Protokoll der Sitzung vom 12.05.2009

Ich eröffne die Aussprache. Vereinbart ist eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion. Begründung und Aussprache erfolgen gemeinsam. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Schopper.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben den ganzen Nachmittag im Grunde ein Schauspiel nach dem anderen erlebt, bei dem die CSU damit beschäftigt war, Fehler aus der letzen Legislaturperiode zu korrigieren.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Ein ums andere Mal hat die schauspielerische Darbietung geheißen: Wie feiere ich eine Niederlage heroisch?

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Beim Thema unseres Gesetzentwurfes sehen die CSU und die Staatsregierung auch so eine Altlast in ihrer Schatztruhe. Sie haben mit ihrem Antrag und ihrem Gesetzentwurf, den sie einbringen, sogar eine Rolle rückwärts eingeleitet. Wir von den GRÜNEN wollen Sie ganz klar bei dieser Rolle rückwärts bremsen. Wir hoffen auf eine breite Unterstützung in diesem Hause, damit wir Sie bei dieser Rolle rückwärts vielleicht ausbremsen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Herr Kollege Zimmermann ist jetzt schon gar nicht da. Denn er hat damals bei der Aussprache -

(Joachim Unterländer (CSU): Er hat einen Termin!)

- Er hat einen Termin. Wir wollen es ihm zum heutigen Zeitpunkt, zu dem noch nicht abgestimmt wird, nachsehen.

(Zuruf von der CSU)

- Da hat er noch keinen gehabt. So ein Termin kommt geschwind daher.

Dr. Zimmermann hat damals bei der abschließenden Beratung hier im Plenum in der CSU gruppendynamische Prozesse ausgemacht und attestiert, die zur Genese des damaligen ersten Gesetzentwurfes führten. Damals war diese Gruppendynamik auch für uns sehr positiv. Wir haben diesem Gesetzentwurf zugestimmt. Unser Gesetzentwurf zielt darauf ab, dass diese Gruppendynamik nicht erlahmt; denn wir wollen Katalysator dafür sein, dass dieser von uns heute eingebrachte Ge

setzentwurf zum Nichtraucherschutz und Gesundheitsschutz in Bayern ernst genommen und konsequent umgesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Alle Abgeordneten - Frauen und Männer - haben hier die Möglichkeit, einen effektiven Gesundheitsschutz zu befürworten. Sie haben hier im Parlament die Gelegenheit, nach den Beratungen die Hand zu heben. Ich lade Sie dazu nicht nur herzlich ein, sondern fordere Sie auf, hier für die Gesundheit zu stimmen.

Wir haben einen denkbar einfachen Gesetzentwurf eingebracht. Herr Kollege Streibl hat heute zwei Mal angemahnt, dass von ihnen ein verständlicher und konsequenter Gesetzentwurf gefordert wird. Wir haben einen mehr oder weniger ganz einfachen Gesetzentwurf eingebracht. Wir haben diese Hürde heute so gewählt, dass auch die Freien Wähler dem Gesetzentwurf auf jeden Fall zustimmen können, wenn das ihre Hürde ist.

Dieser Gesetzentwurf kommt sicherlich auch einigen aus der CSU-Fraktion und dem Hohen Haus sehr bekannt vor. Es ist nämlich der Gesetzentwurf, den die CSU-Fraktion 2007 verabschiedet hat, allerdings mit Ausnahme eines Halbsatzes, und zwar in § 1 Artikel 2 Nummer 8, wonach ein Teilsatz in Bezug auf die Ausnahmeregelung für Gaststätten gestrichen wurde. - Der Kollege Schmid freut sich, so, wie er drin sitzt, wie eine Brezn.

(Georg Schmid (CSU): Ich höre interessiert zu, mit höchster Freude! Ich bin ganz Ohr!)

- Auf jeden Fall hat der Fraktionsvorsitzende der CSU, der Herr Kollege Schmid, damals sein Gesellenstück geliefert - nein, das war nicht nur sein Gesellenstück; das war schon das Meisterstückerl, was Sie damals geliefert haben -,

(Georg Schmid (CSU): Herzlichen Dank! - Dr. Thomas Beyer (SPD): Er wird ganz rot!)

als er seine Fraktion auf Linie gebracht hat in Bezug auf eben genau diesen Halbsatz, den wir schon in der Aussprache genannt haben, wonach die Gaststätten, soweit sie nicht öffentlich zugänglich sind, von der Vorschrift ausgenommen sind. Diesen Halbsatz haben wir jetzt in unserem Gesetzentwurf zur Streichung vorgeschlagen, weil er damals schon das Einfallstor war, um einen effektiven Nichtraucherschutz in den Gaststätten auszuhöhlen. Alle diese Argumente werden hier immer wieder ins Feld gebracht. Wir haben schon die erste Lesung zu diesem Gesetzentwurf der Staatsregierung gehabt. Wir werden Ihnen sehr deutlich machen, dass die Rolle rückwärts nicht funktionieren wird.

Es werden auf der Straße Unterschriften gesammelt. Die Leute sind zornig und haben keine Lust mehr zu akzeptieren, dass hier die Politik mal Hü und mal Hott schreit. Ein Volksbegehren steht im Raum. Dem Druck, der hier aufgebaut wird, werden Sie nicht weichen können. Da können Sie sowohl im Parlament als auch draußen ein beredetes Beispiel erleben, wie Ihnen nochmals Beine gemacht werden;

(Beifall bei den GRÜNEN)

denn die Menschen haben es satt, wie ein Aschenbecher zu stinken, wenn sie aus der Kneipe gehen. Auch die Angestellten in den Kneipen haben ein Recht auf einen Gesundheitsschutz. Diese Ansatzpunkte wollen wir in unserem Gesetzentwurf klar regeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben heute Nachmittag immer wieder vom Verfassungsgericht gehört, wobei das bayerische Gesetz ausdrücklich gelobt wurde. Das ist in der Karriere vieler Gesetzentwürfe, die das Bundesverfassungsgericht den Bayern wieder vor die Hütt’n gelegt hat, nicht so oft passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An anderer Stelle hätten Sie wahrscheinlich vor Kraft kaum laufen können. Doch heute tun Sie so, als wäre Ihnen da nie ein Lob zuteil geworden.

