Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Fahrenschon hat heute Vormittag von der Zwei-zu-eins-Regelung gesprochen. Daher stellt sich für mich die Frage, ob diese Zwei-zu-eins-Regelung auch für die Ökologie gilt. Hier habe ich sie nicht entdeckt.

In dem Zusammenhang möchte ich auch auf einen Kollegen eingehen, der aus der Kommunalpolitik kommt und hier mit Stolz geschwellter Brust über die Erfahrungen aus der Kommune berichtet hat. Herr Kollege, nicht einmal die Staatsregierung kann die Frage beantworten, wie hoch die Zinsleistungen der Gemeinden sind, die bei der Sanierung von Abwasser- und Wasserleitungen Vorleistungen erbracht haben. Nicht einmal die Staatsregierung kann sagen, wie hoch die Zinsbelastung der Kommunen ist, die dadurch entstanden ist, dass die Staatsregierung ihre Schulden bei den Gemeinden immer noch nicht getilgt hat.

(Beifall bei der SPD)

Wer hier ein Loblied auf die Kommunen singt, macht sich nur lächerlich. Gehen Sie doch hinaus zu Ihren Bürgermeistern und fragen Sie sie. Die werden Ihnen sagen, was los ist.

Der Schein und nicht die Tatsachen bestimmen bei Ihnen das Sein. Tatsache ist, dass wir in Bayern ein ungeheures Artensterben haben. Es ist größer als in allen anderen Regionen, weil wir an unserer Natur Raubbau betrieben haben. Dazu möchte ich auch gerne auf den Kollegen Dechant eingehen. Er hat gestern einen Satz losgelassen, bei dem ich zunächst dachte, es sei seine eigene Meinung, aber nicht die Meinung der FDP. Nachdem ich aber Herrn Thalhammer heute gehört habe, weiß ich, dass das offensichtlich die durchgängige Meinung der FDP ist. Er hat gesagt: "Landwirtschaft vor Natur!". Sie können es im Protokoll nachlesen.

(Tobias Thalhammer (FDP): Herr Dechant hat das gesagt!)

Wir haben gemerkt, dass es bei Ihnen offenbar einen Vorrang der Landwirtschaft und keinen Gleichklang zwischen Landwirtschaft und Natur gibt. Das ist Ihre Aussage. Ich sage Ihnen aber, Bayerns Bauern und Landwirte sind längst viel weiter.

(Beifall bei der SPD)

Die meisten Bauern in Bayern sorgen in der Landwirtschaft dafür, dass sie mit ihrer Existenzgrundlage in Einklang leben können.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen kann man nicht so wie die FDP sagen, dass die Landwirtschaft Vorrang vor der Natur haben muss. So funktioniert es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass dieser Gleichklang hergestellt ist. Nötigenfalls brauchen wir dafür Ausgleichsmittel. Das gilt bei Hochwasserausgleichs

maßnahmen genauso wie bei vielem anderen. Dann hätten wir diesen Gleichklang längst erreicht.

Herr Kollege, es freut mich, dass Sie sich heute gegen die Trassenführung der A 94 ausgesprochen haben.

(Tobias Thalhammer (FDP): Für Haag!)

- Sie sprechen sich für Haag und gegen das Isental aus.

(Tobias Thalhammer (FDP): Ich spreche mich vor allem für den Ausbau aus!)

Dazu darf ich Ihnen Folgendes sagen: Aufgrund Ihres Alters haben Sie offensichtlich noch ein anderes Politikverständnis als ich.

Wenn ich etwas ändern will, ändere ich es hier in diesem Haus. Deshalb bin ich hier. Ich kann dann nicht sagen: Man kann nichts mehr dagegen machen, obwohl ich es gerne hätte. Wenn wir uns einig wären, könnten wir hier anders entscheiden. Dazu sind Sie aber nicht Manns genug. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben eine Sowohl-als-auch-Haltung, damit man Sie genauso wie den Pudding nicht an die Wand nageln kann. Den kann man auch nicht an die Wand nageln. So kommen Sie mir vor. Das ist Ihre Art von Politik.

Zur Gesundheit haben Sie Gott sei Dank gar nichts gesagt.

