativiert und bagatellisiert. Es wird verschwiegen und schöngefärbt. Es wird leider auch von Sozialdemokraten - von Gesine Schwan gar nicht mehr zu reden
wie dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, opportunistisch bestritten, dass es sich bei der DDR um einen Unrechtsstaat handelte. Welch schlichte Verkennung der Tatsachen und welch unrühmlicher Wettstreit der SPD mit den Ideologen der Linkspartei!
In unserem Antrag wird mit gutem Grund auf die im letzten Jahr erschienene Studie des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin "Soziales Paradies oder Stasi-Staat" zum DDR-Bild von Schülern im Ost-West-Vergleich verwiesen. Die Studie hat Furore gemacht.
Ich sage das nicht selbstgefällig, weil - wie wohl die meisten in diesem Hause wissen - die bayerischen Schülerinnen und Schüler mit am besten abgeschnitten haben. Das Stichwort - für manchen außerhalb Bayerns sehr schmerzhaft - lautete: Bayerische Hauptschüler wissen mehr als Gymnasiasten in Brandenburg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren die Studie hat vor allem gezeigt - und das unterstreicht die Bedeutung unseres Antrages -: Wer nichts weiß, erliegt am leichtesten Verführern und Manipulateuren. Dies gilt für alle Bildungsinhalte, es gilt für Geschichte im Besonderen.
Ich darf dies mit mehreren Beispielen belegen. Viele Schülerinnen und Schüler, in diesem Fall aber auch Lehrerinnen und Lehrer, konnten oder wollten nicht glauben, dass es in der DDR bis 1987 die Todesstrafe gab, ja, dass diese auf besonders heimtückische Weise vollstreckt wurde. Ebenso viele Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer konnten und wollten nicht glauben, dass der Geheimdienst der DDR, die Staatssicherheit, eine staatskriminelle Einrichtung war, die im In- wie im Ausland die Menschenrechte mit Füßen trat und viele Menschenleben physisch und psychisch ruinierte. Viele glaubten hingegen, die Stasi sei gewissermaßen ein normales und legitimes Staatsschutzunternehmen gewesen, etwa wie der Verfassungsschutz in der Bundesrepublik.
Gerade was die Stasi anbelangt, sind wir durch die Enthüllungen der letzten Woche noch einmal eines Besseren belehrt worden. Sie alle wissen, was ich meine: die Tatsache nämlich, dass der Todesschütze des 2. Juni 1967 in Westberlin, der Polizeibeamte KarlHeinz Kurras, sowohl Mitglied der SED als auch StasiAgent war.
Professor Dr. Klaus Schroeder, Hauptautor der von mir genannten Studie über die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler zur DDR-Geschichte, hat dazu in der
"Welt am Sonntag" vom 24. Mai, also vor drei Tagen, unter anderem ausgeführt - ich zitiere -:
Wäre die Stasi-Mitarbeit von Kurras schon am 3. Juni 1967 publik geworden, hätten linke Ideologen dies für eine plumpe Ablenkung reaktionärer Staatskreise und der Springer-Presse gehalten, so etwas hätte nicht in ihr Weltbild gepasst. Vielleicht aber wären viele junge Menschen aus dem Umfeld des Linksradikalismus misstrauisch geworden und hätten in den frühen Siebzigerjahren mehr Distanz zum Terrorismus entwickelt.
Das von der radikalen Studentenbewegung an die Wand gemalte Schreckgespenst des in der Bundesrepublik weiterlebenden Faschismus hätte Risse bekommen und einen kritischeren Blick auf die DDR gelenkt.
Ende des Zitats. Mancher mag nun einwenden: Das alles ist Geschichte, es ist über viele Jahrzehnte her. Nein, meine Damen und Herren, so ist es nicht. Geschichte ist die Ressource, aus der wir unser Bild von der Welt gewinnen. Geschichte ist auch nichts Beliebiges. Geschichte ist jene Erfahrung, die wir nach den Koordinaten von Gut und Böse messen. Sie wissen, wie wichtig mir als dem für die Stiftung Bayerische Gedenkstätten Verantwortlichen dieses im Kern sittliche Anliegen ist.
Diese sittliche Verantwortung gilt aber auch im Blick auf Geschichte insgesamt. Das DDR-Regime - ich erinnere noch einmal mit vielen Ausrufezeichen daran - hat 17 Millionen Deutsche über vier Jahrzehnte in Gefangenschaft gehalten. Es hat sie unterdrückt und manipuliert. Es hat sie von der Welt und vom Geist echter Liberalität ferngehalten. Das DDR-Regime ist nach dem heutigen Erkenntnisstand für mehr als 1.200 Tote unmittelbar verantwortlich - Menschen, die an der Mauer durch Berlin wie an der Grenze von der Lübecker Bucht bis Hof erschossen oder von Minen bzw. Todesautomaten zerfetzt wurden. Man muss diese brutalen Wahrheiten in Erinnerung rufen. Es wäre verantwortungslos, sie zu verbrämen.
Meine Damen und Herren, das DDR-Regime hat zugleich - auf vielfache Weise manipuliert, mit hoher krimineller Energie und vielfach mit erschreckendem Erfolg - auch die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beeinflusst. Karl-Heinz Kurras ist nur ein Beispiel dafür. Die Terroristen der RAF besaßen auf dem Territorium der DDR eine sichere Rückfallposition. Sie konnten sich dort im "Arbeiter- und Bauernparadies" erholen und auf Schießplätzen an der Verbesse
rung ihrer verbrecherischen Kompetenz arbeiten. Mit Willy Brandt wurde sogar ein Bundeskanzler Opfer der Stasi, die ihn persönlich ausspionierte.
Meine Damen und Herren, wir müssen am Ende Folgendes festhalten und uns daran orientieren:
Erstens. Die Geschichte der kommunistischen Diktatur auf deutschem Boden von 1949 bis 1989 ist als Teil unserer nationalen Geschichte von größter Bedeutung für unser historisches Erinnern und zur Orientierung überhaupt. Daraus leitet sich jener Handlungsauftrag ab, der auch unserem Antrag zugrunde liegt: Es bedarf der steten, freimütigen und offenen Aufklärung. Aufklärung muss auch und gerade dann geleistet werden, wenn sie unbequem ist und manchem auch schmerzhaft erscheint. Wer nicht aufklärt, der manipuliert und verkleistert, und er liefert die Voraussetzungen für künftiges Irren.
Zweitens ist historische Aufklärung zugleich eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz von Demokratie, Rechtsstaat und freiheitlicher Ordnung. Wer die DDR-Diktatur bagatellisiert, der wird früher oder später dazu neigen, auch die normativen Grundlagen zu relativieren, auf denen wir stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt eingehen, den nachgeschobenen Antrag der GRÜNEN. Hierzu möchte ich schon einige überdeutliche Worte auch an Sie richten, meine Damen und Herren.
- Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nicht lachen, sondern eindeutig verurteilen, was in diesem Antrag steht.
Der erste Satz des GRÜNEN-Antrages, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist okay. Die GRÜNEN sagen immerhin - im Gegensatz zu Gesine Schwan -, die DDR war ein Unrechtsstaat.
Aber, meine Damen und Herren, ich kann es leider nicht, und ich will es nicht nachvollziehen, was im zweiten Teil Ihres Antrages steht.