Mit dem Gesetzentwurf, den wir hier einbringen, schlagen wir ein verfassungskonformes Gesetz vor. Dies ist mit unserem Gesetzentwurf gewährleistet. Wir wollen keine Aufweichung des Gesundheitsschutzes. Auch dies ist mit diesem Gesetzentwurf gewährleistet.

Wir laden Sie alle als frei gewählte Abgeordnete des Landtags ein, von Ihrem Stimmrecht und der Gelegenheit Gebrauch zu machen, für den Gesundheitsschutz parlamentarisch eine Mehrheit zu schaffen. Wir werden im Verlauf der Beratungen dafür weiter werben und sorgen, dass in Bayern ein verfassungskonformes und effektives Gesundheitsschutzgesetz Einzug hält. Ich bitte im weiteren Beratungsverlauf um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schopper. - Bei Gelegenheit würde mich einmal interessieren, wie sich eine Brezn freut.

(Heiterkeit - Tobias Thalhammer (FDP): Man kann sich auch wie ein Schnitzel freuen! - Sepp Daxenberger (GRÜNE): Da müssen schon die GRÜNEN kommen, dass der Schmid mal gelobt wird!)

Wir fahren in der Debatte fort. Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Stewens das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Schopper, vergessen wir jetzt einmal diesen Vergleich, denn im Grundsatz geht es um ein sehr ernsthaftes Thema, nämlich im Endeffekt um den Nichtraucherschutz.

(Zuruf von der SPD: Bravo!)

Den Nichtraucherschutz wollen wir jetzt unabhängig davon, ob wir über komische Tiraden sprechen oder nicht, in Bayern für die Bevölkerung aufrechterhalten.

Herr Kollege Schmid, ich möchte Ihnen zur Information sagen, und da bin ich nach wie vor der festen Überzeugung: Wer unseren Gesetzentwurf mit den Gesetzentwürfen und Gesetzen anderer Länder vergleicht, stellt fest, dass wir im Bereich Kinder- und Jugendschutz immer noch den stringentesten Nichtraucherschutz aller Länder Deutschlands haben. Das möchte ich betonen.

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Wir haben sogar die Freiflächen bei den Kinderbetreuungseinrichtungen in den Nichtraucherschutz einbezogen. Das gibt es übrigens in keinem anderen Gesetz. Es war mir damals sehr viel wert, dass wir den Kinderund Jugendschutz sehr hoch gewichten, weil wir natürlich die fatalsten gesundheitlichen Auswirkungen im Bereich Passivrauchen haben. Deswegen denke ich schon, dass die Qualität unseres Gesetzes zum Nichtraucherschutz überzeugt.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FW): Vom alten oder vom neuen?)

Ich möchte Ihnen dazu noch Folgendes sagen: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 30.07.2008 den einzelnen Landesgesetzgebern durchaus einen Einschätzungs-, einen Wertungs- und einen Gestaltungsspielraum zugebilligt. Wir sind natürlich im Spannungsfeld auf der einen Seite zwischen dem berechtigten Gesundheitsschutz der Bevölkerung, insbesondere der Kinder und Jugendlichen, auf der anderen Seite zwischen den Freiheitsrechten der Gaststättenbetreiber und der Raucher. Dem müssen wir gerecht werden. Ich sage aber auch gleichzeitig, dass wir gemeinsam mit der FDP dem Nichtraucherschutz den höheren Rang einräumen. Auch das möchte ich betonen.

Mit Blick auf die Eckpunkte ist es natürlich auch wichtig, dass wir diesem Spannungsfeld, in dem wir stehen, auch gerecht werden. Nun haben wir auf der einen

Seite eine Koalition zwischen CSU und FDP. Die Koalitionsregierung, die in Bayern nach den Landtagswahlen gebildet wurde, hat einen Koalitionsvertrag geschlossen, in dem die Eckpunkte des neuen Nichtraucherschutzgesetzes oder Gesundheitsschutzgesetzes festgehalten worden sind. Diesem Koalitionsvertrag, die Grundlage der Staatsregierung in Bayern, werden wir mit unserem Gesetzentwurf gerecht.

Frau Kollegin Schopper, jetzt komme ich wieder etwas in den Bereich der Komik. Sie haben bei den Gaststätten die Einschränkung, "soweit sie öffentlich zugänglich sind", herausgenommen, jedoch nicht dieselbe Einschränkung in Artikel 2 Nummer 6. Das heißt, Sie schaffen jetzt sozusagen ungleiche Wettbewerbsbedingungen. In Vereinslokalen und bei Festen - um einmal ein Beispiel aufzuzeigen - ist den Kindern der Zutritt erlaubt und gleichzeitig kann dort geraucht werden. Damit ist in Ihrem Gesetzentwurf der Kinder- und Jugendschutz völlig außen vor gelassen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Wenn in Clubs und Vereinen bei Vereinsfesten trotz des Speise- und Getränkeangebots das Rauchen erlaubt ist, dann schaffen Sie durch Ihren Entwurf Probleme, weil Sie dem Kinder- und Jugendschutz in keiner Weise gerecht werden.

(Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN)

- Ich kann mir schon vorstellen, dass Ihnen das alles nicht passt.

(Margarete Bause (GRÜNE): Was Sie sagen, ist falsch!)