(Tobias Thalhammer (FDP): Doch, habe ich auch!)

Das wäre schädlich für die Gesundheit gewesen. Dass Sie nichts gesagt haben, war gut so. Das zeigt auch die Meinung der FDP, aber hoffentlich nicht bei allen ihren Vertretern. Wir glauben, dass die Gesundheitspolitik in Bayern genauso wie die Umweltpolitik zu kurz kommt.

Wir haben beim Artensterben die längsten Roten Listen. Dagegen gilt es etwas zu tun. Sie sagten, Windkrafträder würden die Natur verschandeln. Kolleginnen und Kollegen, Sie betreiben doch gerade ein gigantisches Lift-Ausbau-Programm. Sind die Stützen, die am Berg stehen, schöner als Windräder? Können Sie mir das erklären? Erklären Sie mir doch bitte den Unterschied zwischen einem Windrad, das noch dazu ökologisch sinnvoll ist, und einer Liftanlage, die Strom verbraucht, oder einer Schneekanone, die Wasser und Strom verbraucht. Sie müssen mir einmal erklären, worin hier der Unterschied liegt - in der Verschönerung oder der Verschandelung der Natur.

(Thomas Kreuzer (CSU): Der Unterschied liegt doch klar auf der Hand!)

Herr Minister Söder, bei der energetischen Sanierung waren wir uns zumindest insoweit einig, als wir bei staatlichen Gebäuden endlich etwas tun müssen, nachdem wir es Ihnen zehn Jahre lang gepredigt haben. Wir müssen hier auch im Interesse des Geldbeutels des Freistaates Bayern etwas tun. Sie sind in der Frage ein Getriebener gewesen. Nur deshalb konnten wir etwas erreichen. Der Oberste Rechnungshof hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass wir zu viel Geld für die Energie ausgeben, weil wir unsere Gebäude nicht richtig gedämmt haben. Jetzt machen wir endlich etwas. Es wird auch Zeit. Ich habe dazu aber eine Bitte: Verlassen Sie sich nicht auf die Berechnungen der Architekten. Es gibt glaubwürdige Zeugen auch aus dem Kreis der Architekten, die bestätigen, dass 80 % der Selbstbescheinigungen über die Wärmeinsparung infolge von Dämmung falsch sind. Möglicherweise geben wir deshalb viel Geld aus, ohne das uns gesteckte Ziel zu erreichen. Meine Bitte ist: Kontrollieren Sie, was Sie tun und lassen Sie diese Herrschaften nicht etwas bescheinigen, was Sie am Ende möglicherweise gar nicht erreichen. Dann macht es nämlich keinen Sinn.

Noch einige Bemerkungen zu wesentlichen Themen für Bayern. Herr Staatsminister, es hat mich gefreut, dass Sie im Zusammenhang mit der Geothermie meine Worte von der Wärmflasche Bayern übernommen haben. Offensichtlich haben Sie endlich auch begriffen, dass die Geothermie eines der großen Themen Bayerns ist. Wir haben das Glück, dass wir auf dieser Wärmflasche sitzen. Lassen Sie uns dann aber für diejenigen, die bohren, die Risiken minimieren. Risiken gibt es bei der Geothermie immer wieder. Lassen Sie uns diese Risiken minimieren, um die Bereitschaft derer, die diese Quellen erschließen wollen, noch mehr zu fördern, als es bisher der Fall war. Wir haben mit dem Atlas schon ein gewisses Stück geleistet. Das ist eine gute Vorarbeit. Lassen Sie uns auf diesem Weg fortschreiten. Da haben Sie uns an Ihrer Seite, denn ich glaube, dass die Zukunft Bayerns darin liegt, dass wir die Wärmflasche, die wir unter uns haben, auch ausreichend nutzen.

Noch nicht so weit sind wir bei der Energieberatung. Hier wären wir gerne schon weiter. Wir meinen, dass wir die Kommunen und die Regierungen bei der Beratung über energieautarke Regionen noch mehr unterstützen müssen. Wenn wir es gemeinsam schaffen, so viel Energie wie möglich einzusparen, entlasten wir nicht nur unseren Haushalt, sondern auch die gesamten Haushalte der Bundesrepublik. Im Übrigen betreiben wir damit auch einen gigantischen Klimaschutz.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns von der Gigantomanie der Vergangenheit, möglichst große Kraftwerke zu bauen, wegkom

men. Große Kraftwerke sind nur das Spielzeug der Ingenieure. Je mehr Kilowatt man hat, umso stärker ist man. Lassen Sie uns eine kleinteilige Energieversorgung betreiben. Die ist wesentlich besser, und damit sparen wir auch jede Menge an Leitungsverlusten ein. Nachdem wir wissen, wie hoch die Leitungsverluste bei Strom sind, müssten wir doch längst begriffen haben, dass die kleinteilige Energieversorgung wesentlich besser ist als die Versorgung durch große Kisten, die möglichst weit weg sind und bei denen die Effizienz des Energieeinsatzes gerade einmal bei 42 bis 46 % liegt. Den Rest blasen wir irgendwo hin und verursachen noch alle möglichen Risiken, die damit verbunden sind.

Herr Kollege Hünnerkopf, Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze, weil Sie fachlich und auch inhaltlich sehr gut sind, aber, es tut mir leid, bei der Kernenergie verstehe ich Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben eine Auslauffrist beschlossen, die die Möglichkeit gibt, umzusteigen, einen neuen Energiemix zu organisieren. Lassen Sie uns das nutzen! Weichen Sie das nicht auf! Sobald Sie nämlich jetzt die Abschaltziele aufweichen, kommen andere sofort wieder zu der Auffassung, dass sie auf der Einsparseite nichts mehr zu tun brauchen, weil genug Energie vorhanden ist.

Lassen Sie uns dieses Ziel verfolgen und gemeinsam erreichen. Wir tun das im Interesse Bayerns und unserer Heimat. Gelegentlich darf muss man nicht dem Mainstream folgen, sondern muss sich in den Wind stellen, wie das der Herr Ministerpräsident in Berlin tut.

Lieber Herr Kollege Wörner -

Lassen Sie es uns bei der Kernenergie genauso machen, also gegen die anderen halten, uns anders aufstellen, ähnlich wie Österreich. Dann sind wir auf einem guten Weg.

Wir werden im Übrigen dem Haushalt nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile zu einer Zwischenbemerkung dem Herrn Kollegen Thalhammer das Wort.

Lieber Herr Kollege Wörner, nehmen Sie bitte erneut zur Kenntnis, dass die FDP für einen vernünftigen Einklang von Ökologie und Ökonomie steht.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Lassen Sie die Landwirte einfach ihre gute Arbeit machen, indem Sie sie nicht immer mit neuen Regularien überziehen. Nehmen Sie bitte ferner zur Kenntnis, wie ich es auch gesagt habe, dass uns wichtig ist, dass die A 94 gebaut wird und dass wir uns nicht beim Wie verzetteln.

Nehmen Sie bitte ferner zur Kenntnis - das ist mir außerordentlich wichtig -, dass ich, wie Sie auch selbst richtigerweise festgestellt haben, ein anderes Politikverständnis habe als Sie.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Augenblick! Das habe ich gleich erkannt: Gerade wurde der Antrag gestellt, dass wir eine namentliche Abstimmung über diesen Haushalt haben. Das gebe ich hiermit bekannt. Die 15 Minuten laufen.

Herr Kollege Wörner, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Thalhammer, über Vernunft lässt sich streiten, über Ansichten lässt sich diskutieren. Wenn das ihr Verständnis von Umweltpolitik ist, was Ihr Kollege und Sie heute von sich gegeben haben - Sie haben nämlich inhaltlich zur Umweltpolitik genauso viel gesagt wie im Ausschuss, nämlich nichts Inhaltliches -,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

dann sage ich Ihnen: Lassen Sie es dabei, dann können Sie keinen Schaden anrichten. Sagen Sie also am besten gar nichts dazu, weil sonst die Zuhörerschaft möglicherweise der Meinung ist, alle würden so ticken, wie Sie ticken, und das wollen wir nicht so gern.